Zecken + Borrelien = Borreliose?
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- Curt Friedrich
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1 Zecken + Borrelien = Borreliose? Aktuelles zur Epidemiologie, Diagnostik und Therapie Prof. Dr. med. habil. H.-J. Hagedorn Wissenschaftlicher Berater - Labor Krone Bad Salzuflen Mai 2011
2 Ixodidae (Schildzecken) als Vektoren Ixodes ricinus Holzbock Dermacentor reticulatus Auwaldzecke Rhipicephalus sanguineus Braune Hundezecke Quelle: Mehlhorn In: Hofmann, Handbuch der Infektionskrankheiten, ecomed Verlag 2007
3 Lebenszyklus von Schildzecken: Ei Larve Nymphe Adultus Quelle: Mehlhorn In: Hofmann, Handbuch der Infektionskrankheiten, ecomed Verlag 2007
4 Entwicklungsstadien der Zecken Nymphen Adulte Eier Larven
5 Biotope für Ixodes ricinus Sehr empfindlich gegen Austrocknung. Umweltmilieu mit mindestens 80%iger Luftfeuchtigkeit erforderlich (z. B. bodennahe Vegetation) Durch Aufnahme von Feuchtigkeit können ungesogene Zecken mehrere Tage bei der Wirtssuche auch in höheren Vegetationszonen überleben.
6 Ixodes ricinus vertikale Verteilung in der Vegetation 1 = Adulte Zecke 2 = Nymphen 3 = Larven 4 = Häutung, Überwinterung N. Satz, 2002
7 Ixodes ricinus, adult N. Satz, 2002
8 Ixodes ricinus, Stechwerkzeug in der Haut N. Satz, 2002
9 Entfernen der Zecke - aber richtig!
10 Ixodes ricinus, Eigenschaften Kein direktes Anstechen von Blutgefäßen Ausbildung eines Ernährungsteiches, Sekretion von vasoaktiven Mediatoren und Immun-Modulatoren. Blut wird verflüssigt und Gegenreaktionen des Wirtes unterdrückt Die Blutmahlzeit wird durch Wasser- Extraktion konzentriert, das Wasser durch die Speicheldrüsen der Zecke in den Wirt rücksezerniert und mit dem Wasser auch Erreger
11 Hovius JWR, JID 2009, 129, Zeckenspeichel, ein komplexes immunmodulierendes System
12 Die Aktivierung der Verdauungsenzyme in der Zecke ist ein komplexer Vorgang, der relativ viel Zeit erfordert Franta et al., Dynamics of digestive proteolytic system during blood feeding of the hard tick Ixodes ricinus. Parasites & Vectors 2010, 3:
13 Ist eine Zeckenimpfung möglich? Die frühzeitige Blockade der Antigene aus dem Zeckenspeichel verhindert nicht nur die Nahrungsaufnahme durch die Zecke und den Verdauungsprozess sondern beeinträchtigt auch die Übertragung von Borrelien Die Zecke kann nur flüssiges Blut verwerten Hieraus können Strategien zur Infektionsprävention und zur Kontrolle von Zeckenpopulationen in Endemiegebieten entwickelt werden S. Narasimhan, Borrelia transmission nip it in the bud, XI. IJSTD März 2011, Dai J, et al. Antibodies against a tick protein, Salp15, protect mice from the Lyme disease agent. Cell Host Microbe 2009, 6,
14 Survival of Ixodes ricinus under water and after laundering in an automatic washer Unter Wasser (und weitestgehend reduzierter Sauerstoff-Konzentration) können Zecken überleben und sich auch weiter entwickeln Das Überleben von Zecken in der Waschmaschine ist vor allem temperaturabhängig. Zecken können Temperaturen von 40 C überleben aber nicht Temperaturen von 60 C Dautel H et al., XI. IJSTD, März 2011
15 Von Schildzecken in Mitteleuropa übertragene Krankheiten Zeckenart Krankheitserreger Erkrankung Ixodes ricinus Borrelia burgdorferi sensu lato Schildzecken- (Lyme-) Borreliose FSME-Virus Frühsommer-Meningoencephalitis Anaplasma phagocytophilum Humane granulozytäre Anaplasmose (früher HG-Ehrlichiose) Francisella tularensis Hasenpest Babesia divergens, Babesia microti, Babesia EU1 Babesiose (Piroplasmose) Rickettsia sp., Sommergrippe, Flohfleckfieber Dermacentor reticulatus (Auwald-Zecke) Coxiella burnetii, Rickettsien der Fleckfieber-Gruppe, (R. conori, R. slovaca, R. helvetica) Omsker hämorrhag. Fieber, Babesia canis Q-Fieber, Rickettsiosen, etc. Dermacentor marginatus Rickettsia sp., R. slovaca TIBOLA (tick-borne lymphadenopathia) und Zeckenbissfieber Stanek, 2005, RKI 2007, Hunfeld 2007
16 Rickettsien Genetischer Stammbaum Dobler, Wölfel, Dtsch. Ärztebl. 106 (2009)
17 Rickettsien Molekulargenetische Befunde in Zecken in Bayern Dobler, Wölfel, Dtsch. Ärztebl. 106 (2009)
18 Rickettsiose - Klinik Dobler, Wölfel, Dtsch. Ärztebl. 106 (2009)
19 Borrelia burgdorferi - Nomenklatur B. burgdorferi sensu lato (B. b. s. l.) B. burgdorferi sensu stricto (B. b. s. s.) B. afzelii B. garinii B. spielmanii (Genotyp A14S) B. bavariensis B. lusitaniae Als humanpathogen akzeptierte Borrelia burgdorferi-species
