Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG)
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1 Bern, 4. September 2014 Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) Stellungnahme von CURAVIVA Schweiz Als Branchen- und Institutionenverband mit arbeitgeberpolitischer Ausrichtung vertritt CURAVIVA Schweiz die Interessen seiner Mitgliederinstitutionen aus den Bereichen Menschen im Alter, Erwachsene Menschen mit Behinderung sowie Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Insgesamt vertritt CURAVIVA Schweiz 2'570 Institutionen, in denen rund 115'000 Bewohnerinnen und Bewohner leben und 130'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Zurzeit wird im Parlament ein Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) ausgearbeitet. Der nationale Dachverband CURAVIVA Schweiz nimmt wie folgt Stellung dazu. 1. Ausgangslage Das Gesundheitswesen steht vor grossen Herausforderungen. Die Gesellschaft altert, damit nehmen die Anzahl der Personen mit chronischen Krankheiten sowie der Pflegebedarf zu. Die Innovationskraft der Pharma- und der Medizintechnikindustrie eröffnet zwar neue Möglichkeiten zur Früherkennung, Diagnose und Therapie. Die zunehmende Nachfrage nach Leistungen sowie der teilweise fehlende Nachwuchs in den Gesundheitsberufen führen aber bald zu Versorgungsengpässen. Das Zurückgreifen auf ehealth-instrumente im Alltag der Akteure kann dazu beitragen, die Qualität und die Effizienz im gesamten Gesundheitswesen zu verbessern. Das Gesundheitswesen wird sowieso zunehmend digitalisiert. In den letzten Jahren haben immer mehr Kantone teils sehr unterschiedliche ehealth-aktivitäten entwickelt. Fast alle grossen Kantone haben heute das Thema auf ihre Agenda gesetzt. Deshalb muss sichergestellt werden, dass keine kostspieligen technischen Insellösungen geschaffen werden. Ein koordiniertes Vorgehen bei den Anwendungen hilft dabei, Fehlinvestitionen zu verhindern. Anwendungen, die interoperabel (vereinbar) sind, bieten der Industrie zudem eine gewisse Investitionssicherheit. Der Bundesrat hat ein Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) erarbeitet und am 29. Mai 2013 an das Parlament überwiesen. Als Rahmengesetz soll das neue Gesetz die Voraussetzung für die Bearbeitung der Daten des elektronischen Patientendossiers regeln. Ziel des EPDG ist es, die schweizweit notwendigen Elemente zu etablieren sowie die Rechts- und Investitionssicherheit zu gewährleisten. Bereits bestehende Projekte in Bereichen wie Impfungen, Spitalaustritte oder Medikation können schrittweise ins epatientendossier integriert werden. CURAVIVA Schweiz Zieglerstrasse Bern 14 Telefon +41 (0)
2 Jede Person in der Schweiz sollte in Zukunft die Möglichkeit erhalten, ihre medizinischen Daten über ein elektronisches Patientendossier medizinischen Fachpersonen zugänglich zu machen. Die Daten würden so zu jeder Zeit und überall zur Verfügung stehen. Damit sollten die Patientinnen und Patienten besser, sicherer und effizienter behandelt werden können. Patientinnen und Patienten sollen frei entscheiden, ob sie ein elektronisches Einzelpatientendossier wollen oder nicht. Die Freiwilligkeit gilt grundsätzlich auch für die Gesundheitsfachpersonen und ihre Einrichtungen. Ausgenommen sind aber die Spitäler sowie die Geburtshäuser und die stationären Pflegeinstitutionen, welche Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen: Institutionen, die stationäre Leistungen in der Behandlung akuter Krankheiten oder Massnahmen der medizinischen Rehabilitation oder der Pflege von Langzeitpatientinnen und -patienten anbieten (Leistungserbringer nach Art. 39 KVG) sowie Vertragsspitäler nach Artikel 49a Absatz 4 KVG. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung ist eine Übergangszeit von fünf Jahren vorgesehen. 