Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes. Eckpunkte des Gesetzentwurfs
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- Gitta Schäfer
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1 Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes Eckpunkte des Gesetzentwurfs
2 Einführung der bundesweiten Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) in Landesrecht. Die Verfahrensordnung für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich (Unterschwellenvergabeordnung UVgO) wird umfänglich und unverändert in Landesrecht überführt und für anwendbar erklärt. Bürokratie abbauen, Aufwand reduzieren und Verfahren vereinfachen. Einführung des Bestbieterprinzips für die Erklärungen nach dem ThürVgG. Die nach dem ThürVgG vorzulegenden Erklärungen und Nachweise - zur Tariftreue und zur Entgeltgleichheit ( 10 ThürVgG) - zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen ( 11 ThürVgG) - zum Nachunternehmereinsatz, zu Kontrollen und Sanktionen ( 12, 15, 17, 18 ThürVgG) sind nur von demjenigen Bieter vorzulegen, dem nach Durchführung der Angebotswertung der Zuschlag erteilt werden soll. Verzicht auf Vorlage der Eignungsnachweise in den letzten 12 Monaten vor Ablauf der Angebotsfrist bei demselben Auftraggeber. Bieter müssen bei demselben Auftraggeber, in den letzten 12 Monaten vor Ablauf der Angebotsfrist vorgelegte Eignungsnachweise im Regelfall nicht nochmals vorlegen. Derselbe Auftraggeber fordert dieselben Eignungsnachweise nur an, wenn begründete Zweifel an der Eignung des Bieters bestehen. Jedoch hat der Bieter den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass er bereits im genannten Zeitraum Nachweise zur Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit) vorgelegt hat und das dazugehörige Vergabeverfahren zu benennen. Einführung der E-Vergabe auch für den Unterschwellenbereich ab Mit Einführung der UVgO in Thüringen wird die Anwendung der E-Vergabe im Unterschwellenbereich verbindlich ab dem 1. Januar 2020 erfolgen. Abschaffung der doppelten Veröffentlichungspflicht für staatliche Auftraggeber. Auf die doppelte Veröffentlichungspflicht der staatlichen Auftraggeber, d.h. die Bekanntmachung im Thüringer Staatsanzeiger und zusätzlich in elektronischer Form auf der zentralen Landesvergabeplattform, wird verzichtet. Staatliche Auftraggeber müssen Ausschreibungen nur noch auf der zentralen Landesvergabeplattform bekannt machen. Bessere Möglichkeiten des Direktauftrages bei Lieferungen- und Leistungen durch Erhöhung der Wertgrenze. Nach der UVgO können Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem Auftragswert von 1000 Euro (bisher 500 Euro) unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit direkt ohne ein Vergabeverfahren beschafft werden (Direktauftrag). Erleichterung von Schulbuchbestellungen. Im Unterschwellenbereich wird für die Beschaffung preisgebundener Schulbücher eine Ausnahmeregelung im Gesetz vorgesehen. Die Beschaffung preisgebundener Schulbücher kann unterhalb der EU-Schwellenwerte durch eine Verhandlungs-vergabe (vormals freihändige Vergabe) an geeignete Bieter vergeben werden. Seite 1 von 4
3 Fakultative Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien wird beibehalten und erweitert. Bereits nach den bestehenden Regelungen des Thüringer Vergabegesetzes können soziale und ökologische Kriterien auf allen Stufen des Vergabeverfahrens berücksichtigt werden ( 4 ThürVgG). Konkret kann die Berücksichtigung erfolgen: - bei der Definition des Auftragsgegenstandes ( 5 ThürVgG) und bei dessen technischer Spezifikation ( 6 ThürVgG) - bei der Auswahl der Bieter ( 7 ThürVgG) - bei der Erteilung des Zuschlags ( 8 ThürVgG) - bei den Bedingungen für die Ausführung des Auftrags ( 9 ThürVgG). Voraussetzung für die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien ist ein sachlicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand und die Angabe der Kriterien in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen. Die bestehende Vorschrift wurde um weitere beispielhaft in Betracht kommende ökologische und soziale Belange ergänzt: - der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer, - die Einbeziehung von Auszubildenden, Langzeitarbeitslosen oder schwerbehinderten Menschen in geeignetem Umfang, - die ökologische und soziale Verträglichkeit der verwendeten Produkte einschließlich ihrer Herkunft und Produktion, - Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, - die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen, - die Energieeffizienz. Obligatorische Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien bei gleichwertigen Angeboten durch Bonusregelung. Das ThürVgG sieht bereits in seiner derzeitigen Fassung die Möglichkeit vor, dass bei sonst gleichwertigen Angeboten das Angebot des Bieters, der bestimmte soziale Kriterien (Berufliche Erstausbildung, Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Beruf) erfüllt, bei der Zuschlagserteilung bevorzugt werden kann ( Bonusregelung, 13 ThürVgG). Diese Vorschrift soll obligatorisch werden und um weitere soziale (z.b. Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, Beschäftigung von Menschen mit Behinderung) und ökologische (z.b. Maßnahmen der Energieeffizienz) Aspekte ergänzt werden. Das bedeutet, dass bei sonst gleichwertigen Angeboten das Angebot des Unternehmens, der (über die auf den vorhergehenden Stufen des Vergabeverfahrens im sachlichen Zusammenhang mit der Auftragsvergabe bereits berücksichtigten Kriterien hinaus ) einen der aufgeführten Aspekte erfüllt, z.b. Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behinderung beschäftigt, bei der Entscheidung über den Zuschlag zu bevorzugen ist. Die Vorschrift wird damit klarer gefasst. Es ist jetzt besser erkennbar, auf welcher Stufe des Verfahrens die Bonusregelung zur Anwendung kommt. Sie kommt nämlich nur dann zur Anwendung, wenn nach Bewertung aller vorherigen Stufen gleichwertige Angebote vorliegen. Dabei können auch auf den vorangegangenen Wertungsstufen soziale und ökologische Kri- Seite 2 von 4
