Kann Gelddrucken den Euro retten, die US-Wirtschaft antreiben, den Franken sichern?
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- Mathilde Pfaff
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1 KMU-Anlass vom 23. Oktober 2014 Handout von Herr Dr. h.c. Beat Kappeler Kann Gelddrucken den Euro retten, die US-Wirtschaft antreiben, den Franken sichern? Die westlichen Zentralbanken steigern die Geldmenge in kaum je gekannter Art und Weise. Die Ziele sind alles Mögliche, wechseln rasch, und die wirklichen Motive sind ganz einfach die Schuldenberge der Regierungen. Doch das Ende kann in Tränen sein. Was heisst denn Geld drucken? Seit der reinen Papierwährung ohne Golddeckung ab 1971 schaffen die Notenbanken Geld, indem sie entweder andere Devisen aufkaufen und den Gegenwert den verkaufenden Banken gutschreiben, oder indem sie den Banken erstklassige Industriedarlehen, Staatspapiere belehnen. Die Einlagen des Publikums auf den Banken nehmen diese zum Anlass, Kredite zu sprechen, welche von den Kreditnehmern auf andere Banken überwiesen werden, welche darauf wiederum Kredite geben ein zweiter Geldkreislauf entsteht ( Buchgeld ). Dieses Buchgeld ist instabil, denn sobald das Publikum das Geld abzieht, müssen Kredite gekündigt werden, doch sind diese meist längerfristig gebunden, sodass das Bankensystem illiquid wird (Lehman Brothers Konkurs 2008). Deshalb braucht dieses Teilreservensystem eine Zentralbank, welche in diesen Fällen einspringt und den Banken neues Geld leiht. Die vielen Ziele der Notenbank-Geldschöpfung heute Dieses systemische Ziel ( lender of last resort ) wurde seit der Finanzkrise um viele weitere Ziele des Geldschöpfens erweitert: Die US-Notenbank FED will die Hauspreise und Aktienpreise stärken, um die private Verschuldung tragbar zu machen, sie will den Arbeitsmarkt ankurbeln, die Inflationsrate auf 2% hinauf hissen und die enorme Staatsschuld der USA tragbar machen. 1
2 Die Europäische Zentralbank will die Kredittätigkeit der Banken ankurbeln, das Geld dazu billig halten, damit auch die Banken rekapitalisieren, dann die enormen Staatsschulden der lateinischen Länder und Griechenlands tragbar machen, die Inflationsrate auf 2% hissen, den Eurokurs senken. Die japanische Notenbank verfolgt diese Ziele auch, vor dem Hintergrund einer astronomischen Staatsverschuldung von ca. 240% des Inlandprodukts. Die Mittel dieser Geldschöpfung sind unkonventionell (oder frivol) geworden diese Notenbanken belehnen nicht mehr nur die Guthaben der Banken, sondern kaufen diese direkt selbst auf Staatspapiere, Firmenund Bankenschulden, verbriefte Hypotheken und Aehnliches. Trotz aller erfolgten Hilfspakete (unter Bruch des Art. 125 im Lissabonner Vertrag gegen Beihilfen an Mitgliedsländer, wo verboten steht) übersteigen die Defizite der Staatsbudgets in Prozenten des Inlandprodukts dessen nominale Wachstumsrate deutlich: F -2,6%, I -2,6%, E 4,5%, Gri - 6,2%, Sl -4,7%, P -3,1%, NL -1,3%, B 0,4% 1. Damit aber nehmen in diesen Ländern die Schulden gemessen an der Wirtschaftskraft laufend noch zu. Ausserdem entsprechen die Defizite mindestens in Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland den Zinszahlungen, das heisst, die ganzen Zinsen der Schuld werden wie im Schneeballsystem als neue Kredite aufgenommen. Die Reformbemühungen hingegen unterbleiben, die Politiker sind dispensiert. Die ökonomischen Folgen Ueber diese finanzielle Repression künstlich verbilligter Zinsen allgemein