2. Stellungnahme von CURAVIVA Schweiz CURAVIVA Schweiz befürwortet die Grundzüge des zurzeit vom Parlament behandelten Entwurfs eines Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier. CURAVIVA Schweiz ortet allerdings Chancen und Risiken für die stationären Pflegeinstitutionen, welche in verschiedenen Bereichen Handlungsbedarf erfordern: Die stationären Pflegeinstitutionen sollen nicht dazu angehalten werden, die Kosten zur Einführung des elektronischen Patientendossiers auszugleichen, die durch die Anpassung ihrer klinischen Informationssysteme (Primärsysteme) entstehen werden. Die stationären Pflegeinstitutionen wollen sich an einer Mitfinanzierung nur beteiligen, wenn sie ihrerseits die entsprechenden Kosten wieder weiter verrechnen können. Die Verpflichtung zum Beitritt einer zertifizierten Gemeinschaft und Stammgemeinschaft muss auf alle Gesundheitsfachpersonen und ihre Einrichtungen erweitert werden und soll nicht auf die Spitäler, Geburtshäuser und stationären Pflegeinstitutionen begrenzt werden. Bei der Ausarbeitung von ehealth-instrumenten müssen der nationale Dachverband CURAVIVA Schweiz und seine Kantonalverbände miteinbezogen werden. Im Rahmen der Umsetzung des elektronischen Patientendossiers muss der Bund den stationären Pflegeinstitutionen konkrete Beratungsangebote und Unterstützungsleistungen zur Verfügung stellen und zwar kostenlos. Schnittstellen zwischen administrativen und medizinischen Prozessen müssen so konzipiert werden, sodass sie die spezifische Rolle der stationären Pflegeinstitutionen in der Behandlungskette der Bewohnerinnen und Bewohner tatsächlich berücksichtigen. 2
3 3. Erkenntnisse und Handlungsbedarf 3.1. Grundsätzliches zum elektronischen Patientendossier Die stationären Pflegeinstitutionen befinden sich oft am Ende der Behandlungskette und profitieren auf diese Weise von medizinischen Informationen, die andere Leistungserbringer früher aufgenommen haben. Schon nur aus diesem Grunde bieten eine breite Umsetzung des elektronischen Patientendossiers und eine entsprechende Beteiligung daran den stationären Pflegeinstitutionen viele Vorteile. Zudem sind die stationären Pflegeinstitutionen für die Gesamtheit der medizinischen Bedürfnisse ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zuständig, wenn nötig in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren wie Spezialärzten. Das elektronische Patientendossier ist also ein sinnvolles Mittel zur Schaffung eines Überblicks der medizinischen Situation der Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Pflegeinstitutionen Kosten und finanzielle Hilfen Welche finanziellen Konsequenzen unter Berücksichtigung der oben stehenden Ausführungen wird das Inkrafttreten des EPDG für die stationären Pflegeinstitutionen haben? Momentan ist es noch sehr schwierig, dies präzis zu kalkulieren. Der Bund vertritt die Auffassung, dass es nicht die Rolle der Behörden sein kann, durch Querfinanzierungen Entwicklungen mitzufinanzieren, die durch den technologischen Fortschritt ohnehin erfolgen: Gemäss Botschaft des Bundesrats zum EPDG werden die Kosten, welche den stationären Pflegeinstitutionen durch die Anpassung ihrer klinischen Informationssysteme (Primärsysteme) entstehen, durch die Finanzhilfen des Bundes nicht abgedeckt. Für deren Ausgestaltung sind die Tarifpartner zuständig. Bund und Kantone werden den Aufbau und die Zertifizierung von Gemeinschaften und Stammgemeinschaften durch Finanzhilfen unterstützen. Die Höhe der künftigen finanziellen Mitgliederbeiträge zu den Gemeinschaften und Stammgemeinschaften ist heute schwierig einzuschätzen. Diese wird jedes Mal von der Zahl der Teilnehmenden abhängen. Die stationären Pflegeinstitutionen wollen sich an einer Mitfinanzierung nur beteiligen, wenn sie ihrerseits die entsprechenden Kosten wieder weiter verrechnen können. In der derzeitigen politischen Situation, in welcher sich die stationären Pflegeinstitutionen befinden, können diesen Institutionen nicht noch weitere Kosten auferlegt werden. 3
