Aufgabe 1: Bewertung von Derivaten
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- Guido Krüger
- vor 8 Jahren
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1 Aufgabe 1: Bewertung von Derivaten Teil I: Allgemeine Bewertungstheorie Am arbitragefreien Kapitalmarkt werden europäische und amerikanische Kauf- und Verkaufsoptionen mit einer Restlaufzeit von jeweils genau 18 Monaten gehandelt. Der Basiswert der Kauf- und Verkaufsoptionen ist eine Aktie, deren logarithmierter Kurs normalverteilt ist und die im Zeitpunkt t = 0 zum Preis S 0 = 80 Goldmark (GM) gehandelt wird. Der Basispreis K der Kauf- und Verkaufsoptionen wurde auf K = 100 GM festgelegt. Das Bezugsverhältnis, das die Anzahl der Basiswerte angibt, die pro Optionsschein gekauft bzw. veräußert werden können, beträgt 1:1. Aus historischen Renditerealisationen wurde für die jährliche Volatilität des Aktienkurses ein Schätzwert von σ J = 0,45 ermittelt. Am Kapitalmarkt verzinsen sich sichere Wertpapiere mit i = 0,25 bzw. 25% p.a. Zudem seien alle am Markt gehandelten Wertpapiere beliebig teilbar. Beachten Sie im Bedarfsfall die für die Übersetzung vom Modell normalverteilter zum Modell binomialverteilter Logarithmen der Aktienkurse geltenden Formeln für die Aufzinsungsfaktoren pro Binomialschritt: Tn bei Aufwärtsbewegungen: u= e σ / bei Abwärtsbewegungen: d = 1 u Dabei ist e die Euler'sche Zahl und n gibt die Anzahl der Binomialschritte an. Für den Aufzinsungsfaktor der sicheren Kapitalmarktanlage pro Binomialschritt gilt dann: r = ( 1 + i) Tn / Die für die folgenden Berechnungen erforderlichen Werte der Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung können Sie der am Ende dieser Aufgabe abgedruckten Tabelle entnehmen. a) Berechnen Sie mit Hilfe der Black/Scholes-Formel den theoretischen Wert einer europäischen Verkaufsoption in t = 0! b) Bewerten Sie nun eine amerikanische Verkaufsoption in t = 0 unter der Annahme, dass der Aktienkurs des Basistitels einem Binomialprozess mit vier Schritten folgt! Geben Sie für jeden Knotenpunkt des Binomialbaumes die entsprechenden Aktienkurs- bzw. Optionswerte an! Markieren Sie den Verlauf der Front, an der sich die Vorteilhaftigkeit der beiden Strategien Durchhalten und Sofortausübung umkehrt! Berechnen Sie unter Rückgriff auf das Binomialmodell (näherungsweise) den Wert des Rechts auf vorzeitige Ausübung für einen amerikanischen Verkaufsoptionsschein! Hinweis: Es genügt, wenn Sie die Aktienkurs- und Optionswerte jeweils mit einer Genauigkeit von zwei Nachkommastellen angeben. (14 Punkte) c) Berechnen Sie den Black/Scholes-Wert einer europäischen Verkaufsoption unter der zusätzlichen Annahme, dass in genau 12 Monaten eine sichere Dividende in Höhe von 12,5 GM aus dem Basistitel gezahlt wird und die europäischen Verkaufsoptionen nicht dividendenbereinigt sind! 1
2 d) Gehen Sie weiterhin davon aus, dass in genau 12 Monaten eine sichere Dividende in Höhe von 12,5 GM aus dem Basistitel gezahlt wird. Ermitteln Sie nun durch Berechnung von zwei Black-Scholes-Werten eine möglichst nahe am exakten Wert liegende Untergrenze für den modellmäßig exakten Wert einer amerikanischen Kaufoption, wenn sie nicht dividendengeschützt ist. Begründen Sie Ihre Vorgehensweise verbal und erklären Sie, warum das Ergebnis nur eine Untergrenze darstellt! Hinweis: Beachten Sie bei Ihren Berechnungen, dass der oben angegebene Schätzwert für die Volatilität σ J auf der Basis fiktiver Aktienkurse ex Dividende ermittelt wurde! e) Erläutern Sie, in welcher Situation sich eine Aktienoption als Option auf eine Option interpretieren lässt? (2 Punkte) Wertetabelle: x N(x) -0,6892 0,2454-0,6025 0,2734-0,5386 0,2951-0,3813 0,3515-0,3415 0,3663-0,3154 0,3762-0,2967 0,3833-0,1996 0,4209-0,1892 0,4250-0,1525 0,4394-0,1391 0,4446-0,1055 0,4579-0,0731 0,4708 0,0717 0,4714 0,1697 0,5673 0,2095 0,5829 0,2250 0,5890 0,2357 0,5931 0,4120 0,6590 0,4780 0,6836 0,5055 0,6934 0,6489 0,7418 N(x) ist die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung, d.h. N(x) gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass eine normalverteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert 0 und Varianz 1 einen Wert kleiner oder gleich x annimmt. Zudem gilt: N(-x) = 1- N(x) Teil II: Bewertung exotischer Optionen Die XYZ-Bank möchte ihr Produktportfolio um einen sogenannten Power-Put erweitern. Dabei handelt es sich um den Spezialfall einer europäischen Verkaufsoption, die folgende Kontraktspezifikationen aufweist: Sofern die Verkaufsoption am Verfallstag im Geld steht, 2
