Möglichkeiten des Verfahrens. und der Finanzierung. von Notfall-Geburten von Frauen. ohne rechtlichen Aufenthaltstitel.
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- Hilko Bieber
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1 Möglichkeiten des Verfahrens und der Finanzierung von Notfall-Geburten von Frauen ohne rechtlichen Aufenthaltstitel in Bielefeld Medizinische Flüchtlingshilfe Bielefeld Stand: November 2013
2 Medizinische Flüchtlingshilfe Bielefeld c/o Kavalleriestr Bielefeld Tel.: 0521 / Fax: 0521 / mfh@ak-asyl.info Internet: Bielefeld, im November 2013 Wie in über 30 anderen Großstädten in Deutschland gibt es auch in Bielefeld seit einigen Jahren eine Medizinische Flüchtlingshilfe für Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus. Im Rahmen unserer Arbeit vermitteln wir Menschen ohne Papiere mit medizinischen Fragen und Problemen an Ärztinnen und Ärzte, die sie behandeln und ihnen zu ihrem Recht auf medizinische Versorgung verhelfen. Immer wieder wenden sich auch schwangere Frauen an uns. In vielen Fällen kann ihnen über eine intensive aufenthaltsrechliche Beratung zu einem Aufenthaltstitel und damit einer medizinschen Regelversorgung verholfen werden, zumindest aber zu einer Duldung für die Zeit der Entbindung. In seltenen Fällen ist dies nicht möglich oder aber die Zeit für die Klärung reicht nicht bis zur Entbindung. Für die betroffenen Frauen haben sich die Medizinische Flüchtlingshilfe Bielefeld, der Arbeitskreis Asyl e.v., das Ökumenische Netzwerk zum Schutz von Flüchtlingen und das Sozialpfarramt zusammen getan, um eine fachliche Begleitung von Notfall-Geburten in den Bielefelder Geburtskliniken zu erreichen. Im Folgenden zeigen wir in einem kurzen Überblick die rechtliche Lage von Schwangeren ohne Papiere sowie Möglichkeiten der Notfall-Entbindung und deren Finanzierung auf. Zwei der großen Bielefelder Krankenhäuser mit Geburtskliniken haben uns mittlerweile eine Zusammenarbeit und Übernahme von notfallmäßigen Entbindungen zusagt. In den letzten drei Jahren haben wir insgesamt drei Frauen begleitet, auf die die genannte Situation zutraf. Wir gehen von einem ähnlichen Bedarf in den kommenden Jahren aus, also ein bis zwei Notfall-Entbindungen pro Jahr. Für den weiteren Austausch und Fragen stehen wir als AnsprechpartnerInnen gerne zur Verfügung! Das Team der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bielefeld
3 Inhaltsverzeichnis 1. Recht auf medizinische Versorgung 2. Schutz der schwangeren Frauen und ihrer Identität 3. Ärztliche Schweigepflicht 4. Verlängerter Geheimnisschutz für Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus 5. Ideen und Grafik einer möglichen Finanzierung einer Notfall-Geburt 6. Literaturhinweise 1. Recht auf medizinische Versorgung Die sechs Spitzenverbände der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Arbeiterwohlfahrt (AWO), Deutscher Caritasverband (DCV), Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (DW der EKD) und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) haben Forderungen für Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität erhoben: Es muss sichergestellt werden, dass I. Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ihren Anspruch auf medizinische Grundversorgung ohne Furcht vor Statusaufdeckung geltend machen können. II. III. IV. Schwangere in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität die notwendige medizinische Versorgung erhalten ohne Risiken für Mutter und Kind und sie ohne Furcht vor Statusaufdeckung entbinden können. Neugeborene von Eltern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ohne Furcht vor Statusaufdeckung eine Geburtsurkunde erhalten. Kinder und Jugendliche in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ohne Furcht vor Statusaufdeckung Zugang zu schulischer Bildung haben. V. Kinder in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität Zugang zu öffentlichen Kindertageseinrichtungen ohne Furcht vor Statusaufdeckung haben. VI. Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität der Rechtsweg zur Durchsetzung ihrer Rechte ohne Furcht vor Statusaufdeckung offen steht. [...] Sie berufen sich dabei auf die Grundordnung unseres demokratischen und sozialen Rechtsstaates, dessen Grundrechte sowohl im Grundgesetz wie in den völkerrechtlichen Verträgen garantiert sind. (Das Recht auf Gesundheitsschutz ist in Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz, Artikel 35 EU- Grundrechtecharta, Artikel 12 Internationale Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie Artikel 24 UN-Kinderrechtskonvention verankert).
