Beschäftigtendatenschutz gesetzlich zu regeln, doch zunächst sind die Verhandlungen
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- Herta Koch
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1 BLCNEWS Business & Law Consulting 5. Ausgabe September 2015 BLC Topthema Beschäftigtendatenschutz - Mitbestimmung transparent In dieser Ausgabe wollen wir uns schwerpunktmäßig mit einem Thema befassen, das alle Beschäftigten betrifft und zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen wird, den Entwicklungen zum Beschäftigtendatenschutz. Zunächst ist der Frage nachzugehen, wie der Beschäftigtendatenschutz geregelt ist, bevor die wesentlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrats beim Beschäftigtendatenschutz erläutert werden. In Deutschland ist der Beschäftigtendatenschutz in 32 BDSG zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses normiert. Bis heute fehlt es jedoch an einem Beschäftigtendatenschutzgesetz. Entwürfe der Bundesregierung hierzu lagen bereits vor, wie z. B. der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes vom , der jedoch in der vergangenen Legislaturperiode nicht in ein Gesetz gegossen wurde. Auch die Große Koalition hat sich im Koalitionsvertrag 2013 vorgenommen, den Beschäftigtendatenschutz gesetzlich zu regeln, doch zunächst sind die Verhandlungen zur Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DS-GVO) auf europäischer Ebene abzuwarten. Sollte mit einem Abschluss der Verhandlungen über die Europäische Datenschutzgrundverordnung nicht in angemessener Zeit gerechnet werden können, wollen wir hiernach eine nationale Regelung zum Beschäftigtendatenschutz (Bundesregie- schaffen. rung 2013). Der Beschäftigtendatenschutz ist von den Beteiligungsrechten des Betriebsrats geprägt. Hier besteht ein großes Potential, sich für die Interessen der Beschäftigten einzusetzen. Beispielsweise ist der Beschäftigtendatenschutz über Betriebsvereinbarungen zu regeln. Allerdings sind die Sozialpartner Der Betriebsrat ist zur Überwachung der Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz, gem. 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verpflichtet. dazu angehalten, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Beschäftigten nach 75 Ab. 2 BetrVG zu schützen und zu fördern. Der Betriebsrat ist zur Überwachung der Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz, gem. 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verpflichtet. Hierzu zählt auch zu überprüfen, wie den Vorgaben des 35 BDSG bezüglich der Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten Genüge getan wird. Auf dieser Grundlage können Betriebsräte beispielsweise Auskunft dazu verlangen, nach welchen Kriterien und innerhalb welcher Zeiträume personenbezogene Daten gelöscht werden (Maas et al. 2014, S. 84). Hier hat der Betriebsrat nach 80 Abs. 2 BetrVG ein umfassendes Unterrichtungsrecht. So kann er die Vorlage von Rollen- und Berechtigungskonzepten für den Zugang
2 zu Systemen verlangen oder auch die Verträge mit Auftragsdatenverarbeitern (Wedde 2014, S. 15) einsehen. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht am 25. September 2013 festgestellt, dass Arbeitnehmer personenbezogene Daten nur dann an vom Arbeitgeber beauftragte Stellen herausgeben müssen, wenn dort angemessene Maßnahmen zur Datensicherung getroffen worden sind (Wedde 2015, S. 22; vgl. BAG, Urteil vom Az. 10 AZR 270/12). Nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dient die zwingende betriebliche Mitbestimmung dazu, die Beschäftigten vor Kontrollen des Verhaltens und der Leistung zu schützen. Werden technische Einrichtungen im Betrieb eingeführt oder bereits vorhandene