20 Borrelia burgdorferi - Nomenklatur B. burgdorferi sensu lato (B. b. s. l.) B. valaisiana* B. bisetti* B. japonica* B. tanukii* B. turdi* B. yangtze* B. andersonii* B. bissetii* B. californensis* B. carolinensis* B. americana* B. kurtenbachii* B. finlandensis* * Fraglich humanpathogen
21 Globale Verteilung von Borrelia burgdorferi s.l. N. Satz, Klinik der Lyme-Borreliose, Huber-Verlag, Bern, 2002
22 Erreger-Isolate aus Zecken von Menschen in Holland (Tijsse-Klasen et al., Parasites & Vectors 2011, 4: 17-25) Spezies Positive Zecken Borrelia burgdorferi s.l. 47/297 15,80% B. garinii 33 B. afzelii 6 B. valaisiana 1 unbestimmt 7 Rickettsia spp. 55/297 18,50% R. helvetica 40 R. monacensis 11 unbestimmt 5 Ehrlichia/Anaplasma 33/289 11,40% Ehrlichia sp. schotti variant 31 A. phagocytophilum 1 unbestimmt 1 Babesia spp. 28/297 9,40% B. microti 27 unbestimmt 1
23 Relative Risiken für das Auftreten einer Rötung an der Stichstelle in Relation zu verschiedenen Risikofaktoren (Tijsse-Klasen et al., Parasites & Vectors 2011, 4: 17-25) Zahl der Rötung Relatives Signifikanz exponierten an der Risiko Personen Stichstelle (95% CI) (p-wert) >24h 30/193 5/30 2,47 (0,02-6,60) 0,0801 Borrelia 43/190 5/43 1,55 (0,57-4,22) 0,3647 Rickettsia 41/190 3/41 0,84 (0,25-2,80) 1,0000 Ehrlichia 27/182 2/27 0,96 (0,23-4,04) 1,0000 Babesia 26/190 2/26 0,90 (0,22-3,74) 1,0000 jede Infektion 98/190 10/98 1,56 (0,59-4,13) 0,4382
24 Zeitabhängiges Auftreten von Symptomen jeglicher Art (Tijsse-Klasen et al., Parasites & Vectors 2011, 4: 17-25)
25 Folgerungen aus der Studie (Tijsse-Klasen et al., Parasites & Vectors 2011, 4: 17-25) Risiko, irgendwelche Symptome (nicht Borreliose!) nach Zeckenstich zu entwickeln 11,4% Meist lokale Reaktionen Risiko einer Lyme-Borreliose nach einem einzelnen Zeckenstich < 1% Keiner der Studienteilnehmer entwickelte Symptome einer Rickettsiose, Babesiose, oder Ehrlichiose Frühzeitige Zeckenentfernung reduziert das Risiko des Auftretens jedweder Symptomatik
26 Prevalence and diversity of Borrelia species in ticks that have bitten humans in Sweden (Wilhelmsson et al., JCM 2010, 48, ) Gesamt Nymphen Adulte Larven Gesamtzahl positiv 75 (19%) 42 (14%) 33 (33%) 0 (0 %) B. afzelii B. garinii B. valaisiana B. burgd. s.s B. lusitaniae B. miyamotoi untypisiert Bei 1/75 (1,3%) Patienten trat ein Erythema migrans auf, in 5 Fällen (6,7%) kam es zu einer asymptomatischen Serokonversion
27 Prevalence and diversity of Borrelia species in ticks that have bitten humans in Sweden (Wilhelmsson et al., JCM 2010, 48, )
28 Prävalenz und Spezies-Identifizierung in Schildzecken aus der Region Hannover (Schicht S, Schnieder T, Strube C, 11. IJSTD 2011 P 71) Erreger Zahl der untersuchten Zecken positiv % Borrelia burg. s.l ,10% Rickettsia spp ,30% - R. helvetica 98,90% - R. monacensis 1,10% A. phagocytophilum 391 2,80%
29 Die Übertragung von Borrelien in die Haut des Wirtes führt nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung. Eine lokale Infektion führt in der Folge nicht zwangsläufig zu einer disseminierten Infektion.
30 Das Risiko, nach einem Zeckenstich an einer Lyme-Borreliose zu erkranken: Nach dem Stich einer borrelieninfizierten Zecke ist in 1-8 % der Fälle mit einem Erythema migrans zu rechnen Eine Serokonversion ist in 5 30 % der Fälle zu erwarten Geht man davon aus, dass ca. 20 % der Zecken mit Borrelien infiziert sind und der Infektionsindex 5 % beträgt, ist mit ca. 1 Erythema migrans auf 100 Zeckenstiche zu rechnen
31 Antibiotika-Prophylaxe zur Borreliose- Prävention? Einmalgabe von Doxycyclin 200 mg oral Meta-Analyse von vier Placebo-kontrollierten Studien 1082 randomisierte Patienten In der Placebo-Gruppe war das Borreliose-Risiko 2,2% (95% CI 1,2%-3,9%) In der Verum-Gruppe betrug das Risiko 0,2% (95% CI 0,0% 1,0%) Warshafsky S, Lee DH, Francois LK, Nadelmann RB, Wormser GP, JAC :
32 Antibiotika-Prophylaxe wirklich erforderlich? In den ersten 24 Stunden nach Zeckenstich kommt es in der Regel zu keiner Übertragung von Borrelien Auch in der größten Prophylaxe-Studie (Nadelmann et al.) traten Infektionen nur auf, wenn der Zeckenbefall länger als 1-2 Tage bestand Wichtiger als die Antibiotika-Prophylaxe ist die rasche Entfernung der Zecken, möglichst innerhalb von 24 Stunden!
