Information für Pflegeelternwerber
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- Werner Baum
- vor 8 Jahren
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1 Information für Pflegeelternwerber AUFGABEN DES PFLEGEKINDERDIENSTES Der Pflegekinderdienst des Vorarlberger Kinderdorfes besteht seit 1996 und wurde von der Landesregierung beauftragt, Agenden des Pflegekinderwesens für ganz Vorarlberg zu übernehmen. Derzeit werden vom Pflegekinderdienst 245 Pflegekinder in 180 Pflegefamilien betreut. Welche Aufgaben übernimmt der Pflegekinderdienst? > Suche und Eignungsfeststellung von Pflegefamilien > Vorbereitung und Schulung der Pflegeeltern > Vermittlung von Pflegekindern in Zusammenarbeit mit der Jugendwohlfahrt und anderen Facheinrichtungen > Beratung und Begleitung von Pflegekindern, Pflegefamilien und Herkunftsfamilien Im Pflegekinderdienst arbeitet ein multiprofessionelles Team, bestehend aus PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen sowie einer Sekretärin. FÜR WELCHE PFLEGEFORMEN IST DER PFLEGEKINDERDIENST ZUSTÄNDIG? Langzeit- bzw. Dauerpflege Das Kind wird für einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre oder bis zum Erreichen der Volljährigkeit) in einer Pflegefamilie betreut. Die Dauer des Pflegeverhältnisses wird im Vorfeld festgelegt. Das bedeutet, dass die leiblichen Eltern mit der Unterbringung des Kindes für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer einverstanden sind, oder die Pflegschaft gerichtlich geregelt wurde. Befristete Pflegeplätze Das Kind wird für einen befristeten Zeitraum auf einem Pflegeplatz untergebracht, wobei eine Rückführung zu den leiblichen Eltern vorgesehen ist. WIE KOMMT EIN PFLEGEVERHÄLTNIS ZUSTANDE? Können Erziehungsberechtigte die Pflege und Erziehung des Minderjährigen nicht gewährleisten, hat die Jugendwohlfahrt für die notwendigen Maßnahmen zu sorgen, z. B. die Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie. Bei einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt erhält der Pflegekinderdienst den Auftrag, ein bestimmtes Kind in einer Pflegefamilie unterzubringen und das Pflegeverhältnis langfristig zu begleiten. 1
2 Die Pflegeaufsicht obliegt der Jugendwohlfahrt. In welcher Form die Pflegeaufsicht wahrgenommen wird, liegt im Entscheidungsbereich der Behörde (z. B. Berichtspflicht des Pflegekinderdienstes). WELCHE VORAUSSETZUNGEN SIND FÜR DIE PFLEGSCHAFT NOTWENDIG? > Pflegeeltern brauchen ein hohes Maß an Offenheit. > Pflegeeltern müssen in der Lage sein, dem Kind, seiner Geschichte und seiner Herkunftsfamilie einfühlsam zu begegnen. > Pflegeeltern müssen flexibel und belastbar sein. > Pflegeeltern müssen das Bewerbungsverfahren (nähere Informationen dazu im Anhang) des Pflegekinderdienstes positiv abgeschlossen haben. > Zwischen Pflegeeltern und Pflegekind muss ein natürlicher Altersunterschied bestehen. > Grundsätzlich müssen alle Familienmitglieder mit der Aufnahme und Betreuung eines Pflegekindes einverstanden sein. > Für die Betreuung eines Pflegekindes muss genügend Wohnraum vorhanden sein. > Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Pflegekinderdienst und anderen Fachdiensten muss gegeben sein. > Der Nachweis der Unbescholtenheit wird von der Behörde geprüft. WER KANN EIN KIND IN PFLEGE NEHMEN? Jede Person, die die genannten Voraussetzungen erfüllt, kann ein Kind in Pflege nehmen, unabhängig davon, ob ledig, geschieden, verheiratet oder in Lebensgemeinschaft. Erfahrungen mit eigenen Kindern sind hilfreich, jedoch keine Voraussetzung. Auch kinderlose Paare und Alleinerziehende sind als Pflegeeltern geeignet. WIE KOMMT EIN KIND IN DIE PFLEGEFAMILIE? Der Pflegekinderdienst erhält von der Jugendwohlfahrt den Auftrag, für ein bestimmtes Kind bzw. für Geschwister einen geeigneten Pflegeplatz zu suchen. Anhand der Informationen über das Kind wählen die MitarbeiterInnen des Pflegekinderdienstes eine Pflegefamilie aus, von der sie annehmen, dass sie den Bedürfnissen dieses Kindes gerecht werden kann. Bei dieser Pflegefamilie wird konkret 2
