Interkulturelle Kompetenzen als Chance für die Unternehmen und für die Region
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- Wilhelm Kaufman
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1 Interkulturelle Kompetenzen als Chance für die Unternehmen und für die Region Etappe 3 - Kulturparcours Inhalt und Ziele der Etappe Der Begriff der interkulturellen Kompetenzen gewinnt im Arbeitsumfeld an Bedeutung. Galt das Thema früher vor allem für international Handeltreibende als relevant, setzen sich heute die meisten Unternehmen auf unterschiedliche Art mit Fragen des Diversity Management auseinander. Was genau ist jedoch damit gemeint? Wer muss welche Kompetenzen aufweisen, welche sind im Unternehmen förderlich? Aus der Unternehmensperspektive besteht gegenwärtig ein Konsens darüber, dass sich Vielfalt auszahlt 1. Aus der Sicht der Arbeitnehmer und Arbeitsuchenden wiederum gelten Unternehmen mit einer diversitätsfreundlichen Reputation als besonders innovative und attraktive Arbeitgeber. Der Kulturparcours bringt im Rahmen von Betriebsführungen und Gesprächsrunden Unternehmen aus der Region Biel mit Interessierten zusammen. Die Ziele dieses Austausches: Die Teilnehmenden erhalten einen Einblick darin, wie Unternehmen in der Praxis mit Diversitätsthemen umgehen und sind sich der Integrationsfunktion und -verantwortung von Unternehmen bewusst. setzen sich mit den Themen der soziokulturellen Diversität, der interkulturellen Kompetenzen und der Chancengleichheit in der Arbeitswelt auseinander und können Fragen dazu klären. haben Gelegenheit, sich über Chancen der Diversität und der interkulturellen Kompetenzen auszutauschen. 2. Diversität der Bieler Kontext Die Bevölkerung der Stadt und Region Biel ist äusserst vielfältig schreibt die Berner Zeitung von Babylonischen Verhältnissen in der Stadt Biel: Neben der Schweizer Bevölkerung leben dort 141 Nationalitäten. Entsprechend gross ist die Sprachenvielfalt geben knapp 30% eine Nicht-Amtssprache als ihre Hauptsprache an, wobei ein Fünftel der Bieler Bevölkerung 3 oder mehr Sprachen spricht. Mit gut 30% (im Jahr 2013) liegt der Anteil der ausländischen Bevölkerung über dem Schweizer Durchschnitt (23.8%). 3 1 Siehe dazu z.b. Die Zeit vom : und 1
2 Zu dieser ethnischen und linguistischen Vielfalt gesellen sich weitere demografische Aspekte: Knapp 20% der ständigen Wohnbevölkerung ist 65jährig oder älter. Der Anteil der unter 18jährigen liegt bei 16% (Schweiz 18% 4 ). Die kulturelle und soziale Vielfalt widerspiegelt sich nicht zuletzt in den lokalen Unternehmen. Entsprechend relevant müssten Fragestellungen der betrieblichen Diversität, des interkulturellen Verstehens und des Diversitätsmanagements in den Betrieben der Region sein. Schweizer Qualität und Diversität: Kein Land der Erde hat so viele Nobelpreisträger pro Einwohner wie die Schweiz. 5 [...] Insgesamt 21 Nobelpreisträger aus den Bereichen Physik, Chemie und Medizin besassen zum Zeitpunkt der Preisverleihung einen Schweizer Pass. Das Nobelpreiskomitee ordnet aber nur zwölf Preisträger der Schweiz zu. Des Rätsels Lösung: Das Komitee unterteilt nach Geburtsland, nicht nach Staatszugehörigkeit. Von den 21 Schweizern sind etliche im Ausland geboren; mehr als ein Drittel, nämlich acht, wurden im Verlauf ihres Lebens eingebürgert der Bekannteste davon ist Albert Einstein. [...] Die Schweiz hat viele ihrer besten Leute importiert. 2. Was ist kulturelle und soziale Diversität? Im gesellschaftlichen Kontext bezeichnet Diversität die Vielfalt oder Verschiedenartigkeit von Personen. Diversität von Personen wird klassischerweise auf folgenden Ebenen betrachtet: Kultur (Ethnie) / Herkunft Alter Geschlecht Gender (sozial, kulturell und individuell bedingte Geschlechtseigenschaften, -Verhaltensweisen und -Identitäten) sexuelle Orientierung Behinderung Religion/Weltanschauung sozioökonomischer Status (etwa: reich und vernetzt vs. arm und isoliert) Es gibt noch viele weitere genetisch bedingte, sozialisationsbedingte und kulturelle Unterschiede wie Grösse, Haut- und Haarfarbe usw. Arbeitsstil Fachkenntnisse Wahrnehmungsmuster Dialekt Netzwerke und Gruppenzugehörigkeiten Matthias Plüss: Weltmeister. In: Das Magazin, 9. Mai 2015, Seite11 ff. 2
