Grundlagen der Informatik II. Teil I: Formale Modelle der Informatik
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- Tristan Albert
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1 Grundlagen der Informatik II Teil I: Formale Modelle der Informatik 1 Einführung
2 GdInfoII 1-2 Ziele/Fragestellungen der Theoretischen Informatik 1. Einführung abstrakter Modelle für informationsverarbeitende Systeme 2. Einführung abstrakter Modelle für Programmiersprachen 3. Untersuchung der prinzipiellen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung mit Hilfe von Computern Beispielhafte Fragestellungen: Mit welchen Modellen lassen sich Rechner formal beschreiben? Welche Eigenschaften haben sinnvolle Programmiersprachen? (Ausdrucksfähigkeit/Effizienz) Wie lässt sich die syntaktische Korrektheit eines Programms überprüfen? Automatentheorie / Grammatiken / formale Sprachen Was ist ein Algorithmus? Welchen Aufwand verursacht eine bestimmte Berechnung? Wie lässt sich die Komplexität eines Problems beschreiben? Wo liegen die Grenzen der Berechenbarkeit? Gibt es Probleme, die überhaupt nicht lösbar sind? Berechenbarkeit, Komplexitätstheorie, Algorithm Engineering
3 Einführende Beispiele GdInfoII 1-3 Beispiele für Automaten: Waschmaschine Ampelsteuerung MP3-Player Computer Beispiele für Sprachen: natürliche Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch formale Sprachen Programmiersprachen: C/C++, Java, Lisp, Eiffel, ALGOL, FORTRAN,... Spezifikationssprachen: UML, VDM,... Anfragesprachen: SQL,... Mark-up Sprachen: HTML, XML Aufgaben: Spezifikation syntaktisch zulässiger Strukturen von Sprachen mit Hilfe von Grammatiken syntaktische Überprüfung formaler Texte (Programme) mit Hilfe von Automaten
4 Bedeutung von Automaten und Formalen Sprachen GdInfoII 1-4 Fundamentale Bedeutung für zahlreiche Gebiete der (angewandten) Informatik, u.a.: Software und Systems Engineering formale Beschreibung und Untersuchung des Verhaltens endlicher Systeme Schaltwerkssynthese systematische Erzeugung digitaler Schaltwerke Programmiersprachen Sprachumfang, Syntax Compilerbau Textverarbeitung, Data Mining Muster suchen, vergleichen, ersetzen,... (Volltextsuche, Suchmaschinen) u.v.a.m.
5 Grundlagen der formalen Sprachen GdInfoII 1-5 Was gehört zur Beschreibung einer formalen Sprache? Syntax: Semantik: Menge von Vorschriften/Regeln, die den formal korrekten Aufbau von Wörtern/Sätzen angeben Bedeutung eines syntaktisch korrekten Satzes Pragmatik: enthält subjektive Aspekte individueller Benutzer, z.b. Umgebung, Zeit, etc. Im folgenden wird nur die Syntax behandelt. Die formale Semantik ist ein separates, wichtiges Fachgebiet. (beachte: Ohne eine genaue Festlegung der Semantik einer Programmiersprache könnte dasselbe Programm durch verschiedene Compiler unterschiedliche Bedeutung erhalten!) Die Pragmatik ist für Kern-Informatik von geringerer Bedeutung.
