NKD. (Stand: 2009) Socialdata. Institut für Verkehrs- und Infrastrukturforschung GmbH Fürstenrieder Straße München
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- Gitta Gerber
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1 Das NEUE KONTIV -Design NKD (Stand: 2009) Socialdata Institut für Verkehrs- und Infrastrukturforschung GmbH Fürstenrieder Straße München Telefon: 089 / Telefax: 089 / socialdata@socialdata.de
2 1 BEFRAGTEN-ORIENTIERUNG Trotz der großen Bedeutung von Mobilitätskennziffern für weite Bereiche der Planung und Administration gibt es keine gemeinhin anerkannten Standards für ihre empirische Erhebung. Die Folge ist ein Wildwuchs verschiedener in der Qualität deutlich unterschiedlicher und oft schwer vergleichbarer Erhebungsmethoden. Diese Situation scheint sich gegenwärtig eher zu verschärfen. Deswegen wurde das Neue KONTIV -Design entwickelt, das: die zwischenzeitlich verfügbaren Erkenntnisse einschlägiger Methodenforschung integriert neue Anforderungen von Anwendern berücksichtigt Änderungen der technisch-organisatorischen Voraussetzungen bedenkt eine Basis für vertiefende und spezielle Untersuchungen bietet. Dabei wird nach wie vor von der Prämisse ausgegangen: DIE BEFRAGER MÜSSEN SICH DEN BEFRAGTEN ANPASSEN NICHT DIE BEFRAGTEN DEN BEFRAGERN Auch diese Selbstverständlichkeit wird in der aktuellen Diskussion von Erhebungstechniken häufig schlichtweg vergessen. 2
3 2 ANFORDERUNGEN Dabei zeigt sich die Tagebuch-Technik noch immer als die bei weitem verlässlichste Methode zur Erhebung des Mobilitätsverhaltens. Sie erfüllt am ehesten die Anforderungen, die an eine möglichst realitätsnahe Ermittlung von Mobilitätsverhalten zu stellen sind. Das Tagebuch ist dabei so aufgebaut, dass die einzelne, an einem aushäusigen Ziel nachgefragte Aktivität den jeweiligen Weg bestimmt. Grundgedanke der Tagebuchgestaltung ist, alle Informationen zum realisierten aushäusigen Aktivitätsmuster am (vorgegebenen) Stichtag zu ermitteln, nicht nur die von einem a-priori-verständnis des Forschers vorgegebenen formal korrekten Antworten. Entsprechend wird die Möglichkeit, dass die Befragten in ihren eigenen Worten berichten können, für wichtiger angesehen als die Angabe von doch wieder missverständlichen und damit verwirrenden Begriffserläuterungen. 3
4 Aus der konsequenten Orientierung an den Befragten ergeben sich auch bestimmte grafische Gestaltungserfordernisse (z. B. hinsichtlich der Verständlichkeit und Lesbarkeit) und der Verzicht auf Codierzeichen o. ä. im Fragebogen. Den Befragten kommt auch die Technik der teilstrukturierten Abfragen entgegen: Alle eindeutig verstehbaren Antwortvorgaben können direkt genannt werden, andere aber können von den Befragten mit eigenen Worten offen angegeben werden. Da Tagebücher am besten selbst ausgefüllt werden, empfiehlt sich eine schriftlich / postalische Durchführung der Befragungen. Diese Methodik stellt allerdings die höchsten Ansprüche an Design und Durchführung der Befragung, und wird weil vielfach diese Ansprüche nicht erfüllt werden zu unrecht diskriminiert. Dabei zeigt die einschlägige Grundlagenforschung ganz eindeutig, dass diese Befragungsform von den Befragten selbst deutlich bevorzugt wird und bei professioneller Durchführung zu ausgezeichneten Antwortquoten führt. So wurde bei allen dieser Arbeiten zugrundeliegenden Mobilitätserhebungen die von den Befragten präferierte Befragungsform ermittelt; dies ergab eine eindeutige Bevorzugung der schriftlich / postalischen Methode. 4