3 angefragt und die künftige Pflegefamilie erhält alle Informationen über das zu vermittelnde Kind und seine Herkunftsfamilie. Im Zuge der Vermittlung organisieren die MitarbeiterInnen des Pflegekinderdienstes ein erstes Treffen zwischen Pflegekind und Pflegefamilie bzw. zwischen Pflegeeltern und leiblichen Eltern. Dieses erste Kennenlernen findet üblicherweise in den Räumlichkeiten des Pflegekinderdienstes statt. Wichtig ist in dieser Phase der Vermittlung, dass alle Beteiligten (Pflegekind, Pflegefamilie, Kindeseltern, Pflegekinderdienst) prüfen, ob ein stabiles Pflegeverhältnis gelingen kann. Ist dies der Fall, beginnt ein langsames Eingewöhnen des Pflegekindes in die Pflegefamilie. Beispielsweise verbringt das Kind mehrere Nachmittage und Wochenenden bei der Pflegefamilie. Diese Zeit ist für alle Beteiligten, insbesondere für das Kind sofern es das Alter erlaubt wichtig. Sie dient dem gegenseitigen Kennenlernen und erleichtert die definitive Entscheidung. Sind alle Beteiligten (Pflegekind, Pflegefamilie, Herkunftsfamilie, Pflegekinderdienst) mit der Inpflegegabe einverstanden, wird eine schriftliche Pflegevereinbarung unterzeichnet. Wenn Sie Interesse haben selbst ein Pflegekind aufzunehmen, bieten wir Ihnen die Möglichkeit zu einem ausführlichen Informationsgespräch. Wir bitten um telefonische Terminvereinbarung unter 05522/82253 (Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr) oder per (pkd@voki.at). 3
4 DAS BEWERBUNGSVERFAHREN Sie interessieren sich für die Aufnahme eines Pflegekindes? Wir informieren Sie, wie Pflegeeltern ausgewählt und vorbereitet werden: Informationsphase Bei einem Informationsgespräch erzählen wir Ihnen, wie ein Kind zum Pflegekind wird, welche Aufgaben und Rechte Pflegeeltern und leibliche Eltern haben und welche Rolle der Pflegekinderdienst dabei spielt. Wir stehen für alle Fragen zur Verfügung. Sie erhalten ein Datenblatt und ein Lebensberichtformular. Haben Sie nach wie vor Interesse, senden Sie diese Informationen im Zeitraum von spätestens einem Monat an den Pflegekinderdienst. Im Anschluss wird ein Termin für einen Hausbesuch vereinbart. Eignungs- und Vorbereitungsphase Diese Phase besteht aus drei Hausbesuchen, zwei Abendveranstaltungen und drei Tagesseminaren. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist für alle Pflegeelternwerber verpflichtend. Erster Hausbesuch: Bei diesem Besuch von zwei MitarbeiterInnen des Pflegekinderdienstes in Ihrer Familie möchten wir Sie etwas näher kennenlernen. Sie erzählen uns über Ihre Familie, und wir besprechen die von Ihnen ausgefüllten Unterlagen. Erstes Tagesseminar (Auswahltag): Nach dem Hausbesuch findet ein eintägiges Seminar (Auswahltag) an einem Samstag statt. Zentrales Thema ist es, gemeinsam mit anderen Pflegeelternwerbern 4
5 zu überlegen, was sich durch die Aufnahme eines Pflegekindes in der Familie ändern könnte. Weiters bitten wir Sie auch vier Fragebögen auszufüllen, die von uns ausgewertet werden. Zweiter Hausbesuch: Der Auswahltag wird mit Ihnen in einem zweiten Hausbesuch besprochen. Wir möchten Ihre sozialen Ressourcen kennen lernen und mit Ihnen gemeinsam überlegen, wie Ihre Umgebung auf die Aufnahme eines Pflegekindes reagieren könnte. Erste Abendveranstaltung: Rechte und Pflichten von Pflegeeltern Ziel dieses Abends ist es, Sie über Rechte und Pflichten der Pflegeeltern als auch die der leiblichen Eltern zu informieren. Zudem wird der Vermittlungsprozess des Kindes erläutert. Zweite Abendveranstaltung: Besuchskontakte des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie In