SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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- Ilse Kurzmann
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1 Az.: 5 D 61/10 4 K 600/07 SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache der Frau prozessbevollmächtigt: Rechtsanwältin - Klägerin - - Beschwerdeführerin - gegen die Stadt Chemnitz vertreten durch die Oberbürgermeisterin Markt 1, Chemnitz - Beklagte - - Beschwerdegegnerin - wegen Unterhaltsvorschussrechts hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von Prozesskostenhilfe hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Verwaltungsgericht Burtin und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein am 8. April 2010
2 2 beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 3. März K 600/07 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die Beschwerde der Klägerin gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag abgelehnt. Prozesskostenhilfe ist nach 166 VwGO i. V. m. 114 Satz 1 ZPO zu bewilligen, wenn der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Klage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Verpflichtung der Beklagten, ihr rückwirkend zum Unterhaltsvorschussleistungen für das Kind... zu gewähren. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz mit Ablauf des mit der Begründung eingestellt, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen des 1 Abs. 2a UVG, weil sie nur im Besitz einer nach 25 Abs. 3 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis sei. Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, dass die Regelung in 1 Abs. 2a lit. c UVG verfassungswidrig sei, soweit sie nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer von dem Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen ausschließt, wenn diese im Besitz einer nach 25 Abs. 3 AufenthaltsG erteilten Aufenthaltserlaubnis sind. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren mit der Begründung abgelehnt, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht vorlägen. Ohne Begründung führt das Verwaltungsgericht weiter aus, dass 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c UVG in der Fassung der Neuregelung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne.
3 3 Gegen diese Auffassung trägt die Klägerin im Beschwerdeverfahren vor, dass das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspanne und damit den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehle, den Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht zu ermöglichen wie den Bemittelten. Sie weist weiter darauf hin, dass das Bundessozialgericht mit Beschluss vom ein bei ihm anhängiges Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer inhaltsgleichen Vorschrift des Bundeserziehungsgeldgesetzes zur Entscheidung vorgelegt habe. Mit diesem Vorbringen macht die Klägerin keine Gründe geltend, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin rechtfertigen. Anspruchsberechtigt für den Bezug von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist gemäß 1 Abs. 1 UVG in der rückwirkend zum in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss - AuslAnsprG - vom (BGBl. I S. 2915) grundsätzlich das Kind. Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer wie der Sohn der Klägerin hat nach 1 Abs. 2a UVG diesen Anspruch nur, wenn er oder sein Elternteil eine Niederlassungserlaubnis ( 1 Abs. 2a Nr. 1 UVG) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat ( 1 Abs. 2a Nr. 2 UVG), es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde u. a. gemäß 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c UVG nach 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt. Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer ist auch dann anspruchsberechtigt, wenn er eine in 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c UVG genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt ( 1 Abs. 2a Nr. 3 UVG). Die Klägerin und ihr Sohn waren in dem hier maßgeblichen Zeitraum im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 3 AufenthG, also einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c UVG. Eine Aufenthaltserlaubnis, wie sie die Klägerin und ihr Sohn besaßen und noch besitzen, wird einem Ausländer erteilt, wenn ein Abschiebungsverbot nach 60 Abs. 2, 3, 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Ein solcher Aufenthaltstitel wird also
4 4 für einen vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik erteilt, weshalb das Unterhaltsvorschussgesetz für diesen Personenkreis auch keine Anspruchsberechtigung auf Leistungen vorsieht. Ausnahmsweise können jedoch auch Ausländer, die nur einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus besitzen, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten, wenn sie die in 1 Abs. 2a Nr. 3 UVG genannten Voraussetzungen erfüllen. Die Klägerin hält sich zwar seit mehr als drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, jedoch war sie in dem hier maßgeblichen Zeitraum weder erwerbstätig, noch bezog sie laufende Leistungen nach dem SGB III oder nahm Elternzeit in Anspruch. Die Klägerin bezog Leistungen nach dem SGB II, die zu keinem Anspruch nach dem Unterhaltsvorschussgesetz führen. Die Klägerin kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Regelung in 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c UVG sei wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig, soweit sie Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 3 AufenthG von Ansprüchen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ausschließt. Die Klägerin nimmt zur Begründung Bezug auf den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom (B 10 EG 5/08 R), mit dem das dortige Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt wurde. Das Bundessozialgesetz hält die durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss - AuslAnsprG - vom erfolgte Neuregelung der Voraussetzungen, nach denen ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer einen Anspruch auf Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz geltend machen kann, insoweit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, als danach Ausländer, denen ein Aufenthaltstitel nach 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG erteilt wurde, nur dann anspruchsberechtigt sind, wenn sie im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach dem SGB III beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Mit dieser Regelung würden Ausländer mit dem genannten Aufenthaltstitel nach Auffassung des Senats schlechter gestellt als Deutsche und vor allem als Ausländer mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass diese Unterscheidung gerechtfertigt sei. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht.