6 Wichtige Begriffe/Notationen Bezeichnung Definition A Alphabet: endliche, nichtleere Menge von Zeichen {a,...,z}, {0,...,9}, {0,1} GdInfoII 1-6 w Wort über A: endliche Folge von Zeichen von A informatik, 123, w Länge von w informatik =10, 123 =3, =8 leeres Wort, Länge 0 A n Menge der Wörter der Länge n: für n=3 und A= {0,1}: A 3 = {000, 001, 010, 011, 100, 101, 110, 111} n A* Menge aller Wörter über A A* A, 0, 1, 00, 01, 10, 11, 000, 001,... A + Menge aller nichtleeren Wörter über A L Sprache über A : L A* (d.h. L ist eine beliebige Teilmenge von A*) L A* heißt formale Sprache, falls L durch ein endliches formales System vollständig beschreibbar ist n 0 L={w {0,1}* Anzahl der Einsen in w ist gerade}
7 Klassifizierung formaler Systeme GdInfoII 1-7 Definition: Ein formales System zur Beschreibung einer formalen Sprache L heißt erzeugend, falls jedes Wort w L durch Verwendung dieses Systems in endlich vielen Schritten erzeugt werden kann analysierend, falls es zu jedem Wort w A* nach endlich vielen Schritten angeben kann, ob w zu L gehört oder nicht operationell, falls die Sprache durch einen Term aus definierten Basismengen und Operationen beschrieben wird Im folgenden wird das Zusammenspiel von erzeugenden und analysierenden formalen Systemen untersucht: Chomsky-Grammatiken Automaten
8 Die Chomsky-Hierarchie GdInfoII 1-8 Noam Chomsky: Sprachwissenschaftler, 50er Jahre Formale Definition von Sprachen Einführendes Beispiel: Backus-Naur-Form (BNF) Namen/Bezeichner in höheren Programmiersprachen (z.b. Java, Pascal, C): <Name> ::= <Buchstabe> {<Buchstabe> <Ziffer>} <Buchstabe> ::= a b c z <Ziffer> ::= <Name>, <Buchstabe> und <Ziffer>: Nonterminalsymbole ( Variablen ) auch syntaktische Kategorien "::=" symbolisiert Überführung/Ersetzung (Meta-Symbol) a, b,, z und 0, 1,, 9: Terminalsymbole ( Konstanten ) atomare Bestandteile von Wörtern der Sprache " " : Sonderzeichen zur Auswahl unter Alternativen "{...}" : Wiederholung des eingeklammerten Ausdrucks (Meta-Symbole)
9 Chomsky-Grammatik GdInfoII 1-9 Definition: Eine Chomsky-Grammatik ist ein Tupel G = (N, T, P, S) mit N: Menge der Nonterminalsymbole (syntaktische Variablen) T: Menge der Terminalsymbole (syntaktische Konstanten) P (N T) + (N T)* : Regelmenge über N T bzw. Menge der Produktionen (d.h. P { (N T) + (N T)*} ) S N : Startsymbol N, T und P sind jeweils endlich und nichtleer.
10 GdInfoII 1-10 Beispiel (Fortsetzung): <Name> ::= <Buchstabe> {<Buchstabe> <Ziffer>} <Buchstabe> ::= a b c z <Ziffer> ::= Regelsystem der BNF kann als Menge von Produktionen P der Chomsky-Grammatik G = (N, T, P, S) aufgefasst werden, mit N = {<Name>, <Buchstabe>, <Ziffer>} T = {a, b,, z, 0, 1,, 9} S = <Name> P: <Name> <Buchstabe> <Name> <Name> <Buchstabe> <Name> <Name> <Ziffer> <Buchstabe> a <Ziffer> 0 <Buchstabe> b <Ziffer> 1 <Buchstabe> z <Ziffer> 9
11 Überführbarkeit GdInfoII 1-11 Definition: Gegeben: Regelmenge P, Worte v, w (N T)*kurz : v heißt (durch P) unmittelbar überführbar in w ( v w) P gdw es u, z (N T)* und ( ) P mit v = u z w = u z gibt. Die Regel nennen wir dann anwendbar auf v. * P bezeichnet die reflexiv-transitive Hülle von P. Gilt v * P w, so heißt v überführbar in w (bzw. w ableitbar aus v). Schreibweise: * " " statt " P " und " * " statt " " P wenn P aus dem Zusammenhang hervorgeht.