dieser Veranstaltung werden vielfältige Möglichkeiten des Kontaktes zur Herkunftsfamilie besprochen. Zweites Tagesseminar: Beziehungsdynamik: Pflegekind - Pflegefamilie - Herkunftsfamilie" Die zukünftigen Pflegeeltern sollen für das Spannungsfeld, in dem sich ein Pflegekind befindet, sensibilisiert werden. Zudem werden charakteristische Integrationsphasen des Kindes in die Pflegefamilie vorgestellt. Drittes Tagesseminar (Vorbereitungstag): Inhalt dieses Seminars sind die Auswirkungen von Traumaerfahrungen auf die Verhaltensweisen des Kindes und wie Sie als Pflegeeltern damit umgehen können. Zudem beschäftigen wir uns mit dem Ansatz der Biographiearbeit - einer neuen Methode der Begleitung von Pflegekindern. Dritter Hausbesuch: Bei diesem Hausbesuch wird mit Ihnen die Eignungsbeurteilung besprochen. Gemeinsam wird das Bewerbungsverfahren reflektiert. Ihre konkreten Vorstellungen über das aufzunehmende Pflegekind (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand usw.), Vorstellungen über die Herkunftsfamilie und die Besuchskontakte werden erfasst. Vorarlberger Kinderdorf gemeinnützige GmbH Pflegekinderdienst Göfiserstraße Feldkirch T 05522/82253 (Mo bis Fr 8 bis 12 Uhr) pkd@voki.at KONTAKT 5
6 Liebe Pflegeeltern! In diesem Teil der Informationsbroschüre finden Sie alle rechtlichen, versicherungsrelevanten und finanziellen Aspekte, die bei der Aufnahme eines Pflegekindes für Sie von Bedeutung sind. Falls Sie diesbezüglich Fragen haben, so können Sie diese direkt an die MitarbeiterInnen des Pflegekinderdienstes richten. Rechtliche Grundlagen Was versteht der Gesetzgeber unter Pflegeeltern? Pflegeeltern sind Personen, die einen öffentlichen Auftrag der Jugendwohlfahrt hinsichtlich der Pflege und Erziehung eines Kindes übernehmen und dadurch ein elternnahes Verhältnis zum Kind aufbauen. Was sind Pflegeeltern? Pflege und Erziehung, gesetzliche Vertretung - was heißt das? Der Begriff der Obsorge. Unter dem Begriff Obsorge versteht man sämtliche Rechte und Pflichten gegenüber minderjährigen Kindern. Wer die Pflege und Erziehung eines minderjährigen Kindes inne hat, ist der Erziehungsberechtigte. Begriffsklärung Obsorge Die Obsorge umfasst folgende Bereiche: 1) Pflege und Erziehung Innenverhältnis: dies beinhaltet die Wahrung des körperlichen und seelischen Wohles und der Gesundheit des Kindes, die Aufsichtspflicht, die Förderung von Fähigkeiten und Neigungen des Kindes. Außenverhältnis: dies beinhaltet die rechtliche Vertretung des Kindes nach außen. Darunter fallen: das Recht den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Ferienlager, Urlaub, Internat...), die Anmeldung in Kindergarten und Schule, das Unterschreiben von Zeugnissen und Entschuldigungen, die Wahl des Arztes und der ärztlichen Behandlung, Anmeldung bei Freizeitveranstaltungen, etc. Pflege und Erziehung 6
7 2) Gesetzliche Vertretung des Kindes Darunter versteht man die Vertretung des Kindes gegenüber Gericht und Behörden. Die Änderung der Staatsbürgerschaft oder des Religionsbekenntnisses sowie eine Operation des Kindes verlangen die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Ebenso ist die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters bei unterschriftspflichtigen Anträgen oder Dokumenten (z.b. Pass, Lehrvertrag) notwendig. 