technische Einrichtungen angewendet oder erweitert, greift die Mitbestimmung. Anwendungsfälle der Vorschrift sind beispielsweise die Installation von Zeiterfassungsanlagen oder Videokameras, aber auch die Einführung von Personalinformationssystemen oder die Erneuerung der Telefonanlage oder des PC- Systems. Beispielsweise kann in einer solchen Betriebsvereinbarung die private Nutzung von Internet und am Arbeitsplatz einschließlich von Kontrollrechten geregelt werden (Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff 2015). Vorausgesetzt es erfolgen Kontrollen durch technische Einrichtungen, die geeignet sind, Verhaltens- und Leistungsdaten der Beschäftigten zu erfassen und auszuwerten. Bei der Nutzung werden längerfristig abruf- und auswertbare Log-Dateien in unterschiedlicher Form erzeugt und regelmäßig gespeichert, sodass diese einen personenbezogenen Charakter aufweisen. Beispielsweise werden bei einer automatisierten Zugangskontrolle Daten über die Zeitpunkte des Beginns und Endes der Arbeitszeit der Beschäftigten oder des Einschaltens des Computers im Büro erhoben. Hinzu kommen beispielsweise vielerorts optische Informationen von Überwachungskameras, gespeicherte s sowie Bewegungsprofile, die durch Rückgriff auf Kartenleser oder GPS-Telefondaten erstellt werden können. Bringt man alle diese personenbezogenen Daten zusammen, ist eine umfassende Kontrolle des individuellen Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten möglich. (Wedde 2014, S. 6). Auf eine Überwachungsabsicht des Anwenders eines technischen Betriebsräte müssensicherstellen, dass Beschäftigtendaten nur solange verarbeitet werden können, wie dies mit Blick auf 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG erforderlich ist. Systems kommt es nach herrschender Meinung nicht an. Dieses gilt auch für die Videoüberwachung. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil im November 2006 entschieden: Die Mitbestimmung nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung eines elektronischen Datenverarbeitungssystems, das zur Verhaltens- und Leistungskontrolle bestimmt ist, obliegt gemäß 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat, wenn das System betriebsübergreifend eingeführt werden soll und eine unterschiedliche Ausgestaltung in den einzelnen Betrieben mit der einheitlichen Funktion des Systems nicht vereinbar wäre (BAG, Urteil vom Az. 1 ABR 4/06). Bis heute ist insbesondere die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz stark umstritten. So entschied das Bundesarbeitsgericht Anfang 2015 dass Arbeitgeber Detektive und heimliche Videoüberwachung nur dann einsetzen dürfen, wenn ein auf Tatsachen beruhender, konkreter Verdacht einer schweren Pflichtverletzung vorliegt (Thode 2015; vgl. BAG, Urteil vom Az. 8 AZR 1007/13) Unabhängig von Maßnahmen zur Datensicherheit müssen Betriebsräte sicherstellen, dass Beschäftigtendaten nur solange verarbeitet werden können, wie dies mit Blick auf 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG erforderlich ist. Entfällt die Erforderlichkeit, müssen die Daten gelöscht werden (Wedde 2015, S. 24). Bisher gibt es drei Entwürfe der Europäischen Datenschutz- Grundverordnung (EU-DS-GVO): die Entwurfsfassung der EU-Kommission vom 25. Januar 2012, die Entwurfsfassung des EU-Parlaments vom 12. März 2014 und die des Rates der Europäischen Union vom 15. Juni Nach einer Einigung der EU-Mitgliedstaaten auf ihre Position zur Datenschutzreform, wurden die Verhandlungen über den abschließenden Gesetzestext im Juli 2015 aufgenommen. Auch auf europäischer Ebene haben die Beratungen zur Erarbeitung eines rechtlich verbindlichen Gemeinschaftsrahmens noch nicht zu