Die Immobilie in der Krise

Transkript

1 Die Immobilie in der Krise - Restrukturierungs- und Abwicklungsmöglichkeiten für Gläubiger und Schuldner Dr. Thorsten Bieg Hamburg, 22. April 2010

2 Überblick Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 1. Immobilie in der Krise a. Krise einer Immobilie b. Vorbereitung der Verwertung 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz a. Freihändige Verwertung b. Zwangsweise Verwertung und Verwaltung c. Ausgewählte Sonderfälle 3. Verwertung der Immobilie in der Insolvenz Teil 2: Case Studies 1. Gestaltung eines Fire Sale 2. Doppelnützige Treuhand

3 Überblick Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen

4 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 1. Immobilie in der Krise a. Krise einer Immobilie = Krise des Eigentümers oder eines Dritten (bspw. Mieter des Eigentümers) Mittelbar aber auch aufgrund einer Krise der Immobilie möglich Verwertung außerhalb d. Insolvenz: I.d.R. vertragl. Grundlage u. dingl. Recht: Fälligkeit von Verbindlichkeiten wg. Bruch von Covenants/(Cross-)Default Bspw. Wertverlust der beliehenen Immobilien ( Loan to Value ) Bspw. geringerer Cashflow als geplant Hand over the keys Gemeinsame finanzielle Restrukturierung Verwertung in der Insolvenz: Insolvenzreife der Eigentümerin Zahlungsunfähigkeit, Drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung Immobilie als Insolvenzmasse i.s.d. 35 InsO Bedeutung des Grundbesitzes im Insolvenzverfahren

5 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 1. Immobilie in der Krise (2) b. Vorbereitung der Verwertung Hintergrund 1: Bank ist verpflichtet, die Immobilie bestmöglich zu verwerten: Schadensminderungspflicht ggü. Eigentümer / Dritten (bspw. als Sorgfaltspflicht aus dem der Verwertung zugrundeliegenden Darlehen) Qualifizierte Beratung + ausreichende Dokumentation Hintergrund 2: Anforderungen des MaRisk (BA) Restrukturierungs- / Sanierungskonzept Abwicklungskonzept Vergleich der unterschiedlichen Möglichkeiten der Verwertung Fruchtziehung und Entwicklungspotential sind einzubeziehen Qualifizierte Beratung + ausreichende Dokumentation Entscheidung Verwertung außerhalb / in der Insolvenz Außerhalb: Vermeidung der Insolvenztatbestände!!

6 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz a. Freihändige Verwertung Freihändige Verwertung: Verkauf der Assets am Markt Vorteile Bilanz und Verwaltung werden entlastet Schlussstrich : Realisierung der Verluste Nachteile Gefahr eines Fire Sale I.d.R. Mitwirken des Eigentümers notwendig + ggf. anderer Gläubiger Abhängigkeit von der Marktlage und vom Zustand der Assets Komplizierte Abwicklung je nach Komplexität der Ausgangstransaktion Ggf. hohe Verluste Variante: Verkauf der Assets an eine Auffanggesellschaft

7 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz (2) b. Zwangsweise Verwertung und Verwaltung der Immobilie: Zwangsversteigerung Einzelzwangsvollstreckung: Grundlage im ZVG Befriedigung durch Verwertung der Substanz Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht Voraussetzungen: Titel, Klausel, Zustellung, 704, 724 f., 750 ZPO Grundlage: Dinglicher Anspruch oder persönlicher Zahlungsanspruch Verfahrensbeteiligte: Mehrere Gläubiger getrennt Schuldnerschutz: Insb. 30a ZVG: Ausgleich innerhalb von 6 Monaten Ermittlung des Verkehrswerts i.d.r. durch einen Sachverständigen; anschließend Anordnung d. Versteigerung und des Termins Dauer bis zur Verwertung der Immobilie: 9-24 Monate

8 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz (3) Zwangsversteigerung: Befriedigung durch Verwertung der Substanz (2) Verzögerungen des Verfahrens jederzeit möglich Gefahren- / Haftungs- und Nutzenübergang Wirkung des Beschlags 864 ff. ZPO: Zwangsvollstreckung umfasst auch Gegenstände auf / in der Immobilie (unter den Vss. des 1120 ff. BGB) Keine Pfändung des Zubehörs ( 97, 98, 1120 BGB) möglich