3) Vermögensverwaltung Diese ist erforderlich, wenn ein Vermögen des Kindes vorhanden ist, z.b. Erbschaft. Gesetzliche Vertretung Vermögensverwaltung Was versteht man unter einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt? Wenn die Eltern / Erziehungsberechtigten die Pflege oder Erziehung eines minderjährigen Kindes nicht gewährleisten oder dabei Unterstützung benötigen, hat die Behörde (Bezirkshauptmannschaft -Abteilung Jugendwohlfahrt) dafür zu sorgen, dass erforderliche Maßnahmen getroffen werden, um das Wohl des minderjährigen Kindes zu sichern. Als Maßnahmen stehen zur Verfügung: a) Unterstützung der Erziehung: Die Eltern / Erziehungsberechtigten werden durch Maßnahmen unterstützt, die sie zur Pflege und Erziehung des Kindes befähigen. Dies kann nur mit Zustimmung der Kindeseltern erfolgen. Mit der Unterstützung der Erziehung sollen die Voraussetzungen für die Erziehung des Kindes in der eigenen Familie geschaffen bzw. erhalten werden. (Unterstützungsauftrag der Behörde an Familiendienste, Betreuung des Kindes bei einer Tagesmutter, im Hort, in einer Tagesheimstätte...). b) Volle Erziehung: Darunter versteht man die Herausnahme des Kindes aus seiner Herkunftsfamilie und die Unterbringung in einer Pflegefamilie oder Institution (z.b. Kinderdorf, Jupident, Wohngemeinschaft). Dies geschieht entweder auf freiwilliger Basis mit Zustimmung der Eltern oder wird durch das Gericht angeordnet. Maßnahmen der Jugendwohlfahrt 7
8 Wie kommt die Fremdunterbringung eines Kindes zustande? Welche Rechte und Pflichten werden dabei übertragen? Fremdunterbringung 1) Volle Erziehung mit Einwilligung der leiblichen Eltern: Die Kindeseltern schließen einen (privatrechtlichen) Vertrag mit der zuständigen Jugendwohlfahrt und geben die Pflege und Erziehung ihres Kindes freiwillig ab. Damit ist auch die Übertragung der rechtlichen Vertretung im Rahmen von Pflege und Erziehung miteingeschlossen. Die Behörde ihrerseits delegiert dann Pflege und Erziehung an die Pflegeeltern (im Innen und Außenverhältnis ). Wichtig: Im Falle der freiwilligen Inpflegegabe ist die Vereinbarung zwischen Kindeseltern und Jugendwohlfahrt jederzeit einseitig widerrufbar, d.h. das Kind kann rückgeführt werden. Allerdings obliegt es dann der Jugendwohlfahrt abzuklären, ob in diesem Fall das Wohl des Kindes weiterhin gesichert ist. 2) Volle Erziehung ohne Einwilligung der leiblichen Eltern Eine Fremdunterbringung ohne Zustimmung der Kindeseltern kann nur mittels Gerichtsbeschluss erfolgen. Dabei kann das Gericht den leiblichen Eltern die Pflege und Erziehung für ihr Kind entziehen und die Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie anordnen. Die Pflege und Erziehung des Kindes wird an Pflegeeltern übertragen. Die gesetzliche Vertretung und die Vermögensverwaltung für das Kind verbleibt bei den Eltern. den leiblichen Eltern die gesamte Obsorge für ihr Kind entziehen und an die Jugendwohlfahrt übertragen. Die Jugendwohlfahrt überträgt die Pflege und Erziehung an die Pflegeeltern, die gesetzliche Vertretung und die Vermögensverwaltung verbleiben bei der Jugendwohlfahrt. Pflegeeltern haben die Möglichkeit die gesamte Obsorge für ihr Pflegekind zu beantragen, wenn das Pflegeverhältnis langfristig geplant ist und zwischen den Pflegeeltern und dem Pflegekind eine Eltern-Kind nahe Beziehung entstanden ist. Mit Einwilligung der Eltern Ohne Einwilligung der Eltern Welche Rechte und Pflichten haben Pflegeeltern? Pflegeeltern erhalten Rechtsbefugnis, weil sie direkt von den Erziehungsberechtigten (leibliche Eltern), von der Jugendwohlfahrt oder durch das Gericht dazu ermächtigt werden. Rechte und Pflichten der Pflegeeltern 8
9 In jedem Fall wird den Pflegeeltern für die Dauer der Inpflegenahme die Pflicht der Pflege und Erziehung des Pflegekindes übertragen. Damit haben die Pflegeeltern die Aufsichtspflicht über das Pflegekind. Pflegeeltern können nach eigenem Ermessen die Aufsichtspflicht für einen festgelegten Zeitraum auch an andere geeignete Personen übertragen. Aufsichtspflicht Die Pflegeeltern sind zuständig für die Organisation und Gestaltung des Alltages dazu gehören : Erziehung und Anleitung des Kindes Versorgung des Kindes (Nahrung, Kleidung, zusätzliche Betreuung,...) Pflege des Kindes (Hygiene, Haarschnitt,...) Freizeitgestaltung (Hobbies, Urlaube, Vereine,...) Gesundheit (Arztbesuche, Therapietermine,...) Unterstützung in der Schule (Hausaufgaben, Sprechtage,...) Pflegeeltern sind im Rahmen von Pflege und Erziehung befugt die rechtliche Vertretung ihres Pflegekindes nach außen wahrzunehmen (Unterschrift auf Schulnachrichten, Entschuldigungen, Anmeldung im Kindergarten und in der Schule etc.). Rechtliche Vertretung im Rahmen von Pflege und Erziehung Pflegeeltern haben einen umfassenden Einblick in die Bedürfnisse des Kindes und sollen daher auch an Entscheidungen über das Wohl des Kindes mitwirken. Stellen leibliche Eltern Anträge ans Gericht (Übertragung der Obsorge, Rückführung, Besuchsregelung) werden auch Pflegeeltern geladen und vom Gericht angehört (Parteienstellung). Pflegeeltern sind vor dem Gesetz gleichrangig gegenüber leiblichen Eltern, Großeltern oder Stiefeltern. Sie haben das Recht, in allen das Pflegekind betreffenden Angelegenheiten oder Verfahren beim Pflegschaftsgericht Anträge zu stellen. Aufgrund dieses Antragsrechts können Pflegeeltern z.b. beantragen, bestehende Besuchsrechte der leiblichen Eltern abzuändern. Parteienstellung Antragsrecht Können Pflegeeltern den Namen ihres Pflegekindes ändern? Die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens des Pflegekindes ist grundsätzlich möglich. Rechtliche Grundlage dazu bietet das Namensänderungsgesetz. Eine Namensänderung ist dann sinnvoll, wenn dem Kind daraus Vorteile entstehen (z.b. Wunsch des Kindes nach Zugehörigkeit). Nur wenn den Namensänderung 9
10 Pflegeeltern die Obsorge übertragen wurde, können sie die Namensänderung bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft ohne Zustimmung der leiblichen Eltern beantragen. Die leiblichen Eltern werden von der beabsichtigten Namensänderung informiert und dazu angehört. Der Antrag auf Namensänderung bedarf der persönlichen Zustimmung des Pflegekindes über 14 Jahren, das Pflegekind im Alter zwischen 10 und 14 Jahren muss im Verfahren gehört werden. Welche Rechte haben leibliche Eltern? Leibliche Eltern haben in jedem Fall, unabhängig von der Obsorgeregelung, folgende Rechte Rechte leiblicher Eltern das Besuchsrecht das Informationsrecht das Äußerungsrecht Achtung: Nehmen die Eltern das Besuchsrecht nicht wahr, verwirken sie damit auch die anderen elterlichen Rechte. 1) Das Besuchsrecht: Leibliche Eltern haben das Recht, mit ihrem Kind persönlichen Kontakt zu pflegen. Grundsätzlich steht den leiblichen Eltern sowie den Großeltern des Pflegekindes ein Besuchsrecht zu. Dies wird in Absprache mit den Pflegeeltern, den Eltern bzw. Großeltern und dem Pflegekinderdienst vereinbart. Ziel des Besuchsrechtes ist es, den Kontakt zwischen dem Pflegekind und seiner Herkunftsfamilie aufrechtzuerhalten und den Eltern bzw. Großeltern die Möglichkeit zu geben, sich vom Wohlergehen des Kindes zu überzeugen. Das Ausmaß und der Umfang des Besuchsrechtes sind gesetzlich nicht geregelt. Sie hängen ab: vom Alter des Kindes vom psychischen Zustand des Kindes vom Grund für die Fremdunterbringung (belastende Erfahrungen des Kindes, z.b. Misshandlung, Vernachlässigung in der Herkunftsfamilie) von der seelischen und körperlichen Verfassung der Kindeseltern von der Art der Fremdunterbringung (Dauerpflege oder befristetes Pflegeverhältnis) Oberster Grundsatz jeder Besuchsregelung ist das Wohl und das Interesse des Kindes. Besuchsrecht 10
