Psychologische Therapie- und Beratungskonzepte
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- Franziska Falk
- vor 8 Jahren
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1 Psychoogische Therapie- und Beratungskonzepte Theorie und Praxis Bearbeitet von Annette Boeger 1. Aufage Taschenbuch. 206 S. Paperback ISBN Format (B x L): 15,5 x 23,2 cm Gewicht: 316 g Weitere Fachgebiete > Psychoogie > Psychotherapie / Kinische Psychoogie Zu Inhatsverzeichnis schne und portofrei erhätich bei Die Onine-Fachbuchhandung beck-shop.de ist speziaisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie ae Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aer Verage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammensteungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr as 8 Miionen Produkte.
2 1 Einführung 1.1 Psychotherapie und psychosoziae Beratung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Im Fogenden werden vier psychoogische Grundkonzepte der Psychotherapie dargestet (vg. Abb. 1). Geichermaßen steen sie auch die Grundage psychosoziaer Beratung dar. Abb. 1: Säuen der Psychotherapie und Grundagen der psychosoziaen Beratung 1. Die psychoanaytisch orientierte Beratung geht davon aus, dass weit zurückiegende, emotiona berührende Erebnisse das gegenwärtige Ereben der Kientin prägen. Individuee Stçrungen iegen in der eigenen Biographie begründet. Die Beziehung zwischen Therapeutin und Kientin steht im Vordergrund. 2. Die kientenzentrierte Beratung geht von einem sebstgesteuerten, wachstumsfähigen Individuum aus. Damit die Kientin sich sebst verwirkichen kann, ist ein wachstumsfçrderndes Beratungskima notwendig. Die Beraterin muss bestimmte Bedingungen schaffen (eine Atmosphäre der Akzeptanz, Empathie und Echtheit). Damit steht die Therapeutin-Kientin-Beziehung im Vordergrund. 3. Verhatenstheoretische Beratung orientiert sich an den Lerntheorien; hiernach ist aes Verhaten geernt und kann auch wieder verernt bzw. modifiziert wer- 12
3 Psychotherapie und psychosoziae Beratung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede den. Das trifft auch für bestimmte negative Denkmuster zu, die verändert werden kçnnen. Erreichen ässt sich dies durch bestimmte Techniken. Das Symptom steht im Vordergrund. 4. Systemische Ansätze: Famiienberatung. Menschen eben in soziaen Gefügen und biden dynamische Systeme. Die Beziehungen innerhab eines Systems sind intensiv. Sie funktionieren nach einer eigenen Dynamik und verändern sich ständig. Die Beziehungen im System stehen im Vordergrund. Die Abgrenzung zwischen psychosoziaer Beratung und Psychotherapie ist nicht einfach und erscheint teiweise widersprüchich. Beginnen wir mit rechtich vorgegebenen Unterschieden: Nach dem im Jahre 1998 erassenen Psychotherapeutengesetz (PsychThG) wird Psychotherapie in der Heikunde verortet und so sich mit der Behandung psychischer Stçrungen befassen. Die Psychotherapie so sie as anerkanntes Verfahren git und das sind Verfahren der Psychoanayse und der davon abgeeiteten Tiefenpsychoogie sowie die Verhatenstherapie kann nur von approbierten Psychotherapeuten/innen durchgeführt werden und wird von den Krankenkassen erstattet. Häufig findet sie in freier Praxis statt. Die Approbation ist gekoppet an eine Psychotherapieausbidung in den so genannten Richtinienverfahren (siehe oben: Psychoanayse und Verhatenstherapie) und setzt ein Studium der Psychoogie oder Medizin voraus. Psychosoziae Beratung dagegen findet im institutioneen Rahmen statt und ist in der Rege kostenfrei. Die Psychotherapie behandet Stçrungen mit Krankheitswert, die Arbeitsunfähigkeit zur Foge haben. Dazu zähen u. a. neurotische Stçrungen und Konfikte, seeische Behinderungen as Fogezustände kçrpericher Erkrankungen und Entwickungsdefizite, fas