HAUS + GRUND MÜNCHEN INFORMIERT. Berliner Testament

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1 HAUS + GRUND MÜNCHEN INFORMIERT Berliner Testament - Ein einfaches Testament mit zahlreichen Fallen Bindungswirkung, Pflichtteilsansprüche und erbschaftsteuerliche Konsequenzen - von Stefan Spangenberg Rechtsanwalt convocat GbR München Die Erbfolgeregelung bei Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern lösen regelmäßig tiefgehende Konflikte in den betroffenen Familien aus. Dies ist der komplexen und nicht immer lebensnahen Gestaltung des deutschen Erbrechts geschuldet. Neben diesen rechtlichen Konflikten ist im Rahmen der Vermögensnachfolge auch die erbschaftsteuerliche Komponente immer wieder Anlass für Überraschungen. 1. Gesetzliche Erbfolge Folgendes Beispiel soll die Wirkungsweise der gesetzlichen Erbfolge verdeutlichen: Herr und Frau Meier sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet und haben einen gemeinsamen Sohn. Sie sind Miteigentümer zu je ½ eines Zweifamilienhauses in der Nähe von München. Eine Wohnung in diesem Haus ist vermietet, eine bewohnen sie selbst. Der Verkehrswert dieses Hauses beläuft sich auf 1 Mio. Ein Testament errichten sie nicht. Nach dem Tod von Herrn Meier ergibt sich folgende Erbfolge: Er wird von seiner Ehefrau zu ½ und seinem Sohn in Erbengemeinschaft zu je ½ beerbt. In den Nachlass fallen der Miteigentumsanteil an der gemeinsamen Immobilie der Eheleute Meier sowie der hälftige Anteil am Gemeinschaftskonto mit der überlebenden Ehefrau. Der Kontostand zum Todestag beträgt ,00. Die Nachlassimmobilie gehört nun Frau Meier und ihrem Sohn in Erbengemeinschaft, die Wertanteile betragen ¾ für Frau Meier und ¼ für ihren Sohn. Ebenso ist der Sohn am gemeinsamen Konto der Ehegatten Meier nach dem Tod des Vaters wertmäßig mit ¼ beteiligt. Liegt keine entsprechende Vollmacht vor, so kann Frau Meier dieses Bankkonto nicht auf sich umschreiben, der Sohn als Mitinhaber des Kontos kann eine Kontosperre verfügen.

2 Soweit ihr Sohn auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft drängt, wårde es in diesem Fall auch zu einem Verkauf des von der Witwe bewohnten Hauses fåhren. Stimmt sie einer solchen nicht zu, kann der Sohn die MÇglichkeit der Teilungsversteigerung in Anspruch nehmen. Dieser kleine Beispielsfall zeigt an einer relativ einfachen Vermögensstruktur bereits die umfassenden Probleme der gesetzlichen Erbfolge auf. Diese Problematiken lassen sich durch eine, auf die persönlichen Bedürfnisse der Eheleute abgestimmte testamentarische Regelung lösen. Doch Vorsicht: Auch bei der Erstellung eines Ehegattentestamentes gibt es diverse Fallstricke. 2. Fallstrick: Pflichtteilsrecht Die Eheleute MÅller sind mit der Familie Meier aus dem vorstehenden Beispielsfall befreundet. Zur Vermeidung gleichgelagerter Probleme mit ihren beiden Kindern beim Tod des ersten Ehegatten errichten sie ein gemeinsames Testament. Herr MÅller verfasst nach Studium einiger Ratgeber folgendes Testament, das seine Ehefrau unterzeichnet: Testament Wir, die Eheleute Robert und Angelika MÅller, setzen uns hiermit gegenseitig zu Alleinerben ein. Schlusserben sollen unsere beiden Kinder, Andrea und Bettina, zu je É sein. Ort, Datum Unterschrift der beiden Ehegatten Ein halbes Jahr nach der Errichtung dieses Testamentes verstirbt Herr MÅller. Seine Frau ist seine testamentarische Alleinerbin. Die beiden TÇchter sind enterbt. Die beiden TÇchter machen gegenåber ihrer Mutter den Pflichtteil geltend. Die Pflichtteilsquote beträgt jeweils Ñ, da die Eheleute im gesetzlichen GÅterstand verheiratet waren. Der Nettonachlasswert beträgt Ö ,00, so dass Frau MÅller an ihre beiden TÇchter zusammen insgesamt Ö ,00 auskehren muss. Da die Barschaft des Nachlasses nur Ö ,00 beträgt, muss sie Åber Ö ,00 ein Darlehen bei ihrer Hausbank beantragen. Hinweis: Diese Pflichtteilsproblematiken hätten sich hier durch einen Pflichtteilsverzicht vermeiden lassen bzw. wäre die Pflichtteilslast möglicherweise durch eine kluge Verteilung des Nachlasses vermeidbar gewesen, beispielsweise durch entsprechende Geldvermächtnisse oder Pflichtteilsstrafklauseln im Testament.