12 Sprache einer Chomsky-Grammatik GdInfoII 1-12 Definition: Für eine Chomsky-Grammatik G = (N, T, P, S) ist L(G) := {w T* S * w} die durch G erzeugte Sprache. Bemerkungen: S * w heißt auch Ableitung (w ist ableitbar aus S). S u 1 u 2 u n w heißt Ableitungsfolge für w. P
13 Beispiel (Fortsetzung): Betrachte wieder die Chomsky-Grammatik G = (N, T, P, S) mit N = {<Name>, <Buchstabe>, <Ziffer>} T = {a, b,, z, 0, 1,, 9} S = <Name> P: <Name> <Buchstabe> <Name> <Name> <Buchstabe> <Name> <Name> <Ziffer> <Buchstabe> a <Ziffer> 0 <Buchstabe> b <Ziffer> 1 <Buchstabe> z <Ziffer> 9 Mögliche Ableitungen: <Name> <Name> <Ziffer> <Name> <Ziffer> <Ziffer> <Buchstabe> <Ziffer> <Ziffer> <Buchstabe> <Ziffer>2 <Buchstabe>12 a12 Also ist "a12" ein Wort der Sprache L(G). GdInfoII 1-13
14 Vereinbarungen: GdInfoII 1-14 Nonterminalsymbole: große lateinische Buchstaben: N = {A, B, } Terminalsymbole: Wörter: statt beliebige Zeichen (meist kleine lateinische Buchstaben/Ziffern T= {a,b,c,...}) u, v, w,... oder,,,,, n auch n
15 Bemerkungen: GdInfoII 1-15 Die Definition der Chomsky-Grammatik ist sehr allgemein. Problematik: Es ist i.a. nicht algorithmisch entscheidbar, ob ein Wort zur Sprache einer vorgegebenen Grammatik gehört oder nicht (Beweis später). Generell interessieren wir uns dafür, wie groß der Aufwand ist, um zu entscheiden, ob ein Wort zur Sprache einer Grammatik gehört oder nicht (--> genannt Wortproblem ) Außerdem fragen wir, welche Strukturen durch eine Grammatik grundsätzlich beschreibbar sind ( --> genannt Ausdrucksfähigkeit ) Also schränken wir die Allgemeinheit der Chomsky-Grammatik ein durch Einführung verschiedener Grammatik-Typen. Diesen Grammatik-Typen entsprechen jeweils bestimmte Typen von Automaten (siehe auch später).
16 Chomsky-Hierarchie GdInfoII 1-16 Definition: Chomsky-Grammatik G = (N, T, P, S) heißt Typ-0-Grammatik (Phrasenstrukturgrammatik, allgemeine Chomsky-Grammatik) P beliebig. Typ-1-Grammatik (kontextsensitive Grammatik) alle Produktionen von der Form 1 A mit A N, 1, 2, (N T)*, Zusätzlich darf S Produktion sein, aber nur, wenn S sonst auf keiner rechten Seite auftritt. (d.h. die Regel kann nur als erste Regel ausgeführt werden). Da für alle (x, y) P gilt x y, heißt Typ-1-Grammatik auch monotone Grammatik. Typ-2-Grammatik (kontextfreie Grammatik) P N (N T)* d.h. alle Produktionen von der Form A mit A N und (N T)* Typ-3-Grammatik (rechtslineare Grammatik) P N (T TN { }) d.h. alle Produktionen von einer der Formen A, A a oder A ab mit a T und A, B N.
17 Typ-i-Sprachen GdInfoII 1-17 Definition: L E* heißt (Chomsky-)Sprache vom Typ i (i {0, 1, 2, 3}) es gibt eine Grammatik G = (N, T, P, S) vom Typ i mit L = L(G) und T = E Es bezeichne L i (E):= { L E* L ist Sprache vom Typ i } Bemerkungen: Jede Typ-3-Grammatik ist offensichtlich vom Typ 2, und jede Typ-1-Grammatik auch vom Typ 0. Typ-2-Grammatiken sind i.a. nicht vom Typ 1, Schwierigkeiten macht hier aber nur die Behandlung des leeren Wortes. Es gilt aber: Jede Sprache vom Typ i ist auch vom Typ i-1, für i=1,2,3. Definition (Äquivalenz von Grammatiken): Zwei Grammatiken G 1 und G 2 heißen äquivalent, L(G 1 ) = L(G 2 ).
18 GdInfoII 1-18 Im Folgenden: Untersuchung der Sprachklassen der Chomsky-Hierarchie und der dazugehörigen Klassen von Automaten (Akzeptoren) beginnend bei den endlichen Automaten (Typ 3-Sprachen)
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