psychodynamische Faktoren wesentichen Antei daran haben. Psychosoziae Beratung greift bei aktueen Lebenskrisen, in denen die Bewätigungskapazitäten des Einzenen überfordert sind. Manchma ist eine Abgrenzung nicht einfach, wei etwa auch Probeme wie z. B. Partnerschaftskonfikte, Sebstwertkrisen oder Motivationsprobeme während der Ausbidung psychotherapeutisch behandet werden. Das sind aber keine Krankheiten im eigentichen Sinne, wie Barabas (2004, S f) bemerkt. Eine formae Abgrenzung zwischen Stçrungen mit Krankheitswert und beeinträchtigenden Konfikten aus der Lebenswet ist aso bei genauerem Hinsehen nicht unbedingt eindeutig, es gibt fießende Übergänge. Sowoh im beraterischen Kontext as auch im therapeutischen Kontext sind die geichen Berufsgruppen anzutreffen, sofern beides im institutioneen Rahmen stattfindet. Angehçrige psychosoziaer Berufsgruppen kçnnen ebenfas eine beraterische oder psychotherapeutische Ausbidung machen, aerdings ohne die Approbation zu erangen. Eine Ausnahme stet die Approbation zum/r Kinderund Jugendichentherapeuten/in dar. Diese kann auch mit dem Studienabschuss der Pädagogik oder Soziapädagogik erworben werden. 13
4 Einführung Gemeinsamkeiten von Psychotherapie und Beratung Psychotherapie und Beratung haben zunächst inhatich viee Überschneidungspunke (Enge et a. 2004, S. 36). Rein äußerich betrachtet, wird man in beiden Kontexten häufig kaum Unterschiede feststeen. Abauf: Es finden professionee Gespräche über die seeische Verfassung und die persçnichen Probeme der Kientin statt. Im Rahmen eines Interaktionsprozesses so die Ratsuchende mehr Karheit über die eigenen Probeme und ihre Bewätigung gewinnen. Interventionen: Auch die Interventionen sind ähnich, da sowoh Beratung as auch Psychotherapie auf die geichen Grundkonzepte zurückgreifen. Entwickung von Ressourcen: Sowoh in Therapie as auch in Beratung geht es immer um die Entwickung persçnicher Ressourcen und die Stärkung der Probemçsekompetenz. Asymmetrische Beziehung: Bei beiden Interventionsformen muss von einem asymmetrischen Prozess gesprochen werden, auch wenn manche Konzepte die Geichgewichtigkeit des Gegenübers betonen: Die ratsuchende oder therapieaufsuchende Person füht sich in ihrer Situation hifos und sucht professionee Hife auf. Vertrauensvoe Beziehung: Beide Formen kçnnen nur erfogreich sein, wenn sich auf Seiten der Kientin eine vertrauensvoe Beziehung zur Beraterin/Therapeutin einstet. Freiwiigkeit: Beratung und Therapie finden in der Rege freiwiig statt. Demzufoge ist die Kientin motiviert und veränderungsbereit. Beides kann jedoch auch staatich verordnet werden (z. B. Therapieaufage für den Täter bei sexueem Missbrauch oder Schwangerschaftskonfiktberatung). Unterschiede von Psychotherapie und Beratung 14 Dauer: Während eine Beratung eher kurzfristig angeegt ist und ca. 3 5 Sitzungen umfasst, kann eine Therapie u. U. mehrere Jahre dauern. Kosten: Die Beratung ist kostenfrei im Rahmen der psychosoziaen Betreuung (Soziagesetzgebung), die Therapie ist eine Kasseneistung und muss beantragt werden. Zugangsweg: Demzufoge ist bei der Beratung der Zugangsweg offen für jeden, das Angebot ist im Vergeich zur Therapie niederschweig. Der Zugang zur Therapie erfogt dagegen über ein Gutachten zur Therapiebedürftigkeit, weches von der Krankenkasse genehmigt werden muss. Anwendungsfed und Ziesetzung: Die Bezeichnung Psychotherapie (griech.: Heien der Seee) steht as Oberbegriff für ae Formen psychoogischer Verfahren, die ohne Einsatz medikamentçser Mitte stattfinden. Sie zieen auf die Behandung psychischer und psychosomatischer Krankheiten, Leidenszustände oder Verhatensstçrungen ab und auf eine Veränderung und Entwickung der Persçnichkeit. Damit haben sie einen kurativen (heienden) Anspruch.
