Tatsachen über die V-1

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Andreas Roth
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1 Tatsachen über die V-1 (DIE NEUE DEUTSCHE WAFFE GEGEN ENGLAND) Monate lang waren unter deutschen Soldaten und Zivilisten Gerüchte über eine geheime neue deutsche «Vergeltungswaffe» gegen England im Umlauf, - eine Waffe, die, wie es hiess, «London in 17 Stunden dem Erdboden gleichmachen» und «England aus dem Kriege werden» werde. Am 13. Juni wurde diese Waffe zum ersten Mal eingesetzt. Sie wird von deutscher Seite amtlich als «V-1» und in England als «Fliegende Bombe» oder «Unbemanntes Flugzeug» bezeichnet. Auf den folgenden Seiten findet sich eine genaue Darstellung der neuen Waffe mit erläuternden Einzelheiten. 1

2 Die V-1 : Schlussfolgerungen Auf den vorhergehenden Seiten wurden die wichtigsten Tatsachen über die neue deutsche Waffe - die «V-1» - angeführt. Folgende Schlussfolgerungen lassen sich ziehen: Erstens: Es handelt sich bei der «V-1» im Grunde um eine gewöhnliche, mittelgrosse Bombe. Ihre Explosivladung beträgt 1000 kg; die Bomben, die von alliierten Grosskampfflugzeugen bei angriffen auf deutsche Städte mitgeführt werden, wiegen 2000, 4000 und 8000 kg. Zweitens: Die «V-1» wird in verhältnismässig kleinem Ausmasse eingesetzt. (Siehe Bemerkungen zu Nr. 7, auf Seite 2). Drittens: Die «V-1» kann nicht mit Zielsicherheit angewandt werden. (Siehe Bemerkung zu Nr. 5-II) Mangel an Zielsicherheit ist, vom Standpunkt der deutschen Führung aus, nicht wichtig: denn der Zweck der «V-1» ist zugegebenerweise «Vergeltung» gegen England. Vom militärischen Standpunkt aus bedeutet dieser Mangel aber, dass die «V-1» auf die alliierte Kriegsproduktion oder den Verlauf des Krieges keine grosse Wirkung hat. Viertens: Die «V-1» kann leichter bekämpft werden als ein Flugzeug. (Siehe Bemerkung zu Nr. 5-I und 6). Welche Vorteile bietet dann die «V-1»? Erstens: Sie braucht keinen Flugzeugführer. Das ist ein Vorteil, angesichts des Mangels der deutschen Luftwaffe an Flugzeugführern und Flugzeugen. Zweitens: Der Einsatz dieser neuen Waffe bedeutete für die Deutschen in der Heimat und an der Front einen grossen Stimmungsauftrieb, - und das in einem Augenblick, als ein solcher Auftrieb dringend nötig war. GTC/1 2

3 Einzelheiten 1. Aussehen: Die «V-1» erinnert im Umriss etwa an das englische «Spitfire»-Jagdflugzeug. Der Körper ist grossenteils aus Stahl konstruiert, oben dunkelgrün und unten hellblau angestrichen (die übliche Tarnung deutscher Flugzeuge). 2. Masse: Rumpflänge: 6,65 m. Gesamtlänge: 7,73 m. Grösste Rumpfbreite: 0.63 m. 3. Antrieb: Der Abschuss der «V-1» erfolgt von einer Rampe, mittels Startrakete. Danach wird die «V-1» durch einen Benzinmotor mit Düsenausstoss (Strahlantrieb) betrieben. 4. Flugbereich: Der Kraftstoffbehälter fasst etwa 600 l Benzin, womit die «V-1» etwa 240 km fliegen kann. 5. Kontrolle: Die «V-1» ist nicht ferngesteuert. Sie hat eine festgelegte Flugbahn und wird von einem selbsttätigen «Piloten» gesteuert, der vor dem Start eingestellt wird. 6. Geschwindigkeit: Im Horizontalflug etwa 500 km in der Stunde. 7. Explosionsstärke: Explosivladung und Sprengwirkung der «V-1» sind etwa so gross wie die einer Tausendkilobombe. 3

4 Erläuterungen 2. Im Vergleich zu einem Flugzeug stellt die «V-1» für Flak und Jäger ein kleineres Ziel dar. (Siehe aber auch unter 6-I und 7). 3. Das von dem Geschoss beim Fliegen erzeugte Geräusch kommt von den in Abständen aufeinanderfolgenden Explosionen im Düsenantrieb. 4. Vom Raume um Calais aus erreicht die «V-1» London und die benachbarten Grafschaften, aber nicht die Industriegebiete in Mittel- und Nordengland oder Südwales. 5. Diese Art der Kontrolle hat zwei Nachteile: I) Dadurch, dass das Geschoss einem festgelegten Kurs folgt, ist es Flak- und Jagdabwehr stärkstens ausgesetzt. II) Die kleinste Abweichung beim Start bedeutet einen grossen Irrtum beim Einschlag. 6. Diese Stundengeschwindigkeit ist um mindestens 200 km geringer als die des neuen englischen «Tempest»-Jagdflugzeuges, das gegen die «V-1» eingesetzt worden ist. 7. Die Zahl der Geschosse, die durch Flak und Jagdabwehr dringen und auf Südengland fallen, beträgt im Tagesdurchschnitt 120. In den ersten 14 Tagen des neuen Angriffs sind demnach insgesamt etwa 1700 t auf England gefallen, - weniger als die Bombenlast, die alliierte Kampfflugzeuge bei einem einzigen Grossangriff auf eine deutsche Stadt abwerfen. Das Gewicht der regulären alliierten Schwerbombe beträgt 8000 kg. 4

5 Die «V-1» Saugantrieb Luftdruckantrieb für Steuer und Höhenruder Selbsttätiger Pilot : Drei Kreisel mit Luftantrieb, Höhen- und Entfernungseinsteller Flügelrippen aus Pressstahl Flügelverkleidung aus Stahlplatten Röhrenförmiger Hauptholm aus Stahl, der durch den Treibstoffbehälter führt Startschiene Spitzenverkleidung aus Leichtmetalllegierung; enthält wahrscheinlich einen Kompass Explosive Ladung: Etwa 1000 kg Benzintankverschluss Hubzapfen Mit Draht umwickelte kugelförmige Flaschen mit komprimierter Luft Kraftstoffbehälter (Inhalt: 600 Liter) Gitter mit Klappen für die Düsen zur Einspritzung des Benzins 5

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