tragen Sparer, Pensionskassen, Versicherungen diese Kosten. Diese Gewährleister immer neuen Finanzkapitals wurden in ihrer Renditesuche auf die Vermögensmärkte verwiesen und dort bisher befriedigt (Aktien, Bondpreise, Rohstoffe, Immobilienpreise). Auch dies ist allerdings keine Einbahnstrasse. Diese monetisierte Fiskalpolitik des Euroraums, der USA und Japans kann vorderhand vonstatten gehen, weil Zentralbanken keine Budgetrestriktion kennen. Sie können ihre Bilanz beliebig verlängern (Aktiven aufkaufen, wie eben Staatstitel, gegen das Passivum höherer Geldmenge). 1 ein höheres nominales Wachstum als jenes der Schulden in Prozenten des Inlandprodukts haben D +3,5%, CH +2,3%, A +0,5% 2
3 Eine Inflation unterbleibt bisher, weil der Weltmarkt die Preise drückt, weil die Gelder nicht in die Volkswirtschaft flossen und in Europa, weil die Währungsunion zur Deflation der Schuldenländer zwingt, die nicht mehr abwerten können. Die Transmission zu Krediten an die private Wirtschaft kam nicht in Gang (hierzu müssten gute Aussichten für Wirtschaft und Staatsfinanzen bestehen), doch die Banken kauften sozusagen in Ersatzvornahme massiv Staatsanleihen des Euro-Südens auf. Als Folge machen Staatstitel des eigenen Staates nun 10% der Bankbilanzen Italiens aus, 9,7% in Spanien, hohe Anteile auch anderswo. Die Finanzlage der Zentralbank, der Banken und der Staaten sind auf diese Weise verkettet. Es darf keinen Bruch der Kette, keine Krise geben, und das Publikum muss ihr vertrauen. The Endgame in Euroland Doch ohne eine Umkehr des Defizitlaufs dieser Staaten, ohne kräftiges Realwachstum oder ohne deutlich steigende Inflation laufen die Schuldenbestände, gemessen in Prozenten des Inlandprodukts weiter auf. Summiert man diesen Verlauf über die nächsten fünf Jahre, so werden Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Slowenien spektakuläre Schuldenraten aufweisen, die keinesfalls mit normalen Zinsen zu bedienen und schon gar nicht mehr zu reduzieren sind. Mit dem Bankrott Argentiniens 2014 tritt die Collective Action Clause ins Rampenlicht. Gemäss dieser Klausel in den Verträgen zur Ausgabe von Staatsobligationen unterwerfen sich die Gläubiger bei einem Zahlungsausfall einem Quorum der Gläubiger, welche einen Schuldenerlass beschliessen. Diese Klausel muss seit der Euro-Schuldenkrise in allen Schuldverträgen der europäischen Staaten stehen. Als Quorum der Gläubiger, welche die andern zur Umschuldung zwingen können, werden mindestens 66,7% genannt, oft sind es auch 75%. Denn man sieht den kommenden Weg der verfahrenen Schuldenlage Europas jetzt klarer. Wenn nun der Zinseszins und neue Schulden über die Jahre auflaufen, wenn private Anleger ihre heute gerne akkumulierten Staatspapiere des Südens in Panik doch wieder abstossen und die versprochenen Aufkäufe durch die EZB eintreten, haben Zentralbank, nördliche Staaten und der Rettungsfonds ESM bald genug Staatstitel in den Händen, um gemäss der Klausel die anderen Gläubiger zum Schuldenerlass zu zwingen. Oder zur Verlängerung auf 70 oder 100 Jahre, oder zu einem Prozent Zins darauf, oder zu allem zusammen. Die anderen Gläubiger das wären dann die Privaten und die Banken. 3
