Stellungnahme des Kontaktkomitees der Universität Wien
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- Steffen Hochberg
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1 1 Stellungnahme des Kontaktkomitees der Universität Wien zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen und das Bundes- Personalvertretungsgesetz geändert werden (Universitätslehrerdienstrechts-Änderungsgesetz) des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport (GZ /19-II/A/1/b/01) Das Kontaktkomitee der Universität Wien lehnt den vom Bundesministerium für Öffentliche Leistungen und Sport vorgelegten Entwurf für eine Änderung des Dienstrechts der UniversitätslehrerInnen ab, weil die bereits letzten Sommer vom Kontaktkomitee vorgelegten Anforderungen an ein neues Dienstrecht in keinem Punkt erfüllt werden: Kernpunkte dieser Forderungen waren: Der universitäre Bedarf an Qualifikation des wissenschaftlichen Personals kann aufgrund mangelnder Differenzierung der Karrierewege und fehlender Entwicklungsmöglichkeiten für die UniversitätslehrerInnen nicht abgedeckt werden. Die Ausweitung motivationsfördernder und leistungsgerechter Bezahlung ist im Entwurf nicht vorgesehen. Die dienstrechtlichen Vorgaben für die Bewertung der Leistung bei Karriereschritten behindern die Teambildung und Zusammenarbeit. Das Kontaktkomitee lehnt diesen Entwurf ab, weil er keinem der Grundsätze der durch den Senat der Universität Wien am verabschiedeten Resolution entspricht. Es werden durch die Regelungen des Entwurfes Eingriffe in die Freiheit von Wissenschaft und Lehre ermöglicht (an vier Stellen des Entwurfes steht die Phrase: "Mitwirkung an Forschungsaufgaben des Institutes ist für alle Universitätslehrer verpflichtend"). Kritische und unabhängige Publikationstätigkeit muß weiterhin möglich sein (auch gegenüber Dienstvorgesetzten). Der Vertrauensschutz für die derzeit im Dienststand der Universität befindlichen UniversitätslehrerInnen wird durch diesen Entwurf in einigen wichtigen Punkten verletzt. Die unter der Maßgabe erbrachter Qualifikationsleistung durchgängige Karriere für UniversitätslehrerInnen wird durch mehrfache absolute Unterbrechungen erschwert. Durch die mangelnde finanzielle Bedeckung im Bundesfinanzgesetz wird sie sogar unmöglich gemacht. Die an der Massenuniversität Wien besonders problematische Relation zwischen Lehrenden und Studierenden wird durch diesen Entwurf weiter verschärft. Die Rechtsfigur des "Assistenten in Ausbildung" ist in ihrer Ausgestaltung völlig unausgegoren und nicht geeignet, den Übergang vom Lernenden zum Lehrenden zu gewährleisten. Die Frage des Umfangs der Dienstpflichten, der Art der Ausbildung und der Abgeltung ist nicht oder unzureichend geregelt. Wenn ein derartiges Ausbildungsverhältnis geschaffen werden soll, muß zugleich ein Ausbildungsplan erstellt werden. Die vorgeschlagene Regelung ist nicht durchdacht und daher in dieser Form abzulehnen; vgl auch Punkt II. 4 der Stellungnahme der Rektorenkonferenz und der Vorsitzenden der obersten Kollegialorgane der österreichischen Universitäten vom
2 2 Das Kontaktkomitee lehnt diesen Entwurf ab, weil er an den Kernproblemen der Universität Wien vorbeigeht. Hingegen bestehen die im Vorblatt zum Entwurf formulierten Problemstellungen an der Universität Wien nicht oder kaum. Tatsächlich bestehende Probleme sind: Die Universität Wien ist aufgrund des vorgebenen Gehaltsschemas im Wettbewerb um die besten Köpfe nicht konkurrenzfähig. Das Betreuungsverhältnis an der Universität Wien ist in vielen Bereichen für eine Konkurrenz mit Weltklasseuniversitäten katastrophal schlecht. Frauen sind in den höheren Karrierestufen der Universität Wien unterrepräsentiert. Die Kriterien für die Beurteilung von Leistung fördern Einzelkämpfertum und mangelnde Kooperation. Das grotesk unausgewogene Verhältnis zwischen akademischem und nichtakademischem Personal behindert die Forschung und bewirkt eine völlig unzulängliche administrative Unterstützung in der Lehre. Das Kontaktkomitee fordert daher aufeinander abgestimmte Gesetze im Bereich Dienstrecht, Organisations- und Studienrecht. Im Gegensatz dazu ist der Entwurf Stückwerk. Das Kontaktkomitee hat durch seine Vorschläge schon im Sommer bewiesen, daß der Mittelbau durchaus bereit und willens ist an der Weiterentwicklung der einschlägigen Gesetzesmaterien mitzuwirken. Voraussetzung dafür ist aber das ehrliche Wollen aller Beteiligten, auch der politisch Verantwortlichen, aufeinander zu zugehen und miteinander zu diskutieren: eine sinnvolle und dauerhafte Reform morgen ist wichtiger, als eine schlechte und überhastete