Bundesteilhabegesetz Die wichtigsten Änderungen im SGB IX
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- Dorothea Meissner
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1 Rehabilitationswissenschaftliches Seminar an der Universität Würzburg am Bundesteilhabegesetz Die wichtigsten Änderungen im SGB IX und das Zusammenspiel mit dem SGB VII Karl-Heinz Schubert, stellvertr. Geschäftsführer, BGW Würzburg
2 Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz BTHG) ein Artikelgesetz! SGB IX i.d. F. des BTHG hat 3 Teile: Teil 1: allgemeiner Teil (i.k. ab ) Teil 2: Eingliederungshilfe (ehemals im SGB XII) Teil 3: Schwerbehindertenrecht im Fokus standen Teilhabeleistungen personenzentrierte anstelle von einrichtungsbezogene Leistungen mehr Verbindung von Eingliederungshilfe und Jugendhilfe Folie 2
3 für uns relevant Folie 3
4 Allgemeiner Teil des BTHG Die bisherigen Grundsätze für alle Rehabilitationsträger werden reformiert, mit der Absicht, deren Zusammenarbeit in einem weiterhin gegliederten Sozialleistungssystem zu stärken. Geregelt werden Bedarfserkennung und -ermittlung, die Zuständigkeitsklärung und Koordinierung der Leistungen mit einer gestiegenen Verantwortung des leistenden Reha-Trägers sowie die Teilhabeplanung mit dem Menschen mit Behinderung. Folie 4
5 Neuer Behinderungsbegriff Menschen mit Behinderung sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Alterstypische Einschränkungen gelten nicht als Behinderung. Folie 5
6 Neue Leistungsgruppe Teilhabe an Bildung Neu in einer eigenen Leistungsgruppe sind die Leistungen zur Teilhabe an Bildung. Sie ergänzen die Teilhabeleistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zu unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen sowie Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Folie 6
7 Die Leistungsgruppe Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wird in Leistungen zur sozialen Teilhabe umbenannt. Dadurch wird der Leistungskatalog nicht erweitert oder eingeschränkt, sondern neu formuliert und benannt, z. B. sind Assistenzleistungen und Leistungen zur Mobilität nun wörtlich im Leistungskatalog zu finden. Folie 7
8 Verhältnis zu den Leistungsgesetzen Durch das SGB IX-neu werden die allgemeinen Regelungen zur Zusammenarbeit aller Reha-Träger verbindlicher gestaltet. Bislang galt die Regel: Das SGB IX ist verpflichtend, solange die jeweiligen Leistungsgesetze nichts anderes regeln. Neu ist in 7 Abs. 2, dass die Kapitel 2-4 den jeweiligen Leistungsgesetzen (z. B. SGB V, VI, VII) immer vorgehen. Das sind die Regelungen zur Bedarfsermittlung, zum Teilhabeplanverfahren und zur Zuständigkeitsklärung. Folie 8
9 Bedarfserkennung Die gesetzliche Rentenversicherung hat in Abstimmung mit den anderen Rehabilitationsträgern die Koordinierung für die Einrichtung der Gemeinsamen Servicestellen für Rehabilitation in den einzelnen Regionen übernommen Mit dem Bundesteilhabegesetz werden die Gemeinsamen Servicestellen spätestens zum abgeschafft. Die Verbreitung von barrierefreien Informationsangeboten wird in Zukunft von Ansprechstellen bei jedem Reha-Träger sichergestellt. Die Aufgabe dieser Ansprechstellen ist die Vermittlung von Informationsangeboten an Leistungsberechtigte, Arbeitgeber und andere Rehabilitationsträger. Sie sollen über Inhalte, Ziele und Verfahren zu Leistungen zur Teilhabe beraten und außerdem über das Persönliche Budget und andere Beratungsangebote informieren. Folie 9