konkreten Ergebnissen geführt. Im Entwurf einer Europäischen Datenschutz-Grundverordnung wird allerdings auch dem Gesetzgeber der Mitgliedstaaten primär das Recht eingeräumt, den Beschäftigtendatenschutz zu regeln. (Andrea Voßhoff 2015). Autor: Marcel Halgmann, M.A. Hamburg Aktuelle Rechtsprechung Bundesarbeitsgericht Verzugslohn - Wiedereinstellungszusage Der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs setzt ein erfüllbares, d. h. tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Bei rückwirkender Begründung des Arbeitsverhältnisses liegt ein solches für den vergangenen Zeitraum nicht vor. BAG, Urteil vom , Az. 5 AZR 975/13 Kündigung - Raubkopien Erstellt ein Arbeitnehmer illegale Raubkopien am Arbeitsplatz, so ist eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei ist unerheblich, ob die konkreten Handlungen des Arbeitnehmers nachgewiesen werden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom , Az. 2 AZR 85/15 Befristung - Vertretung wegen Kinderbetreuung Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann auch nach mehrfachen vorherigen Befristungen über 15 Jahre wirksam sein. Voraussetzung ist, dass es sich um die Vertretung eines Arbeitnehmers handelt, der aufgrund von Kinderbetreuung die Stelle nicht besetzt. BAG, Urteil vom , Az. 7 AZR 310/13 Landesarbeitsgerichte Kündigung - Probezeit Eine Probezeit kann um eine mehrmonatige Kündigungsfrist verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer dadurch eine zweite Chance zur Bewährung erhalten soll. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom , Az. 4 Sa 94/14
3 BLC Interview Beschäftigtendatenschutz 4.0 BLC News: Hallo Torsten, wir wollen uns heute über das Beschäftigtendatenschutzgesetz unterhalten und da wäre meine erste Frage, warum es noch kein einheitliches Beschäftigtendatenschutzgesetz gibt. Torsten Lemke: Also in Deutschland würde ich denken, dass es zum einen sehr kompliziert ist, den Datenschutz, den Beschäftigtendatenschutz zu regeln. Da wäre ein gesondertes Gesetz mit sehr vielen Paragraphen notwendig. Im Moment gibt es in Deutschland nur den 32 im Bundesdatenschutzgesetz, der direkt den Beschäftigtendatenschutz regelt. Was vor 2012 im Gesetzgebungsverfahren war, war nur der 32 BDSG in einer größeren Fassung, nämlich mit den Buchstaben a) - l). Man hätte also in Deutschland nur diesen einen Paragraphen weiter aufgemacht und nicht ein extra Gesetz geschaffen. Die Regelungen dazu sind so kompliziert und detailreich, dass nicht alle Sachverhalte endgültig geregelt werden können. Daher glaube ich, dass die Regelungen insgesamt niemals für alle Sachverhalte kommen werden. Das hat zur Konsequenz, dass es kein eigenes Beschäftigtendatenschutzgesetz gibt. Hinzukommt, dass die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen (auch im Arbeitsrecht) sehr schnell sind und ein sehr konkretes Gesetz müsste ständig aktualisiert werden. Abschließend glaube ich, dass das Thema Beschäftigtendatenschutz leider auch beim Gesetzgeber nicht die erste Priorität hat. Warum hat es auf deutscher Ebene noch keine abschließenden Veränderungen gegeben? Wir haben von jahrelang Schulungen zu diesen Themen gegeben und immer basierend auf aktuellen Entwürfen die Schulungen durchgeführt. Das Ganze ist dann in 2012 aufgrund einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gestoppt worden. Dieser hat entschieden, dass zunächst europäische