5 5 Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit von 1 Abs. 1a Satz 2 BErzGG 1993 betreffend die Frage, ob der Leistungsausschluss, der dort für Ausländer mit einer Aufenthaltsbefugnis vorgesehen war, mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang steht, zwei Differenzierungsziele herausgearbeitet, die eine abweichende Behandlung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern grundsätzlich verfassungsrechtlich zu rechtfertigen vermögen: Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht speziell für das Erziehungsgeldrecht ausgeführt, dass der Gesetzgeber im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG handele, wenn er diejenigen Ausländer vom Bundeserziehungsgeld ausschließe, die ohnehin mangels Arbeitserlaubnis einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften (Beschl. v BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185). Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht es als grundsätzlich zulässig erachtet, das Bundeserziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben - ein Differenzierungsziel, das das Bundesverfassungsgericht im Übrigen nicht nur für das Erziehungsgeldrecht, sondern übergreifend auch im Kindergeldrecht anerkannt hat (Beschl. v BvL 4/97, 5/97 und 6/97, BVerfGE 111, 160, 174). Die Regelung des 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c und Nr. 3 UVG entspricht den vom Bundesverfassungsgericht als mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar anerkannten Differenzierungszielen. Das Gesetz stellt auf die Integration von Ausländern in den deutschen Arbeitsmarkt ab. Damit ist der Gesetzgeber den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht nachgekommen, das beanstandet hatte, dass die früheren Regelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes und des Bundeskindergeldgesetzes nur ausländische Eltern benachteiligte, die legal in der Bundesrepublik lebten und bereits in den Arbeitsmarkt integriert waren (Beschl. v BvR 2515/95 - und Beschl. v BvL 4/97, 5/97 und 6/97 - jeweils a. a. O.). Bei Ausländern, denen keine Erwerbstätigkeit erlaubt ist oder die nicht erwerbstätig sind, ging er wie das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass das Existenzminimum ihrer Kinder durch staatliche Fürsorgeleistungen in ausreichendem Maße gesichert ist (BTDrucks 16/1368, S. 9). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, in Fällen, in denen ein Ausländer rechtmäßig oder rechtswidrig in die Bundesrepublik einreist und - z. B. wegen eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses - damit zu rechnen ist, dass er auf absehbare Zeit nicht mehr ausreist, von Anfang an oder nach einer gewissen Zeit Unterhaltsvorschuss zu gewähren, weil von einem Daueraufenthalt auszugehen sei. Vielmehr kann bei der nach dem Beschluss des
6 6 Bundesverfassungsgerichts vom (1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97, a. a. O.) anzustellenden Prognose über die Dauer des Aufenthalts zunächst erwartet werden, dass sich ein Ausländer, dessen Aufenthalt lediglich geduldet ist, rechtstreu verhält und wieder ausreist oder dass ein Ausländer, der wegen eines Krieges in seinem Heimatland eine Aufenthaltserlaubnis nach 23 Abs. 1 AufenthG oder eine Erlaubnis nach 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erhalten hat, nach Wegfall der Gründe, die einer Rückkehr in sein Herkunftsland entgegengestanden waren, wieder heimkehrt. Der Gesetzgeber handelte verfassungskonform und im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, als er typisierend gemäß 1 Abs. 2a Nr. 2 lit. c und Nr. 3 UVG einen Daueraufenthalt erst bei einem mindestens dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und bei Integration in den Arbeitsmarkt unterstellte. Nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers bietet eine derartige Integration eine Perspektive für einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik (vgl. für das Kindergeldrecht: BFH, Urt. v III R 60/99 und III R 54/02 - juris). Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten werden nach 166 VwGO i. V. m. 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil hier eine Festgebühr nach 3 GKG i. V. m. Nr des Kostenverzeichnisses der Anlage I zum GKG in Höhe von 50,00 erhoben wird. Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO): gez.: Raden Burtin Heinlein
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