Der demographische Wandel als generationenpolitische Herausforderung
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- Erwin Hase
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1 Gesundheitsamt Graubünden 3. Bündner Forum für Altersfragen 2016 «Betreuende und pflegende Angehörige» 12. Erfa-Tagung, 3. Mai 2016 Der demographische Wandel als generationenpolitische Herausforderung Prof. Dr. Carlo Knöpfel, FHNW
2 Übersicht Der demographische Wandel Der Übergang vom «dritten» zum «vierten» Alter Generationenpolitische Herausforderungen 2
3 Teil 1 Der demographische Wandel 3
4 Der Blick zurück 4
5 Demographischer Treiber Fertilitätsrate 5
6 Demographischer Treiber Lebenserwartung 6
7 Lebenserwartung nach Geschlecht und sozialer Schicht in Deutschland Männer Frauen Quelle: Robert-Koch-Institut; FAZ vom Grenzen 60%/80%/100%/150/ des mittleren Netto-Äquivalenzeinkommens 7
8 Demographischer Treiber Migration: Ständige ausländische Wohnbevölkerung Staatsangehörigkeit Alle Staaten Europa Deutschland Frankreich Italien Spanien Portugal Länder Ex-Jugoslawiens Türkei Afrika Amerika Asien, Ozeanien
9 Der Blick in die Zukunft Männer Frauen Personen x 1 000
10 Bevölkerungsentwicklung Schweiz und Kanton Graubünden Schweiz Graubünden Altersgruppen absolut in% absolut in% absolut in% Absolut in% Unter plus total Quelle: BFS; mittleres Szenario 10
11 Pflegebedürftige Personen (in Tausend) Prognosen zur Pflege im Alter (2010) (2030): Zunahme um 46% Männer 80plus Männer Frauen 80plus Frauen Prognose 2010 Prognose 2015 Prognose 2020 Prognose 2025 Prognose 2030 Leadership-Forum GR FHNW 11
12 Zwischenfazit: Profil des demographischen Wandels Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz und des Kantons Graubünden wächst weiter Die Gewichte zwischen den verschiedenen Altersgruppen verschieben sich Die Lebenserwartung nimmt weiter zu, aber es gibt deutliche geschlechtsspezifische und soziale Unterschiede Die Zahl der zu betreuenden und pflegenden Angehörigen wird deutlich ansteigen 12
13 Teil 2 Der Übergang vom «dritten» zum «vierten» Alter 13
14 Der Übergang vom «dritten» zum «vierten» Alter Steigende Lebenserwartung führt zu einer Ausdehnung der Lebensphase Alter Die Lebensphase Alter wird selber unterteilt, in der Regel in ein «drittes» und ein «viertes» Alter Daraus ergibt sich das Moment des Übergangs zwischen diesem "drittem" und "viertem" Lebensalter (Prozess der Fragilisierung) Das «vierte» Lebensalter wird nicht länger 14
15 Anteil der Personen in Alters- und Pflegeheimen nach Geschlecht und Alter,
16 Inanspruchnahme von informeller Hilfe und Spitex nach Alter, in %,
17 Zwischenfazit: Das Profil des Übergangs vom «dritten» zum «vierten» Alter Die Lebensphase des «dritten» und «vierten» Alters wird länger als «Kindheit» und Jugend» zusammen Die Unterschiede nach Geschlecht und sozialer Position sind beträchtlich Die Phase «Heim» wird eher kürzer, die Phase «daheim» immer länger Alte Menschen haben unterschiedliche Ressourcen, diesen Übergang zu bewältigen «care»-arbeit ist mehr als Betreuung und Pflege 17
18 Teil 3 Generationenpolitische Herausforderungen des demographischen Wandels 18
19 Was meint Generationenpolitik? (I) Tochter Enkelkind Eltern Tochter / Sohn Grossmutter Mutter 19
20 Was meint Generationenpolitik? (II) Generationenpolitik ist nicht Politik für einzelne Generationen, sondern generationenverbindende Politik Generationenpolitik beachtet auch intragenerationale Ungleichheiten Generationenpolitik bezieht sich nicht nur auf die Altersvorsorge, sondern findet sich in vielen weiteren Politikfeldern: Wohnen, Verkehr, Bildung, Arbeit, Gesundheit 20
21 Generationenpolitische Herausforderungen des demographischen Wandels Generationenvertrag in der Altersvorsorge Solidarität in der Krankenversicherung «care»-arbeit der Familienangehörigen 21
22 Die Bedeutung der Pflege durch Familienangehörige, 2013 Hilfe und Pflege von Angehörigen Anzahl Stunden, in Mio. Durchschnittliche Arbeitskosten pro Stunde, in Fr. Monetäre Bewertung, in Mia. Fr. im gleichen Haushalt lebend Zum Vergleich: Spitex (2012), in Mia. Fr. nicht im gleichen Haushalt lebend Total