4 Abbildung 1: Artikel 82 EU-DS-GVO Regelungen einheitlich den Datenschutz und auch den Beschäftigtendatenschutz regeln sollen (Harmonisierung). Genau das hat dann dazu geführt, dass in Deutschland das Gesetzgebungsverfahren gestoppt worden ist und für Ende 2015 nun erwartet wird, dass auf europäischer Ebene zumindest eine Grundverordnung beschlussfähig vorliegt. Wie bewertest Du denn die bisherigen Entwürfe zur Europäischen Datenschutz- Grundverordnung? Wenn wir davon ausgehen, dass das ganze Verfahren jetzt schon seit 2012 läuft und jetzt soweit ist, dass drei Entwürfe vorliegen, einer der Kommission, einer des Parlaments und einer des Rates, die diskutiert werden und bis Ende des Jahres tatsächlich auch soweit sein sollen, dass ein beschlussfähiger Vorschlag vorliegt - dann kann ich für den Beschäftigtendatenschutz nur sagen, dass dies schon relativ enttäuschend ist, weil sich auch in der Grundverordnung wieder nur ein einziger Artikel konkret mit dem Beschäftigtendatenschutz befasst (Anm. d. Red.: Abb. 1 zeigt einen Vergleich der Entwürfe für Artikel 82 EU- DS-GVO; vgl. Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht 2015, S. 399 ff., Download: datenschutzaufsicht/lda_daten/baylda_ Synopse_DS-GVO_KOMM-EU-Parlament-Rat_150623TK.pdf). Alle anderen Dinge, die auch mittelbar mit dem Beschäftigtendatenschutz zu tun haben, wie die Einwilligung, die Auftragsdatenverarbeitung und das Konzernprivileg sind nicht gesondert für den Beschäftigtendatenschutz geregelt und auch speziellere Themen sind nicht geregelt. Es wird wohl so kommen, dass den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnet wird, speziellere Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz selbst anzugehen. Hier kommt es darauf an, welcher der vorliegenden Entwürfe beschlossen wird. Im schlechtesten Fall wird es in den Mitgliedsstaaten möglich sein, durch kollektive Vereinbarungen, also bspw. auch durch Betriebsvereinbarungen Regelungen zu schaffen, die vom europäischen Datenschutzniveau abweichen und dieses sogar unterschreiten. Mit diesen Diskussionen würden die Betriebsräte von der Arbeitgeberseite konfrontiert werden. Zuvor bleibt abzuwarten, welcher der vorliegenden Entwürfe tatsächlich beschlossen wird. Es kann also so kommen, dass nachdem die EU-DS-GVO (Anm. d. Red.: Datenschutz-Grundverordnung) beschlossen ist, dann wieder in Deutschland ein eigenes Gesetzgebungsverfahren gestartet wird. Welche Regelungen sind denn notwendig, um den Beschäftigtendatenschutz zu verbessern? Im Moment gibt es im Bundesdatenschutzgesetz ja den 32 und dazu Rechtsprechung. Zukünftig wird es durch die Datenschutz-Grundverordnung einen Artikel 82 geben. Mehr wird es zum Beschäftigtendatenschutz nicht geben. Wünschenswert wäre eine Konkretisierung der Regelung. Ansonsten bleibt es immer beim Grundsatz der Erforderlichkeit, der diskutiert wird und dann entscheiden im Zweifelsfall Gerichte oder Landesdatenschutzbehörden, was erforderlich ist und, was nicht. Die Konkretisierung fällt schwer, da je konkreter die Regelungen sind, desto eher sind sie aufgrund der schnellen Entwicklung auch veraltet. Das macht es schwierig verbindliche Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz zu schaffen. Was die Themen betrifft, hier kann man sich gut an den Entwürfen, die es bis 2012 schon gegeben hat, orientieren. In dem vorgeschlagenen 32 a) l) BDSG sieht man auch schon Themen, die seit jeher für den Beschäftigtendatenschutz als wichtig erachtet wurden. Das sind ganz simple Dinge, die immer wieder zu Streit führen. Es fängt an mit dem Fragerecht des Arbeitgebers im Bewerbungsgespräch, was darf ich, was darf ich nicht, darf ich soziale Netzwerke im Bewerbungsverfahren nutzen oder darf ich das nicht. Wie sieht es aus mit ärztlichen Untersuchungen im Bewerbungsverfahren. Was ist zulässig und was nicht. Grundsätzlich auch die Leistungs- und Verhaltenskontrolle - leider bisher nicht eindeutig geregelt. Natürlich darf ein