5 Psychotherapie und psychosoziae Beratung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Demgegenüber ist das Anwendungsfed der psychosoziaen Beratung erhebich weiter und umfasst zahreiche Beratungsfeder der Pädagogik und der Soziaen Arbeit. Sie ist nicht auf Heien ausgerichtet, sondern gibt reativ gesunden Menschen Hifesteung bei der Auseinandersetzung mit aen Arten psychosoziaer Schwierigkeiten, agemeinen Lebensprobemen, normativen oder nicht-normativen kritischen Lebensereignissen, weche die Persçnichkeit nicht zutiefst beeinträchtigen (vg. Enge et a. 2004, S. 38; Nestmann et a. 2004, S. 599; Großmaß, 2004, S. 100). Außerdem ist psychosoziae Beratung nach Enge et a. (2004, S. 35) doppet verortet: Sie hat nicht nur den Auftrag, anhand von professioneen Beratungsmethoden zu beraten; sie muss darüber hinaus gewünschte Informationen sachkundig erteien. Da sich Beratung eher mit reativ ungestçrten Personen befasst (Nußbeck, 2006, S. 22), iegt der Fokus bei der Beratung ausschießicher auf der Stärkung von Ressourcen. Beratung findet häufig unter einem rehabiitativen Aspekt (Bewätigung von Krankheit, Kompensation von Behinderungen) oder einem präventiven (vorbeugenden) Aspekt statt: In etzterem Fa soen durch Beratungsangebote Probeme erst gar nicht entstehen. Beratung kann aber auch kurativen Charakter haben und hat in diesem Fa die grçßte Nähe zur Psychotherapie. Abb. 1a: Stärkung von Ressourcen durch die Beraterperson 15
6 Einführung s! Merke Psychosoziae Beratung und Psychotherapie bieten auf der Basis professioneer Konzepte Hifesteung bei der Lçsung von Probemen, der Bewätigung von Krisen und dem Aufbau von Ressourcen. Die Psychotherapie as Tei des medizinischen Versorgungssystems geht dabei von einem Krankheitsmode aus, richtet ihr Augenmerk eher auf innerpsychische Probeme (Ausnahme: Famiientherapie) und ziet auf eine ¾nderung der Person und ihres Verhatens. Die psychosoziae Beratung findet in viefätigsten Tätigkeitsfedern statt; sie betont mehr den ebenswetichen Kontext, in dem die Konfikte entstehen. Im Gegensatz zur Psychotherapie hift sie zusätzich konkret durch Informationsvermittung und ist damit direktiver. Beide Konzepte setzen den Veränderungswien der Ratsuchenden voraus; Veränderungen kçnnen nur auf der Basis einer vertrauensvoen Beziehung stattfinden. 1.2 Lässt sich das Psychotherapiekonzept auf das Beratungskonzept übertragen? Achtung: Liebe Leserin und ieber Leser: Dieses Kapite fät Ihnen eichter nach dem Studium der vier Ansätze! Wie dargestet, sind die Gemeinsamkeiten zwischen Beratung und Psychotherapie groß und die Übergänge fießend. Besonders, wenn Beratung unter dem kurativen Aspekt stattfindet, sind die Unterschiede gering. Wie nehmen die einzenen Ansätze Steung zu einer Abgrenzung zwischen beiden Konzepten? Famiientherapie und Verhatenstherapie Weder in der Literatur zur Famiientherapie noch zur Verhatenstherapie assen sich Hinweise auf eine differentiee Indikation bezügich Beratung und Therapie finden. Borg-Laufs (2004, S. 636) etwa betont die Gemeinsamkeiten hinsichtich Beziehungsgestatung, Technik und Durchführung zwischen verhatensorientierter Beratung und Therapie. Aerdings ehnt er im Einkang mit zahreichen anderen Autoren die Definition von Beratung as keine Therapie ab und beschreibt Beratung viemehr as erhebich weitergehend, da sie den ebenswetichen Kontext zusätzich stärker einbezieht. Die Bedingungen in der Umwet, weche die Verhatensprobeme verursachen und aufrechterhaten, müssen zusätzich zu den individueen Probemen verändert werden. Dies geschieht durch verhatenstherapeutische Methoden und soziaarbeiterische Interventionen. Psychoanayse Beim psychoanaytischen Ansatz steht die Beziehung zwischen Beraterin und Kientin und die bewusste und unbewusste Wahrnehmung dieser Beziehung im Mittepunkt. Die Beachtung dieser Beziehungserwartungen schießt nach Arge- 16
