Patienteninformation Rotatorensehnenschaden/operative Rekonstruktion

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1 Klinik für Unfall-, Hand- und Orthopädische Chirurgie Chefarzt Dr. med. O. Wamsler Telefon: 0209 / Telefax: 0209 / unfall-chirurgie@evk-ge.de Internet: Patienteninformation Rotatorensehnenschaden/operative Rekonstruktion Lieber Patient, liebe Patientin, bei Ihnen soll oder ist eine Schädigung der sog. Rotatorensehnen am Schultergelenk festgestellt worden. Eine operative Behandlung mit Rekonstruktion, Wiederherstellung dieser Sehnen ist vorgesehen oder bereits erfolgt. Mit diesem Eingriff kann bei optimalen Vorraussetzungen wieder eine gute Funktion des Schultergelenkes und Schmerzfreiheit erreicht werden. Es handelt sich in der Hand von erfahrenen Schulterchirurgen um einen sicheren Eingriff, der jedoch technisch aufwändig ist und auch unbedingt eine physiotherapeutische Nachbehandlung und die Mitarbeit des betroffenen Patienten erfordert. Sie finden deshalb im Rahmen dieses Merkblattes einige zusätzliche Informationen zur Behandlung. Bitte lesen Sie dieses Merkblatt aufmerksam und legen es auch ihren nachbehandelnden Ärzten und insbesondere Physiotherapeuten vor. Was sind die Rotatorensehnen? Die Rotatorensehnen umschließen die Kugel des Schultergelenkes wie eine Kappe von vorne oben und hinten. Zusätzlich handelt es sich bei diesen Sehnen um relativ flache Sehnen, die die Oberarmkugel wie eine Kappe umschließen und führen können (Subscapularissehne, Supraspinatussehne, Infraspinatussehne, Teres minor-sehne). Zusätzlich zählt noch die durchs Schultergelenk ziehende Sehne des langen Bizepsmuskels. Die Sehnen dienen vereinfacht ausgedrückt dazu, die Oberarmkugel im :Gelenk zu zentrieren und so den großen Muskeln des Schultergelenkes die Arbeit zu erleichtern. Im weiteren werden durch die Sehnenmuskeln Drehbewegungen ( Rotation ) durchgeführt. (Daher der Name Rotatorensehnen!) Dr. med. M. Kamminga Seite 1 von 6

2 Welche Erkrankungsformen der Rotatorensehnen gibt es? Die Erkrankungen der Rotatorensehnen sind überwiegend degenerativer Natur (Verschleiß). Hierbei unterscheidet man zwischen sog. intrinsischen Faktoren, d. h. Verschleiß der Sehne am Übergang zum Knochen von innen heraus und extrinsischen Faktoren. Hierbei kann man sich vorstellen, dass die Sehnen durch Einklemmen/Einquetschen unter dem Knochen des sog. Schulterdaches durchgescheuert werden. ( Impingement ) In beiden Fällen kommt es zunächst zu Entzündungsvorgängen in den geschädigten Sehnen. Dieses führt zu Schmerzen und Funktionsverlust. Das Schultergelenk reagiert hierauf mit einer Bewegungseinschränkung, ggfls. mit einer zusätzlichen Kapselentzündung und Kapselschrumpfung. Es kann so zu einer dauerhaften Bewegungseinschränkung und Schultersteife des gesamten Schultergelenkes kommen. Bei länger fortschreitendem Verschleiß der Rotatorensehnen kommt es zu kompletten Abrissen mit Zurückziehen der Sehnen. Hierdurch werden dann die dazu gehörigen Muskeln geschädigt, da diese ihre Funktion verlieren und sich bindegewebig umwandeln. Veränderungen, Risse und Defekte der Rotatorensehnen kommen bei Männern häufiger als bei Frauen und bei älteren Menschen häufiger als bei jüngeren vor. Relativ häufig wird ein Beschwerdebeginn bei einer bestimmten Belastung des Schultergelenkes oder nach Unfällen bemerkt. Echte unfallbedingte Risse der Sehnen sind jedoch eher selten, sie kommen z.b. bei schweren Unfällen oder Schultergelenksausrenkungen vor. Wie werden Veränderungen der Rotatorensehnen festgestellt? Ganz im Vordergrund steht hier die klinische Untersuchung möglichst durch einen erfahrenen Schulterchirurgen. Hierdurch kann schon mit erheblicher Sicherheit eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Als weitere diagnostische Mittel werden Röntgenbilder des Schultergelenkes in bestimmten Richtungen angefertigt. Im weiteren hilfreich