23 Die Grundannahmen der «care»-arbeit daheim Alte Menschen möchten so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden und in ihrem vertrauten Umfeld leben Die Familienfrauen kümmern sich um ihre älter werdenden Angehörigen; sie übernehmen den grössten Teil der «care»-arbeit Ergänzend gibt es ein weites Spektrum von Angeboten, welche die hilfesuchenden älteren Menschen auch erreichen Diese Hilfeleistungen werden von der Krankenkasse nur mitfinanziert, wenn sie medizinisch angezeigt sind 23
24 Grundannahme 1 Alte Menschen möchten so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden und in ihrem vertrauten Umfeld leben Technischer Fortschritt erweitert die Möglichkeiten, immer länger daheim wohnen zu können Sozialräumliche Strategien unterstützen die gesellschaftliche Teilhabe im gewohnten Umfeld Neue Wohnformen verflüssigen den Übergang von «daheim» ins «Heim» Der medizinische Fortschritt ermöglicht es immer mehr, trotz Krankheit daheim zu bleiben 24
25 Grundannahme 2 Die Familienfrauen kümmern sich um ihre älter werdenden Angehörigen; sie übernehmen den grössten Teil der «care»-arbeit Familien werden kleiner und grösser zugleich und ein Viertel der Partnerschaften bleiben kinderlos Familien leben zunehmend geographisch disperser Betreuende und pflegende Lebenspartnerinnen und Lebenspartner werden immer älter (und gebrechlicher) Betreuende und pflegende Kinder und Enkelkinder sind erwerbstätig 25
26 Grundannahme 3 Ergänzend gibt es ein weites Spektrum von Angeboten, welche die hilfesuchenden älteren Menschen auch erreichen Die öffentliche Spitex steht immer stärker im Wettbewerb mit privaten Anbietern Das Angebot der Hilfswerke wird facettenreicher: Betreuung wird zur «care»-arbeit Es entstehen allmählich integrierte Hilfesysteme; allerdings ist die Steuerung dieser Systeme noch nicht geklärt 26
27 Grundannahme 4 Diese Hilfeleistungen werden von der Krankenkasse nur mitfinanziert, wenn sie medizinisch angezeigt sind Die Finanzierung des Hilfesystems ist durch die Krankenkasse, EL und Hilfslosenentschädigung unzureichend abgedeckt Insbesondere trifft dies auf die «Betreuung» beziehungsweise «care»- Arbeit zu Es droht eine Zweiteilung: Selbstzahlende können sich vieles leisten, vulnerablen älteren Menschen droht eine Unterversorgung mit «care»- Arbeit 27
28 Der Aktionsplan des Bundes (I) Handlungsfeld 1: Information und Daten Informationen zu finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten Informationen über Entlastungsangebote Informationen zu Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Angehörigenbetreuung und pflege Handlungsfeld 2: Entlastungsangebote Qualität und Zugang Entwicklung von Qualitätsstandards für die Pflege daheim sowie für die Entlastungsangebote Verbesserung des Zugangs zu befristeten Entlastungsangeboten durch finanzielle Unterstützung 28
29 Der Aktionsplan des Bundes (II) Handlungsfeld 3: Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung und -pflege Mehr Rechtssicherheit bezüglich der Lohnfortzahlung bei kurzen Arbeitsabwesenheiten Ausweitung der Betreuungsgutschriften bei der AHV auf Personen, die keine direkten Unterstützungspflichten haben Handlungsfeld 4: Betreuungsurlaub oder alternative Unterstützungsmöglichkeiten Prüfung einer rechtlichen Grundlage für einen Betreuungsurlaub mit oder ohne Lohnfortzahlung oder für alternative Unterstützungsmöglichkeiten für längere pflegebedingte Abwesenheiten Prüfung von Möglichkeiten zur Sicherstellung des Kündigungsschutzes während des Betreuungsurlaubs 29
30 Die generationenpolitische Herausforderung in der «care»-arbeit der Familien (I) Wenn die care -Arbeit der Familien unabdingbar ist und bleiben wird, dann müssen wir eine generationenübergreifende Gesellschaftspolitik betreiben, welche die Interessen aller Generationen berücksichtigt müssen wir von der Mehrfachbelastung der Frauen zur Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie für Mann und Frau kommen müssen wir die familienergänzende care -Arbeit der Spitex wieder ausbauen und finanzierbar gestalten müssen wir die Hilfsorganisationen unterstützen, damit diese ihr Angebot flächendeckend anbieten können 30
31 Die generationenpolitische Herausforderung in der «care»-arbeit der Familien (II) Wenn die care -Arbeit der Familien unabdingbar ist und bleiben wird, dann müssen wir uns bewusst sein, dass die wirklichen generationenpolitischen Herausforderungen erst noch kommen, dann nämlich, wenn die Babyboomer hochaltrig werden 31
32 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 32
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