Arbeitgeber Leistung und Verhalten der Arbeitnehmer kontrollieren, die Frage ist nur, in welchem Umfang und was erforderlich ist. Auch hierzu wären Konkretisierungen notwendig. Videoüberwachung, biometrische Merkmale, die in Unternehmen genutzt werden oder Fotos der Arbeitnehmer, auch Ortungssysteme gibt es immer mehr, zum Beispiel durch RFID-Systeme. Es gibt immer mehr auch die Zulässigkeit von privater Nutzung von Telefon, Internet und . All diese Dinge sind in keiner Weise geregelt. Datenschutzrechtlich problematisch ist auch die Einwilligung im Arbeitsverhältnis. Auch dazu gibt es keine detaillierten Regelungen. Das grundsätzliche Thema der Vernetzung, Business Warehouse Lösungen und Cloud / SaaS Lösungen. Als weiterer Schwerpunkt fallen mir in Deutschland noch Compliance Maßnahmen ein. Die europäische Datenschutz- Grundverordnung wird wahrscheinlich in Zukunft vorsehen, dass das Management, also die Arbeitgeberseite ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen
5 kann, die eben aufgrund von Compliance notwendig sind. Aber auch hierzu gibt es keinerlei Detailregelungen, was dazu erforderlich ist. Dies wird in Zukunft auch zu Diskussionen zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten führen. Leider bleibt eine Konkretisierung bisher aus. Was haben Betriebsräte Deiner Erfahrung nach zu beachten, um die Daten der Beschäftigten zu schützen? Zunächst ist es wichtig, auch dem Betriebsratsgremium die Bedeutung des Beschäftigtendatenschutzes deutlich zu machen. Das Thema sollte in der täglichen Betriebsratsarbeit eine Priorität bekommen. Das beginnt mit dem eigenen Datenschutz im Betriebsrat. Das Gremium ist verantwortlich für den eigenen Datenschutz und da geht es auch um die Frage, wie der Betriebsrat mit Beschäftigtendaten, die er in seiner täglichen Arbeit erhält, umgeht. Hierzu könnten sich die Betriebsräte ein Konzept überlegen oder mit dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten austauschen. Dann schafft man schon Bewusstsein für das Thema. Wenn ich die Beschäftigtendaten schützen will, dann wird es zunächst darum gehen -das ist mir persönlich sehr wichtig- nicht das Maximalziel, wie viele Betriebsräte und Arbeitnehmer es zunächst verstehen, anzusteuern. Man will auf jeden Fall jegliche Leistungs- und Verhaltenskontrolle verhindern. Das wird im Ergebnis nicht funktionieren, da der Arbeitgeber Leistung und Verhalten im erforderlichen Umfang kontrollieren darf. Wichtig ist an dieser Stelle Transparenz, sodass auch die Beschäftigten wissen, was mit ihren Daten passiert. Zum Beispiel haben wir einen Mitarbeiter in einem Call-Center, der an einem Bildschirmarbeitsplatz sitzt und den ganzen Tag telefoniert. Dieser Mitarbeiter ist in jedem einzelnen Arbeitsschritt und sekündlich überwachbar. Dadurch entsteht auch ein Stressfaktor in der täglichen Arbeit. Daher müssen diese Mitarbeiter besonders geschützt werden. Hier dienen Betriebsvereinbarungen dazu, Transparenz zu schaffen. In denen sind die Details geregelt. Welche Daten werden erfasst, wer darf was, zu welchem Zeitpunkt aus welchem Grund sehen und, welche Reports und Auswertungen sind überhaupt zulässig und wie dürfen die Daten verwandt werden. Darf also eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle stattfinden? Zu welchen sonstigen Zwecken sind die Datenerhebungen überhaupt zulässig? Auch eine Zweckbestimmung ist für die Betriebsvereinbarungen und den Beschäftigtendatenschutz erforderlich. Interview mit Torsten Lemke Im Zweifel kann sich der Betriebsrat bei seiner Arbeit gut an 4e BDSG orientieren. Anhand der sog. Verfahrensverzeichnisse. Er lässt sich vom Arbeitgeber oder vom betrieblichen Datenschutzbeauftragten