4 Die Begriffe dafür sind auch schon gefunden, es heisst nicht Staatsbankrott, sondern reprofiling, oder official sector involvment. Also wird man die Schulden belassen, aber erstrecken, auf viele Jahrzehnte und zu minimalen Zinsen. Dann bleiben sie überall als Guthaben in den Büchern. Die privaten Gläubiger, die Banken, müssen zwar mitmachen, aber auch ihre Bücher stimmen weiterhin, die Erträge allerdings nicht. Tiefstzins und Inflation verdauen so über 50 oder 70 Jahre die Schulden 2. So geht die Euro-Schuldenkrise also auf. Die realen Kosten fallen unmerklich an. Das Sparkapital eines ganzen Kontinents fliesst in Staaten, die nicht sparen und nicht öffentliches Kapital bilden, sondern welche Umverteilungen in den Konsum ausschütten. Die Infrastrukturen verlottern. Die Sparer, Pensionskassen, Versicherungen werden ausgehungert. Das Wachstum lahmt. Was in Japan geschehen kann, mit Riesenschulden, passiver Handelsbilanz, stagnierendem Inlandprodukt und zerfallender Bevölkerung, wagt man sich besser gar nicht auszudenken. Die USA und GB können sich eventuell dank der eigenen und meist abgewerteten Währung durchmogeln. Ihr Wachstum zieht wieder an, die Arbeitsmärkte sind schwach, aber nicht dysfunktional. Die Schweizer Notenbank musste, um die Exportindustrie gegenüber der Geldschwemme der anderen Länder zu retten, den Franken bei 1.20 zum Euro verteidigen und die Geldschwemme mitmachen. Der Franken musste banalisiert werden. Die SNB hat einen Teil der aufgekauften Dollars und Euro zum Aufbau eines grossen sovereign fund genutzt, sowie zum Aufbau einer Gläubigerposition in deutschen Staatspapieren. Was es stattdessen an Politik bräuchte Diese Länder müssten ihre dysfunktionalen Arbeits-, Güter-, Dienstsleistungsmärkte offen und flexibel machen. Die Arbeitsmärkte Südeuropas und Frankreichs sind verriegelt durch extremen Kündigungsschutz, weshalb niemand einstellt, durch stufenweise gemäss Belegschaftszahlen verschärfte Regulierungen, enorme Sozialabgaben (the wedge, cuneo fiscale ). 2 Eventualität: die Panik der Investoren lässt sie streiken, in Uebersee investieren, der Eurokurs fällt drastisch, auch wegen der normalisierten Zinsen anderswo, Europas Süden wird dadurch exportfähig und wächst sich aus den Schulden heraus aber nur, wenn sich seine dysfunktionalen Arbeits-, Güter-, Dienstemärkte, Sozialpartner, Schulen (PISA, English, IT) wenden. Das aber bräuchte, wenn schon, Jahrzehnte. 4
5 Die Arbeitsmärkte der angelsächsischen Länder kennen, wie Südeuropa, keine Lehre und ermangeln Facharbeiter, sie desindustrialisieren sich. Die Gütermärkte in Europa sind enorm geregelt, der Zutritt ins Geschäft ist behindert, die Beweislastumkehr verteuert und verunsichert die Firmen. In den USA wird die juristisch ausgefochtene Streitsucht zu einem Problem. Man sieht, durch blosse Geldverbilligung schafft man diese Probleme nicht aus der Welt. Aufgaben der Schweizer Politik Die Schweiz hat bisher die meisten dieser Fehler vermieden. Die Plus- Punkte sind zu bewahren, nämlich: o Lehre und flexibler Arbeitsmarkt mit wenig Schutz. o Freier Zutritt zu Geschäftseröffnungen, wenig Kontrollen und Regeln. o Freier Dienstemarkt in Banken, Finanzdienstleistungen, Vermögensverwaltung o Rechtssicherheit ohne Beweislastumkehr, Quoten, Sammelklagen, Bargeldverbot etc. o Schulen mit Fachkunde, nicht Kompetenzen, starke und unabhängige Lehrpersonen ohne Bildungsbürokratie. o Schuldenbremse, AHV-Sanierung wie in Polen, Schweden, Italien. o Lösung der Einwanderungsinitiative mit Inländervorzug für Schweizer wie für Europäer versöhnen. Man sieht, das sind alles Postulate, welche die Politik den KMU bei jeder Gelegenheit verspricht. Wunderbar, also festhalten! 5
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