7 Lässt sich das Psychotherapiekonzept auf das Beratungskonzept übertragen? ander (1985, S. 168) aber keineswegs die Hifesteung bei schwierigen Lebenssituationen aus. Rauchfeisch bezeichnet diese geichzeitige Berücksichtigung sowoh der inneren Dynamik as auch der soziaen Reaität as bifokaes Vorgehen (Rauchfeisch, 2004, S. 90). Genau wie in Psychotherapien entstehen auch in Beratungssituationen gefühsmäßige Übertragungen auf die Beraterperson, die auf Konfikte mit frühen Bezugspersonen zurückzuführen sind und die mit der aktueen Situation nur wenig zu tun haben. Die Beraterperson wird damit zu einer Projektionsfäche für ¾ngste, Wünsche und Konfikte, die frühen Bezugspersonen geten. Bei der Beraterperson werden ebenfas durch das Gegenüber Gefühe ausgeçst, was as Gegenübertragung bezeichnet wird (vg. Kap , 2.4.4). Warum ist die Beachtung dieser Übertragungsvorgänge und Gegenübertragungsvorgänge auch in einer Beratungssituation, die zeitich befristet ist und oft nur der Informationserteiung dient, sinnvo? Zunächst entastet das Wissen um Übertragungsprozesse die Beraterperson, sie kann geassener mit schwierigen Interaktionen in der Beratung umgehen (Rauchfeisch, 2006, S. 168). Viee Beziehungskonfikte zwischen Beraterperson und Kientin kçnnen as Ausdruck dieser Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse verstanden werden. Aufgrund des Verständnisses dieser Prozesse wird es mçgich, mit Beziehungskonfikten konstruktiver umzugehen. Die Beachtung von Übertragungsphänomenen sote in aen Beratungssituationen stattfinden, unabhängig vom theoretischen Mode. Ihre Beachtung kann Beratungsabbrüche verhindern, wei übertragungsbedingte Konfikte angesprochen und bearbeitet werden. Kientenzentrierter Ansatz Der kassische kientenzentrierte Ansatz macht ebenfas keinen Unterschied zwischen Beratung und Psychotherapie. Es hätte Rogers Grundeinsteung widersprochen, zwischen beiden Bereichen zu unterscheiden. Er betont viemehr, dass die von ihm entwicketen Merkmae eines hifreichen Gesprächs eine geeignete und hifreiche Kommunikationsform für ae Lebensbereiche seien. Aerdings haben vereinzet Autoren/innen versucht, das kientenzentrierte Beziehungsangebot in Bezug auf Beratung zu differenzieren und zu modifizieren (Sander, 2004; Biermann-Ratjen et a., 2003). Nach dem kientenzentrierten Therapiekonzept bestehen Stçrungen des Individuums aus einer Inkongruenz (Unvereinbarkeit) zwischen zwei inneren Tendenzen (vg. Kap ). Laut Sander (2004, S. 336 ff) geht es bei der Beratung dagegen eher um eine erebte Inkongruenz zwischen Anforderungen aus der Umwet und dem Eigenereben. Dies ist z. B. der Fa, wenn Lebensereignisse as beastend wahrgenommen werden und geichzeitig die eigenen Bewätigungskapazitäten as gering eingeschätzt werden. Bei der Beratung spiet aso die Bearbeitung des Sebst der Kientin eine geringere Roe as bei der Psychotherapie. Die Gesprächsthemen der kientenzentrierten Beratung sind demzufoge eher an den Beastungen der Außenwet und an der Entwickung von Handungskompetenzen orientiert as das bei der kientenzentrierten Psychotherapie der Fa ist. Biermann-Ratjen et a. (2003, S. 195 ff) gehen einen Schritt weiter, wenn sie sogar einen Widerspruch zwischen der Roe der Soziaarbeiterin 17
