Alles gegeben Predigt zu Mk 12,41-44 (Okuli, ) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Transkript

1 Alles gegeben Predigt zu Mk 12,41-44 (Okuli, ) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Gemeinde, hat jemand gesehen, wie viel Sie gerade in den Klingelbeutel gelegt haben? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber vielleicht gehört, ob es raschelt oder klingt. Der Klingelbeutel heißt ja nicht so, weil man nur Münzen einwerfen soll die dann schön klingeln sondern weil früher ein Glöckchen an ihm befestigt war, damit auch ja keiner verpasste, etwas einzuwerfen. Was wäre, wenn ich Ihnen nun sagen würde, dass wir heute eine kleine Kamera am Klingelbeutel angebracht haben. So klein, dass sie keiner sieht, aber groß genug, um aufzuzeichnen, wieviel jeder einlegt? Keine Bange, das haben wir natürlich nicht gemacht. Es geht schließlich um Geld. Da wollen wir schön diskret sein. Wobei Jesus hat es mit der Diskretion nicht so genau genommen. Das wird im Predigttext deutlich. Ich lese Markus 12, die Verse 41-44: 1

2 41 Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. 42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das ist ein Heller. 43 Und Jesus rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. 44 Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte. (Gebet) Liebe Gemeinde, was nimmt sich Jesus da heraus! Er setzt sich einfach mal ganz ungeniert dem Gotteskasten gegenüber. Der Gotteskasten stand im Tempel in Jerusalem, genauer gesagt im Vorhof. Das war der Bereich, der allen Menschen zugänglich war. Dorthin kamen die Menschen, um die Tempelsteuer zu bezahlen. Insgesamt 13 Geldbehälter waren dort aufgebaut, und einer war vermutlich für freiwillige Gaben bestimmt. Dort setzt Jesus sich hin. 2

3 Was für ein Bild: Jesus, der Rabbi, der den Menschen dabei zuschaut, wie sie spenden. Was soll das? Auch damals wusste man, dass Geld ein heikles Thema ist. Da ist Diskretion geboten. In einer Bankfiliale steht am Schalter oder am Automat der Hinweis: Bitte hier warten. Es muss ja keiner sehen, wenn man Euro abhebt. Aber Jesus schaut hin. Aus Interesse. Und aus Berechtigung. Er kennt die Menschen. Er weiß ja, wie sie ticken. Und es überrascht ihn auch nicht, was er sieht: Es kommen reiche Menschen, die legen viel ein. Und wahrscheinlich macht es ihnen gar nichts aus, dass Jesus sie dabei beobachtet: Schau her ich bin besonders großzügig und spendabel! Ja ja, denkt Jesus, aber dieses Opfer tut dir nicht weh. Als dann aber eine arme Witwe kommt und ebenfalls etwas einlegt einen viel kleineren Betrag da ruft Jesus seine Jünger zu sich. Man kann sich richtig vorstellen, dass es ihnen peinlich war, nun auch zu diesem Spendenbehälter zu kommen und das Gebot der Diskretion zu übertreten. Aber Jesus möchte ihnen etwas zeigen. 3

4 Habt ihr das gesehen? Habt ihr gesehen, wieviel diese Frau gegeben hat? Objektiv betrachtet einen kleinen Betrag aber für das, was sie besitzt, war es alles. Diese Frau hat alles gegeben. Alles gegeben wir kennen diese Formulierung, allerdings aus anderen Zusammenhängen. Sportler kennen das gute Gefühl, alle Kräfte zu mobilisieren, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Wenn man nach dem Wettkampf oder dem Spiel sagen kann: Ich hab alles gegeben, dann weiß man: Mehr war nicht drin. Wenn es gereicht hat zum Erfolg, ist es gut. Und wenn es nicht gereicht hat, weiß ich immerhin: Ich hab das Beste aus mir herausgeholt. Ich hab erreicht, was ich konnte. Ich hab alles gegeben. Die arme Witwe, die Jesus im Tempel beobachtet, dient Jesus als Hinweis. Und er stellt sie seinen Jüngern als Vorbild hin: Habt ihr das gesehen? Jünger Jesu zu sein, heißt genau das: Alles zu geben. Nicht mal nur ein bisschen hineinschnuppern in die Gemeinschaft mit Jesus. Nicht mal nur mit einem Ohr und halbem Herzen zuhören, was er von Gott erzählt. Sondern 4