3 3. Wechselbezüglichkeit von Ehegattentestamenten Auch dieser Punkt wird bei der Gestaltung von gemeinsamen Testamenten von Ehegatten häufig übersehen. Es ist oftmals der Wunsch, Testamente möglichst einfach zu gestalten. Dabei wird jedoch die eingeschränkte Widerruflichkeit wechselbezüglicher Verfügungen häufig nicht bedacht. Zur Verdeutlichung der Auswirkungen folgender Beispielsfall, wie er häufig in der Praxis anzutreffen ist: Die Eheleute Huber haben einen Sohn und eine Tochter. Sie sind im gesetzlichen GÅterstand verheiratet. Neben einem Sparbuch haben sie eine gemeinsame Immobilie Ü ihr GesamtvermÇgen beläuft sich auf Ö ,00. FÅr den Fall des Todes des Ersten von ihnen beiden wollen sie sich gegenseitig absichern und errichten ein gemeinsames Testament. Hierzu verfasst Herr Huber einen Text, der sinngemäá eine Vorerbschaft får den Åberlebenden Ehegatten anordnet, wobei dieser allein Åber den Nachlass verfågen kçnnen soll. FÅr den Letztversterbenden von ihnen beiden sollen die beiden Kinder je zur HÄlfte erbberechtigt sein. Die Enkelkinder sollen jedoch etwas bekommen und die gerechte Verteilung des Nachlasses solle die Tochter abwickeln. Dieses Testament wird von den beiden Ehegatten unterzeichnet. Kurz darauf verstirbt Frau Huber. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens nach Frau Huber wird festgestellt, dass Herr Huber unbeschränkter Alleinerbe geworden ist. Im Wege der Auslegung stellt das Nachlassgericht fest, dass er kein Vorerbe im rechtlichen Sinne geworden sei. Nach dem Tod der Mutter kåhlt das VerhÄltnis zwischen Herrn Huber und seiner Tochter merklich ab. Es kommt zu verschiedenen Verstimmungen. In deren Folge verfasst Herr Huber ein neues Testament und ordnet Alleinerbschaft får seinen Sohn an. Dieses zweite Testament ist ebenfalls formwirksam errichtet. Nach dem Tod von Herrn Huber kommt es nun zur erbitterten gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Sohn und Tochter, ob es bei der ursprånglich gewollten hälftigen Nachlassteilung bleibt oder ob Herr Huber berechtigt war, ein weiteres Testament zu errichten. Nach einem lang dauernden Erbscheinverfahren inklusive Beschwerdeinstanz sowie einem zivilgerichtlichen Verfahren zur Erbenfeststellung kommt es zu einem gerichtlichen Vergleich, wonach der Sohn Alleinerbe des Vaters wird, jedoch à des Nachlasses an seine Schwester auszahlen muss. Hintergrund dabei ist, dass der Pflichtteil der Schwester â am Nettonachlass des Vaters und die begehrte Miterbenquote É beträgt. HierfÅr war jedoch eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren und Gerichts- und Anwaltskosten im mittleren fånfstelligen Bereichen notwendig.

