Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Bischof Dr. Dr. h.c. Markus Dröge,
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- Irmela Kästner
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1 Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Bischof Dr. Dr. h.c. Markus Dröge, Predigt im ökumenischen Festgottesdienst 12. Oktober Jahre Kloster Neuzelle Offenbarung 21, 1-6 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. 1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!
2 6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Der Predigttext wird als neutestamentliche Lesung im Gottesdienst gelesen) Dem Himmel nahe. Das Gefühl stellt sich ein, wenn ich das Klostergelände - und noch mehr, wenn ich die beiden Kirchen hier im Kloster Neuzelle betrete. I. Mit barocker Lust wurden in der Stiftskirche und in der ehemaligen Leutekirche des Klosters Abbilder des Himmels geschaffen. Wenn wir sie betreten, umfängt uns eine himmlische Welt. Die Meister des Barock haben mit Engelsfiguren, biblischen Geschichten, Gold und Glanz den Himmel auf die Erde geholt und hier in Neuzelle einen Ort geschaffen, der uns einen Vorgeschmack gibt auf den Himmel. Alles verkündet hier die Botschaft: Mensch, was Du jetzt erlebst in Deinem irdischen Leben, das ist nicht alles, was das Leben für Dich bereithält. Auf Dich wartet der Himmel. Dem Himmel nahe und zugleich fest auf der Erde. Neuzelle ist ein Ort, der dem Alltag die Unterbrechung gibt, der den Alltag erhebt und aufhebt. Und uns damit heraushebt aus dem Alltäglichen. Hier in diesem Raum wird in himmlischen Kategorien gedacht. Die barocke Himmelsfülle hier in Neuzelle ist aber erst 350 Jahre alt. Unser II. Blick geht heute weit davor zurück. Noch 400 Jahre weiter zurück, ins Mittelalter. Von Citeaux in Frankreich aus breitete sich der Orden der Zisterzienser über ganz Europa aus. Im Ursprung war er eine Gegenbewegung gegen Pracht und Herrlichkeit, auch und gerade in der Kirche und ihren Klöstern. Nicht von 2
3 den Zinsen umfangreicher Güter oder den Abgaben der Bauern wollten die Mönche leben, sondern von ihrer eigenen Hände Arbeit. Keine prunkvollen Kirchen wollten sie bauen, sondern schlichte Orte zum Gebet. In der Regel erkennt man ein Zisterzienserkloster daran, dass die Kirche keinen Turm besitzt, sondern einen schlichten Dachreiter für die Glocke. In Kloster Lehnin und Kloster Chorin, beide auch hier in Brandenburg, kann man es gut studieren. Erst das Grauen und das Elend des 30-jährigen Krieges brauchte als Gegenpol den prächtigen Barock, der die Menschen auch in verwüsteten Gegenden spüren ließ: Wir sind dem Himmel nahe! III. Ora et labora. Bete und arbeite. Das Gebet stand und steht im Zentrum der monastischen Kultur der Zisterziensermönche. Im Gebet und der wunderbar reichen Liturgie sind sie dem Himmel nah. Bei meinem Besuch im Sommer im zisterziensischen Mutterkloster im Wienerwald durfte ich daran teilhaben und genau dieses spüren: Dem Himmel nah. Aber zum Gebet gehört die Arbeit. In ihrer Arbeit, in dem, was sie sich täglich erwirtschafteten, blieben und bleiben die Mönche den Menschen verbunden, die wie sie damals in harter körperlicher Arbeit dem Boden einen Ertrag abgerungen haben. Oder heute die Mühen des Arbeitsalltages erleben. In der Arbeit sind die Mönche den Menschen nah. Und dabei besonders den nicht Begüterten, den Bauern und Landarbeitern, die um ihren Lebensunterhalt kämpften. Die Klöster wurden in der Regel in Ödland, Sumpf und ungerodeten Waldtälern gegründet. Oft gelang es, Brache in fruchtbare Ackerbaugebiete zu verwandeln. Von Markgraf Heinrich III. von Meißen, dem Stifter des Klosters, heißt es, er wollte die erworbene Grundherrschaft dem Christentum erschließen, aber auch wirtschaftlich entwickeln und nutzen. Mit der Gründung eines Zisterzienserklosters verband er die Hoffnung auf beides, auf die Weitergabe des Glau- 3
