Beitrag: Gefangen im Netzwerk Die Macht von Facebook
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- Edwina Oswalda Thomas
- vor 8 Jahren
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1 Manuskript Beitrag: Gefangen im Netzwerk Die Macht von Facebook Sendung vom 25. September 2012 von Kyo Mali Jung und Ralf Paniczek Anmoderation: So leicht entkommen Sie Facebook nicht! Wer einmal drin ist im Freunde-Netzwerk, dessen Privatsphäre könnte ganz schön schrumpfen. Denn einmal eingestellte Informationen und Bilder sind nach Facebook-Regeln quasi unlöschbar. Persönliche Daten sind schließlich harte Währung: Profit aus Werbung. Kyo Mali Jung und Ralf Paniczek berichten, wie schwierig es ist, dem datendurstigen Big Brother die Grenzen aufzuzeigen. Text: Ich wach morgens auf, mach den Computer an und gucke, was Facebook gerade Neues hat. Ich finde schon, dass ich so abhängig davon bin, was ist gerade Neues ist. Und es ist halt so, man ist auf aktuellen Stand, man weiß jetzt zum Beispiel: Ah okay, der Typ hat mit seiner Freundin Schluss gemacht, so! - Ich bin 24 Stunden bei Facebook! Lulu, 17 Jahre, Single und sie teilt anderen, die sie Freunde nennt, alles über ihr Leben mit. Lulu ist Teil einer vernetzten Welt - der Welt von Facebook. In der einer einen kennt, der wieder einen anderen, und so weiter. So entsteht ein globales Netz sozialer Kontakte. Weltweit mit fast einer Milliarde Nutzern. Ich finde schon, dass es unsere Generation prägt, weil heutzutage jeder facebook hat. Und man findet sich durch Facebook. Für Lulu macht es in allererster Linie Spaß und die Nutzung ist kostenlos scheinbar. O-Ton Leonard Reinecke, Medienpsychologe, Universität Mainz: Ich denke, für die meisten Nutzerinnen und Nutzer steht im
2 Vordergrund, dass sie für den Service bei Facebook nichts bezahlen müssen. Und damit stellt sich für viele Nutzer auch gar nicht die Frage, wie Facebook eigentlich sein Geld erwirtschaftet. Dass man also für den Service bei Facebook quasi mit den eigenen privaten Daten zahlt, ist, glaube ich, vielen Nutzerinnen und Nutzern nicht vollumfassend klar. Doch um Teil der Facebook-Welt zu sein, muss man etwas hergeben: Persönliche Daten und davon möglichst viele, möglichst vollständig. Der Schutz der Privatsphäre ist aufgehoben durch die Nutzer. Denn Daten haben einen hohen Wert, sind der Rohstoff mit dem Facebook Geld verdient. O-Ton Ossi Urchs, Internetberater: Für Facebook sind die Datensätze der Nutzer von entscheidender Bedeutung, aber nicht nur für Facebook allein. Sondern es geht im Internet immer mehr darum, dass man sehr genau profilierte Werbung rausspielt. Das heißt, dass man die Streueffekte vermeidet und den Menschen genau das zeigt, sozusagen in der Werbung, was sie auch interessiert. Und das geht natürlich nur über Profile und eben die Daten der Nutzer. Insofern sind die Daten der Nutzer im Grunde genommen die Währung im Internet heutzutage. Facebook ist schon längst nicht keine Frage des Alters mehr. Auch Tom war sofort vom sozialen Netzwerk überzeugt. Der 50- Jährige ist Facebook-Nutzer der ersten Stunde. Überraschend für mich war das, auch immer mit Leuten zu sprechen, die ich auf Facebook gar nicht aktiv wahrgenommen habe, und mir dann gesagt haben: Ja, da hast du ja wieder ne tolle Radtour gemacht. - Ach ja stimmt, ich habe das gepostet. Man vergisst es einfach. Man vergisst es einfach, dass man Zweihundert oder Fünfhundert Freunde hat. Dabei nutzt Tom Facebook nur sparsam, gibt eigentlich wenig von sich preis. Am meisten lässt er andere an seinem Essen teilhaben. Dann hat sich daraus so ein kleiner Running Gag entwickelt; Der Tom fotografiert sein Essen. Eine scheinbar harmlose Idee, die doch viel über Tom preisgibt: über Interessen, Kaufverhalten, Einkommen. - Daten, die Facebook dringend braucht und gerne nutzt. So will Facebook mehr und mehr über die Nutzer erfahren. Die sollen inzwischen Informationen über Freunde preisgeben, deren Daten prüfen, Facebook Auffälligkeiten melden: systematisches