10 Bedarfsermittlung - Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach 13 SGB IX-neu Systematische Arbeitsprozesse wie z. B. Erhebungen, Analysen und Dokumentationen und standardisierte Arbeitsmittel wie z. B. funktionelle Prüfungen (Sehtest, Intelligenztest, Hörtest), Fragebögen und IT-Anwendungen. Die Instrumente zur Ermittlung des individuellen Bedarfs sollen bei allen Reha- Trägern auf einheitlichen trägerübergreifenden Grundsätzen beruhen um ein verbindliches und effektives Teilhabeplanverfahren zu ermöglichen. Daher werden die Rehabilitationsträger eine entsprechende Gemeinsame Empfehlung auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) vereinbaren. Folie 10
11 Bedarfsermittlung - Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach 13 SGB IX-neu Wenn ein Reha Träger selbständig einen Bedarf erkennt benötigt er die Zustimmung des Leistungsberechtigten, um daraus einen Leistungsantrag zu generieren bzw. hat auf eine Antragstellung hinzuwirken. Die Bedarfsermittlung erfolgt Kundenorientiert nicht Kausalitätsorientiert. Folie 11
12 Teilhabeplanverfahren Künftig reicht ein einziger Antrag bei einem Reha-Träger aus, um alle benötigten Leistungen von verschiedenen Reha-Trägern zu erhalten. Ab wird es nach 14 SGB IX-neu einen leistenden Rehabilitationsträger geben, der für die Koordination der Leistungen und gegenüber dem Antragsteller verantwortlich ist. Beim Teilhabeplan ist Ziel, Art und Umfang der Leistung schriftlich zusammenzustellen. Folie 12
13 Teilhabeplanverfahren Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten der Teilhabeplan zu erstellen. Der Teilhabeplan ist entsprechend dem Verlauf anzupassen 19 Abs. 3. Ein Teilhabeplan ersetzt nicht den Leistungsbescheid, könnte aber als Zusicherung an den Berechtigten gelten. Bei Leistungsentscheidungen ist Bezug auf den Teilhabeplan zu nehmen 19 Abs. 4. Folie 13
14 Teilhabeplanverfahren Wenn auch weitere Reha-Träger zum Teil zuständig sind, muss der leistende Reha- Träger sie nun einbeziehen und ein verbindliches Teilhabeplanverfahren ( SGB IX-neu) durchführen, das dann für alle beteiligten Träger verpflichtend ist. Er muss dann leisten, wenn sich die anderen Träger obwohl zuständig nicht einbringen. Mögliche Ansprüche an diese kann er später geltend machen. Folie 14
15 Antrag auf Leistungen zur Teilhabe (Kenntnis entspricht Antrag) Feststellung eigene Zuständigkeit 14 Abs. 2 Satz 1 Bedarfsfeststellung erstangegangener Träger ist leistender Träger Zuständigkeitsprüfung innerhalb 2 Wochen 14 Abs. 1 Satz 1 Feststellung eigene Unzuständigkeit 14 Abs. 1 Satz 2 Weiterleitung an zuständigen Träger zweitangegangener Träger ist leistender Träger (Ausnahme: nochmalige Weiterleitung, 14 Abs. 3) Möglichkeit der Turbo-Klärung Unklarheit der Behinderungsursache 14 Abs. 1 Satz 3 Weiterleitung an Träger, der ohne Rücksicht auf Ursache leistet Folie 15
16 Zuständigkeitsklärung und Koordinierung der Leistungen Wenn der erstangegangene Reha-Träger für eine der beantragten Leistungen zuständig ist, wird er zwei Wochen nach Antragseingang zum leistenden Rehabilitationsträger. Ist er insgesamt nicht zuständig, leitet er den Antrag innerhalb von zwei Wochen an einen zweiten Reha-Träger weiter, der in der Regel zum leistenden Reha-Träger wird. Der Versicherte ist über die Weiterleitung jeweils schriftlich zu informieren. Folie 16
