Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme
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- Harald Hausler
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1 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 1 / 27
2 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Definition 15.1 (Lineares Gleichungssystem LGS) Ein (reelles) lineares Gleichungssystem (LGS) mit n Variablen x 1, x 2,..., x n und m Gleichungen hat folgende Gestalt a 11 x 1 + a 12 x a 1n x n = b 1 a 21 x 1 + a 22 x a 2n x n = b 2. a m1 x 1 + a m2 x a mn x n = b m mit a ij, b j R für 1 i n und 1 j m. Die a ij nennen wir die Koeffizienten des LGS und die b j nennen wir die rechte Seite des LGS. Das LGS heißt homogen, wenn die rechte Seite verschwindet. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 2 / 27
3 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Kurzschreibweise: Statt der Form in 15.1 benutzen wir auch die etwas kompaktere Schreibweise a 11 a a 1n b 1 a 21 a a 2n b 2 oder noch kompakter (A b).... a m1 a m2... a mn b m a 11 a a 1n b 1 a 21 a a 2n b 2 mit A := und b :=..... a m1 a m2... a mn b m Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 3 / 27
4 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Definition 15.1 [cont.] Die Lösungsmenge des LGS (A b) bezeichnen wir mit L(A, b) := { (x 1,..., x n ) R n (x 1,..., x n ) löst (A b) } Satz 15.2 (Gauß-Operationen) Die folgenden Operationen verändern die Lösungsmenge eines LGS nicht: 1. Multiplizieren einer Zeile mit einer Zahl a Vertauschen von Zeilen. 3. Addition eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile. 4. Vertauschen von Spalten Achtung: Wenn man Punkt 4. anwendet, muss man sich merken, welche Variable zu welcher Spalte gehört! Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 4 / 27
5 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Satz 15.3 (Gauß-Algorithmus) Es sei (A b) ein lineares Gleichungssystem, dann kann man durch geeignete Gauß-Operationen erreichen, dass das LGS die folgende Form bekommt: j1 j2 jk jk+1 jn c 1 c 2. c k c k+1. c m Dabei gibt j l an, dass diese Spalte zur j l -ten Variablen gehört. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 5 / 27
6 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Praktische Durchführung des Gauß-Algorithmus: Step1 Wir versuchen durch 3.(Tausch von Zeilen), 4.(Tausch von Spalten) und 1.(Skalierung einer Zeile) eine 1 in die obere linke Ecke zu bekommen. (Ist dies nicht möglich, dann endet der Algorithmus, denn die Koeffizienten, mit denen man diesen Schritt gestartet hat, sind alle Null.) Step2 Durch Anwenden von 2.(Addition von Zeilen) erzeugen wir Nullen unterhalb und oberhalb dieser 1. Step3 Wir beginnen nun wieder mit Step1. Allerdings wenden wir ihn auf das kleinere System an, das wir durch Löschen der ersten Spalte und ersten Zeile erhalten. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 6 / 27
7 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Definition 15.4 (Rang eines LGS) Es sei (A b) ein LGS. Die Zahl k aus der Endgestalt des Gauß-Algorithmus nennt man den Rang des LGS. Satz 15.5 Es sei (A b) ein LGS vom Rang k. Der Gauß-Algorithmus liefert die folgenden Fälle für die Lösungsmenge L(A, b): 1 Ist mindestens eine der Zahlen c k+1,..., c m ungleich Null, so ist L(A, b) =. 2 Im Fall k = n = m ist das System eindeutig lösbar und es gilt L(A, b) = {(x 1,..., x n ) x j1 = c 1, x j2 = c 2,..., x jn = c n }. 3 Für k < n und c k+1 =... = c m = 0 ist, können die n k Variablen x jk+1,..., x jn als freie Parameter gewählt werden. Damit sind die Werte x j1,..., x jk für jede Wahl der Parameter eindeutig bestimmt. Man sagt: Die Lösungsmenge L(A, b) ist (n k)-dimensional. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 7 / 27
8 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Beispiel : Wir lösen das LGS oder 2x 1 + 6x 2 + 2x 4 = 10 x 1 + 3x 2 + x 3 + 2x 4 = 7 3x 1 + 9x 2 + 4x 3 = 16 3x 1 + 9x 2 + x 3 + x 4 = Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 8 / 27