4 bens an Menschen, die damit zuvor nicht in Berührung gekommen waren und auf die wirtschaftliche Nutzung des Landes. Ora et labora. Gebet und Arbeit als Programm zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Region. IV. Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; Wir haben die Vision des Johannes in der Lesung gehört, die Vision von einem Gott, der seine Hütte bei den Menschen aufschlägt. Ein Gott nah bei den Menschen. Die prächtige Stadt Gottes wird zur Hütte Gottes bei den Menschen! Johannes beschreibt das neue Jerusalem als eine Stadt aus Gold und Edelsteinen. Der Kern der Mauer war aus Jaspis und die Stadt aus reinem Gold, gleich reinem Glas. Die Grundsteine der Mauer um die Stadt waren geschmückt mit allerlei Edelsteinen. Jedes Tor eine Perle. Eine prächtige Stadt. Die neue Stadt Jerusalem steht für alles, was das Leben schön macht: Das gute Zusammenleben von Menschen, so dass jeder zu seinem Recht kommt. Die Schönheiten des Lebens: die Natur, die Musik, die Kunst, die Wohltaten und Genüsse. Abbild des Himmels auf Erden. Aber dann hören wir: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen. Die prächtige Stadt als Hütte Gottes bei den Menschen! Sie ist nicht exklusiv. Nicht für die Schönen und Reichen und Einflussreichen ist sie da. Nein, Gott will mit seiner Herrlichkeit bei den Menschen wohnen, macht sich klein und unscheinbar. Der Himmel wird geerdet, das himmlische Jerusalem wird zur Hütte bei den Menschen. Gott wird Nachbar derer, die sich keine Schlösser leisten können. 4
5 V. In diesem Geist sehe ich die Zisterziensermönche vor 750 Jahren einen Ort erschaffen, der zum Zeichen wurde für die Gegenwart Gottes unter den Menschen. Gott will bei seinen Menschen sein. Gott will bei ihnen wohnen und sie sollen seine Völker sein. Und in diesem Geist sehe ich auch heute das Kloster Neuzelle. Es verkündet die christliche Botschaft, dass Gott den Menschen ganz nahe kommt, dass Gott unser Nachbar wird. - Hier, wo wir so nah dran sind an unserm Nachbarland Polen, - hier, wo wir in den alten Mauern in neuer ökumenischer Nachbarschaft leben, - hier, wo Mönche des Zisterzienserordens und evangelische Christinnen und Christen gemeinsam das Kloster mit geistlichem Leben füllen, von hier geht nun die Botschaft aus: Gott wohnt bei seinen Menschen, sie sollen seine Völker sein: ganz unterschiedliche Menschen, unterschiedlicher Nation und Konfession, in ihrem Suchen und Fragen, in ihrem Sorgen und Hoffen, ihrem Zweifeln und Vertrauen. Bei ihnen allen will Gott wohnen, erfahrbar werden, greifbar werden, hören, mitfühlen, da sein. VI. Als die Mönche vor 200 Jahren das Kloster verlassen mussten, durften wir Protestanten hinein. Das waren noch keine guten, nachbarschaftlichen Zeiten. Wunden wurden geschlagen, Argwohn gesät. Aber diese Wunden haben nun zu heilen begonnen. Ich bin dankbar für das gute ökumenische Miteinander, das bereits jetzt an diesem Ort entstanden ist. Der Visionär Johannes hört den, der auf dem Thron sitzt, sagen: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. 5
6 Wir alle gleich welcher Konfession leben von der gleichen Quelle, von Christus, der uns umsonst gibt, was wir zum Leben brauchen. Er, Jesus Christus, ist die Konstante in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des Lebens umsonst, ist seine Botschaft. Aus dieser Quelle trinken wir egal zu welcher Konfession wir gehören das verbindet uns. An dieser Quelle können wir festmachen in verunsichernden Zeiten. Und im Rhythmus von ora und labora, von Gebet und Arbeit unser Leben gestalten. Dem Himmel nah und ebenso den Menschen. Ich freue mich, dass die monastische Tradition der Zisterzienser an diesem Ort wieder Einzug gehalten hat und mit ihrer Gegenwart die Spiritualität des Ortes vertiefen wird. VII. Siehe, ich mache alles neu! Nach 750 Jahren steht alles noch einmal neu, auf Anfang. Und die Neugier ist groß. Mönchisches Leben in einer Gegend, wo sich nur noch sehr wenige Menschen zum Christentum bekennen? Eine kleine Attraktion! Und zugleich eine große Hoffnung. Etwas Neues entsteht, aber doch in dem alten Geist.. Siehe, ich mache alles neu! Amen. 6
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