3 ergibt sich der Auszahlungsbetrag im Unterschied zu herkömmlichen Verkaufsoptionen als dritte Potenz der Differenz zwischen dem Basispreis und dem Kurs des Basistitels. Zusätzlich ist der Power-Optionsschein mit einem Cap ausgestattet, der den Auszahlungsbetrag auf ein Maximum begrenzt. Der Börsenkurs der zugrunde liegenden Aktie, der sich nach Maßgabe eines multiplikativen Binomialprozesses entwickelt, steigt in jeder Periode mit 60%iger Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe des Kursfaktors u = 1,8 oder fällt mit der Gegenwahrscheinlichkeit nach Maßgabe des Kursfaktors d = 0,8. In t = 0 beträgt der Kurs der Aktie S 0 = 125 GM. Ermitteln Sie den theoretischen Wert des Power-Verkaufsoptionsscheins in t = 0 nach Maßgabe eines 4-stufigen Binomialprozesses, wenn der Basiskurs K auf K = 120 GM festgelegt wird und die Obergrenze für den Auszahlungsbetrag bei 150 GM liegt! Vier Optionsscheine berechtigen zum Verkauf einer Aktie! Der sichere Kapitalmarktzins liegt bei 25% pro Stufe. Aufgabe 2: Unternehmensfinanzierung- und bewertung Eine Gruppe von Universitätsabsolventen beabsichtigt im Zeitpunkt t = 0 die Gründung eines Biotech-Unternehmens. Die Entwicklungsphase besteht aus einem vierstufigen Prozess (t = 0 bis 4); nach Beendigung der letzten Stufe soll das Unternehmen zum jeweiligen Marktwert an eine Private-Equity-Gesellschaft verkauft werden. Jede dieser vier Zwischenstufen, die jeweils genau ein ganzes Jahr dauern, kann günstig oder ungünstig verlaufen; dies ist statistisch unabhängig vom Verlauf der vorherigen Entwicklungsphase. Im günstigen Fall steigt der Unternehmenswert um 60% pro Schritt, ansonsten verringert er sich um 40%. Demzufolge entwickelt sich der Unternehmenswert nach Maßgabe eines binomialen stochastischen Prozesses. Der Unternehmenswert zu Beginn der ersten Prozessstufe (t = 0) entspricht dem erforderlichen Investitionsbetrag, der sich auf 250 Mio. Goldmark (GM) beläuft. Die Unternehmensgründer wollen mangels Eigenkapital das gesamte Investitionsvolumen durch die Ausgabe von Aktien und Schuldverschreibungen unmittelbar nach Unternehmensgründung finanzieren. Insgesamt sollen Stück Aktien emittiert werden. Der arbitragefreie Kapitalmarkt verzinst risikolose Wertpapiere mit einer Rendite von 25% p.a. Ferner ist zu berücksichtigen, dass während der Entwicklungsphase keine Dividenden gezahlt werden sollen. Die Unternehmensgründer ziehen verschiedene Finanzierungsalternativen in Erwägung. a) Zunächst beabsichtigen die Gründer neben der Aktienemission Stück abgezinste Nullkuponanleihen (Zero-Bonds) mit einem Nominalwert von GM zu begeben. An die Stelle laufender Zinszahlungen tritt bei Zero-Bonds ein Disagio bei der Ausgabe, so dass der Emissionspreis unter dem Einlösungskurs der Anleihe liegt. Die Rückzahlung der Zero-Bonds in t = 4 erfolgt zu 100 %, wobei die Fremdkapitalgeber im Konkursfall nur nach Maßgabe der vorhandenen Konkursmasse bedient werden. Zu welchem Preis können die Aktien und die Zero-Bonds an der Börse plaziert werden, wenn die Gläubiger ihre Forderung nicht vorzeitig fällig stellen können? Geben Sie die erwartete und die nominelle Verzinsung der Zero-Bonds an! 3