33 Empfehlungen zur Lyme-Prophylaxe IDSA-Guidelines 2006 (Wormser et al. CID 2006, 43, ) Eine routinemäßige Prophylaxe wird nicht empfohlen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: Nachweis von Nymphen oder Adulti von I. Scapularis (I. ricinus) Nachweis, daß die Zecke mindestens 36 Std. anhaftete (Beurteilung der Zeckengröße als Folge der aufgenommenen Blutmenge oder anamestisch gesichertes Zeitintervall zwischen Stich und Entfernung der Zecke) Epidemiologische Daten die belegen, daß regional mehr als 20% der Zecken Borrelien enthalten Keine Kontraindikation für die Doxycyclin-Gabe
34 Empfehlungen zur Lyme-Prophylaxe IDSA-Guidelines 2006 (Wormser et al. CID 2006, 43, ) Personen, bei denen eine Zecke entfernt wurde, sollten auch nach Doxycyclin-Prophylaxe engmaschig 30 Tagen lang auf Zeichen bzw. Symptome zeckenübertragener Erkrankungen überwacht werden, insbesondere hinsichtlich: sich ausbreitender Hautläsionen im Bereich der Stichstelle (Erythema migrans) die Entwicklung einer Symptomatik, die auf eine viralen Infektion hindeuten kann Ggf. Absicherung der Diagnose durch Tests auf Borreliose bzw. andere zeckenübertragene Erreger wie Anaplasma phagocytophila, Babesia oder auch Rickettsien
35 Prophylaxe der Lyme Borreliose Vermeidung von Zeckenstichen durch geeignete Kleidung helle Kleidung erleichtert zwar das Erkennen von Zecken, lockt Zecken aber möglicherweise auch verstärkt an Anwendung von Repellentien Anwendung möglich, Wirkung hält ca. 4 Stunden an Schutzimpfung gegen Borrelien nicht verfügbar
36 Aktuelle Epidemiologie der Lyme- Borreliose in Europa Inzidenz der Lyme-Borreliose in Europa Fälle/ Einwohner Schweden 69 Polen 32 Norwegen 6 Tschechien 37 Finland 28 Slowakei 16 England 1,5 Slowenien 236 Deutschland 111 Frankreich 9 Schweiz 115 Belgien 6 Österreich 69 Spanien 0 Holland 103 Portugal <0,4 Erythema migrans bis zu 99,2 % (69 99,2 %) Disseminierte Infektionen, z. B. Neuroborreliose 0,9 19,6 % Klier et al., 11. IJSTD, Weimar 2011, P 32
37 Klinische Erscheinungen der Lyme-Borreliose in Mitteleuropa Infektionskrankheit Häufigkeit Frühe lokalisierte Borreliose (Stad. I) Tage bis Wochen n.zst. Erythema migrans >85 % Solitäres Borrelien-Lymphozytom < 1 % Frühe disseminierte Borreliose (Stad. II) < 6 Monate n. ZSt. Multiples Erythema migrans (selten) Neuroborreliose ( Vollbild: Meningoradikuloneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth) 10% Karditis Spätformen der Borreliose (Stad. III) > 6 Monate n. ZSt. Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) 1% Arthritis >1 %? Periphere Neuropathien (späte Komplikation der ACA)? Enzephalomyelitis (sehr selten)? Stanek, 2005
38 Heterogenität der Borrelienspezies und OspA-Genotypen in Europa Liquor (n = 43) Zecken (n = 90) Haut (n = 68) Typ 6 23% Typ 5 7% Typ 7 5% Typ 4 27% Typ 1 19% Typ 2 12% Typ 3 7% Typ 6 53% Typ 7 3% Typ 1 20% Typ 2 9% Typ 3 12% Typ 5 3% Typ 5 1% Typ 4 3% Typ 6 6% Typ 1 6% Typ 2 84% Synovial-Fl. (n = 32) Typ 5 19% Typ 6 14% Typ 1 33% Liquor Zecken Haut Syn.Fl. B. burgdorferi s.s. 19% 20% 6% 33% B. afzelii 12% 9% 84% 29% B. garinii 69% 71% 10% 38% Typ 4 5% Typ 2 29% Typ 1 B. b. s.s., Typ 2 B. afzelii, Typ 3-7 B. garinii Mod. n. B. Wilske, Vector-borne and zoonotic dis. Vol.3, 2003
39 Erythema migrans Inkubationszeit meist ein bis zwei Wochen (3 30 Tage) Erythem >5 cm als diagnostischer Richtwert, klinisch eindeutig ein randbetontes wanderndes Erythem mit zentrifugaler Ausbreitung Auch homogen gerötete nicht wandernde, fleckige oder infiltrierte, erysipelartig flammend rote oder zentral vesikuläre Erytheme Stanek, 2005
40 Cave! DD allergische Reaktionen nach Zeckenkontakt Satz, Klinik der Lyme-Borreliose, Huberverlag 2010
41 Borrelien-Lymphozytom Meist solitäre Pseudolymphome im Frühstadium, bei Kindern bevorzugt an den Ohrläppchen, betroffen können auch sein Mamillen und der Genitalbereich Gemischte B- und T-lymphozytäre Infiltrate, DD niedrig malignes B-Zell Lymphom Stanek, 2005
42 Disseminierte Frühinfektion In einem Teil der Fälle bereits im Frühstadium hämatogene Disseminierung Grippe-artige Symptome wie leichtes Fieber, Arthralgien, Myalgien, Kopfschmerzen und Lymphadenopathie Bei fehlendem oder morphologisch atypischen Erythema migrans kann dieses Stadium schwer erkennbar sein Multiple Erythema migrantia Bei Kindern häufig symmetrische Erythema im Gesicht (DD Ringelröteln)
43 Differentialdiagnosen der Hautmanifestationen Frühinfektionen der Haut: Persistierende Insektenstichreaktion, mitigiertes Erysipel, Hypodermitis, Atrophodermie, initiale Morphaea, Granuloma anulare, bei vesikulöser Variante auch Herpes simplex Frühe Disseminierung in der Haut: Bei multiplen Erythemen: makulöses und urtikarielles Exanthem, Granuloma anulare, Erythema anulare zentrifugum Bei Kindern: Parvovirus B19 Bei grippeartiger Symptomatik Virusgrippe AWMF-Leitlinie Nr. 013/044 (2009) Kutane Manifestationen der Lyme Borreliose