4 3.3. Verpflichtung der Gesundheitsfachpersonen Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb gemäss vorliegender Vorlage die Pflicht zur Einführung von elektronischen Patientendossiers nicht auf alle Gesundheitsfachpersonen und deren Einrichtungen ausdehnt wird und weshalb die medizinischen Leistungserbringer des ambulanten Bereichs von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Wirksamkeit und Effektivität des Schweizer Gesundheitssystems rechtfertigen jedoch nicht, dass wichtige Schritte unterlassen werden, welche die lobenswerten Ziele von elektronischen Patientendossiers schwächen Ziele, die CURAVIVA Schweiz aktiv befürwortet (vgl. oben stehenden Punkt 3.1.). Ausserdem ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die stationären Pflegeinstitutionen zur Instandhaltung von elektronischen Patientendossiers angehalten werden sollten, während ein erheblicher Teil des Akteure in der Behandlungskette von dieser Verpflichtung entbunden würde,. Die stationären Pflegeinstitutionen sind dazu bereit, ihren Beitrag zu leisten erwarten jedoch, dass das Gleiche auch von den anderen medizinischen Leistungserbringern verlangt wird: Das System des elektronischen Patientendossiers ist ansonsten zu lückenhaft, wodurch der qualitativer Mehrwert sowie bedeutende Einsparungen im medizinischen Bereich verfehlt werden. Aus diesem Gründen muss der Gesetzgeber die Verpflichtung auf alle Gesundheitsfachpersonen und deren Einrichtungen erweitern, wonach einer zertifizierten Gemeinschaft und Stammgemeinschaft beigetreten werden soll Einbezug der stationären Pflegeinstitutionen in die Projekte der Strategie ehealth Schweiz Bisher beteiligte sich die Branche der stationären Pflegeinstitutionen nicht aktiv an den ehealth- Arbeiten und an der Erarbeitung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier. Bei der Ausarbeitung von ehealth-instrumenten müssen CURAVIVA Schweiz und seine Kantonalverbände stärker in die aktuellen ehealth-bestrebungen des Bundes einbezogen zu werden. Das ist notwendig, damit die Institutionen nicht auf der Strecke bleiben und die Akzeptanz dieser neuen Instrumente erhöht wird Beratungsangebote sowie Unterstützung von Umsetzungsprojekten Das BAG und ehealth Suisse betonen, dass sie gerne zu Hilfe eilen versprechen aber nicht, dass sie die Einführung und die Umsetzung der notwendigen technischen und bildungsrelevanten Massnahmen gewährleisten. Vielmehr schieben sie auch den Berufsverbänden wie CURAVIVA Schweiz diese Verantwortung zu und wiederholen immer wieder, dass die Berufsverbände die Umsetzungskonzepte zugunsten ihrer Mitgliederverbände und -institutionen erstellen sollten. 4
5 Voraussichtlich wird das künftige Gesetz die stationären Pflegeinstitutionen bei der Einführung des elektronischen Patientendossiers zum Mitmachen verpflichten. Infolgedessen muss der Bund konkrete Unterstützungsleistungen als Gegenleistung zur Verfügung stellen. Im Grundsatz sollte diese Unterstützung durch die Behörden kostenlos erfolgen Schnittstellen Schnittstellen zwischen administrativen und medizinischen Prozessen sind für die Mitgliederinstitutionen von CURAVIVA Schweiz von grosser Bedeutung. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des elektronischen Patientendossiers bestehen voraussichtlich darin, dass diese Schnittstellen ungenügend sorgsam konzipiert werden könnten: Die stationären Pflegeinstitutionen nehmen eine einzigartige Rolle in der Behandlungskette von Patientinnen und Patienten ein, welche eigene Charakterzüge aufweist. Infolgedessen müssen die für ihre Tätigkeit besonders relevanten Schnittstellen entsprechend berücksichtigt werden Bei Rückfragen zur vorliegenden Stellungnahme wenden Sie sich bitte an: Yann Golay Trechsel Verantwortlicher Public Affairs CURAVIVA Schweiz Telefon: Hinweis: Der nationale Dachverband CURAVIVA Schweiz pflegt auf seiner Webseite das Themendossier «Assistierende Technologien», in welchem spezifische Expertisen für den Bereich der Langzeitpflege publiziert werden. 5
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