4 terien berücksichtigt werden, hier jedoch nur dann, wenn diese in sachlichem Zusammenhang mit dem Auftrag stehen. Für die zusätzlichen Kriterien der Bonusregelung genügt hingegen eine Unternehmensbezogenheit. Die bisherige Bestimmung, wonach die Bevorzugung nur dann in Betracht kommt, wenn die Bieter der gleichwertigen Angebote mindestens 25 Arbeitnehmer beschäftigen, wird gestrichen. Dadurch soll auch kleinen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, vom Bonussystem zu profitieren. Stärkere Berücksichtigung des Lebenszyklusprinzips bei der Beschaffung von Investitionsgütern mit einem Stückwert von mehr als 1000 Euro (netto). Bei der Beschaffung eines Investitionsgutes mit einem Stückwert von mehr als Euro (ohne Umsatzsteuer) soll in geeigneten Fällen darauf hingewirkt werden, dass neben den voraussichtlichen Anschaffungskosten auch die voraussichtlichen Betriebskosten über die Nutzungsdauer, die Kosten für den Energieverbrauch sowie die Entsorgungskosten berücksichtigt werden - Lebenszyklusprinzip (Neuer Absatz 1 in 4 ThürVgG) Die Regelung dient dazu, bei der Beschaffung eines Investitionsgutes auch Aspekte der Langlebigkeit, der Wiederverwendbarkeit oder der Verwertbarkeit in die Betrachtung einzubeziehen. So soll u.a. auch die Umweltverträglichkeit in den Blick genommen werden. (Mindest-) Arbeitnehmerschutz durch Vorgabe eines vergabespezifischen Mindestlohns für die Vergabe öffentlicher Aufträge von staatlichen Auftraggebern. Die staatlichen Auftraggeber vergeben Aufträge an Unternehmen nur dann, wenn diese sich gegenüber dem Auftraggeber verpflichten, ihren Arbeitnehmern ein Mindest-Stundenentgelt von 9,54 Euro (brutto) zu zahlen. Dem vergabespezifischen Mindestlohn gehen Entgeltregelungen aus allgemeingültigen Tarifverträgen oder solchen, die nach dem Arbeitnehmer- Entsendegesetz (AEntG) anzuwenden sind, vor. Diese tarifvertraglichen Entgelte können somit auch unter- oder oberhalb des vergabespezifischen Mindestentgelts liegen. Hierdurch wird gewährleistet, dass jeweils ein paritätisch ausgehandeltes Entgelt oder aber das vergabespezifische Mindestentgelt gezahlt wird. Setzt das Unternehmen Leiharbeitnehmer ein, muss es sicherstellen, dass diese bei der Auftragsausführung nach Maßgabe des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) das gleiche Entgelt erhalten wie die regulär Beschäftigten, mindestens jedoch das nach der für Leiharbeitnehmer nach dem AÜG durch Rechtsverordnung festgelegten Lohnuntergrenze. Sofern eine solche Rechtsverordnung nicht vorliegt, muss es sicherstellen, dass die Arbeitnehmer den vergabespezifischen Mindestlohn erhalten. Schließt das Unternehmen Verträge mit Nachunternehmen, muss es sicherstellen, dass die mit der Auftragsdurchführung befassten Arbeitnehmer mindestens das vergabespezifische Mindestentgelt erhalten. Entgeltregelungen aus allgemeingültigen Tarifverträgen oder solchen, die nach dem AEntG anzuwenden sind, gehen jedoch auch hier vor. Kommunale und sonstige Auftraggeber, für die das ThürVgG gilt, können entsprechend verfahren. Seite 3 von 4
5 Stärkung der Tariftreue im Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Das Thüringer Vergabegesetz soll hinsichtlich der Vergabe von Verkehrsdienstleistungen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) dahingehend geändert werden, dass die Vergabe von Verkehrsdienstleistungen nur noch an Unternehmen erfolgt, die mindestens das in einem einschlägigen und repräsentativen Tarifvertrag vorgesehene Entgelt zahlen, das mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbart wurde. Stärkung des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich. Zur Stärkung des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich ( 19 ThürVgG) wird eine Regelung aufgenommen, wonach ein Auftraggeber bei Nicht-Information der unterlegenen Bieter vor der Zuschlagserteilung mit der Unwirksamkeit des Vertrages sanktioniert wird. Die Unwirksamkeit des Vertrages von Anfang an gilt auch dann, wenn der Auftraggeber während des laufenden Nachprüfungsverfahrens durch die Vergabekammer den Zuschlag erteilt. D.h., der Auftraggeber erteilt den Zuschlag unzulässiger Weise, ohne die Entscheidungsfrist der Vergabekammer abzuwarten. Der Vertrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der jeweilige Verstoß im Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist. Seite 4 von 4
Die Evaluierung des Thüringer Vergabegesetzes hat aber auch gezeigt, dass das Gesetz einer Weiterentwicklung bedarf.
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