9 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme 1.) Vertausche Z1 und Z2. x 1 x 2 x 3 x ) Addiere ( 2) Z1 zu Z2, dann ( 3) Z1 zu Z3 und ( 3) Z1 zu Z4. x 1 x 2 x 3 x Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 9 / 27
10 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme 3.) Vertausche S2 und S4. x 1 x 4 x 3 x ) Addiere Z2 zu Z1, dann ( 3) Z2 zu Z3 und ( 1) Z2 zu Z3. Dann multipliziere Z2 mit 1 2. x 1 x 4 x 3 x Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 10 / 27
11 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme 5.) Multipliziere Z3 mit 1 7, addiere ( 1) Z3 zu Z2, dann Z3 zu Z1. x 1 x 4 x 3 x Dies ist nun die Endform des Gauß-Algorithmus, aus dem wir die Lösung ablesen. Der Rang des LGS ist k = 3 und als freien Parameter wählen wir x 2. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 11 / 27
12 Kapitel 15 Lineare Gleichungssysteme Wir schreiben die Gleichungen noch einmal aus: und es gilt x 1 + 3x 2 = 4 x 4 = 1 x 3 = 1, L(A, b) = { (x 1, x 2, x 3, x 4 ) R 4 x 1 = 4 3x 2, x 3 = 1, x 4 = 1 } Setzen wir x 2 = t für den Parameter, so schreiben wir auch x L(A, b) = x 2 x 3 = t 1 0 t R x Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 12 / 27
13 Kapitel 16 Vektoren Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 13 / 27
14 In Kapitel 1 haben wir das Kreuzprodukt von Mengen eingeführt. Und zwar sind für eine Menge M die Elemente aus M n := } M. {{.. M } genau n-mal die n-tupel (m 1, m 2,..., m n ) mit m j M. (vgl. Definition 1.5). Das nutzen wir aus und definieren: Definition 16.1 (Vektoren im Zahlenraum) Ein Vektor (im Zahlenraum) mit n Komponenten ist ein n-tupel reeller Zahlen, also ein Element aus R n. Wir schreiben die Komponenten eines Vektors in eine Spalte: v 1 v 2 v =. v n (Manchmal benutzen wir die platzsparende Schreibweise v = (v 1, v 2,..., v n ) T, wobei das T andeutet, dass wir eigentlich einen Spaltenvektor meinen). Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 14 / 27
15 Mit Vektoren kann man auch rechnen: Definition 16.2 (Rechnen mit Vektoren) Man kann zwei Vektoren v =. und w =. v 1 v n v 1 + w 1 addieren, gemäß v + w =.. v n + w n v 1 w 1 w n miteinander Man kann einen Vektor v =. und eine reelle Zahl α R αv 1 miteinander multiplizieren, gemäß α v =.. αv n v n Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 15 / 27
16 Wir beschränken uns in der kommenden Betrachtung auf R 2 (obwohl alles auch im Höherdimensionalen richtig bleibt). Bemerkung 16.3 (Vektoren und Geometrie) Wir identifizieren einen Vektor a = ( a 1 a 2 ) mit dem Pfeil OA, der den Ursprung O der Ebene mit den Punkt A = (a 1, a 2 ) verbindet. Sei b ein weiterer Vektor mit zugehörigem Punkt B = (b 1, b 2 ) und α R. Die Addition a + b entspricht dem Pfeil OC, wobei der Punkt C wie folgt konstruiert wird: Verschiebe den Pfeil OB so, dass sein Anfang in A liegt. Dann zeigt das Ende dieses verschobenen Pfeils auf den Punkt C. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 16 / 27
17 Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 17 / 27
18 Bemerkung 16.3 [cont.] Die Multiplikation α a entspricht dem Pfeil OD, wobei der Punkt D wie folgt konstruiert wird: Ist α 0, so entspricht die Richtung des Pfeils OD der von OA und die Länge des Pfeils OD ist gegeben durch die Länge des Pfeils OA multipliziert mit α. Ist α < 0 so kehrt sich die Richtung um, aber die Länge ist die gleiche wie im ersten Fall. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 18 / 27
19 Satz 16.3 (Rechenregeln für Vektoren) Es seien u, v und w Vektoren und α und β seien reelle Zahlen, dann gilt: 1. v + w = w + v. 2. u + ( v + w) = ( u + v) + w. 3. Es gibt einen Nullvektor 0 mit v + 0 = 0 + v = v. 4. Zu v gibt es einen Vektor v mit v + ( v) = α (β v) = (αβ) v v = v. 7. (α + β) v = α v + β v. 8. α ( v + w) = α v + α w Bemerkung zu 3.:... nämlich 0 := (0, 0,..., 0) T. Bemerkung zu 4.:... nämlich v := ( 1) v = ( v 1,..., v n ) T. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 19 / 27