5 Gleichzeitig lagen die erzielten Antwortquoten bei einer konsequenten Berücksichtigung der Befragtenwünsche im Durchschnitt bei etwa 80 %. Allerdings ist auch bei Mobilitätserhebungen mit hohen Antwortquoten eine Datenvalidierung notwendig (auch wenn dies nur bei sehr wenigen Mobilitätsstudien wirklich geschieht). Diese Validierung sollte grundsätzlich zwei (Non-Response-) Effekte ü- berprüfen: Den Effekt, der dadurch entsteht, dass nicht alle Personen einer Stichprobe sich an der Befragung beteiligen und den Effekt der dadurch entsteht, dass die antwortenden Personen nicht vollständig antworten (also z. B. nicht alle ihre Wege im Tagebuch aufzeichnen). Beide Effekte, werden im Rahmen des Neuen KONTIV -Design berücksichtigt und bereinigt. 3 DURCHFÜHRUNG Das Neue KONTIV -Design sieht eine gestufte Erhebungsdurchführung vor. Neu ist die Integration von schriftlich-postalischen und mündlich-telefonischen Elementen. 5
6 Dabei wird das Telefon nicht zur Abfrage eingesetzt, sondern zur Motivation. Nur dann, wenn Informationen nicht anders zu erhalten wären, wird telefonisch befragt. Diese Kombination gewährleistet nicht nur hohe Ausschöpfungsquoten, sondern auch eine Konstanz der Ausschöpfung im Verlaufe der letzten Jahre. Auch in anderen Ländern mit zum Teil sehr unterschiedlichen Bedingungen kann die 70 %-Marke erreicht werden. Die Ausschöpfung liegt dabei durchgängig bei mindestens 70 %; diese Marke gilt in der allgemeinen wissenschaftlichen Literatur, aber auch in der Praxis der empirischen Forschung in anderen Bereichen, als notwendiges Qualitätskriterium. In der (traditionellen) Verkehrsforschung hingegen gelten bereits halb so hohe Rücklaufquoten als üblich und akzeptabel. 6
7 4 METHODEN-MIX Das Neue KONTIV -Design kombiniert verschiedene Erhebungsformen, Befragungsinstrumente und Recherche-Techniken, um zu einer vollständigen Abbildung des Mobilitätsverhaltens zu gelangen. Dabei sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung (vgl. folgende Abbildung): Alle eingehenden (schriftlichen) Tagebücher werden auf Vollständigkeit und korrektes Ausfüllen geprüft. Bei Fragebogen, die unvollständig, schlecht oder falsch ausgefüllt sind oder auch implausible Angaben enthalten, wird telefonisch (T) nachgefasst und die fehlenden / richtigen Angaben werden ermittelt. Im Zuge der telefonischen Nachexplorationen werden standardmäßig die berichteten Aktivitätsmuster gezielt nachgeprüft. Maßstab hierfür ist die aktivitätenbezogene Wege-Definition. Besonderes Augenmerk wird dabei auf sog. Wegeketten gerichtet, also die vollständige Angabe aller aufgesuchten Ziele bzw. durchgeführten Wege im Verlaufe eines Ausgangs. Im Abgleich mit den von den Befragten bereits berichteten Wegen, lassen sich hieraus die Nonreported-trips quantifizieren und korrigieren. Spezial-Untersuchungen, die in einer Kombination aus schriftlichen (S), telefonischen (T) und ggf. mündlichen (M) Erhebungen durchgeführt wurden und zu einer Ausschöpfung der Stichprobe zwischen 95 und 99 % führten, erlauben die Einbringung von Non-response-Korrekturen in Abhängigkeit von der erzielten Ausschöpfung. Alle Etappen mit allen genutzten Verkehrsmitteln eines Weges werden in den telefonischen Nachexplorationen separat ermittelt (z. B. zur / von der Haltestelle, zum / vom Parkplatz). Für diese Etappen werden Dauer und Entfernung festgestellt, für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zusätzlich die Abfolge der einzelnen Verkehrsmittel und Warte- / Umsteigezeiten. Die telefonischen Explorationen finden grundsätzlich am Tag des Eintreffens des schriftlichen Fragebogens statt. 7