8 Einführung und der kientenzentrierten Hatung herausarbeiten: Der çffentiche Auftrag, den die Soziaarbeiterin hat (z. B. ein Kind aus der Famiie zu nehmen), verangt von ihr Beurteiung, Kontroe und Verwatung. Diese Aufgabe begrenzt und widerspricht den kientenzentrierten Mçgichkeiten. Ebenfas kann der Wunsch einer Kientin nach Informationen (finanziee Ansprüche, Umgangsrecht usw. im Scheidungsfa) eine kientenzentrierte Hatung, etwa as Widerspiegung der Gefühe, unangemessen erscheinen assen: Die Kientin mçchte Informationen haben und sich nicht mit ihren Gefühen auseinandersetzen. Mçgicherweise verbirgt sich aber hinter dem Wunsch nach Informationen der Wunsch nach Unterstützung und Hifesteung bei der psychischen Verarbeitung der Krisensituation. Empathie würde aso in diesem Fa nicht das Widerspiegen von Gefühen bedeuten, sondern das Verstehen, was die Kientin wirkich wi und das darauf fogende Eingehen auf diesen Wunsch. Die Aufgabe der Beraterin ist es aso, das Beziehungsangebot der Kientin wahrzunehmen. Darüber hinaus muss sie sich sebst und ihre eigenen Gefühe in Bezug auf die Kientin wahrnehmen. Über diese Wahrnehmung der eigenen Gefühe erhät die Soziaarbeiterin Aufschuss darüber, was die Kientin wi. Nur dann kann sie nach Bierman-Ratjen et a. (2003) angemessene Hifsangebote finden. Nichts anderes meint die Psychoanayse mit den Prozessen der Übertragung und Gegenübertragung. s! Merke Versuche, Psychotherapiekonzepte auf Beratungsmodee zuzuschneiden, finden sich in der Literatur nur spärich. Insbesondere das in der Soziaarbeit verbreitete kientenzentrierte Konzept bedarf aufgrund des weiten Handungsfedes einiger Modifikationen. So kann eine Soziaarbeiterin einer Beratungsstee, die bei Entscheidungskonfikten Hifesteung gibt, eher non-direktiv vorgehen as die Koegin vom Agemeinen Soziadienst, die u.u. Entscheidungen ohne Zustimmung der Kientin treffen muss. In etzterem Fa ist der für eine Beratung nçtige Vertrauensaufbau sehr erschwert. Einsichtsorientierte Verfahren eignen sich dann nur bedingt, da die Soziaarbeiterin ihre non-direktive Hatung verassen muss. Umso zentraer ist die Beachtung des Beziehungskontextes in jedwedem Beratungskontext. Hier greift das Beziehungsmode der Übertragung und Gegenübertragung aus der Psychoanayse, weches auch in der kientenzentrierten Literatur vorgeschagen wird. Je eher die Beratung kurativen Charakter hat, desto eher kann die Beraterin Methoden aus der Psychotherapie anwenden, sei sie psychoanaytisch, kientenzentriert, famiientherapeutisch oder verhatensorientiert ausgerichtet. Je mehr jedoch die psycho-soziae Tätigkeit auch typische soziaarbeiterische Aufgaben umfasst, wie Informationsvermittung oder das Treffen von Entscheidungen gegen den Wien der Kientin, desto eher ergeben sich beraterische und therapeutische Begrenzungen. 18
9 Das Menschenbid in Psychotherapie und Beratung 1.3 Das Menschenbid in Psychotherapie und Beratung Mit dem Begriff Menschenbid wird die Vorsteung, das Bid, das jemand vom Wesen des Menschen hat, bezeichnet. Es enthät das Sebstbid und das Bid von anderen Menschen und besteht aus Annahmen und Überzeugungen über den Menschen, die nicht nachgewiesen sind. Zuschreibungen von Eigenschaften und Ursachen von Eigenschaften spieen dabei eine wichtige Roe. Damit ässt sich das Menschenbid as eine subjektive Theorie, eine Atagstheorie oder auch as Wetanschauung bezeichnen. Menschenbider sind persçniche Theorien (Fahrenberg, 2004, S. 11, S. 305), die im Gegensatz zu wissenschaftichen Theorien weniger differenziert und ausgearbeitet sind; es sind keine wissenschaftichen Erkenntnisse, die empirisch geprüft sind. Auch Forscher und Forscherinnen haben ein subjektives Bid vom Menschen. Meist bidet dieses die Grundage für Persçnichkeitstheorien, die sich z. B. fragen: Weches ist die grundegende Natur des Menschen? Ist er ein irrationaes, von unbewussten Trieben gesteuertes Wesen oder ist er sebst bestimmt und rationa? Hat die Vergangenheit einen wesentichen Einfuss auf sein gegenwärtiges Handen oder ist der Mensch ausgerichtet auf die Zukunft? Ist sein Verhaten von der Umwet abhängig und steuerbar oder entscheidet er sebst aufgrund von inneren Prozessen? Ae psychoogischen Theorien über den Menschen gehen davon aus, dass es wichtige Faktoren in seiner Umgebung oder innerhab seines Organismus gibt, die sein Verhaten