44 Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) Chronische Infektion der Haut mit lividen, oedematös-infiltrierten Erythemen meist an den Extremitäten. In ca. 50% der Fälle auch eine periphere Neuropathie (Kribbelparästhesie, nächtliche Schmerzen) Im weiteren Verlauf Atrophie der Haut unter Verlust der Körperbehaarung Stanek, 2005
45 Differentialdiagnosen der Hautmanifestationen Spätinfektionen der Haut Ödematös infiltratives Stadium Mitigiertes Erysipel, tiefe Beinvenenthrombose, Lupus erythematodes, Hypodermitis, M. Sudeck Acrodermatitis chronica atrophicans Altersatrophie der Haut, chronisch venöse Insuffizienz, Erythromelalgie AWMF-Leitlinie Nr. 013/044 (2009) Kutane Manifestationen der Lyme Borreliose
46 Lyme-Arthritis Akute Manifestationen Arthralgien, Periarthralgien Akute Arthritis Monoartikulär Oligoartikulär Polyartikulär Chronische Lyme- Arthritis Typisch für die Lyme-Arthritis ist ein mono- oder oligoartikulärer Befall mit wechselnder Symptomatik, am häufigsten betroffen ist das Knie. N. Satz, Klinik der Lyme-Borreliose, 3. Aufl. 2010
47 Differentialdiagnostik der Lyme-Arthritis Infektreaktive Arthritiden, z. B. Yersinien Parvovirus B19 Chlamydien andere bakterielle und virale Erreger Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises iuvenile Polyarthritis PCP
48 Karditis Häufigkeit in Europa: Bei Diagnose einer Lyme-Borreliose auf Grund anderer Manifestationen 0,4 4 % der Fälle Karditis tritt meist früh auf, im Mittel nach 21 (4-83) Tagen Häufigste Manifestationen: Reizleitungsstörungen -AV-Block III -AV-Block II -AV-Block I Seltenere Manifestationen: Andere Rhythmusstörungen Myoperikarditis Kardiomyopathie
49 Lyme-Borreliose und Schwangerschaft B. burgdorferi kann die Plazenta passieren und ins kindliche Blut übertreten Wenige Einzelfallberichte über intrauterine Infektionen (disseminierte Infektion, Abort) Bislang gibt es aber keinen Beweis, dass eine Lyme-Borreliose der Mutter während der Schwangerschaft dem Kind zum Nachteil wird Kein sicherer Hinweis, dass eine fetale Lyme- Borreliose zu Komplikationen während der Schwangerschaft oder zu kindlichen Missbildungen führt
50 Neuroborreliose Facialis-Parese Abducensparese Satz, Klinik der Lyme-Borreliose, Huber-Verlag 2010
51 Lyme Neuroborreliose (LNB) Frühe LNB Symptome < 6 Monate Mehr als 95% aller Neuroborreliose-Fälle lle Neurologische Symptome treten meist auf zwischen (am häufigsten h 4-6) 4 Wochen nach einem Zeckenstich, und meist von Juli bis Dezember Weitaus am häufigsten h ist die schmerzhafte Meningoradikulits (Bannwarth-Syndrom) Radikuläre Schmerzen und Paresen (N. facialis, seltener N. abducens, N. oculomotorius EFNS-Guidelines on the diagnosis and management of European neuroborreliosis, Eur J Neurol 2010, , AWMF-Leitlinie Nr. 030/071, Neuroborreliose 2008
52 Lyme Neuroborreliose (LNB) Frühe LNB Bei Kindern häufig lymphozytäre Meningitis Andere periphere Manifestationen sind Plexusneuritis und Mononeuritis multiplex ZNS-Manifestationen sind sehr selten: Myelitis, Enzephalitis Symptome wie Verwirrung, cerebelläre Ataxie, Apraxia, Opsoclonus-Myoclonus, Augenzucken, Apraxia, Hemiparese oder Parkinson-ähnliche Symptome wurden im Zusammenhang mit Borrelia burgdorferi-infektionen beobachtet Poliomyelitis-ähnliche Syndrome und schlaganfallartige Symptome (Cerebrovaskulitis) finden sich in Einzelfällen EFNS-Guidelines on the diagnosis and management of European neuroborreliosis, Eur J Neurol 2010, , AWMF-Leitlinie Nr. 030/071, Neuroborreliose 2008
53 Lyme Neuroborreliose (LNB) Späte LNB Weniger als 5 % aller LNB-Fälle! Neurologische Symptome > 6 Monate Manifestationen im peripheren Nervensystem: Mononeuropathie Radikulopathie Polyneuropathie (in Europa nur im Zusammenhang mit ACA) ZNS-Manifestationen: Am häufigsten Myelitis mit spastisch-ataktischem Gang und Blasenstörung, bei einem Teil der Patienten schwere Tetra-oder Paraparesen, bei 60 % eine Encephalitis und bei 40% eine Hirnnerven-Beteiligung Encephalitis (keine spezifischen Symptome) Sehr selten Borrelien-induzierte Vaskulitis EFNS-Guidelines, Eur J Neurol 2010, , AWMF-Leitlinie Nr. 030/071, Neuroborreliose 2008
54 Post-Lyme-Disease-Syndrome (PLDS) Über die Bedeutung chronisch unspezifischer Symptome im Zusammenhang mit einer positiven Borrelienserologie wird eine kontroverse Diskussion geführt. Bei Patienten können nach Standard-Therapie einer Borreliose unspezifische Symptome z. B. Konzentrationsund Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, chronische Schmerzen, Parästhesien bestehen bleiben Diese werden dann als PLDS oder chronische Borreliose bezeichnet unter der Annahme, dass diese Beschwerden Folge einer Erregerpersistenz sind
55 Post-Lyme-Disease-Syndrome (PLDS) Vergleichbare Symptomenkomplexe werden aber auch bei Patienten beobachtet, bei denen eine Borreliose bzw. Borreliose-Therapie nicht dokumentiert ist. Ungezieltes Antikörper-Screening führt dazu, dass insbesondere in Endemiegebieten auf Grund der hohen Seroprävalenz in der Bevölkerung entsprechend häufig die Diagnose einer chronischen Borreliose mit unspezifischer Symptomatik gestellt wird* Hier handelt es sich jedoch meist um eine Koinzidenz und nicht um eine Kausalität zwischen dem Nachweis von Borrelien-spezifischen Antikörpern und unspezifischen klinischen Beschwerden* Entsprechend führen auch erneute oder erstmalige Antibiotikatherapien bei diesen Patienten nicht zu einem signifikanten Erfolg * AWMF-Leitlinie Nr. 030/071, Neuroborreliose 2008
