Qualifizierung als strategische Aufgabe

Transkript

1 Daniela Sommer Head of BSH Academy Corporate BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Qualifizierung als strategische Aufgabe Optimierung des internationalen Projektmanagements bei der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Zusammenfassung Ganz gleich, ob ein ausländischer BSH-Produktionsstandort aufgebaut, eine technische Neuentwicklung vorangetrieben oder eine internationale Produktmarketing-Initiative ausgerollt werden soll: Die Zusammenarbeit in wechselnden Projekten und Teams ist heute für Europas führenden Hausgerätehersteller BSH eine selbstverständliche Herausforderung. Als im Jahr 2009 die erforderlichen Kompetenzen konzernübergreifend weiterentwickelt werden sollten, war die hauseigene BSH Academy gefordert. Durch die Entwicklung eines maßgeschneiderten Qualifizierungskonzepts konnten die Voraussetzungen für die erfolgreiche Optimierung des Projektmanagements geschaffen werden. 1. Weiterbildung bei der BSH Bereits 1967 war die Weiterbildung bei der BSH, die im selben Jahr von den großen Elektrotechnikkonzernen Siemens AG und Robert Bosch GmbH gegründet wurde, ein sehr wichtiges Thema. Die stetige Ausweitung und Professionalisierung des Programmangebots über die folgenden drei Jahrzehnte führten im Jahr 2000 dazu, alle Weiterbildungsaktivitäten unter dem Dach der BSH Academy am Standort München zu bündeln. Zeitgleich wurde im oberbayerischen Kloster Zangberg ein eigenes Bildungszentrum eingerichtet, das bis heute als zentraler Anlaufpunkt für viele Seminare, Workshops und Veranstaltungen genutzt wird

2 Lernen von den Besten Best Practice Beispiele BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Kapitel 3 Aus heutiger Sicht stellten die Anfänge der BSH Academy zur Jahrtausendwende einen Übergangszustand dar. Obwohl sich die geschäftlichen Aktivitäten des Hausgeräteherstellers bereits international auf alle Kontinente erstreckten, fokussierte sich die BSH Academy noch sehr stark auf Deutschland, insbesondere auf die Konzernzentrale in München. Eigenentwickelte Qualifizierungsmaßnahmen und die Einbindung interner Trainer waren noch eher selten. Seitdem entwickelte sich die BSH Academy stetig weiter vom lokal ausgerichteten Makler extern zugekaufter Weiterbildungsangebote zum weltweit agierenden Business Partner für Qualifizieren und Lernen. Auf strukturierte Bedarfserhebungen folgten bald Konzepte, die komplett BSH-intern erstellt wurden. Durchgeführt wurden die Trainings immer häufiger unter Einbindung von Mitarbeitern, die neben ihrer eigentlichen Funktion innerhalb der BSH zusätzlich als Trainer für die BSH Academy tätig sind. Die BSH Academy wuchs in ihre strategische Rolle hinein, erweiterte zunehmend ihr Portfolio und wurde für den einzelnen Mitarbeiter auch international präsenter. Abbildung 1: Die Regionalstruktur der BSH Academy

3 Heute steht sie für ein konzernweites Qualifizierungsnetzwerk mit einem Portfolio von über 200 Trainingskonzepten und Programmen sowie mehr als 100 internen Trainern. Ihre Regionalstruktur erstreckt sich heute über alle 50 Länder, in denen die BSH aktiv ist. Schulungen finden weltweit statt in verschiedenen Sprachen, aber nach vergleichbaren Maßstäben. Die Konzeption individuell zugeschnittener Programme erfolgt routiniert und nach definierten Prozessstandards. 2. Bedarfsorientiert und strategisch: das Selbstverständnis der BSH Academy Drei wesentliche Aspekte für die erfolgreiche Arbeit der BSH Academy sind im Jahr 2013: eine klare Orientierung der BSH Academy an der Geschäftsstrategie des Gesamtkonzerns, die frühzeitige Einbindung der BSH Academy in strategische Initiativen (u. a. Change- Projekte, Aufbau neuer Standorte, Exzellenz-Initiativen), bedarfsgerechte Trainingskonzepte, die auf die aktuellen wie künftigen Herausforderungen der jeweiligen Fachbereiche abgestimmt sind. Dies versetzt die BSH Academy im Gegensatz zu vielen vergleichbaren Organisationen in die Lage, grundlegende Entwicklungen beratend mitzugestalten und damit zum Unternehmenserfolg des Hausgeräteherstellers beizutragen. 3. Praxisbeispiel: Qualifizierungskonzept zum BSH-Projektmanagement Sehr anschaulich zeigt sich die Arbeitsweise der BSH Academy anhand ihrer Rolle bei der Weiterentwicklung des internen Projektmanagements. Erfolgreiche Projektarbeit ist ein entscheidender Schlüssel für die weitere Positionierung der BSH als attraktiver Arbeitgeber. Dabei ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass die Komplexität der Anforderungen steigt: Oft sind Projekte interdisziplinär, standortübergreifend oder multinational ausgelegt, teils arbeiten einzelne Mitarbeitende auch an zwei oder mehr Projekten gleichzeitig. Gleichzeitig bestimmt in vielen Bereichen noch immer eine klassische Linienhierarchie die Zusammenarbeit. Bis vor wenigen Jahren gab es über die verschiedenen Bereiche hinweg auch noch eine Vielzahl von teilweise redundanten Rollen, Abläufen und Tools. Vor diesem Hintergrund erteilte die Geschäftsführung 2009 den Auftrag zur übergreifenden Optimierung des BSH-Projektmanagements. Mitglieder des neu gegründeten Arbeitskreises, der standort- und bereichsübergreifend das Projekt vorantrieb, waren von erster Stunde an auch Vertreter der BSH Academy