4 b) Wie hoch wäre der Kurs der Zero-Bonds aus Teilaufgabe a), wenn die Gläubiger das Recht erhielten, vorzeitig zu kündigen, falls der Marktwert des Unternehmens unter den mit 25% p.a. abgezinsten Nominalwert des Zero-Bonds fiele? Wie hoch wäre der Wert eines so ausgestalteten Kündigungsrechts pro Stück Zero-Bond in t=0, wenn davon ausgegangen werden kann, dass das Unternehmen jeweils zum Marktwert liquidiert werden kann? Geben Sie die erwartete und die nominelle Verzinsung dieser kündbaren Zero-Bonds an! (8 Punkte) c) Als ein weiteres Finanzierungskonzept prüfen die Unternehmensgründer, anstelle der Zero-Bonds aus Teilaufgabe a) Stück Optionsschuldverschreibungen mit einem Nominalwert von je GM zu begeben, auf die vor der Endfälligkeit keine Zinsen gezahlt werden müssen. Diese Options-Zero-Bonds, die in t = 4 zum Nennwert eingelöst werden, sind weder vom Schuldner noch vom Gläubiger vorzeitig kündbar uns weisen folgende Ausstattungsmerkmale auf: Von jedem Zero-Bond kann nach der Emission ein Optionsschein abgetrennt werden, so dass man zwei selbständig handelbare Wertpapiere erhält. Gegen Vorlage von 8 dieser Optionsscheine erhält man das Recht, aus einer bedingten Kapitalerhöhung genau 5 junge Aktien des Unternehmens zum Preis von je 200 GM zu erwerben. Dieses Optionsrecht kann bis t = 4 jederzeit ausgeübt werden. Wie hoch muss der Unternehmenswert in t = 4 mindestens steigen, damit sich die Ausübung des Optionsrechts für die Gläubiger rentiert? Zu welchem Kurs könnten die Aktien sowie die Options-Zero-Bonds emittiert werden? Wie hoch sind die erwartete und die nominelle Verzinsung der Options-Zero-Bonds? Erläutern Sie die allokationstheoretische Bedeutung von Optionsanleihen vor dem Hintergrund real existierender Kapitalmärkte! (14 Punkte) d) Das letzte von den Gründern in Erwägung gezogene Finanzierungskonzept sieht die Emission von Schuldverschreibungen ohne Zinskupons vor, bei denen der Emittent (!) wählen kann, ob er bei deren Fälligkeit in t = 4 entweder die Zero-Bonds zu ihrem Nominalwert bedient oder falls es für die Altaktionäre günstiger ist den Gläubigern eine bestimmte Anzahl an Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung andient (Reverse Convertible Bond). Dem Schuldner eines solchen Reverse Convertible Zero-Bonds steht demzufolge neben dem Recht auf Rückzahlung die Alternative offen, in t = 4 seine Fremdkapitalschuld durch Gewährung von 5 Aktien je Schuldverschreibung aus einer bedingten Kapitalerhöhung abzulösen. Neben den Aktien sollen in t = 0 insgesamt dieser abgezinsten Reverse Convertibles plaziert werden. Zu welchem Kurs können die Aktien und die Reverse Convertible Zero-Bonds emittiert werden? Wie hoch sind die nominelle und die erwartete Verzinsung der Bonds? Wie hoch muss der Unternehmenswert in t = 4 mindestens sein, damit es für den Schuldner günstiger ist, seine Schuld durch Rückzahlung des Nennwert des Fremdkapitals zu tilgen? Erläutern Sie, inwiefern der Käufer eines Reverse Convertible Bonds implizit eine Verkaufsoption an den Emittenten verkauft! Veranschaulichen Sie Ihre Argumentation auch grafisch, indem Sie eine entsprechende Duplikation der Zahlungscharakteristik des Reverse Convertible Bonds in Abhängigkeit vom Unternehmenswert in t = 4 vornehmen! (16 Punkte) 4
5 Aufgabe 3: Verständnisfragen a) Inwiefern ist die Bedienung von Mitarbeiteroptionen aus bedingtem Kapital in Zukunft weniger nachteilig als bisher, wenn ab 2009 Kursgewinne und Dividenden einer einheitlichen Abgeltungssteuer unterworfen werden? Halten Sie die Verringerung für bedeutsam genug, um für die Zukunft die Bedienung aus bedingtem Kapital empfehlen zu können? Begründung? b) Die Fair Compensation-AG gewährt ihrem Vorstandsvorsitzenden Optionen zum Bezugskurs von 50, der mit dem Börsenkurs bei Optionsgewährung übereinstimmt. Bis zur Fälligkeit der Optionen wird dreimal Dividende von je 1,50 gezahlt. Die ex-kurse am Tag der Dividendenfälligkeit betragen 55 bzw. 60 bzw. 65. Der DAX steigt in der Zeit zwischen Optionsgewährung und Optionsfälligkeit von 6000 auf Wie viele Aktien darf der Vorstandsvorsitzende am Tag der Optionsfälligkeit zu welchem Preis beziehen, wenn das Optionsprogramm zum Ziel hat, die Überperformance der Aktie im Vergleich zum DAX zu belohnen? (8 Punkte) c) Warum wurden Optionsprogramme des in Teilaufgabe b) beschriebenen Typs in der Vergangenheit so gut wie nie realisiert? d) Unter welcher Bedingung ist es sinnvoll, nicht den Kursanstieg der Aktie, sondern die Überperformance im Vergleich zu einem Performanceindex zu belohnen? (4 Punkte) 5
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