9 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz (4) b. Zwangsweise Verwertung und Verwaltung der Immobilie: Zwangsverwaltung Befriedigung durch Fruchtziehung Funktion des Zwangsverwalters (Institutsverwaltung mgl.) U.U. Vorschusspflicht des betreibenden Gläubigers Verteilung der erzielten Einnahmen Auch parallel zur Zwangsversteigerung möglich Vorteile / Nachteile von Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zwangsversteigerung: + Schlussstrich + Entlastung v. Bilanz u. Verwaltung - Dauer + Aufwand - Meist nur Schadensbegrenzung - Unsicherheit über Ausgang Zwangsverwaltung: + Flexibilität + Direkter Einfluss durch Austausch d. Eigentümers + Wertsicherung u. ggf. Wertsteigerung - Erhöhter Verwaltungsaufwand (Auslagerung mgl.) - Risiko von weiter fallenden Märkten

10 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 2. Verwertung der Immobilie außerhalb der Insolvenz (5) c. Ausgewählte Sonderfälle Verkaufsvollmacht Darlehensgeber erhält vom Eigentümer / Darlehensnehmer eine unwiderrufliche Vollmacht zum Verkauf Anfechtbarkeit Vgl. Case Study 1 Dinglich gesicherte Verkaufsoption Darlehensgeber lässt sich eine Verkaufsoption einräumen Sicherung durch Auflassungsvormerkung Anfechtbarkeit Grunderwerbssteuer

11 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 3. Verwertung in der Insolvenz Zwangsweise Verwertung von Immobilien in der Insolvenz Abgesonderte Befriedigung nach 49 InsO Verwertungsmöglichkeiten in der Insolvenz Dinglich Berechtigter Insolvenzverwalter Konkurrenz zwischen dingl. Berechtigtem und Insolvenzvw. Forderungsverkauf Versteigerung der Immobilie Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren Rückschlagsperre mit Verfahrenseröffnung Wirkung der Rückschlagsperre und Voraussetzungen nach 88 InsO Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Sicherungshypothek nach 866 ZPO Anfechtung des Erwerbs eines Rechts auf abgesonderte Befriedigung

12 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 3. Verwertung in der Insolvenz (2) Freihändige Verwertung durch den Insolvenzverwalter Erfüllung bestehender Verträge nach 103, 106 InsO Kein Sonderkündigungsrecht d. Insolvenzverwalters ggü. Mieter: 108 InsO Aber: ggf. 110 InsO: Unwirksamkeit v. Vorausverfügungen Aber: 111 InsO: Sonderkündigungsrecht des Erwerbers (gilt auch im Zwangsversteigerungsverfahren, 57 a ZVG) Verfahren und Gesichtspunkte Kalte Zwangsverwaltung Verhandlungsführung durch den Insolvenzverwalter Verwertungspauschale Freigabe nicht verwertbarer Immobilien Rechtliche Grundlagen Wirtschaftliche Überlegungen des Insolvenzverwalters Freigabe aufgrund bestehender Altlasten

13 Teil 1: Allgemeine Handlungsoptionen 3. Verwertung in der Insolvenz (3) Vorteile und Nachteile der Verwertung einer Immobilie in der Insolvenz Vorteile: +/- Je nach Verfahrensart: s.o. + Asset kann u.u. gehalten werden + Einfluss des ET wird ausgeschaltet + Abbau anderer Gläubigern + ggf. MA Nachteile: - Geringe Flexibilität - Ggf. negative Auswirkungen auf Wert der Immobilie - Hoher Beratungs- und Verwaltungsaufwand - Kein Einfluss auf Auswahl / Aktivität d. Insolvenzvw - Kein Einfluss auf Tätigkeit des Insolvenzvw - Kosten relativ hoch, insb. Kosten d. Insolvenzvw - Stets Einfluss des Insolvenzvw: Insb. 30d ZVG

14 Überblick Teil 2: Case Studies

15 Teil 2: Case Studies 1. Gestaltung eines Fire Sale Fallbeispiel / Problemstellung Eigentümer Gläubiger-Bank 70 Mio. GmbH & Co.KG 5 Mio. G1 G2 Gx

16 Teil 2: Case Studies 1. Gestaltung eines Fire Sale (2) 1. Schritt: Verkauf der KG 70 Mio. Eigentümer 5 Mio. Gläubiger-Bank 70 Mio. GmbH & Co.KG 5 Mio. G1 G2 Gx Verkaufsvollmacht 75 Mio. KP + Besserungsschein 142 InsO Darlehen 75 Mio. NewCo