sind Ultraschalluntersuchungen des Schultergelenkes oder bei speziellen Fragestellungen die Kernspintomografie des Schultergelenkes. Kann die Behandlung auch nicht operativ erfolgen? Es ist nicht immer sicher, ob komplette oder teilweise Defekte der Rotatorensehnen vorliegen. Wie bei allen degenerativ entzündlichen schmerzhaften Schultererkrankungen kann zunächst ein konservativer Behandlungsversuch erfolgen. Typische Therapien sind lokale physikalische Anwendungen wie Kälte, Wärme und Bestrahlungen, Injektionen von Medikamenten ins Schultergelenk und vor allem eine physiotherapeutische Behandlung zur Erhaltung und Verbesserung der Beweglichkeit des Schultergelenkes. Hierfür kann ein Zeitraum von etwa 8 Wochen eingeräumt werden. Wenn sich die Beschwerden hier durch die entsprechende Behandlung bessern, kann auch weiter nicht operativ verfahren werden. Besteht aus der Vordiagnostik der Verdacht auf einen größeren Sehnenabriss oder liegt der Verdacht auf einen echten unfallbedingten Abriss vor, sollte operativ verfahren werden. Dr. med. M. Kamminga Seite 2 von 6

3 Welche Operationsverfahren gibt es? Wie ist der zeitliche Ablauf? Zu unterscheiden sind zwischen endoskopisch arthroskopischen Operationsverfahren und Operationsverfahren über kleine offene Operationsschnitte. Im weiteren ist zu unterscheiden zwischen einer reinen Glättung der Sehne und Erweiterung des Sehnengleitraumes und rekonstruktiven Verfahren mit Wiederherstellen der Sehnenkappe. Als ersten operativen Eingriff werden wir Ihnen fast in jedem Fall eine minimal invasive Operationsmethode, die sog. Schultergelenksarthroskopie vorschlagen. Hierbei wird in Narkose in einer bestimmten Lagerung über kleine Operationsschnitte ein etwa bleistiftstarkes Instrument ins Gelenk und den Sehnengleitraum eingeführt, das Gelenk wird hierbei mit einer Flüssigkeit gefüllt, so dass die Gelenkstrukturen genauestens teilweise unter erheblichen Vergrößerungen beurteilt werden können Es kann somit das gesamte Schultergelenk im besonderen das Ausmaß und die Rissform der betroffenen Sehnen festgestellt werden. Bei dem sog. minimal invasiven Eingriff kann entzündliches Gewebe und Auffaserung der Sehnen entfernt werden. Der Sehnengleitraum unter dem Schulterdach kann mit entsprechenden Operationsinstrumenten oder laserähnlichen Sonden erweitertet werden. Bei speziellen kleineren Rissformen ist auch direkt eine Reparatur der betroffenen Sehnen möglich. Bei inkompletten Rissen, kleineren Rissen oder auch größeren Rissen des sehr alten Menschen ist dieser Eingriff möglicherweise in Kombination mit der entsprechenden Nachbehandlung so erfolgreich, dass ein weiterer reparativer Eingriff zunächst entfallen kann. In den anderen Fällen wird zunächst eine Reinigung des Schultergelenkes und der Sehnen mit Entfernung von Entzündungsgewebe, möglicherweise auch eine Erweiterung des sog. Schulterdaches erfolgen. Ziel des Ersteingriffes ist es, zunächst die akuten Beschwerden des Schultergelenkes zu lindern und in der Nachbehandlung die Beweglichkeit zu verbessern. Eine -spätere- Reparatur der Rotatorensehnen erfordert hingegen eine zeitweilige (Teil-)Ruhigstellung des Schultergelenkes. Insbesondere bei vorbestehenden stärkeren Beschwerden und Bewegungseinschränkungen macht die Durchführung dieses Eingriffes erst Sinn, wenn die Beweglichkeit des :Schultergelenkes wieder hergestellt ist. Hierbei sieht der zeitliche Ablauf üblicherweise so aus, dass zunächst der arthroskopische Ersteingriff mit einem stationären Aufenthalt von etwa 3 5 Tagen erfolgt, dann eine physiotherapeutische Nachbehandlung zwischen 3 und Wochen Dauer und dann die geplante Rekonstruktion der Rotatorensehnen. Hierfür ist wiederum ein Krankenhausaufenthalt von etwa 1 Woche zu veranschlagen. Die Nachbehandlungszeit nach Rotatorensehnenrekonstruktion variiert erheblich, abhängig vom Ausmaß der Schädigung und der Reparatur sowie auch dem Berufsbild des betroffenen Patienten. Nachbehandlungszeiten liegen üblicherweise zwischen 2 und 3 Monaten, können aber auch 3 6 Monate erreichen. Auch nach dieser Zeit können noch langsame Fortschritte gemacht werden, so dass ein Endergebnis möglicherweise erst nach noch längerer Zeit vorliegt. Dr. med. M. Kamminga Seite 3 von 6