4 2. Schutz der schwangeren Frauen und ihrer Identität Eine Mitteilungspflicht über den rechtlichen Aufenthaltsstatus der Frauen von Seiten der Mitarbeitenden des Krankenhauses an die Ausländerbehörde oder die Polizei besteht nicht. Grundsätzlich unterliegen ausschließlich öffentliche Stellen dieser Mitteilungspflicht (nach 87 Abs. 2 AufenthG). Nicht darunter fallen Krankenhäuser in privater, frei gemeinnütziger und kirchlicher Trägerschaft, Arztpraxen und nichtstaatliche Organisationen (Ärztenetzwerke, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen). Durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVV zum AufenthG) 2009 ist zudem konkretisiert worden, dass auch für öffentliche Krankenhäuser keine Übermittlungspflicht besteht. Dies gilt auch, wenn eine schwangere Frau ohne Geburtsvorsorge direkt zur Entbindung in ein öffentliches Krankenhaus gebracht wird (vgl. DRK/Caritas 2013, S ). Nähere Ausführungen dazu siehe unter Punkt Ärztliche Schweigepflicht Durch die Präzisierungen in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (Bundesrat Drucksache 669/09, ) wurde klargestellt, dass das Personal der Abrechnungsstellen der Krankenhausverwaltung ebenfalls zu den berufsmäßigen ärztlichen Gehilfen zählt und somit der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, Psycholog(inn)en und Angehörige anderer anerkannter Heilberufe hier auch das mit der Abrechnung befasste Personal - unterliegen der Schweigepflicht. Unter diese fallen nicht nur unmittelbar krankheitsbezogene Tatsachen, sondern auch alle übrigen Informationen, die den Behandelnden während des Behandlungsverhältnisses bekannt wurden, so u. a. auch die Wohn- und Lebenssituation sowie der aufenthaltsrechtliche Status (vgl. DRK/Caritas 2013, S ). Unabhängig davon, ob Ärztinnen und Ärzte niedergelassen oder in einer staatlichen oder privaten Einrichtung arbeiten, dürfen sie daher keine persönlichen und damit auch keine aufenthaltsrelevanten Daten von Patient(inn)en der Ausländerbehörde mitteilen. Sie würden sich dann wegen Verletzung eines Privatgeheimnisses strafbar machen ( 203 Strafgesetzbuch). Wenn es sich um eine meldepflichtige Krankheit nach dem Infektionsschutzgesetz handelt, muss die Ärztin bzw. der Arzt die Krankheit beim Gesundheitsamt melden. Nach dem Infektionsschutzgesetz wird zwischen namentlicher und nichtnamentlicher Meldung der Krankheiten unterschieden. Das heißt, dass die persönlichen Daten der betroffenen Patient(inn)en dem Gesundheitsamt nur bei bestimmten Krankheiten mitgeteilt werden müssen ( 6-10 Infektionsschutzgesetz). 4. Verlängerter Geheimnisschutz für Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus Die genannte Verwaltungsvorschrift stellt klar, dass sich die Schweigepflicht in die öffentlichen Stellen hineinverlängert (sog. verlängerter Geheimnisschutz), wenn diese personenbezogene Daten von einer schweigepflichtigen Person erhalten ( 88 Abs. 2 AufenthG, Nr AVV). Daten, die das Krankenhauspersonal - im Falle der Abrechnung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - an das Sozialamt weiterleitet, dürfen von diesem nicht an die Ausländerbehörde weiter gereicht werden (Ausnahmen: Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder wenn Betäubungsmittel konsumiert werden). Für die öffentlichen Krankenhäuser dürfte sich dadurch die Chance erhöhen, die ihnen entstandenen Kosten von den Sozialämtern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erstattet zu bekommen, weil sie nicht mehr durch die frühere unklare Rechtslage davon abgehalten werden, ihre Erstattungsansprüche gegenüber den Sozialämtern mit Nachdruck geltend zu machen (Deutsche Krankenhaus Gesellschaft 2012).