bestimmen. Extrempositionen, die heute nicht mehr in ihrer Ausschießichkeit vertreten werden, nehmen Freud und Skinner ein. Während Skinner den Menschen as passives Opfer der Umwet ansah, beschäftigte sich Freud ausschießich mit dem, was im Inneren einer Person vorgeht. Sicher kann man sagen, dass die hier vorgesteten Menschenbider, weche die Grundage für die jeweiige Persçnichkeitstheorie und das jeweiige psychotherapeutische Konzept biden, nicht ausschießich gesehen werden kçnnen; sie steen viemehr Mosaikteie eines Gesamtbides der Persçnichkeit dar. Man kann mit Pervin (2000, S. 490) übereinstimmen, dass wir ae Persçnichkeitsforscher und -forscherinnen sind: Menschen entwicken Theorien über Menschen und ihr Verhaten. Diese Theorien sind impizit, d. h. wir machen sie uns nicht bewusst, wir refektieren sie nicht, sie bestimmen aber unser Verhaten. Unser individuees Menschenbid ist biographisch begründet. Es entstammt unserer eigenen Lebenserfahrung und beruht etztich auf den Erfahrungen mit bedeutsamen Bezugspersonen. Diese Erfahrungen sind verantwortich für unsere Meinung über den Menschen und diese Meinung beweisen wir uns tägich sebst, indem wir ausschnitthaft nur das wahrnehmen, was in dieses Bid passt. Auch das Menschenbid einer Beraterperson stammt aus ihrer individueen Lebenserfahrung, vieeicht wird es ergänzt durch die Berufserfahrung. 19
10 Einführung Es ist nun die Aufgabe der psychotherapeutisch/beraterisch und auch pädagogisch Tätigen, sich ihr eigenes handungseitendes Menschenbid, das sie as etwas ganz Sebstverständiches ansieht, bewusst zu machen und zu refektieren. Die Refektion über das eigene Menschenbid ist deshab unerässich, wei es das professionee Handen bestimmt: Bin ich überzeugt davon, dass der Mensch ohne Aneitung und Kontroe nicht zurechtkommt, wei er sonst seinen negativen Impusen nachgibt, oder gaube ich an die positiven Wachstumskräfte im Menschen? Ein soches Nachdenken über das eigene Menschenbid führt zur Auseinandersetzung mit der eigenen Biographie, was aus weiteren Gründen sinnvo ist: As Beraterperson kann ich anderen Menschen nur soweit hefen, wie ich sebst mit der Lçsung entsprechender Probeme in meinem eigenen Leben gekommen bin. Deshab enthaten ae Curricua beraterischer und psychotherapeutischer Ausbidungen so genannte Sebsterfahrungseinheiten, die diese Auseinandersetzung mit sich sebst, dem eigenen Menschenbid und dem Sebstverständnis as Beraterperson ermçgichen. 1.4 Wirkfaktoren und Merkmae von Psychotherapie und Beratung Seit den 1960er Jahren (Frank, 1961) gibt es Forschungen zur Wirksamkeit von psychotherapeutischen Methoden. Wichtige Studien aus etzter Zeit stammen von Grawe (Grawe et a. 1994; Grawe, 1995, 1999, 2000, 2007). Einen Überbick über die Forschung bieten u. a. Hautzinger und Eckert (2007). Da Psychotherapie und Beratung, insbesondere, wenn es sich um kurative Beratung handet, zahreiche Überschneidungen aufweisen, wird im Fogenden davon ausgegangen, dass die Befunde zu Wirkfaktoren bei Psychotherapie auch auf Beratungsprozesse zutreffen. Eine Richtung, die nach agemeinen, den unterschiedichen Psychotherapierichtungen zugrunde iegenden positiven Wirkfaktoren sucht, vertritt Frank (1961). Franks These autet, dass es nicht die Techniken sebst sind, sondern die Funktionen, die sie entfaten, weche zu positiven Wirkungen führen. Demnach bietet der Therapiekontext aut Frank Lernchancen für neues Fühen, Denken und Handen. Er trägt zur Hoffnung auf Besserung bei, er gewährt Erfogserebnisse und eine vertrauensvoe Beziehung. Grawe entwickete auf der Basis der Auswertung zahreicher Psychotherapiestudien ein Mode genereer, psychotherapeutischer Wirkfaktoren. Sein Mode basiert ebenfas auf der Idee, dass positive Wirkungen auf verschiedene Weise herbeigeführt werden kçnnen und sich deshab die verschiedenen Psychotherapiekonzepte nicht ausschießen, sondern ergänzen. Er beschreibt fogende vier wesentiche Wirkfaktoren, wobei aerdings Zusammenhänge zwischen diesen Wirkfaktoren nicht eräutert werden: 20