heute! Das Kontaktkomitee fordert die Vorlage einer realistischen, ausreichend detaillierten Kostenschätzung, die zumindest folgende Punkte einschließen muß: finanzielle Kompensationen für geringere Jobsicherheit, finanzielle Kompensationen für niedrigere Pensionen von Vertragsbediensteten, Kosten der Einführung von Systemerhaltern, Kosten für höhere Sozialversicherungsbeiträge, Höhe der Rückstellungen für Abfertigungen, Höhe der Pensionskassenbeiträge, Höhe der Kosten der Abfertigungen als solche Die im Entwurf genannten 200 Mio. ATS sind offensichtlich nur für die Abdeckung des Dienstgeberbeitrags vorgesehen und somit völlig unzureichend. Das Kontaktkomitee fordert für den Fall des Übergangs in privatrechtliche Dienstverhältnisse die synchrone Verabschiedung eines Budgetüberschreitungsgesetzes, das zumindest die oben genannten Punkte auf Basis der geforderten Kostenschätzungen abdeckt. Das Kontaktkomitee lehnt das dem Entwurf zugrundeliegende 4-Säulenmodell ab. Durch diese Konstruktion wird die Entscheidung über die Universitätslehrerkarriere keineswegs wie international üblich nach vorne verlegt (typischerweise Ende 20 oder
3 3 Anfang 30), sondern ergibt wiederum wie im derzeitigen Dienstrecht eine harte Karriereschnittstelle im Alter von etwa 36-40, bei der das Fortkommen nicht nur von eigenen Leistung, sondern auch von einer Bedarfsprüfung abhängt; und dann nochmals eine solche Schnittstelle mit Bedarfsprüfung im Alter um 45 Jahre). Dies steht in eklatantem Widerspruch zu den internationalen Gepflogenheiten und wurde auch zum Beispiel vom Präsidenten des FWF, Arnold Schmidt abgelehnt. Daher ist das ex lege vorgesehene Auslaufen der 2. und der 3. Säule strikt abzulehnen. Dieses Modell stellt überdies keinesfalls - wie im Vorblatt zu Gesetzesentwurf suggeriert - die einzige Alternative zur bestehenden Situation dar. Zusätzlich sei angemerkt, daß aus finanzieller Sicht ("Nulldefizit") die bisherigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse die kostengünstigste Variante sein dürften. Eine der möglichen Alternativen könnte in folgendem Phasenmodell für ein Dienstrecht bestehen (die Zeitspanne berücksichtigen grob auch Ausbildungszeiten für MedizinerInnen): Dabei ist beim Einstieg in jede der drei Phasen eine Bewerbung erforderlich. Stellen der Phase 1: Prädoktoranden (Beginn im Alter von etwa Jahren): flexible Verträge bis 4 Jahre mit individuellem Ausmaß an Lehrverpflichtung, als Bewerbungsvoraussetzung gilt das Diplom. Der Schwerpunkt soll in der Abfassung der Dissertation und in der Ausbildung für die Tätigkeit als UniversitätslehrerIn dienen. Der volle dienstrechtliche Schutz eines Vertragsbediensteten (später Angestellten) muß gewährleistet werden. Stellen der Phase 2: Postdoctoranden (Beginn im Alter von etwa Jahren) Dauer des Vertrages bis max. 4 Jahre, wobei die Befristung durch die Universitäten/Fakultäten selbst gestaltet werden kann. Als Bewerbungsvoraussetzung gilt das Doktorat. Der Schwerpunkt dieses Tätigkeitsabschnitts liegt in den weiteren wissenschaftlichen Arbeiten und erweiterter Lehrverpflichtung. Stellen der Phase 3 (Beginn im Alter von etwa Jahren) basiert auf dem amerikanischen tenure track Modell (Dieses besteht aus einer Eingangsperiode von bis zu 6 Jahren (assistant professor), nach der eine strenge Qualifikationsprüfung erfolgt. Bei Bestehen erfolgt die Überleitung in ein unbefristetes Dienstverhältnis mit erhöhtem Kündigungsschutz (tenure; associate professor, full professor). Bei Nichtbestehen dieser Qualifikationsprüfungen wird das Dienstverhältnis der Phase 3 beendet. Eine solche Stelle wird nach einer Bedarfsprüfung öffentlich ausgeschrieben und es bestehen Bewerbungsmöglichkeiten für alle, die die Qualifikation gemäß Ausschreibung aufweisen. Die Position ist durch die ausschreibende Universität/Fakultät als assistant professor Doktorat plus etwas Forschung und Lehrerfahrung, als associate professor Habilitation oder gleichzuhaltende Qualifikation, als full professor Habilitation oder gleichzuhaltende Qualifikation sowie hervorragenden weitere Leistungen in Lehre, Forschung oder Management zu definieren. Steigender Kündigungsschutz ergibt sich mit fortschreitender Karriere abhängig von den oben angeführten Qualifikationsschritten. Das Kontaktkomitee fordert weiters flexible Regelungen in den Bereichen Gehalt, Lehrbetrauung, Lehrabgeltung, Sabbatical. Karenzvertretungen (auch für Professoren). Das Kontaktkomitee lehnt die im Entwurf der Regierung dargelegten Übergangsbestimmungen für die derzeit im Dienststand befindlichen Personen in den meisten Punkten ab.