5 ganz dabei sein, ihm von ganzem Herzen nachfolgen, alles geben. So wie bei den Menschen, die im Tempel Geld eingelegt haben, hat Jesus auch bei seinen Jüngern genau hingeschaut, als er sie berufen hat. Sind diese Männer bereit mit mir zu gehen und dabei zu bleiben, auch wenn es mal nicht so angenehm ist? Und tatsächlich. Keiner von ihnen hat sich vorzeitig verabschiedet. Sicher, sie haben ihn oft nicht verstanden. Er hat sie manchmal zurechtweisen müssen. Sie haben sich manchmal gestritten. Aber sie sind dabei geblieben. Bis an den Punkt, an dem Judas zum Verräter wurde. Aber das musste so sein als Teil von Jesu Leidensweg. Und erst dann, erst als Jesus gefangen genommen wird und den letzten Abschnitt seinem Weges alleine gehen muss da verlassen sie ihn. Weil sie in diesem Moment nicht ahnen, was nun passieren wird: Jesus stirbt am Kreuz um drei Tage später wieder aufzuerstehen. Und dann, nach Ostern, hat er sie wieder eingesammelt, auch Petrus, den Verleugner, auch Thomas, den Zweifler. Und dann waren sie ganz bei ihm, 5

6 sind ihm nachgefolgt, haben in seiner Kraft die erste Gemeinde gegründet und in ihrem weiteren Leben tatsächlich alles gegeben. Das Geheimnis ist: Wer bei Jesus alles gibt der bekommt alles. Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen. Alles zu geben das heißt bei Jesus: Sein ganzes Leben ihm zur Verfügung stellen. In allem, was unser Leben betrifft, ihm zu vertrauen. Unsere Hoffnung im Leben und im Sterben auf nichts und niemand anderen zu setzen als auf ihn. Jesus interessiert sich nicht nur für das, was in unserem Leben besonders schön, besonders fromm, besonders edel aussieht. Er interessiert sich für unser ganzes Leben: Für unsere Beziehungen, für unsere Enttäuschungen, für unsere Pläne, für unsere Arbeit, für das, was wir in unserer Freizeit machen, für unsere Lebensziele, für unsere Sackgassen und ja, auch für unser Geld. Wenn wir das hören, ist unsere erste Reaktion erstmal: Puh, das ist aber ein bisschen arg viel. Ich 6

7 möchte doch lieber mein eigener Herr sein. Wer weiß, was aus meinem Leben wird, wenn da plötzlich Jesus mitredet? Die Angst, wir könnten irgendetwas verlieren, wenn wir zu Jesus gehören, ist tief in uns verankert. Die Furcht, dass wir dann irgendwie zu kurz kommen. Aber das ist eine Phantom-Angst. Angst ohne Grund. Angst, die uns von einer Seite eingeredet wird, die nicht will, dass unser Leben gelingt, sondern dass wir scheitern. Da kommt wieder der Taufspruch von Paul ins Spiel: Lass sich nicht vom Bösen das dir Angst einredet überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Das Gute ist: Unser Vertrauen auf Jesus zu setzen. Er sagt uns: Ich will dir erfülltes und ewiges Leben geben. Es gilt: Wer alles gibt, der wird alles bekommen. Und das bedeutet: Ein Leben, in dem immer Grund zur Hoffnung ist; in dem immer einer sagt: Ich hab dich unendlich lieb. Als Jesus sich einmal mit den Jüngern unterhält, sagt Petrus zu ihm: Jesus, schau her, wir haben alles hinter uns gelassen und sind dir nachgefolgt. Und Jesus 7

8 antwortet: Ihr könnt euch drauf verlassen: Was ihr um meinetwillen gegeben habt, wird euch hundertfach wieder gegeben werden jetzt schon in diesem Leben, und dazu das ewige Leben im Reich Gottes. Wer beim Sport alles gibt, weiß am Ende nicht, ob es reicht zum Erfolg. Wer bei Jesus alles gibt, kann sich sicher sein: Es reicht, weil es am Ende nicht auf das ankommt, was wir ihm geben, sondern was er uns gibt. Und das reicht ganz bestimmt um getrost zu leben, getrost zu sterben und ewig zu leben. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 8