3 Petzen! Einigen geht das zu weit. Die letzte Nachricht war die, dass jetzt auch noch zu sehen ist, wer welchen Kommentar gelesen hat, in den Gruppen, worauf ich mir gesagt habe, also das kann jetzt nicht mehr sein, dass man das einfach alles nur liest und sagt: Ja, das ist blöd. Und habe dann gepostet: So, das war s jetzt, ich bin hier nur noch passiv unterwegs. Und Facebook wollte die Nutzer noch weiter ausleuchten. Kaufte ein automatisches Gesichtserkennungsprogramm. Das sucht auf Fotos bei allen erkennbaren Gesichtern nach Merkmalen wie Augen, Nase, Ohren und so weiter, markiert sie und merkt sich deren Verhältnisse zueinander. So entsteht ein fast unverwechselbares Gesichtsraster, dem Facebook einen Namen zuordnet. Experten schätzen die Trefferquote auf etwa 95 Prozent. So werden auch zufällig fotografierte Menschen für Facebook erkennbar, das rief Datenschützer auf den Plan. O-Ton Thilo Weichert, Landesbeauftragter Datenschutz, Schleswig-Holstein: Facebook nimmt die Bedenken von Betroffenen und Datenschützer nicht ernst. Das mussten wir erfahren bis vor etwa einem Jahr. Wo wir also eine Vielzahl von Beschwerden an Facebook weitergereicht haben und keinerlei Reaktionen gesehen haben. Als wir in die Öffentlichkeit gegangen sind, sind sie auf einmal auch auf uns zugegangen, weil sie eben einen Prestigeverlust befürchteten. Erst nach Strafandrohung knickte Facebook ein und erklärte, Zitat: [Wir werden] unser Feature Markierungsvorschläge für Fotos für alle Nutzer in Europa abschalten und die bisher existierenden Daten bis zum 15. Oktober löschen. Wir hoffen, dass wir das großartige Hilfs-Werkzeug auch europäischen Nutzern künftig wieder zur Verfügung stellen können Berlin vor wenigen Tagen, Facebook präsentiert sich: offen, transparent, auskunftsfreudig. Extra aus den USA ist eine Facebook-Repräsentantin eingeflogen. Thema: Facebook im kommenden US-Wahlkampf. Wir wollen sie aber auch zur Kritik der Datenschützer befragen. O-Ton Frontal21: Haben sie den Datenschutz in Europa unterschätzt? O-Ton Facebook-Repräsentantin: Tut mir leid, ich gebe heute kein Interview.
4 Bei kritischen Fragen ist es bei Facebook also mit der Transparenz schnell vorbei. Das gilt auch für die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Mai 2012, Facebook jubelt. Das Unternehmen geht an die Börse. Was als Idee eines jungen Studenten begann ist an diesem Tag 104 Milliarden Dollar wert. Und macht Gründer Zuckerberg zum jüngsten Milliardär der Welt. Doch inzwischen ist von Erfolgen keine Rede mehr: Gewinnrückgang, fallende Aktienkurse und wachsender Zweifel, ob Facebook in Zukunft wirklich Geld verdienen wird. Auf Tom zum Beispiel kann das Unternehmen dabei nicht zählen. Er gilt zwar noch als Mitglied der Facebook-Welt, füttert sie aber nicht mehr mit Daten. O-Ton Ossi Urchs, Internetberater: Facebook sowie alle anderen Unternehmen im Web sind extrem angewiesen auf diese Nutzer. Wenn diese Nutzer nicht mehr mitspielen, wenn sie sich veräppelt vorkommen, wenn sie sich betrogen vorkommen und beispielsweise auf eine andere Plattform gehen, dann ist das Modell von Facebook, das Geschäftsmodell von Facebook beendet, bevor es richtig begonnen hat. Lulu und ihre beste Freundin Katja machen sich bereit auszugehen. Selbstverständlich wird auch das über Facebook mitgeteilt. Aber irgendwie unwohl fühlen sich die beiden schon, gelegentlich. Bei mir ist s letztens so gewesen, dass ich meinen Namen ändern wollte und dann stand da, dass ich meinen Personalausweis hochladen soll. O-Ton Katja: Das war bei mir auch der Fall. Echt? Deswegen hat sich auch ein Freund von mir bei Facebook gelöscht, weil er meinte, er wird abgehört. O-Ton Katja: Ganz ehrlich, ich kann s mir sogar irgendwie vorstellen. Also mittlerweile hat man immer mehr Angst davor. Trotz solcher Bedenken - ein Leben ohne Facebook können sich die beiden nicht vorstellen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur
5 zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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