56 Labordiagnose der Lyme-Borreliose Direkter Erregernachweis (Kultur, PCR) Nachweis einer humoralen (oder zellulären) Immunantwort gegen den Erreger
57 Sensitivität des Erregernachweises bei Verdacht auf Borreliose Untersuchungsmaterial Haut (Erythema migrans, Acrodermatitis) Liquor (Neuroborreliose Stadium II) Gelenkpunktat (Lyme- Arthritis) Sensitivität 50-70% mit Kultur oder PCR 10-30% mit Kultur oder PCR % mit PCR, Kultur extrem selten positiv MIQ 12 Borreliose, Qualitätsstandards in der mikrobiologischinfektiologischen Diagnostik. Wilske B, Zöller L, Brade V, Urban & Fischer 2000
58 Direkter Erregernachweis aus anderen Untersuchungsmaterialien? Die Untersuchung von Urinproben mittels PCR führt nicht zu validen Resultaten Die Untersuchung von Blutproben mittels PCR und/oder Kultur führt nur in wenigen Fällen, am ehesten in der sehr frühen initialen Infektionsphase und extrem selten auch bei späteren Stadien zu positiven Resultaten Die Untersuchung von Urin oder Blut mittels Borrelien-PCR wird daher grundsätzlich nicht empfohlen
59 Antikörperdiagnostik der Borreliose Lyme-Borreliose ist insbesondere in der frühen Infektionsphase primär eine klinische Diagnose Anamnese und klinischer Befund sind entscheidend für die diagnostische Bewertung der Laborbefunde Andererseits stützt sich jedoch auch die endgültige klinische Diagnose auf die labordiagnostischen Befunde Für die Diagnose einer chronischen Lyme- Borreliose ist der Nachweis spezifischer IgG- Antikörper essentiell
60 Laborbefunde müssen kritisch gewertet werden! Je unspezifischer die Symptomatik ist, desto geringer ist der prädiktive Wert der labordiagnostischen Verfahren. Bei einer Erkrankungshäufigkeit von 100 pro EW und einer Testsensitivität und - spezifität von jeweils 95 % beträgt der positive Vorhersagewert lediglich 1,9 %!
61 Borrelien haben die Fähigkeit sich an sehr unterschiedliche Umweltbedingungen anzupassen einschließlich des Arthropoden-Vektors und des Säugetier-Wirtes
62 Veränderung der Antigenstruktur von Borrelien Adaptation an die Zecke Expression von OspA Blutkontakt, Temperaturanstieg Downregulation OspA, Hochregulation OspC Expression neuer Antigenstrukturen im Wirtstier, bzw. bei Kontakt mit eukaryonten Zellen z.b. VlsE Antigen, DbpA, OspE/F-related proteins (Erps)
63 Frühe und späte Immunantwort gegen Borrelien-Antigene Frühantikörper oder frühzeitig gebildete Antikörper können schon mehrere Tage bis Wochen nach Infektion entstehen und nachweisbar sein: p41 (Flagellin), p41i (Substruktur von p41) OspC (p21-24) VlsE (variable major protein-like sequence, p35) p37-38 (FlaA, Achsenzylinder der Flagelle) p14 (Flagellenantigen) p66 (Adhäsin)
64 Späte Immunantwort gegen Borrelienantigene p83-p93-p100 hochspezifisch p60 (heat shock antigen) unspezifisch p58 hochspezifisch p39 (BmpA) hochspezifisch p28 (OspD), p26 (OspF), p19 (OspE) p17-18 (Osp17, DbpA) p31-33 (OspA) p34-36 (OspB)
65 Heterogenität der Immunantwort bei Neuroborreliose Fingerle et al., Wien, 2005
66 Konsequenzen der genotypspezifischen Immunantwort für die Serodiagnostik der Lyme-Borreliose? Falsch negative Befunde sind möglich, wenn das Antigenspektrum des infizierenden Borrelienstammes in dem verwendeten Testsystem nicht ausreichend repräsentiert ist. In vielen Fällen werden gruppenspezifische Antikörper detektiert, während genotypspezifische Antikörper nicht erkannt werden. Dies kann wesentlichen Einfluss auf die Titerhöhe des verwendeten Tests haben.
67 Patient ml., 36 J., Zeckenstich vor 4 Wochen, Erythema migrans, unbehandelt Borrelia MIQ + VlsE (VM) (Lysatantigene B. afzelii, B. burgd. s.s. VlsE B.b.s.s.) VlsE 41 IgG IgM VlsE OspA 21 recomwell IgG (MK) 17 U/ml (< 20-24) recomwell IgM (MK) 3 U/ml (< 20-24) VlsE-IgG-Clia (DS) 43 AU/ml (<10-15) R
68 Antikörperbefund-Konstellationen Erythema migrans, frühe Serokonversionsphase IgG-Blot IgM-Blot p25 OspC IgG-EIA 10 E/ml (<20 24) IgM-EIA 675 E/ml (<20 24) IgG-IFT negativ IgM-IFT negativ
69 Antikörper-Befundkonstellationen Länger bestehendes Erythema migrans , IgG-EIA 116 E/ml (<20 24) IgM-EIA 36 E/ml (<20 24) IgG-IFT 1:128 (<1:16 1:32) IgM-IFT 1: 32 (<1:16 1:32) IgG-Blot IgM-Blot
70 Patient, 65 Jahre, Arthritis linkes Kniegelenk, Borrelien-PCR positiv in der Synovialflüssigkeit Serum-Befund: Borrelia MIQ + VlsE (Lysat B. b. s.s. + B. afzelii, VlsE B.b.s.s. IgG-EIA (MK) >1300 U/ml (<20) IgM-EIA (MK) 6 U/ml (<20) VlsE OspC Triple-Blot (Lysatantigene B.b.s.s., B, afzelii, B. garinii) VlsE-CLIA (SO) >240 U/ml (<10) Synovialflüssigkeit: recomblot (rekombinante Antigene) OspC Leukozyten (<200) Lympho/Monoz. 15 % (ca. 90) 100/ 83 VlsE OspC 41i 41i 18 Polym. Granuloz. 85 % (<25) CRP 5.1 mg/l (<8.0) Gesamteiweiß 5,1 g/dl (<3.0) Lactat 63,9 mg/dl (20)