die einzelnen Verfahren, die es in der Firma gibt, beschreiben, lässt sich die Namen der Systeme und die Systembeschreibung geben. Als Betriebsrat orientiert man sich dann bzgl. der Fragen an den Arbeitgeber an dem Katalog des 4e BDSG. Im nächsten Schritt wäre das Ziel -gemeinsam mit dem Arbeitgeber- zu den einzelnen Systemen Betriebsvereinbarungen abzuschließen oder wie es heute viele Betriebsräte machen, sog. Rahmenbetriebsvereinbarungen abzuschließen, um das Verfahren für die einzelnen Systeme vereinfacht zu regeln. Welche Entwicklungen siehst Du im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt? Zunächst ist es aktuell in der Praxis so, dass immer mehr IT-Systeme eingesetzt werden. Es geht schon so weit, dass Mitarbeiter auf ihre Führerscheine kleine Aufkleber bekommen sollten, sodass dann in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden kann, wenn sie die Firma betreten oder ins Auto einsteigen, ob sie ihren Führerschein dabei haben, was dann für das Flottenmanagement der Arbeitgeberseite die Arbeit vereinfacht, weil sonst die Arbeitgeber verpflichtet sind, sich die Führerscheine der Arbeitnehmer regelmäßig vorlegen zu lassen. Die Überwachung findet in vielen Bereichen aus Bequemlichkeit statt und es wird immer normaler die Überwachung auch in allen Bereichen zuzulassen. Diese Entwicklung wird immer weiter fortschreiten und die Gefahr, die ja viele Betriebsräte sehen und auch viele Beschäftigte wahrnehmen, ist die Verknüpfung der Daten. Das Thema Big Data spielt eine immer größere Rolle. Natürlich geht es dann auch nicht nur um die Beschäftigtendaten, sondern auch um die privaten Daten, die Beschäftigte in der Firma hinterlassen. Die Gefahren und Risiken werden immer größer und denen muss man auch begegnen. Das wäre dann die technische Seite und hier wäre der Betriebsrat gefordert mit seiner harten Mitbestimmung nach 87 BetrVG hierfür die notwendigen Regelungen und Grenzen zu schaffen. Was wird sich in der Arbeitswelt 4.0 ändern? Das, was auf uns im Rahmen der Arbeitswelt 4.0 zu rauscht, das ist noch nicht vorherzusehen. Es gibt inzwischen schon Initiativen der Bundesregierung unter es gibt Grünbucher zum Thema Arbeitswelt 4.0. Da kann ich nur jedem Betriebsrat raten, sich des Themas einmal anzunehmen und tatsächlich zu googlen. Beispiele, die wir schon sehen, gibt es in der IT-Branche, wo sich tatsächlich schon Mitarbeiter auf einzelne Projekte bewerben können und als sozusagen kleine Selbständige sich selbstständig qualifizieren und für Tätigkeiten im Arbeitsverhältnis bewerben müssen. Je nach Beraterstand, den sie erreicht haben, können sie sich auf verschiedene Projekte bewerben. Das finden einige Mitarbeiter auch ganz gut. Das Problem wird jedoch sein, dass es sowas wie Non- oder Minderperformer nicht mehr geben darf. Das liegt aber auch daran, dass ein Großteil der einfachen Tätigkeiten von Maschinen und Computern übernommen werden wird, sodass wahrscheinlich % der heutigen einfachen Tätigkeiten nicht mehr durch menschliche Arbeitskraft ausgeführt werden. Dadurch fallen einige Arbeiten weg. Die Arbeiten, die bleiben, die werden im Verhältnis dazu immer komplizierter, was zu einer kompletten Veränderung der Arbeitswelt führen wird. Die dahingehenden Entwicklungen sind relativ schnell. Das betrifft beispielsweise auch solche Berufe, wie Rechtsanwälte oder Ärzte. Heutzutage ist es schon so, dass wenn ein Mandant zum Rechtsanwalt kommt, er sich im Zweifelsfall den halben Tag schon mit seinem Fall beschäftigt hat und die Frage ist dann, welchen Mehrwert ein Anwalt bieten kann. Die Dienstleistungen, die wir zukünftig in allen Bereichen erbringen müssen, müssen sehr qualifiziert