4 Dabei hätte es einen solchen Streites in keiner Weise bedurft. Ein solcher Streit lässt sich vermeiden, wenn die Erblasser zu Lebzeiten in ihrem Testament klarstellen, ob und in welcher Art und Weise der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Erstversterbenden noch von den gemeinsamen Verfügungen abweichen darf. Praxistipp: Eine allgemein gültige Formulierung wird hierbei nicht dienlich sein. Es ist unter Abwägung der Interessen aller Beteiligter eine auf die individuellen Familien- und Vermögensverhältnisse abgestimmte Regelung zu finden. Nur so lässt sich der Streit ums Erbe vermeiden, der neben der Zerstörung des familiären Zusammenhalts auch zur Vernichtung von Vermögen führt. 4. Steuerfalle Berliner Testament In der Regel führt das klassische Berliner Testament dazu, dass beim überlebenden Ehegatten sich das gesamte Vermögen der Eheleute anhäuft. Beim zweiten Erbfall steht dann nur noch der Steuerfreibetrag zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem jeweiligen Kind bzw. Abkömmling zur Verfügung. Die Freibeträge der gemeinsamen Abkömmlinge gegenüber dem erstversterbenden Ehegatten wurden dagegen nicht ausgenutzt. Hierzu folgendes Fallbeispiel: Die Eheleute Krause sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet und haben zwei Kinder. Ihnen gehört eine gemeinsame Immobilie zu je 50 % mit einem Wert von ,00. Jeder Ehegatte verfügt über ein Sparguthaben von ,00 Aufgrund des gemeinsamen Testamentes beerbt Frau Krause ihren Ehemann allein. Die Kinder sind für den ersten Erbfall enterbt und haben auf ihre Pflichtteile noch zu Lebzeiten von Herrn Krause verzichtet. Ein Vierteljahr nach Herrn Krause verstirbt auch seine Ehefrau. Gemäß der testamentarischen Anordnung der Eheleute Krause wird sie von ihren beiden Kindern je zur Hälfte beerbt. Den beiden Kindern fließt hierbei ein Nachlasswert von je ,00 zu, so dass jeweils ,00 mit einem Steuersatz von 11 % zu versteuern sind. Die Steuerfreibeträge nach Herrn Krause können von den beiden Kindern nicht mehr genutzt werden. Bei kluger Gestaltung dieser beiden Erbfälle hätte bei den derzeit geltenden Steuerfreibeträgen von ,00 je Elternteil und je Kind der Anfall einer Erbschaftsteuer durchaus vermieden werden können. Denn das gemeinsame Vermögen der Ehegatten Krause beläuft sich auf einen Wert von 1 Mio. Die Gesamtsumme der zur Verfügung stehenden Freibeträge beträgt insgesamt 1,6 Mio. Durch Anordnung von

5 Steuervermächtnissen und eines gleichzeitigen Nießbrauchs für den überlebenden Ehegatten, hätte sich diese steuerliche Belastung minimieren bzw. ganz verhindern lassen. Hinweis Weitere Hinweise und Tipps zu den rechtlichen und steuerlichen Problemen im Rahmen der Gestaltung von Ehegattentestamenten können Sie bei unserem Seminar Das Berliner Testament am Dienstag, , in den Räumlichkeiten des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung e.v., Eingang Herzog-Wilhelm-Straße 10, V. Stock, Beginn 19 Uhr, erhalten. Der Unkostenbeitrag beträgt 10,00. Wir bitten Sie, sich direkt in der Kanzlei anzumelden: Im Internet unter oder telefonisch unter 089/ Rechtsanwalt Stefan Spangenberg convocat GbR, München