71 Empfehlung des NRZ zur Serodiagnostik der Lyme-Borreliose Stufe 1 Suchtest: IgG-Elisa und IgM-Elisa Bei Verdacht auf Neuroborreliose parallele Untersuchung von Serum und Liquor cerebrospinalis Positiv oder grenzwertig Stufe 2 Bestätigungstest: IgGund IgM Immunoblot negativ Negativer Befund Keine weiteren Untersuchungen aus dem aktuellen Serum Im Falle kurzer Krankheitsdauer Verlaufskontrolle
72 Empfehlungen des NRZ zur Serodiagnostik der Lyme-Borreliose Stufe 2 Bestätigungstest: IgG-Immunoblot und IgM-Immunoblot positiv grenzwertig negativ Positiver Befund Grenzwertiger Befund Negativer Befund Bei weiter bestehendem Verdacht auf frühe Krankheitsphase (Stadium I, II) serologische Verlaufskontrollen Bei weiter bestehendem Verdacht auf Spätmanifestation Überprüfung der Indikation für: -weitere Verlaufskontrollen (bei kurzer Krankheitsdauer) -Anwendung weiterer Tests (z. B. andere Borrelienspezies oder rekomb. Antigene im Blot)
73 Diagnostischer Stellenwert der Immunblot- Diagnostik Absicherung der Spezifität von Suchtest- Resultaten (= Bestätigungstest) Abhängig davon, welche Antigene im Suchtest präsentiert werden, kann ein Immunoblot durch die Erweiterung des Antigenspektrums zusätzliche diagnostische Informationen liefern Aussage ob ein kurzfristiger (Frühantikörper) oder ein langfristiger Immunkotakt (Spätantikörper) zwischen dem Erreger und dem Immunsystem stattgefunden hat
74 Beispiele für Immunoblot mit rekombinanten Antigenen
75 Eine moderne Alternative zum Immunoblot: Multiplex-Diagnostik Hlobil, 9. Mikrogen-Frühjahrssymposium
76 Eine moderne Alternative zum Immunoblot: Multiplex-Diagnostik (z. B. recombead-test) Hlobil, 9. Mikrogen-Frühjahrssymposium
77 Nicht empfohlene diagnostische Verfahren: Lymphozyten-Transformationstest (LTT) Mit dem LTT soll eine aktive Borrelien-Infektion über zelluläre Immunreaktionen detektiert werden Von Patienten isolierte Lymphozyten werden mit Borrelien-Antigenen inkubiert und die Zellaktivierung gemessen (Stimulationsindex) Studienergebnisse sind widersprüchlich Es besteht keine ausreichende Evidenz, um den LTT als Routinetest für die Diagnose und Therapieverlaufskontrollen zu empfehlen
78 Nicht empfohlene diagnostische Verfahren: Bestimmung der CD57+/CD3- Lymphozyten- Subpopulation In einer Studie wurde eine Verminderung der aktivierten natürlichen Killerzellen (CD57+/CD3-) (<60 statt >200) bei Patienten mit unspezifischen als chronische Lyme-Borreliose klassifizierten Symptomen gefunden*. Andere Studien konnten keine Assoziation zwischen CD57+ Zellverminderung und Post- Lyme-Disease-Symptomen finden In einem der a.u.la-laboratorien wurde die Spannbreite der CD57+ NK-Zellen bei 37 gesunden Mitarbeitern von ermittelt *Stricker RB, Winger EE, Immunol. Lett 2001, 76, 43-48
79 Interpretation serologischer Befunde Seronegativität schließt eine frühe Infektion nicht aus, eine seronegative Spätmanifestation ist eher unwahrscheinlich Ein positiver Antikörperbefund allein ist nicht beweisend für eine aktive Infektion und somit auch keine Behandlungsindikation IgG- und IgM-Antikörper können nach ausreichender Therapie über lange Zeit nachweisbar bleiben
80 Interpretation serologischer Befunde Ein isolierter IgM-Antikörperbefund spricht gegen eine chronische Borrelieninfektion Entscheidend für die Beurteilung des individuellen Falles ist die Bewertung der Laborbefunde im Zusammenhang mit der aktuellen klinischen Fragestellung und der Vorgeschichte
81 Antikörperkinetik bei Erythema migrans und Therapie in der frühen Infektionsphase OspC-IgM VlsE-IgG E/ml Zeckenstich E.M. 14 Tage 21 Tage 28 Tage 2 Monate 3 Monate 6 Monate 9 Monate 12 Monate 18 Monate 24 Monate
82 Antikörperkinetik bei Lyme-Arthritis OspC-IgM VlsE-IgG IgG-EIA E/ml Arthritis 3 Monate 6 Monate 9 Monate 12 Monate 18 Monate 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre
83 Befundinterpretation Beispiel Patient asymptomatisch, Zeckenstich vor 3 Wochen Akute Infektion? EIA-IgG 270 E/ml (<20-24) EIA-IgM 7 E/ml (<20-24) VlsE-IgG-CLIA 28 E/ml (<10-15)
84 Serodiagnostik des Erythema migrans Spezifische IgG und/oder IgM-Antikörper können in 40-60% der Fälle fehlen Ein signifikanter Titeranstieg bei einer Verlaufskontrolle nach 4-6 Wochen ergibt die höchste diagnostische Spezifität Für die Diagnose des Erythema migrans ist die Serodiagnostik nicht essentiell Frühzeitige Therapie bei einer oberflächigen Hautläsion kann eine Antikörperbildung verhindern
85 Grundkonzept der Neuroborreliose- Diagnostik Die Diagnose basiert: auf dem typischen klinischen Bild, dem Resultat der Lumbalpunktion (Pleocytose) serologischen Tests in Serum und Liquor cerebrospinalis (intrathekale Antikörperproduktion)
86 Zellbefund im Liquor cerebrospinalis Typisch:Mononukleäre Pleozytose Zellzahl durchschnittlich /mm 3 Vorwiegend kleine Lymphozyten (bis 90 %), stimulierte große Lymphozyten (bis 30 %), vereinzelt Plasmazellen ( bis 10 %) Zellbild typisch aber nicht spezifisch Aus Felgenhauer u. Beuche, Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen, Thieme, 1999
87 J Neuroinflammation 2009, 6: 42-53