20 Das Ergebnis aus Satz 16.3 verallgemeinern wir nun und definieren: Definition 16.4 (Vektorraum) Ein (reeller) Vektorraum ist eine Menge V mit einer Addition und einer Multiplikation mit reellen Zahlen (skalare Multiplikation), die die Eigenschaften 1. bis 8. aus dem vorigen Satz 16.3 haben. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 20 / 27
21 Satz 16.5 (Beispiele für Vektorräumen) 1 R n ist ein Vektorraum. 2 Es sei M eine Menge und Abb(M,R) die Menge aller Abbildungen von M nach R. Durch geeignete (nämlich punktweise) Addition und skalare Multiplikation wird Abb(M, R) zu einem Vektorraum. 3 Es bezeichne R n [x] die Menge der Polynome mit Grad kleiner oder gleich n. Dann ist dies mit geeigneter Addition und skalarer Multiplikation ein Vektorraum. Bemerkung: Wegen R n [x] Abb(R,R) ist 3. ein Unterbeispiel von 2. Da man Vektoren im R n als Abbildungen von {1,..., n} nach R interpretieren kann, ist auch 1. ein Unterbeispiel von 2. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 21 / 27
22 Definition 16.5 (Linearkombination) Es seien v 1,..., v n Elemente des Vektorraums V. Eine Summe der Form α 1 v 1 + α 2 v α n v n heißt Linearkombination und die Zahlen α j R heißen Koeffizienten der Linearkombination. Beispiele: 1. Es ist 3x 5 + 4x x eine Linearkombination der Vektoren x 5, x 3, x R 5 [x] mit den Koeffizienten 3, 4 und 12. ) ( 6 2. Der Vektor 4 R 3 ist eine Linearkombination der Vektoren 2 ( ) ( ) ( ) , 1 und 0 mit Koeffizienten 6, 4 und Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 22 / 27
23 Definition 16.6 (Lineare Abhängigkeit) Die Vektoren v 1,..., v n des Vektorraums V heißen linear abhängig, wenn es Zahlen α 1,..., α n R gibt, die nicht alle Null sind, so dass aber die Linearkombination α 1 v 1 + α 2 v α n v n = 0 ist. Sie heißen linear unabhängig, wenn sie nicht linear abhängig sind. Folgerung 16.7 Die Vektoren v 1,... v n sind genau dann linear unabhängig, wenn die Gleichung α 1 v 1 + α 2 v α n v n = 0 (als Gleichung für die Zahlen α 1,..., α n ) nur die Lösung α 1 =... = α n = 0 hat. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 23 / 27
24 Beispiele: Die Vektoren u = 2, v = 7, w = 0 R 3 sind linear abhängig, denn es gilt 4 u + ( 1) v + ( 2) w = 0. ( ) ( ) Die Vektoren v =, w = R sind linear unabhängig, denn { } α+ 2β = 0 α v + β w = 0 ist gleichbedeutend mit dem LGS 2α+ β = 0 und dies hat die eindeutige Lösung α = β = 0 (vgl. Kapitel 18). 3. Die Vektoren 2x und 3x in R 3 [x] sind linear abhängig und die Vektoren x 3 und x 2 in R 3 [x] sind linear unabhängig. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 24 / 27
25 Bemerkung v V ist genau dann linear abhängig, wenn v = 0. 2 Die lineare Abhängigkeit zweier Vektoren v, w R 3 ist gleichbedeutend mit jeweils a) v und w liegen auf einer Geraden durch den Nullpunkt, und b) je einer der Vektoren ist ein Vielfaches des anderen. 3 Die lineare Abhängigkeit dreier Vektoren u, v, w R 3 ist gleichbedeutend mit jeweils a) u, v und w liegen in einer Ebene durch den Nullpunkt, und b) mindestens einer der Vektoren ist eine Linearkombination der anderen beiden. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 25 / 27
26 Weitere wichtige Begriffe und Bemerkungen Der Spann der Vektoren v 1,..., v k V ist die Menge aller Linearkombinationen dieser Vektoren. (Das ist auch für eine beliebige Menge von Vektoren erklärt). 2. Der Spann erfüllt die Punkte die einen Vektorraum definieren, ist also selber einer (vgl. Definition 16.4 und Satz 16.3). 3. Lässt sich jedes Element von V eindeutig(!) als Linearkombination der Vektoren v 1,..., v k V darstellen, dann nennt man { v 1,..., v k } eine Basis von V. 4. Die Elemente einer Basis sind linear unabhängig. Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 26 / 27
27 Speziell für das Rechnen im R n heißt das 5. n Vektoren des R n sind genau dann linear unabhängig, wenn sie eine Basis bilden. 6. Die Standardbasis des R n besteht aus den kanonischen Einheitsvektoren e 1 = , e 2 = ,..., e n = Mathematischer Vorkurs TU Dortmund Seite 27 / 27
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