4 4 Überleitung in provisorisch befristete Dienstverhältnis 176a ist zwar prinzipiell zu begrüßen; allerdings ist die Frist, die zum Erarbeiten der Habilitation gewährt wird (wohl für die meisten Fächer) zu kurz. Es sind zumindest vier zusätzliche Jahre erforderlich; alternativ könnte der Auftrag für fakultätsspezifische Regelungen, die mit Zustimmung des Senats verabschiedet werden können, im Gesetz erteilt werden. Alle bereits laufenden Anträge sind analog der Regelung für Besetzung von Professorenstellen im alten Recht zu erledigen. Andernfalls seien massive juristische Probleme zu befürchten. Zumindest an der Universität Wien lassen sich aus den Personaldaten bis 2000 keine Trends zur beschleunigten Versteinerung des Mittelbaus feststellen. Das widerlegt das Argument des Entwurfes, daß ein Menschenopfer in Form einer ganzen Assistentengeneration notwendig sei. Um diese Generation qualifizierten Nachwuchses nicht zu verlieren sollten daher auch alle übrigen im zeitlich befristeten Dienstverhältnis im Rahmen der im alten Recht (Qualifikationsprüfung und Bedarfsprüfung) vorgesehenen Regelungen weiterlaufen. Nur mit einer solchen Regelung werden die bisher erreichten Fortschritte bei der Erhöhung der Frauenquote, eine Errungenschaft der letzten Jahre, gewahrt. Für der Personen, die aus Altergründen ausscheiden wollen, fehlt eine attraktive Frühpensionierungsregelung. Definitivstellung Die vorgeschlagene Regelung für die Definitivstellung ist mit Ausnahme der Gutachterbestellung akzeptabel. Diese Bestellung der Gutachter durch das Ministerium ist überflüssig, kostenintensiv und mit dem gesellschaftlichen Status der Universität nicht vereinbar. Zusätzlich wird die Möglichkeit gefordert, bewährte Systemerhalter auch weiterzubeschäftigen. Das Gesetz sollte ferner möglichst attraktive Regelungen für den Umstieg aller derzeit im Dienststand befindlichen Personen vorsehen. Derartige Angebote für das Einsteigen in das geplante Dienstrecht fehlen gänzlich (die Erhöhung des Zeitraums für die Karenzierung von Universitätslehrern auf den Zeitraum von 10 Jahren - auf die im übrigen kein Rechtsanspruch besteht - ist unzulänglich). Das Kontaktkomitee der Universität Wien fordert ein attraktives Umstiegsmodell in das geplante Dienstrecht, damit in der Folge der Zeitraum des Bestehens zweier unterschiedlicher dienstrechtlicher Systeme nebeneinander möglichst kurz gehalten werden kann. Diese Ausführungen verstehen sich selbstverständlich unter dem grundsätzlichen Vorbehalt, daß wegen der Mangelhaftigkeit der Gesetzesvorlage und wegen der völlig unzureichenden Dauer des Begutachtungsverfahrens keine abschließende Mängelliste enthalten sein kann.
5 5 Es sei in diesem Zusammenhang auch auf die Problemliste im Anhang zur Stellungnahme der Rektorenkonferenz verwiesen. Das Kontaktkomitee der Universität Wien fordert nachdrücklich die Berücksichtigung der eben erwähnten Forderungen in einem überarbeiteten und vollständigen Gesetzesentwurf unter der Berücksichtigung der Konturen des neuen Organisationsrechtes. Dieser ist anschließend einem mindestens 2 monatigen Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Im Namen des Kontaktkomitees der gewählten Funktionsträger des Mittelbaus der Universität Wien Ao. Prof. Dr. Julius C. Schuster Institut für Physikalische Chemie Ass.Prof. Dr. Christian R. Schweiger Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik Ao. Prof. Dr. Christian Krattenthaler Institut für Mathematik Ass.Prof. Dr. Alexander Reidinger Institut für Zivilrecht
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