88 CXCL 13 ein neuer diagnostischer Marker für die Neuroborreliose? Das Chemokin CXCL 13 ist ein Botenstoff, der B- Lymphozyten anlockt Bei akuter Neuroborreliose finden sich extrem hohe CXCL 13-Konzentrationen im Liquor Die Sensitivität bei akuter Neuroborreliose wird mit nahezu 100% angegeben Die Spezifität liegt bei ca. 60 % Insbesondere im Frühstadium der NB mit noch fehlender intrathekaler Antikörpersynthese kann ein hoher CXCL13 Wert >100 pg/ml die Verdachtsdiagnose stützen
89 Diagnostik der akuten Neuroborreliose (LNB) Der Nachweis einer lokalen Borrelien- Antikörpersynthese im ZNS erfordert die parallele Untersuchung von Serum und Liquor Der Nachweis der intrathekalen Antikörpersynthese gelingt abhängig von der Krankheitsdauer in 80 % (2 Wochen) bis 100 % (6 Wochen) der Fälle Bei kurzer Krankheitsdauer kann der Liquorbefund bereits auffällig sein, während im Serum der Befund noch negativ ist. Ein negativer Serumbefund schließt eine frühe LNB nicht aus
90 Patient, 70 J., ml, Vaskulitis, Mediateilterritorialinfarkt, initial Verdacht auf Neurosyphilis bei schwach positivem TPPA- Suchtest, Zellzahlerhöhung im Liquor und ausgeprägter intrathekaler IgM-Synthese TPPA-Titer Serum 1:80 TPPA Serum verd. 1:2 TPPA-Titer Liquor 1:4 TPPA-Liquor/Serum-Quotient 2,0 IgG-FTA-ABS Serum 1:80 IgG-FTA-ABS Liquor 1:4 IgG-FTA Liquor/Serum-Quot. 2,0 VDRL Serum negativ VDRL Liquor negativ 19S-IgM-FTA Serum <1:10 19S-IgM-FTA Liquor negativ Liquor-Zellzahl 173/3 Nach Anbehandlung mit Ceftriaxon Beurteilung des Befundes aus labormedizinischer Sicht: Kein Anhalt für eine aktive Syphilis, kein Hinweis auf eine Neurosyphilis RD , RD 1108/0002
91 Patient, 70 J., ml, Vaskulitis, Mediateilterritorialinfarkt, initial Verdacht auf Neurosyphilis bei schwach positivem TPPA- Suchtest, Zellzahlerhöhung im Liquor und ausgeprägter intrathekaler IgM-Synthese Neuroborreliose Borrelien-Serologie IgG-EIA Serum 9.0 U/ml (<20 U/ml) IgG-EIA Liquor 4,7 U/ml IgG-EIA L/S-Quotient 44.6 (<1.5) IgM-EIA Serum 5.0 U/ml (<20 U/ml) IgM-EIA Liquor negativ VlsE-IgG-CLIA Serum 100 U/ml (<10-15) VlsE-IgG-CLIA Liquor 56.7 U/ml VlsE-IgG L/S-Quotient 46.6 (<1.5) IgG-Blot Serum Normalansatz 1:100 Serum verdünnt 1: 85 auf IgG-Gehalt Liquor, dann 1:4 verd. wie Liquor Liquor 1:4 verdünnt Cut-off 41 VlsE CXCL-13 Serum 28,7 pg/ml (< 10.0) CXCL-13 Liquor 940,6 pg/ml (<10.0) IgM-Blot Serum Normalansatz 1:100, Liquor negativ (nicht abgebildet) Der Befund spricht für eine lokale Synthese von VlsE-IgG- und p41-igg-antikörpern im ZNS und stützt somit die Diagnose einer Neuroborreliose als wahrscheinliche Ursache der Vaskulitis und Insultsymptomatik.. Die CXCL-13 Konzentration im Liquor ist extrem hoch. Solche Befunde finden sich regelmäßig bei akuter Neuroborreliose, seltener und meist mit niedrigeren Werten bei aktiver Neurosyphilis. Somit stützt auch dieser Befund die Diagnose einer Neuroborreliose. RD , RD 1108/0002
92 Diagnostik der chronischen Lyme- Neuroborreliose (LNB) Der Nachweis einer intrathekalen spezifischen Antikörpersynthese ist grundsätzlich zu fordern Fehlender IgG-Antikörpernachweis spricht gegen die Diagnose Der Nachweis nur von IgM-Antikörpern spricht ebenfalls gegen die Diagnose einer chronischen Borrelieninfektion und somit auch gegen eine chronische LNB
93 Diagnostik der Lyme-Arthritis I In den Frühphasen der Borreliose sind Gelenkbeschwerden häufig. Die Serologie kann hier sehr variabel sein. Die länger bestehende Lyme-Arthritis ist in der Regel charakterisiert durch hochpositive IgG- Antikörper-Titer (chronische Infektion). Ein positiver IgG-Antikörperbefund im Serum ist jedoch per se kein Beweis für eine Lyme- Arthritis (Ko-Inzidenz von Antikörperbefund und Gelenkbeschwerden)
94 Diagnostik der Lyme-Arthritis II Der Nachweis nur von IgM-Antikörpern spricht gegen die Diagnose Letztlich beweisend ist nur der Erregernachweis (PCR) aus dem Gelenkpunktat oder Synovialis-Biopsien. Differentialdiagnostisch hilfreich sein kann die Bestimmung des CCP (Marker der Rheumatoiden Arthritis)
95 Lyme-Arthritis Prognosemarker? Bei Lyme-Arthritis können vermehrt die HLA Alloantigene DRB2, DRB3 und DRB4 gefunden werden Das Vorliegen von HLA-DRB4 oder von IgG-Antikörpern gegen OspA prädestinieren für ein schlechteres Ansprechen der Therapie und Übergang zur Chronizität Die chronische Lyme-Arthritis ist assoziiert mit dem HLA- Allel DRB1*0401 sowie einer Immunantwort gegen das OspA Epitop 7 von 12 HLA-DRB Allelen zeigen eine starke bis schwache Bindung an das OspA-Epitop: DRB1*0401, 0101, 0404, 0405, DRB5*0101, DRB1*0402 und 0102 Molekulare Mimikry OspA Leukozytenantigen LFA-1 Molekulare Mimikry von OspA analog zu M5-Protein
96 Serologische Verlaufskontrollen? Für die Beurteilung des Behandlungserfolges entscheidend ist der klinische Verlauf. Titerverlaufskontrollen sind nur bedingt aussagefähig. Bei Therapie in den Frühstadien findet sich meist eine rückläufige Antikörperkinetik bis hin zur Seronegativierung. Es können jedoch insbesondere IgM-Antikörper z. T. über Jahre persistieren. Nach Therapie der Spätstadien bleiben die Antikörper bei konstanten oder fallenden Titerwerten meist über Jahre nachweisbar.