17 Teil 2: Case Studies 1. Gestaltung eines Fire Sale (3) 2. Schritt: Verkauf der NewCo Gläubiger-Bank Verwertungsgesellschaft 75 Mio. Darlehen 75 Mio. NewCo x Mio. KP zzgl. Ablösung Darlehen Investor

18 Teil 2: Case Studies 1. Gestaltung eines Fire Sale (4) Vorteile / Nachteile Vorteile: + Rettung des Darlehens + Ggf. zusätzlich Earn Out + Insolvenzfestigkeit + Saubere Lösung : Alle Gläubiger werden befriedigt + Volle Kontrolle u. Flexibilität i.h.a. Ablauf der Transaktionen Nachteile: - Relativ hoher Beratungsaufwand - Suche nach Investoren notwendig (relativ, da immer notwendig) - Für optimalen Ablauf Mitwirkung des Eigentümers notwendig

19 Teil 2: Case Studies 2. Doppelnützige Treuhand Einführung Grundstruktur Treuhänder als Mittelsmann zwischen Gläubiger und Schuldner Mischform zwischen Sicherungstreuhand und Verwaltungstreuhand Flexibilität in der Ausgestaltung Treuhandvertrag individuell gestaltbar Passiver / aktiver Treuhänder Direkte / indirekte Beteiligung des Finanzierungskreises Variante: Teil-Treuhand Teil der Anteile (bspw. fiktiv Opel) Ausgewählte Konzerngesellschaften (bspw. Merckle) Betriebsaufspaltung

20 Teil 2: Case Studies 2. Doppelnützige Treuhand (2) Fallbeispiel / Problemstellung Eigentümer x Mio. Insolvenzanträge Gläubiger-Bank(en) x Mio. Gesellschaft

21 Teil 2: Case Studies 2. Doppelnützige Treuhand (3) Doppelnützige Treuhand Entschuldungsvereinbarung - Einrichtung einer doppelnützigen Treuhand - Rücknahme der Insolvenzanträge - Beschränkung auf Verwertungserlös - Familienvermögen x Mio. Eigentümer Treuhandvertrag - Umsetzung der Entschuldungsvereinbarung - Unwiderruflicher Auftrag, die Gesellschaft zu übernehmen, zu halten, zu verwalten, darüber zu verfügen, zu verwerten - Pflicht des ET zur Unterstützung d. Treuhänder - Keine Weisungsgebundenheit d. Treuhänder Verwaltung Gläubiger-Bank(en) x Mio. Gesellschaft + Treuhänder Verwertung Wirkung d. Treuhandvertrages zu Gunsten der Gläubiger-Bank(en) - Grundlage: Entschuldungsvereinbarung und Treuhandvertrag - Rechtlich: Vertrag zu Gunsten Dritter - Verwaltung und Verwertung im Interesse der Gläubiger - Auskehr von Erlösen der Verwaltung / Verwertung an Gläubiger

22 Teil 2: Case Studies 2. Doppelnützige Treuhand (4) Abschluss der Verwertung Entschuldungsvereinbarung ERFÜLLT Eigentümer Treuhandvertrag x Mio. Verwaltung Gläubiger-Bank(en) x Ggf. Mio. Gesellschaft + Treuhänder Verwertung Wirkung d. Treuhandvertrages zu Gunsten der Gläubiger-Bank(en)

23 Teil 2: Case Studies 2. Doppelnützige Treuhand (5) Vorteile / Nachteile Vorteile: + Sichere Basis für Restrukturierung etc. + Insolvenzfeste Ausgestaltung mgl. + Verlässlichkeit auf Gesellschafterseite + Neuanfang : Fokus auf optimale Verwertung + Interessen des Finanzierungskreises werden stärker berücksichtigt + Flexible Ausgestaltung der Treuhand + Flexible Beteiligung des Finanzierungskreises Nachteile: - Anfechtung denkbar - Je nach Ausgestaltung: Bei Insolvenz d. Treugebers erlöschen Treuhandauftrag und etwaige Vollmachten - Folge: Treugut ist zurückzugewähren

24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Für weitere Informationen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Dr. Thorsten Bieg Brinkmann & Partner Sechslingspforte Hamburg Tel: Fax: t.bieg@brinkmann-partner.de