11 Wirkfaktoren und Merkmae von Psychotherapie und Beratung Ressourcenaktvierung In der Therapie soen die vorhandenen positiven Mçgichkeiten, Fähigkeiten, Motivationen der Kientin herausgestet und genutzt werden Die Kientin so sich in ihren positiven Seiten erfahren und in diesen bestärkt werden. Der Therapieerfog hängt maßgebich davon ab, ob und in wechem Ausmaß die Kientin ihre Therapeutin as unterstützend und den Sebstwert aufbauend erebt. Der Bick auf die Ressourcen und nicht auf die Defizite findet sich insbesondere beim çsungsorientierten Ansatz und auch in der Famiientherapie. Probemaktuaisierung Hier wird die Kientin in der therapeutischen bzw. beraterischen Situation mit ihren Probemen konfrontiert, sie muss sich mit ihnen rea auseinandersetzen. Ihr eigener Beitrag zur Entstehung des Probems wird thematisiert. Beim kientenzentrierten Ansatz geschieht dies, indem die emotionaen Erfahrungen der Kientin in Worte gefasst werden. In der Psychoanayse werden die Probeme im Rahmen der Übertragung deutich und im weiteren Verauf thematisiert. In der Verhatenstherapie setzt die Kientin sich mit ihren Probemen auseinander, indem sie mit reaen Angstausçsern konfrontiert wird. Aktive Hife zur Probembewätigung Die Kientin erfährt, dass sie etwas bewätigen und etwas bewirken kann. Hiermit sind konkrete Hifen gemeint, wie sie die Verhatenstherapie anbietet (Angstreduktionsmaßnahmen, Verstärker). Grawe (2007) bezeichnet das as bewätigungsorientierte Hife. Auch in der kientenzentrierten Therapie erfährt die Kientin, dass sie etwas bewirken kann, z. B. çst sie Empathie beim Gegenüber aus. In der Thematisierung der Gegenübertragung vermittet die psychoanaytisch ausgerichtete Therapeutin ihre emotionae Reaktion, nämich das, was die Kientin bei ihr ausgeçst hat. Motivationae Kärung Damit ist die Auseinandersetzung mit den Gründen für die Symptome, das Verhaten und Ereben der Kientin gemeint. Es geht weiterhin um die Kärung der Bedeutung, die das Symptom für die Kientin hat. Dieser Aspekt ist insbesondere bei den psychoanaytischen Richtungen, aber auch beim kientenzentrierten Ansatz zentra. Grawe bezeichnet diese Vorgehensweise as kärungsorientiert Der wichtigste Faktor: Die Beziehung As weiterer Wirkfaktor, der zugeich as der bedeutsamste angesehen wird und die vier Wirkfaktoren umschießt, wird die therapeutische Beziehung genannt. Dies haben sowoh der psychoanaytische as auch der kientenzentrierte Ansatz seit angem erkannt. Bei beiden ist der Beziehungsaspekt von zentraer Bedeutung. 21
12 Einführung Das Mode nach Grawe stet zentrae Wirkmechanismen zusammen, macht aerdings keine Aussage darüber, bei wechen Stçrungen wecher der vier Faktoren besonders wirksam ist. Beherzigt man den Befund, dass der Beziehungsaspekt das zentrae Vehike für den therapeutischen Erfog ist, dann ist die Anwendung bestimmter Techniken as sekundär anzusehen und nur insoweit wirksam, wie die therapeutische Beziehung funktioniert. Das Passungsmode von Hautzinger und Eckert (2007, S. 24) spieget den Zusammenhang von Wirkfaktoren und Beziehungsaspekt sowie Zusammenhänge zwischen den Wirkfaktoren wider (vg. Abb. 2). Abb. 2: Wirkfaktoren und Passungen im therapeutisch/beraterischen Prozess Demnach ist es mçgicherweise für die Kientin gar nicht ausschaggebend, weche Art von Therapie oder Beratung sie macht. Viemehr ist für eine erfogreiche Therapie dann das Passungsprobem entscheidender: Wie gut passen Therapeutin und Kientin zusammen? Erst as zweites stet sich die Frage: Wie gut passt die speziee Therapiemethode zu der spezieen Kientin? 22
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