97 Serologische Verlaufskontrollen? Sinnvoll ist aus der praktischen Erfahrung eine serologische Kontrolle der Befunde zeitnah nach Therapie als Ausgangswert für evtl. erforderliche nachfolgende Verlaufskontrollen, da es unter Therapie zu starken Titeranstiegen kommen kann und diese dann auf hoch positivem Niveau über lange Zeit nachweisbar bleiben können. Erfolgt eine erste Verlaufskontrolle erst z. B. nach 6 Monaten oder später, kann die Bewertung der Befundrelevanz sehr schwierig sein
98 Antibiotikum Therapie der Borreliose I Gabe Dosierung Erwachsene Dosierung Kinder Dauer Indikation: Erythema migrans und Borrelien-Lymphozytom Doxycyclin* oral 2 x 100 mg 14 Tage (10-21 Tage) Amoxicillin oral 3 x mg mg/kg 14 Tage (10-21 Tage) Cefuroxim axetil oral 2 x mg mg/kg 14 Tage (10-21 Tage) Penicillin V oral 2-3 x 1-1,5 Mio IE 0,1-0,15 Mio IE/kg 14 Tage Phenoxymethyl- Penicillin (10-21 Tage) Azithromycin** oral 2 x 500 mg 20 mg/kg 1. Tag 1 X 500 mg 10 mg/kg nächste 4 Tg. Lymphozytom: kein Azithromycin, Therapiedauer bis Tage Multiples EM Therapie wie akute Neuroborreliose * NICHT für Kinder, Schwangere, Stillende ** NICHT in der Schwangerschaft, klinische Wirksamkeit nicht sicher Stanek, 2005, IDSA 2006, EUCALB 2009
99 Therapie der Borreliose II Antibiotikum Gabe Dosierung Erwachsene Dosierung Kinder Dauer Indikation: Neuroborreliose Ceftriaxon i.v. 1x2000 mg mg/kg 14 Tage pro Tag (10-30 Tage) Cefotaxim i.v. 3x2000 mg mg/kg 14 Tage pro Tag (10-30 Tage) Penicillin G i.v. 20 Mio IE 0,25-0,5 Mio I.E./kg 14 Tage pro Tag (10-30 Tage) Doxycyclin*** oral 2-3x 100 mg *4-8 mg/kg/tag 21 Tage bis 2x 200 mg max mg (14-30 Tage) *** Penicllinallergie Therapie der chronischen Neuroborreliose nur i.v., immer über 30 Tage * Kinder älter als 8 Jahre Stanek, 2005, IDSA 2006, EUCALB 2009
100 Therapie der Borreliose III Indikation: Acrodermatitis (ACA), Lyme-Arthritis, Lyme-Karditis Doxycyclin* oral 2x100 mg 21 Tage (14-30 Tage) Amoxicillin oral 3x mg mg/kg 21 Tage (14-30 Tage) Cefuroxim axetil oral 2 x mg30-40 mg/kg 14 Tage (10-21 Tage) Ceftriaxon i.v. 1x2000 mg mg/kg 21 Tage (14-30 Tage) Cefotaxim i.v. 3x2000 mg 21 Tage (14-30 Tage) * NICHT für Kinder < 8 Jahre, Schwangere, Stillende Stanek, 2005, EUCALB 2009
101 Antibiotika-refraktäre Lyme-Arthritis Nach wiederholter vier-wöchiger oraler oder zweiwöchiger parenteraler (Ceftriaxon-) Antibiotikagabe persistierende Gelenkschwellung für mehr als 2 Monate und negativem PCR-Befund in der Synovialflüssigkeit (und soweit verfügbar im Synovialgewebe) Persistierende Synovitis (Autoimmun-Prozess?) Arthroskopische Synovektomie ist in vielen Fällen wirksam Helfen können auch intraartikuläre Kortikosteroid- Injektionen oder die systemische Anwendung von nichtsteroidale Antiphlogistika oder die Krankheit modifizierende antirheumatische Substanzen, insbesondere Hydroxy-Chloroquine Wormser et al., CID 2006, 43,
102 Nicht empfohlene Therapiekonzepte Wesentlich von den Antibiotikatherapie-Standardregimen abweichende Dosierungen und Zeitabläufe Vielfach wiederholte Anwendung von Antibiotika für die gleiche Episode einer Borreliose Antibiotika Kombinationstherapien Gepulste Antibiotikatherapie Erstgenerations-Cephalosporine, Benzathin-Penicillin, Fluoroquinolone, Carbapeneme, Vancomycin. Metronidazol, Tinidazol, Cotrim, Amantadine, Ketolide, INH, Fluconazol Fiebertherapie, i.v. Immunglobulin, Cholestyramine, Ozon- Behandlung, Vitamine, Magnesium- oder Wismuth-Injektionen Wormser et al., IDSA-Guidelines CID 2006, 43,
103
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