4 Bei dem Eingriff werden die Rotatorensehnen durch einen üblicherweise vorne oben auf dem Schultergelenk liegenden Operationsschnitt aufgesucht, hierbei wird der Deltamuskel schonend gespalten. Das Schulter dach wird, sofern dies nicht bereits beim vorherigen Eingriff erfolgte, durch die Entfernung eines kleineren knöchernen Anteils erweitert und geglättet (Acromioplastik). Die Sehnenenden werden aufgesucht, begradigt und mobilisiert. Bei größeren Defekten der Sehnen erfolgt möglicherweise ein Verschwenken der Sehnen, so dass die Sehnenkappe möglichst wieder komplett verschlossen werden kann. Regelhaft sind die geschädigten Sehnen schlecht durchblutet. Es ist deshalb eine Fixierung der Sehnen direkt auf dem Knochen der Oberarmkugel erforderlich. Dieser wird jetzt mit entsprechenden Instrumenten angefrischt, so dass ein anwachsen der Sehnenplatten an den Knochen erfolgen kann. Eine Fixierung der Sehnenplatten auf dem Knochen erfolgt mit speziellen geflochtenen besonders kräftigen Nähten und/oder sog. Nahtankern. Hierbei handelt es sich um eine Art in den Knochen versenkten Dübel mit anhängendem Nahtmaterial, die eine besonders sichere Fixierung gewährleisten. Weiterhin kommen Nähte durch die Sehne und den Knochen zur Anwendung, teilweise mit plastischer Verschiebung von Sehnenmaterial um die Sehnendefekte zu verschließen. Wenn zusätzlich Schädigungen der durch das Gelenk ziehenden langen Bizepssehne vorliegen, wird diese möglicherweise teilweise entfernt und an der Oberarmkugel erneut befestigt. ( Tenodese der langen Bizepssehne ) Nachbehandlung Am Operationstag wird der Arm normalerweise vor der Körperebene in leichter Abspreizung (etwa Grad) auf einem Kissen gelagert. Es erfolgt eine lokale Kühlung sowie die Gabe von Schmerzmedikamenten durch einen Tropf. Am Schultergelenk wird über der Operationswunde ein dick gepolsterter Verband angelegt, teilweise wird eine Saugdrainage eingelegt. Diese wird am nächsten Tag entfernt. Vor der Operation für Sie bestellt und am nächsten Tag angepasst und angelegt wird ein umschnallbares aufblasbares Lagerungskissen für den Arm, das den Arm in einer Abspreizhaltung von zwischen 20 und 60 Grad vor dem Körper lagern kann (sog. Abduktionskissen). Dieses Kissen ist in den ersten 3 Wochen nach der Operation ständig zu tragen, kann aber zwischendurch zur Körperhygiene und insbesondere zur Physiotherapie abgenommen werden. Das Kissen dient der Entlastung der genähten und an den Knochen wieder befestigten Sehnen. Ab dem 1.Tag erfolgt eine physiotherapeutische Nachbehandlung durch den Physiotherapeuten und zusätzlich mit speziellen Bewegungsgeräten (Schultermotorschiene). Sie erhalten weiter Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente. Es erfolgen im weiteren zusätzliche Maßnahmen wie lokale Kühlung, Mitbehandlung der Hals- und Brustwirbelsäule und des Schulterblattes zur Verbesserung der Schulterbeweglichkeit. Sofern Schwellungen des Armes auftreten, kann zusätzlich eine Lymphdrainage erfolgen. Für Sie selber zu beachten ist, dass in den ersten Wochen nach der Operation ein kräftiges aktives Anheben des Armes zur Seite vermieden werden sollte, da dieses zur Dr. med. M. Kamminga Seite 4 von 6