3 Abb. 1: Diversitätskomponenten 6 Diversität geschätzt, gefordert, gefürchtet In gewissen gesellschaftlichen Bereichen wird Vielfalt hoch geschätzt oder hat sich mit der Zeit zum Standart entwickelt. Die Küche beispielsweise, wäre doch etwas eintönig, wenn wir nur jene Speisen essen könnten, jene Zutaten verwenden würden, welche schon die drei Eidgenossen kannten. Keine Kartoffeln, keine Tomaten, kein Kaffee, fast gar keine Gewürze dafür täglich ungezuckerten Haferbrei. Wieso lassen wir unsere Küche, unsere Essgewohnheiten so stark durch Fremdes beeinflussen wenn wir denselben Einfluss in anderen Gesellschaftsbereichen zu verhindern versuchen? Wieso verlangen wir von Zugewanderten nicht, dass sie so kochen, wie wir uns das seit Jahrhunderten gewohnt sind? Ähnlich akzeptiert sind ausländische Einflüsse im Profisport oder in der Kultur. Die Akzeptanz und Wertschätzung von Vielfalt ist schliesslich ein Ergebnis gesellschaftshistorischer Entwicklungen und äussert sich in der Chancengerechtigkeit. In Frageform ausgedrückt: Geht es unserer Gesellschaft schlechter, seit wir Frauen politisch mitwirken lassen? Ist unsere Gesellschaft instabiler, seit es Reformierte und Katholiken gibt? Schadet es unserer Gesellschaft, dass Personen mit einem Handicap auch einen Arbeitsplatz bekommen? Leidet die Gesellschaft darunter, dass gleichgeschlechtliche Paare ihre Partnerschaft eintragen lassen dürfen? Dies führt zur Frage danach, in welchen andern Bereichen wir zu unserem Wohl etwas mehr Anderes zulassen sollten? Wo könnten wir wie profitieren vom Fremden? 6 3
4 3. Dimensionen von Diversität in Unternehmen Abb.2: Dimensionen der Diversität 7 Die Theorie spricht von vier Schichten oder Dimensionen der Diversität im Unternehmen: 1. Persönlichkeit: hier sind die individuellen Vorlieben und Abneigungen, Werte und Überzeugungen angesiedelt. Diese Persönlichkeitsebene hat einen starken Einfluss und steht in Interaktion mit den anderen drei Ebenen. 2. Interne Dimensionen: Auf diese Diversitätsfaktoren hat das Individuum kaum Einflussmöglichkeiten (Geschlecht, Alter, Behinderungen, Hautfarbe etc.). Gleichzeitig tritt hier Diversität am offenbarsten zutage und finden Annahmen, Stereotypisierungen und Vorurteile statt. 3. Externe Dimensionen: Diese Diversitätsmerkmale sind variabler und kontrollierbarer als die internen. Sie sind zum Teil sozial oder sozialisationsgeprägt und entscheiden mit über unsere Beziehungsnetze. Die externen Dimensionen umfassen Hobbies und Gewohnheiten, Aussehen, Sprache, jedoch auch sozialer Stand, Einkommen, Ausbildung etc. 4. Organisationale Dimensionen: Hier angesiedelt sind Faktoren der Unternehmensorganisation und -kultur. Hier sind Themen der Hierarchien, Seniorität, Gruppenzugehörigkeit etc. angesiedelt
5 Aktueller Diversitätsdiskurs Die Neue Zürcher Zeitung nimmt die Ernennung von Tidjane Thiam zum CEO der Credit Suisse zum Anlass, Diversität in der Berufswelt zu thematisieren: (Bild: Christoph Ruckstuhl / NZZ) Mit der Ernennung von Tidjane Thiam zum neuen Konzernchef der Credit Suisse ist einmal mehr ein Schlaglicht auf das Thema Diversität geworfen worden. Der 1962 in der Republik Côte d'ivoire geborene Manager, der seit dem Jahr 2009 die Versicherungsgesellschaft Prudential führt, war damals der erste afrikanische CEO eines Unternehmens im britischen Leitindex FTSE 100. Damit ist er nicht nur eine Ausnahmeerscheinung in Grossbritannien geblieben, ab Juni wird er das auch in der Schweiz sein. [...] Mittlerweile haben weltweit tätige Unternehmen jedoch erkannt, dass eine bunte Führungsgruppe nicht nur der Reputation nach aussen dient und «politisch korrekt» ist, sondern dass diese vielmehr auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein kann. Dank heterogen zusammengesetzten Teams etwa punkto Nationalität, sozialem Hintergrund, Alter oder Geschlecht versprechen sie sich gleich mehrere Vorteile [...] (NZZ, ) 4. Interkulturelle Kompetenzen Interkulturelle Kompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, die kulturelle Bedingtheit der Wahrnehmung, des Urteilens, des Empfindens und des Handelns bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen. 8 Anders gesagt ist es die Kompetenz, das Andere zu erkennen, das Eigene zu hinterfragen und in der Kommunikation und Kooperation das Gemeinsame zu suchen
6 Wenn interkulturelle Kompetenz auf einem hohen und stabilen Niveau ausgebildet ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in Situationen des interkulturellen Austausches beide Partner ihre Ziele erreichen können. Der Erwerb interkultureller Kompetenz wird als interkulturelles Lernen bezeichnet: Abb. 3: Prozess interkulturellen Lernens 9 Vom Diversitätsbewusstsein zur Kulturalisierung Die Gefahr des Konzeptes der Interkulturalität besteht in der Kulturalisierung. Unter Kulturalisierung wird die Praxis verstanden, Kultur als wesentliche, zentrale und determinierende Erklärung für (individuelle) Handlungen, Einstellungen, Verhaltensweisen, Konflikte oder Ausdrucksweisen zu verstehen. Dadurch werden Menschen in ihrer Vielfältigkeit und Komplexität nicht wahrgenommen, sondern ausschließlich auf eine (vermeintliche oder tatsächliche) kulturelle Zugehörigkeit reduziert. Das bedeutet, der Diversitäts- und Interkulturalitätsdiskurs das Gegenteil des Erwünschten erzielt, indem er die Selbst- und Fremdabgrenzung eher betont als überwindet
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