Dynamische Belastung von Kletterkarabinern
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- Caroline Bella Kruse
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1 Florian Hairer 1, Florian Hellberg 2 Dynamische Belastung von Kletterkarabinern Experimentelle Studie zum Einsatz von Alukarabinern in Slacklinesystemen 1 Christian-Doppler-Laboratorium für Werkstoffmechanik von Hochleistungslegierungen - Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Werkstoffmechanik, Technische Universität München, Boltzmannstraße 15, Garching 2 DAV Sicherheitsforschung, Deutscher Alpenverein e.v. Bundesgeschäftsstelle, Von- Kahr-Str. 2-4,80997 München
2 Dynamische Belastung von Kletterkarabinern 1 Einleitung und Motivation Seit einigen Jahren verzeichnet der Sport Slacklining, das Balancieren auf einem Flach oder Schlauchband, wachsende Anha ngerzahlen. Diese zunehmende Beliebtheit fu hrt allerdings auch dazu, dass die Anzahl derer die es nur einmal probieren wollen, vielfach Kletterer die den Aufbau mittels ihres Klettermaterials bewerkstelligen, wa chst. Dieses Material, insbesondere die (Alu-)Karabiner, ist allerdings fu r Belastungen, wie sie in einem Slacklinesystem entstehen, nicht geeignet und kann dadurch fu r die weitere Verwendung beim Klettern vorgeschwa cht werden. Die Anfa lligkeit von Aluminiumlegierungen gegen Dauer(schwing)beanspruchung bzw. Schwelllast1 ist bei anderen Sportarten (z.b. im Flugsport) bekannt und wird bei der Materialauswahl und Dimensionierung beachtet. Zwei Beispiele sollen die Gefa hrlichkeit und Relevanz beim Klettern verdeutlichen. Beim ersten Beispiel wurde eine etwa 8 m lange Jumpline (sehr hart gespannte Slackline zum Springen, Vorspannkraft etwa 5-8 kn) gespannt. Beim ersten Sprung auf das Band brach ein Schraubkarabiner (Herstellerangaben: Festigkeit la ngs: 22 kn, Festigkeit offen: 8 kn, Festigkeit quer: 10 kn). Der Karabiner wurde zuvor mehrmals zum Slacklinen verwendet. Das zweite Beispiel zeigt mehr klettertechnische Relevanz. Hierbei wurde ein Karabiner (Normalkarabiner aus einer Expressschlinge) mehrfach zum Slacklinen verwendet und brach bei einem Klettersturz. Der Sturz war mit ca. 6 m ausgegebenen Seil und einer Sturzho he von nicht mehr als 2 m (Sturzfaktor max. 0,33) nicht besonders hart. Trotzdem brach der Karabiner und der Kletterer wurde nur durch den Umstand, dass die na chste Sicherung knapp unter der gebrochenen Sicherung lag, vor Verletzungen behu tet. Diese Beispiele und in letzter Zeit vermehrt durchgefu hrte Untersuchungen u ber die Kra fte in Slacklinesystemen, motivieren die Untersuchung der Auswirkungen von Schwellbelastung (Belastungsart in einem Slacklinesystem) auf Alukarabiner. Abbildung 1: Gebrochene Karabiner 1 Lastfall bei dem eine Belastung um einen Mittellastwert (meist sinusfo rmig) schwingt 2
3 2 Experimente Für die Versuche wurden zwei verschiedene Karabinertypen ausgewählt: Aluminiumkarabiner des Typs X (Ovale Form mit Schraubverschluss) und Alukarabiner des Typs H (HMS-Karabiner)[1, 2]. Tabelle 1 zeigt die Merkmale und Herstellerangaben der getesteten Karabiner gezeigt. Tabelle 1: Bruchlasten der getesteten Karabiner [1] Typ Skizze Material Bruchlast in Längsrichtung Bruchlast in Längsrichtung (Herstellerangabe) (min. Anforderung nach Norm) Aluminium- Typ X legierung 24kN 18kN Serie 6000 Aluminium- Typ H legierung 23kN 20kN Serie Versuchsaufbau Für die Versuchsdurchführung wurde die Normprüfung nach DIN EN bzw. UIAA 121 [1] herangezogen. Die Krafteinleitung erfolgte über 12 mm dicke Zugbolzen, welche mittels zweier Gabelköpfe aufgenommen wurden. Abbildung 2 veranschaulicht die Krafteinleitung bei der Normprüfung. Abbildung 2: links: schematischer Versuchsaufbau nach DIN EN [1], rechts: Gabelkopf zur Aufnahme des Zugbolzens Die Gabelköpfe wurden für die statischen Zugversuche in einer Zugprüfmaschine (Instron 4500) und für die Schwingversuche in einer Resonanzprüfmaschine (Rumul Mikrotron) 3