5 Anspannung im Bereich der genähten Sehnen führt und die Konstruktion schädigen kann. Als Faustregel gilt, der Arm ist immer vor der Körperebene in leichter Abspreizhaltung und neutral bis innen gedreht zu halten. Auch forcierte Außendrehungen sind zu vermeiden (s. Nachbehandlungsschema). Sie erhalten eine entsprechende abschwellende und Schmerzmedikation zum Abklingend er Operationsschmerzen. Diese Medikamente sollten Sie auch über die Dauer des stationären Aufenthaltes hinaus einnehmen, etwa zwischen 2 und 4 Wochen. In den ersten 2 Wochen nach der Operation sollte eine passive Abspreizbewegung des Armes nach vorn und außen bis etwa 90 Grad (rechtwinkelig) erreicht sein Bitte kümmern Sie sich auch selbst bereits vor der Entlassung darum, dass die Physiotherapie möglichst nahtlos auch im ambulanten Rahmen weiter geführt wird. Hierzu können Sie entweder unser Therapieinstitut im Hause aufsuchen, oder aber einen Therapeuten Ihrer Wahl in Wohnortnähe. Die Erstverordnung erhalten Sie von uns. Die Nachbehandlung erfolgt durch einen Facharzt für Chirurgie oder Orthopädie oder auch durch Ihren in orthopädisch/chirurgischen Dingen versierten Hausarzt. Zwischenzeitliche Kontrollen des Befundes durch unser Ärzteteam erfolgt auf Vereinbarung oder auf Wunsch des behandelnden Arztes. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und die weitere Berufsfähigkeit ist stark abhängig vom ausgeübten Beruf. Bitte sprechen sie mit uns über Ihre beruflichen Belastungen. Was können für Schwierigkeiten auftreten? Kein operativer Eingriff ist als komplikationsfrei zu betrachten, so dass einige Worte über die Risiken der genannten Eingriffe erforderlich sind. Grundsätzlich handelt es sich hier um Eingriffe an einem vorgeschädigten überwiegend schmerzhaften und bewegungseingeschränkten Schultergelenk. Ziel des Eingriffes ist eine Wiederherstellung der Schulterfunktion und Schmerzfreiheit. Dieses kann in einer großen Zahl der Fälle erreicht werden, aber eben nicht immer. Der Grund dafür liegt zum einen in der Erkrankung selber: es stehen uns bis heute keine guten Ersatzmaterialien für die geschädigten Sehnen zur Verfügung, so dass wir die Löcher in den Sehnen volkstümlich gesprochen stopfen müssen. Die degenerativen Schädigungen der Sehnen bestehen also trotz Verschluss der Defekte weiter und können möglicherweise auch weiter Beschwerden bereiten. Zum anderen ist das Schultergelenk wie auch andere Gelenke am Körper besonders empfindlich auf länger währende Schmerzen und Ruhigstellung. Es kommt hierbei zu Kapselschrumpfungen, die möglicherweise auf Dauer bestehen bleiben können und so zu einer dauerhaften Bewegungseinschränkung führen. Üblicherweise sind aber mit Reparaturen der Rotatorensehnen gute Ergebnisse und Schmerzfreiheit oder -reduktion zu erreichen, wobei eine endgradige Beweglichkeit des Schultergelenkes nicht immer wieder erreicht werden kann. Es kann natürlich, wie bei allen Operationen, zu Wundheilungsstörungen, Blutungen oder auch Entzündungen im Wund- und Gelenkbereich kommen. Auch hierbei handelt es sich nicht direkt um Katastrophen, da dieses durch Reintervention oft erfolgreich behandelt werden können. Dr. med. M. Kamminga Seite 5 von 6

6 Es ist deshalb allerdings auch besonders wichtig, dass die Warnzeichen von Ihnen und auch den nachbehandelnden Ärzten beachtet werden. Sollten Schwellungen, Rötungen oder wiederkehrende starke Schmerzen auftreten, würden wir Sie bitten, sich sofort zu melden, damit die entsprechenden Veränderungen beurteilt und ggfls. behandelt werden können. Auch bei guten Ergebnissen kann es im weiteren Verlauf wiederum zu Verschleißerscheinungen und erneuten Rissen oder Defekten der Sehnen kommen. Diese können möglicherweise auch erneut operiert werden. Im Weiteren gibt es auch nicht mehr zu reparierende Sehnendefekte. Auch hierfür stehen uns spezielle Operationsmethoden, die an anderer Stelle erläutert werden, zur Verfügung (z.b. Verschluss des Sehnendefektes mit Verpflanzung von Muskel- und Sehnenlappen, spezielle Schultergelenksendoprothesen/künstliche Schultergelenke. Sollte in Ihrem speziellen Fall ein solcher Defekt vorliegen, beraten wie Sie gern über die zusätzlich zur Verfügung stehenden Methoden. Dr. med. M. Kamminga Seite 6 von 6