5 5. Idee und Grafik einer möglichen Finanzierung einer Notfall-Geburt Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus haben Anspruch auf medizinische Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ( 1 Abs. 5 Nr. 5 i.v.m. 4 Abs. 2 AsylbLG), dementsprechend hat das Sozialamt für die Kosten aufzukommen. Bei einer Notfall-Entbindung haben die Krankenhäuser einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Sozialamt ( 25 SGB XII); durch den verlängerten Geheimnisschutz ist der Schutz gegen die Statusaufdeckung für die Betroffene gewährleistet. Für die Kostenrückerstattung prüft das Sozialamt den Leistungsanspruch (wenn sie dafür Daten von der Ausländerbehörde benötigt, ist die Auskunft nur abzufragen - bestenfalls telefonisch; personenbezogene Daten dürfen nicht übermittelt werden) und die Bedürftigkeit. In der praktischen Umsetzung ist bisher noch unklar, wie die Bedürftigkeitsprüfung von den Sozialämtern bei Menschen ohne aufenthaltsrechtlichen Status, die die benötigten Dokumente nicht nachweisen können, möglich ist. Ein bereits praktizierter Lösungsansatz (in Bremen) ist, eine von allen beteiligten Seiten akzeptierte Clearingstelle einzurichten, die die Bedürftigkeit formell bestätigt. Mit diesem potentiellen Verfahrensweg ist sichergestellt, dass Frauen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ihren Anspruch auf eine medizinisch betreute Geburt ohne Furcht vor der Statusaufdeckung geltend machen können. Zudem wäre die Finanzierung geklärt, sodass nicht die Krankenhäuser auf den Kosten sitzen bleiben, sondern - wie rechtlich vorgesehen - der Sozialstaat dafür aufkommt.
6 6. Literatur- und Quellenverweis Zitate entnommen aus: Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität in Deutschland Forderungen der BAGFW für Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität Januar 2010 Deutsches Rotes Kreuz e.v. Positionspapier Leben in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität eine Positionierung März 2011 Deutsches Rotes Kreuz Deutscher Caritasverband e.v. Aufenthaltsrechtliche Illegalität Beratungshandbuch aktualisierte und vollständig überarbeitete Auflage Oktober 2012 Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Medizinische Versorgung von Patienten ohne gültigen Aufenthaltsstatus - Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz online abzurufen unter [Stand ]: Positionen und Themen Recht Diverses S. 5 Weitere Literatur und Rechtsdokumente: Frauen, Männer und Kinder ohne Papiere in Deutschland ihr Recht auf Gesundheit Bericht der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.), 2008 Möglichkeiten und Grenzen der medizinischen Versorgung von Patienten und Patientinnen ohne legalen Aufenthaltsstatus Jessica Groß, Büro für medizinische Flüchtlingshilfe Berlin Flüchtlingsrat Berlin (Hrsg.), 2005 Weitere Informationen/Unterlagen: Bundesweites Netzwerk der medizinischen Flüchtlingshilfen: Initiativen bzgl. des Anonymen Krankenscheins in Hamburg, Göttingen, Düsseldorf/Bochum/Bonn Erster Jahresbericht der Humanitären Sprechstunde Bremen ( ) Konzept Anonymisierter Krankenschein Berlin Flyer der Bundesärztekammer Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus
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