8 Spezialinformationen werden fallweise, je nach Bedarf, telefonisch und / oder mündlich eingeholt, wie z. B. zum Wirtschaftsverkehr, zum Fernverkehr, zum Parkverhalten, zur Fahrkartennutzung oder auch zum Einkaufen insbesondere in der Innenstadt (z. B. Wegeabfolge, Transportbedarf, Einkaufsbeträge, Art der Einkäufe). Schließlich werden nahezu immer mündliche Vertiefungserhebungen zur Ermittlung der Bestimmungsgründe des (Mobilitäts-) Verhaltens, zur Abschätzung von Potentialen für dessen Veränderung und zur quantitativen und qualitativen Bewertung hierfür geeigneter Maßnahmen integriert: Zu Einschätzungen (z. B. Einstellungen, Präferenzen, Bewertungen) zum Themenbereich Mobilität und Stadtverkehr. Zu den subjektiven Bestimmungsgründen der Verkehrsmittelwahl und möglichen Veränderungspotentialen (die grundsätzlich wegebezogen ermittelt werden); hierbei wird auch festgestellt, ob es sich um singuläre oder generell gültige ( habitualisierte ) Gründe handelt. Zu den objektiven Lebensumständen und Rahmenbedingungen; dabei ist es ergänzend notwendig, das objektive Angebot sekundär (mittels Fahrplänen, Stadtplänen) für die konkreten realisierten Wege-Relationen mit dem genutzten Verkehrsmittel und den Verkehrsmittelalternativen zu recherchieren und in den Datenbestand zu übernehmen. Dabei kommen speziell entwickelte Erhebungsverfahren (Interaktive Messverfahren) und ein auf die Belange der Mobilität zugeschnittenes Verhaltensmodell (Situationsansatz) zum Einsatz. Die Datenvalidierung umfasst als Standardverfahren die Bereinigung des Nonresponse-Effektes und die Korrektur der Non-reported-trips sowie eine soziodemographische Gewichtung und eine Saisonbereinigung. 8
9 Damit sind alle Informationen verfügbar, die gebraucht werden, um Verhalten erklären und damit seine Veränderbarkeit in Abhängigkeit von Maßnahmen abschätzen zu können. Hierfür wird der sog. Situationsansatz eingesetzt, dessen Grundzüge und Anwendungsmöglichkeiten an anderer Stelle zusammenfassend dargestellt sind. 5 QUALITÄTSKRITERIEN Das Neue KONTIV -Design entspricht den nachfolgend dargestellten Kriterien, die die Qualität von Mobilitätsdaten sichern. Diese Liste kann aber auch als Check-Liste zur Vergleichbarkeit von Haushaltsbefragungen benutzt werden.) 9
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11 6 PRAKTISCHE ANWENDUNG Seit Ende der achtziger Jahre wurden fast 600 Erhebungen (mit über einer Million Antwortern) nach dem Neuen KONTIV -Design durchgeführt. Diese Erhebungen entsprechen den bereits skizzierten Anforderungen, erzielten im Durchschnitt eine Antwortquote von 77 % und wurden mittels ca mündlichen Vertiefungserhebungen (Antwortquote 75 %) ergänzt. VE = Verhaltenserhebung IE = Intensiverhebung 11
12 ZWEI BEISPIELE: Die nachfolgende beispielhafte Aufstellung verdeutlicht, in welcher Detailliertheit die Aktivitäten mittels der teilstrukturierten Abfrage ermittelt werden können. *) 0=weniger als 0,5% 12
13 Das nächste Beispiel zeigt, wie die in normalen Haushaltsbefragungen bekanntermaßen unvollständigen Angaben im Bereich Wirtschaftsverkehr durch gezielte Nachexplorationen ergänzt werden können. Quelle: SOCIALDATA: Untersuchungen zum Problem der non-reported-trips zum Personen-Wirtschaftsverkehr bei Haushaltsbefragungen, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Reihe Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 593,
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