4 Lernen von den Besten Best Practice Beispiele BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Kapitel 3 Die Initiative im Bereich Personalentwicklung zielte im Wesentlichen in zwei Richtungen: Zum einen sollte der Karrierepfad Projektmanagement neben der klassischen Führungslaufbahn etabliert werden, um die Entwicklung geeigneter Mitarbeiter in Projektleitungsfunktionen zu unterstützen. Zum anderen sollten die Projektleiter und alle weiteren Mitarbeiter, die in Projekten tätig sind, systematisch mittels aufeinander aufbauender Weiterbildungsangebote für ihre Aufgaben qualifiziert werden. Den Anfang des auf mehrere Jahre angelegten Projekts bildete die Beschreibung der einzelnen Funktionen, die typischerweise in einem BSH-Projekt vertreten sind. Vom Projektleiter bis zum Projekt-Controller wurden so bei der BSH nicht weniger als elf Rollen definiert, die im Zusammenspiel die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Projektarbeit bilden. Nachdem im nächsten Schritt auch die einzelnen Karrierepfadstufen hinsichtlich ihrer Anforderungen definiert waren, wurde mit der Entwicklung einer bedarfsspezifischen Qualifizierungsmatrix begonnen, die Ende 2010 final verabschiedet wurde. Abbildung 2: Die Projektmanagement-Qualifizierungsmatrix

5 Die Qualifizierungsmatrix orientiert sich in horizontaler Richtung an den drei Stufen des Projektleiter-Karrierepfads: Projekt Manager Senior Projekt Manager Projekt Direktor Viele der darin enthaltenen Module richten sich dabei parallel auch an Mitarbeiter in einer Linienfunktion, die nicht den Karrierepfad Projektmanagement einschlagen möchten, aber dafür in Projekten arbeiten oder zumindest zeitweise mit entsprechenden Projektleitungen betraut werden. Vertikal betrachtet umfasst die Matrix die drei grundlegenden Qualifizierungsbereiche: Allgemeines Know-how, BSH-spezifisches Know-how, Führungskompetenz. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt der zu durchlaufenden Trainings mit zunehmender Projektverantwortung von oben nach unten: Während das Einsteiger-Training vor allem Inhalte wie Grundlagen der Projektarbeit oder Zusammenarbeit in virtuellen Teams umfasst, werden auf der Direktor-Stufe eher Aspekte wie Leadership, Strategie und Ablauforganisation thematisiert. Hier zeigt sich die enge Verzahnung der Qualifizierungsmatrix mit dem BSH-Führungskräfteprogramm, die eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Roll-out des Karrierepfads Projektmanagement ist. In Summe umfasst die Qualifizierungsmatrix 24 Trainingsblöcke mit insgesamt mehr als 500 Schulungsstunden. Fünf der Module wurden eigens zur Komplettierung der Qualifizierungsmatrix neu entwickelt. 4. Fazit Seit 2011 werden die Trainings erfolgreich durchgeführt, ab Mitte 2012 fand ein internationaler Roll-out statt. Künftig werden vor allem Aspekte wie Multi-Projektmanagement und Teilprojektleitung verstärkt eine Rolle spielen. Eine Erfolgsmessung findet nicht nur über den Abgleich zu besuchender und tatsächlich absolvierter Trainings, sondern auch über die Erfassung des direkten Teilnehmer- und Trainer-Feedbacks statt. Sie ist zudem ein wichtiger Bestandteil künftiger Reifegradprüfungen im Bereich Projektmanagement

6 Lernen von den Besten Best Practice Beispiele BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Kapitel 3 Zwar kann der konkrete Erfolgsbeitrag des Qualifizierungskonzepts hier zwangsläufig nur indirekt abgeleitet werden, doch die Investition in eine insgesamt dreijährige Konzeption und die enge Ausrichtung des Konzepts an den dabei eruierten Bedarfen dürften sich das lässt sich schon heute mit einiger Sicherheit sagen auch langfristig für die BSH als Unternehmen gelohnt haben. Die Autorin Daniela Sommer (*1978) leitet seit November 2009 das achtköpfige Team der BSH-Academy Corporate bei der BSH in München und ist außerdem verantwortlich für die Corporate Learning Organisation weltweit. Zuvor war die studierte Betriebswirtin und systemische Organisationsberaterin unter anderem als Prozessmanagerin Personalentwicklung bei der Neff GmbH in Bretten tätig. Zu ihren derzeitigen Schwerpunkten gehören neben dem weiteren Ausbau der BSH Academy zum konzernweiten strategischen Partner für Corporate Learning auch die Entwicklung und der Roll-out verschiedener Qualifizierungsprogramme für Schlüsselzielgruppen. Das Unternehmen Die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, seit 1967 ein Joint Venture zwischen der Robert Bosch GmbH Stuttgart und der Siemens AG München, ist eine weltweit tätige Unternehmensgruppe mit einem Umsatz von rund 9,8 Mrd. Euro im Jahr Zusammen mit einem weltumspannenden Netz von Vertriebs- und Kundendienstgesellschaften sind heute rund 70 Gesellschaften in 50 Ländern mit über Mitarbeitern für die BSH tätig. Sitz der Konzernzentrale ist München. Von hier aus werden auch die Aktivitäten der konzernweiten BSH Academy koordiniert. Neben den Hauptmarken Bosch und Siemens enthält das Markenportfolio der BSH noch sieben Spezialmarken und vier Regionalmarken. Das Produktspektrum der Marken umfasst Haushaltsgroß- und Kleingeräte, Bodenpflege- und Warmwassergeräte. Die BSH ist der größte Hausgerätehersteller in Europa und gehört zu den weltweit führenden Unternehmen der Branche