4 montiert. Für Vergleichsversuche mit Krafteinleitung mittels eines Flachbandes wurde ein 25 mm breites Flachband direkt in die Klemmbacken der Zugprüfmaschine eingespannt. 2.2 Versuchsdurchführung Für sämtliche statische Zugversuche wurde, wie in DIN EN beschrieben, eine Geschwindigkeit von 20 mm/min für die Kraftaufbringung verwendet. Im Zugversuchsaufbau wurden die Karabiner mittels einer Zugprüfmaschine bis zur Zerstörung belastet. Die Typ X Karabiner wurden wie in Abb. 2 dargestellt (linkes Bild) eingespannt. Für die Einspannung der Typ H Karabiner wurde eine Variation der Zugrichtung (siehe Abb. 3) bewerkstelligt. Der mittige Zug (1) ist die Zugrichtung die durch das Einspannen der dünnen Seite und dem Hängen und Einpendeln lassen (Schwerkraftausrichtung) erreicht wird und gut reproduzierbar ist. Des weiteren wurden die HMS Karabiner auch nahe des gesunden Schenkels (2) und 5 mm von der Mitte in Richtung Schnapper verschoben (3) getestet, um den Einfluss der Zugrichtung zu überprüfen. Abbildung 3: Zugrichtungen bei den Typ H Karabinern An beiden Karabinertypen wurden außerdem Zugversuche mit Bandmaterial anstelle der Zugbolzen durchgeführt, um die Auswirkungen der Krafteinleitung durch ein Band gegenüber der Krafteinleitung mittels Normbolzen zu untersuchen. Für die Karabiner vom Typ X ist der Aufbau in Abb. 4 dargestellt. Für die HMS Karabiner wurde wie bei den Zugversuchen mit Zugbolzen und Band (siehe Abb. 3) die Zugrichtung variiert. 4
5 Abbildung 4: Zugversuche mit Bandmaterial als Zugmittel Mit den HMS Karabinern wurden anschließend Schwelllastversuche mit unterschiedlichen Parametern durchgeführt. Tabelle 2 zeigt die Parameter der unterschiedlichen Schwelllastversuche. Die Werte wurden aus Arbeiten über die realen Kräfte in Slacklinesystemen übernommen [3, 4]. Für die Schwelllastversuche wurde immer die Einspannungsart 1 (Schwerkraftausrichtung) verwendet. Tabelle 2: Aufgebrachte Schwelllasten Name Mittellast Schwelllast Mindestlast Maximallast Prüffrequenz (F m, [kn]) (F schw, [kn]) (F min, [kn]) (F max, [kn]) (f, [Hz]) 8 kn± kn± kn± , 5, 70 Die Messungen zur Festigkeitsminderung beinhalteten ein Einschwingen bei Zyklen bzw Zyklen mit 5 kn ± 1 und einen danach durchgeführten statischen Zugversuch zur Messung der Restfestigkeit. 5
6 3 Ergebnisse Wie in Kap. 2 beschrieben wurde, teilen sich die Experimente in statische Zugversuche und Schwelllastversuche auf. Der Zugversuch wurde für beide Karabinertypen jeweils mit Zugbolzen und Bandmaterial durchgeführt. Bei den HMS Karabinern wurde zusätzlich noch die Zugrichtung (Krafteinleitungsrichtung) variiert. Es wurden zwei Arten von Schwelllastversuchen durchgeführt. Zunächst wurde eine Variation der Schwelllast durchgeführt und dann eine Vorschädigung der Karabiner durch Schwelllast mit einem anschließenden Zugversuch. 3.1 Statischer Zugversuch Der statische Zugversuch wurde als erster Versuch gewählt, um ein Gefühl für die Versagensmechanismen bei den Karabinern zu bekommen. Typ X Karabiner Beim Zugversuch mit Zugbolzen (siehe Abb. 5) wurden höhere Werte erreicht als vom Hersteller angegeben oder in der Norm gefordert. Das Verwenden von Bandmaterial und die damit verbundene nicht optimale Krafteinleitung verringerte die Bruchlast um ca. 10 kn auf etwa 18 kn (siehe Abb. 6). Abbildung 5: Ausgewählte Zugversuche an Typ X Karabinern 6
7 Abbildung 6: Ausgewählte Zugversuche an Typ X Karabinern mittels Bandmaterial als Zugmittel Typ H Karabiner Beim Zugversuch in Zugrichtung 1 mit Zugbolzen erhält man bei den HMS Karabinern leicht niedrigere Werte als vom Hersteller angegeben. Diese sind allerdings höher als in der Norm gefordert (siehe Abb. 7). Eine Variation der Zugrichtung zeigt starken Einfluss auf die Bruchlast (siehe Abb. 8). Mit Zugrichtung 2 (nahe dem gesunden Schenkel) erreicht man deutlich höhere Bruchlasten als in Zugrichtung 1. In Zugrichtung 3 ist der Karabiner deutlich schwächer und erreicht dadurch geringere Werte für die Bruchlast als in der Norm gefordert. Abbildung 7: Ausgewählte Zugversuche an Typ H (HMS) Karabinern 7