sein und einen Mehrwert schaffen. Letztlich muss der Arbeitnehmer mehr - oder anderes - bringen als eine Maschine, eine Software, als Google oder der Supercomputer Watson von IBM. Das wird eine der Herausforderungen der Zukunft. Ist die Thematik auch schon in der Beraterpraxis präsent? Aktuell begegnet uns das Thema in der Beratung noch nicht. Die Arbeitswelt 4.0-Diskussion ist ja derzeit noch eine zukunftsbezogene Diskussion, sodass es in unserer konkreten Arbeit noch keine Rolle spielt. Es ist aber wie überall in der Betriebsratsarbeit. Der proaktive Betriebsrat sollte sich zu den Themen schon schlau machen und auch frühzeitig die Entwicklungen erkennen. Hier geht es ja nicht nur um technische Dinge, die zu lösen sind, sondern auch ganz praktisch: Wie sichern und fördern wir Beschäftigung bei uns im Unternehmen und tatsächlich auch in der Arbeitswelt 4.0, in der gesamten Gesellschaft. Interview: Marcel Halgmann, M.A. Hamburg
6 BLC aktuell BLC News online Die bisherigen BLC News-Ausgaben stehen für Sie online unter: zum Download bereit. Wir bitten Sie, die BLC News auch an Ihre Gremienmitglieder weiterzuleiten. Weiterhin freuen wir uns über Feedback und nehmen gern Themenvorschläge für kommende Ausgaben auf. Impressum BLC Business & Law Consulting GmbH Van-der-Smissen-Str. 2a Hamburg Fon: +49 (0) 40/ Fax: +49 (0) 40/ Internet: Geschäftsführer: Hartmut Bader, Frank Mielewski Vors. des Aufsichtsrates: Torsten Lemke Redaktion: Marcel Halgmann Design/Layout: Heiko Reimann BLC Event Herbst-Talk am Fleet Wir möchten den Impuls dieser Ausgabe aufgreifen und mit Ihnen beim kommenden Talk am Fleet am 16. November im Deichgrafen das Thema Beschäftigtendatenschutz vertiefen. Wir freuen uns, dass uns Herr RA Frank Henkel zu einem spannenden Vortrag zum Beschäftigtendatenschutz bereitsteht. Er wird schwerpunktmäßig zu den Brennpunkten auf nationaler und Entwicklungen auf europäischer Ebene referieren. Im Anschluss werden wir über aktuelle Themen aus der Rechtsprechung diskutieren. Es lohnt sich dabei zu sein. Die Einladungen werden Sie im Oktober erhalten. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme. BLC Ausblick In unserer diesjährigen Weihnachtsausgabe erwartet Sie in der Vorweihnachtszeit u. a. ein Überblick zu aktuellen Trends zu Arbeitszeitregelungen. Sie möchten mehr über unser Team erfahren? Wir geben Ihnen gern einen Einblick in die BLC und stellen Ihnen in jeder Ausgabe der BLC-News ein Teammitglied vor. Zur Person Marcel Halgmann, 27 unser Redakteur Seit 2014 ist er Projektassistent der BLC. Zudem ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Personalforschung der Universität Hamburg in Forschung und Lehre tätig. Er promoviert zur betrieblichen Anwendung des Arbeitsrechts. Hier interessiert er sich insbesondere für die strategische Zusammenarbeit der Sozialpartner. Seine Studienzeit verbrachte Herr Halgmann in Lüneburg und Dublin. Nach seinem wirtschaftsjuristischen Bachelorstudium (LL.B), schloss er sein Masterstudium mit dem Schwerpunkt Management & Human Resources (M.A.) an der Leuphana Universität Lüneburg in 2012 erfolgreich ab. Projekte: Herr Halgmann unterstützt uns bei der Umsetzung kollektiv-arbeitsrechtlicher Thematiken in die Betriebsratsarbeit (Betriebsänderungen, Betriebsvereinbarungen, Verhandlungen von Interessenausgleich/ Sozialplänen etc.). Zudem berät und referiert er zu Arbeitszeitregelungen und Datenschutzfragen. Personalwirtschaftliche Interessen: Personalstrategien, Change Management sowie Personalbeschaffung und -auswahl. Privates, Freizeit: Auslandsstudium in Irland, Städtereisen, Leichtathletik und Musik.
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