17 Zuständigkeitsklärung und Koordinierung der Leistungen Wenn auch der zweite Reha-Träger insgesamt nicht zuständig ist, kann er den Antrag in Absprache an einen dritten Reha-Träger weiterleiten ( Turbo-Klärung ). Damit ist dieser und das ist neu leistender Reha-Träger, auch bei Nichtzuständigkeit. Der leistende Reha-Träger hat in der Regel binnen drei Wochen nach Antragseingang bei ihm über die Leistungsgewährung zu entscheiden. Ausnahmen gelten insbesondere bei der Turbo-Klärung, bei Einholung eines Gutachtens (betrifft nur DRV und Agentur für Arbeit) und bei der Beteiligung anderer Reha-Träger. Folie 17
18 Zuständigkeitsklärung und Koordinierung der Leistungen Turbo-Klärung Ist der Antrag bis zu einem dritten Reha-Träger (kann auch der ursprüngliche Reha-Träger sein) weitergeleitet worden, muss er in der drei-wochen-frist über den Antrag entscheiden, die bereits beim zweiten Reha-Träger begonnen hat. Hier gibt es keine Fristverlängerung ( 14 Abs. 3 SGB IX-neu). Folie 18
19 Prüfschritte für den Anwendungsbereich des SGB IX Anwendungsbereich des 1. Teils des SGB IX eröffnet, wenn folgende 4 Fragen geklärt sind: 1. Ist die versicherte Person ein Mensch mit Behinderung oder ist sie von einer Behinderung bedroht? 2. Besteht ein Teilhabebedarf (Rehabilitationsbedarf) nach dem SGB IX? 3. Liegt ein Antrag vor oder haben wir hinreichende Kenntnisse über den Teilhabebedarf? 4. Welchen Status haben wir im Verfahren? - Leistender Rehabilitationsträger (=Koordinator) Folie 19
20 Beispiel Ein Versicherter erleidet einen unstrittigen Arbeitsunfall mit einer Wirbelsäulenverletzung die prognostizierte Arbeitsunfähigkeit nach Weller liegt über sechs Monaten. Eine BGSW und ggf. eine Umschulung sind zu erwarten. Lösung: Statusfrage 1 (Behindertenbegriff im Sinne des 2 SGB IX) ist angesichts der Schwere der Verletzung erfüllt. Statusfrage 2 und 3 (Teilhabebedarf/Antrag oder Kenntnis vom Teilhabebedarf): Ein Teilhabebedarf ist zumindest für die BGSW gegeben. Statusfrage 4 (Welchen Status haben wir im Verfahren?): Wir sind leistender Reha-Träger. Ergebnis: Es ist vom Außendienst so schnell als möglich ein persönliches Gespräch mit dem Versicherten zu suchen und der konkrete Teilhabebedarf umfassend und vollständig unabhängig von der eigenen Zuständigkeit- zu ermitteln. Sofern kein weiterer unfallunabhängiger Rehabedarf festgestellt wird ist grundsätzlich wie bisher zu verfahren, ggf. ist ein eigener Teilhabeplan zu erstellen. Folie 20
21 Variante a) Wie Sachverhalt Beispiel, es besteht zusätzlich unfallunabhängiger Teilhabebedarf wegen einer Herzerkrankung. Lösung: Statusfrage 1, 2 und 3: siehe Beispiel Statusfrage 4 (Welchen Status haben wir im Verfahren?): Wir sind weiterhin leistender Reha-Träger, da wir für Teile des Rehabedarfes zuständig sind. Anders als nach bisheriger Praxis ist der Fall gem. 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nur dann an einen anderen Leistungsträger abgebbar, wenn wir für die Leistung insgesamt nicht zuständig sind. Ergebnis: Somit sind wir auch für den sich aus der Herzerkrankung ergebenden Teilhabebedarf zuständig. Ein Teilhabeplanverfahren ist durchzuführen. Folie 21
22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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