8 Abbildung 8: Einfluss der Variation der Zugrichtung bei Typ H (HMS) Karabinern Die Zugrichtung hat bei den Zugversuchen mit Bandmaterial nur geringen Einfluss. Durch die ungünstige Krafteinleitung mit dem Bandmaterial wird allerdings die Bruchlast etwa auf dieselben Werte wie beim Typ X Karabiner herabgesetzt. Abbildung 9: Ausgewählte Zugversuche an Typ H (HMS) Karabinern mittels Bandmaterial als Zugmittel 8
9 3.2 Schwelllastversuch Die Schwelllastversuche wurden durchgeführt um die Belastung in einem Slacklinesystem zu simulieren. Die Karabiner wurden wie in Kap. 2 beschrieben mit Zugrichtung 1 in einer Resonanzprüfmaschine getestet. Tabelle 3 zeigt die verschiedenen Schwelllasten sowie die jeweils daraus resultierende Anzahl an Zyklen bis zum Versagen. Es hat sich gezeigt, dass die Variation der Prüffrequenz keinen Einfluss auf das Versagen hat. Eine Frequenz zwischen 1 Hz und 5 Hz entspricht in etwa der Belastung beim Slacklinen. Tabelle 3: Zusammenstellung verschiedener getesteter Schwelllasten Name Maximallast Lastzyklen bis zum Bruch (F max, [kn]) 8 kn± kn± kn± Diese Ergebnisse motivierten Versuche bei denen Karabiner mit einer Schwelllast von 5 kn±1 vorgeschwächt werden und dann durch einen Zugversuch die Restfestigkeit ermittelt wird. Dazu wurden die Karabiner mit bzw Zyklen in der Resonanzprüfmaschine eingeschwungen und dann in der Zugprüfmaschine bis zum Bruch belastet. Wie in Abb. 10 dargestellt, hatte dies allerdings nur geringen Einfluss auf die Bruchlast. Abbildung 10: Ausgewählte Zugversuche mit Typ H (HMS) Karabinern 9
10 4 Zusammenfassung und Diskussion Im statischen Zugversuch wurde gezeigt, dass Typ X Karabiner größere Kräfte aufnehmen können da durch ihre Form eine eindeutige Krafteinleitung erfolgt. Die Abhängigkeit der Krafteinleitungsrichtung bei den Typ H Karabinern führt zu einer erheblichen Variation der Bruchlast 2. Die Tragfähigkeit beider Typen sinkt wenn die Krafteinleitung nicht mehr über die idealen (Norm)Zugbolzen (Krafteinleitung durch ein Kletterseil) sondern durch Bandmaterial (in diesem Fall 25 mm Flachband) stattfindet. Dabei sinken die Bruchlastwerte beider Typen auf etwa 18 kn und damit auf einen niedrigeren Wert als die Norm vorsieht. Die Schwelllastversuche zeigten, dass eine sehr stark gespannte Slackline (Jumpline mit 8 kn Vorspannung, Sprünge mit 10 kn max. Belastung) schon nach ca Belastungszyklen zum Versagen der Karabiner führt. Bei einer Slackline mit 5 kn Vorspannkraft und einer max. Beanspruchung von 6 kn (realistische Werte für eine Slackline auf der balanciert wird) führen durchschnittlich Zyklen zum Bruch, was bei einer beim Slacklinen üblichen Belastungsfrequenz von 1-5 Hz zu einem Versagen des Karabiners nach etwa 16 Stunden ununterbrochenen Slacklinens führt. Die Annahme, dass die Dauerbeanspruchung den Karabiner vorschädigt und somit seine Resttragfähigkeit vermindert, konnte nicht nachgewiesen werden. Dies liegt vor allem an der Belastungsgeschwindigkeit im Normzugversuch, die mit mm/min nicht annähernd die Dynamik eines Sturzes widerspiegelt. Für die Durchführung dieser Versuche ist eine dynamische Zugprüfmaschine notwendig, um die Karabiner besser im Sturzverhalten zu testen. Diese Prüfung wäre auch ohne Vorschädigung von Interesse und für Kletterkarabiner von Relevanz. Literatur [1] UIAA. UIAA Standard for Mountaineering and Climbing Equipment - Connectors (2004). [2] DIN Deutsches Institut für Normung e.v.. Bergsteigerausrüstung - Karabiner - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren (1998). [3] F. Hairer und D. Geyer. Kraftmessung an einer Slackline - Experimentelle Bestimmung von Kräften in einem Slacklinesystem mittels Dehnmessstreifen (DMS) (2008). [4] D. Geyer. Zulassungsarbeit zum Thema Slacklinen als Schulsport (2008). 2 Diese Variation kann durch eine geometrische Restriktion der Zugrichtung verhindert werden, einige erhältliche HMS-Karabiner weisen diese auf. 10
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