11 Wohlverhaltensklausel für besuchsberechtigte Elternteile: Beeinträchtigt ein Elternteil durch sein Verhalten das Verhältnis des Kindes zu den Pflegeeltern, können die Besuchskontakte durch das Gericht eingeschränkt werden. Besuchsbegleitung: Die MitarbeiterInnen des Pflegekinderdienstes übernehmen bei Bedarf die Begleitung der Besuchskontakte. Ebenso kann das Gericht dafür eine geeignete und hierzu bereite Person heranziehen. Wohlverhaltensklausel Besuchsbegleitung Gibt es bei den Besuchsregelungen keine Einigung, so muss das Gericht den Besuchskontakt regeln. Oberster Grundsatz jeder Besuchsregelung ist das Wohl des Kindes. Gegen den Willen eines 14-jährigen Kindes kann das Besuchsrecht nicht mehr durchgesetzt werden. Wodurch kann das Besuchsrecht eingeschränkt werden? Das Besuchsrecht kann nur per Gerichtsbeschluss aus Gründen, die eine Gefährdung des Kindeswohles darstellen, eingeschränkt oder untersagt werden. Einschränkung des Besuchsrechtes 2) Das Informationsrecht: Die leiblichen Eltern haben das Recht, von bedeutenden Ereignissen im Leben ihres Kindes informiert zu werden. Informationsrecht Dies umfasst: wesentliche Entwicklungen und Fortschritte des Kindes Gesundheitsfragen (Erkrankungen, Unfall, Spitalsaufenthalt,...) schulische Angelegenheiten (Schulwechsel, Wiederholen einer Klasse, Lehrabschluss,...) beabsichtigte Maßnahmen (die Änderung des Vor- oder Nachnamens, Eintritt in eine Glaubensgemeinschaft, der Erwerb einer Staatsangehörigkeit...) 3) Das Äußerungsrecht: Zu den unter Punkt 2 angeführten Belangen können sich die Eltern in angemessener Frist äußern. Äußerungsrecht Im besonderen Fall Eintritt in eine Glaubensgemeinschaft wird vom Gesetzgeber dem Wunsch der leiblichen Eltern besonderes Gewicht gegeben. Haben die leiblichen Eltern vor der Inpflegegabe den Glauben ihres Kindes bestimmt (Erstbestimmung), so kann diese sogenannte Erstbestimmung in Folge gegen den Willen der leiblichen Eltern nicht mehr Eintritt in eine Glaubensgemeinschaft 11
12 abgeändert werden. Hat diese Erstbestimmung des Glaubens nicht stattgefunden und können sich Pflegeeltern und leibliche Eltern nicht über den Glauben des Kindes einigen, so obliegt es dem zuständigen Vormundschaftsgericht auf Antrag der Pflegeeltern, nach Anhörung der leiblichen Eltern, über den Eintritt des Kindes in eine Glaubensgemeinschaft zu entscheiden. Rechte der Pflegekinder Das Pflegschaftsgericht hat Minderjährige in Verfahren über Pflege und Erziehung, Besuchskontakte oder bei geplanter Adoption tunlichst persönlich zu hören - ab dem 10.Lebensjahr verpflichtend, vor dem 10. Lebensjahr soll der Minderjährige durch Einrichtungen der Jugendhilfe angehört werden. Rechte der Pflegekinder Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können in Verfahren, die Obsorge oder das Besuchsrecht betreffend, selbstständig vor Gericht handeln. Ab dem 14. Lebensjahr kann der Minderjährige selbst über seinen Aufenthaltsort und die Ausübung von Besuchskontakten entscheiden. Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, er ist umso maßgeblicher, je mehr der Minderjährige einsichts- und urteilsfähig ist. Was ist bei Übernahme eines Pflegekindes zu beachten? Polizeiliche Meldung des Pflegekindes Nach Erhalt der Pflegebestätigung muss der neue Wohnsitz des Pflegekindes umgehend beim zuständigen Gemeindeamt bzw. Meldeamt bekannt gegeben werden. Dazu werden als Formulare die Pflegebestätigung und die Geburtsurkunde benötigt. Versicherungen des Pflegekindes: Versicherungsrechtlich sind Pflegekinder leiblichen Kindern gleichgestellt. Krankenversicherung Das Pflegekind wird gewöhnlich bei einem Pflegeelternteil als Angehöriger in der Krankenversicherung mitversichert. Es kann aber auch weiterhin bei den leiblichen Eltern mitversichert bleiben. Für die Anmeldung in der Krankenversicherung brauchen Pflegeeltern ebenfalls die Pflegebestätigung. Haftung für Schäden Pflegeeltern können das Pflegekind in ihre Haushaltsversicherung Polizeiliche Meldung des Pflegekindes Versicherung des Pflegekindes 12
13 aufnehmen lassen. Ob das Mitversichern eines Pflegekindes mit Mehrkosten verbunden ist, hängt von den jeweiligen Bedingungen der Versicherungsanstalten ab. Es ist hier von den Pflegeeltern zu prüfen, welche Leistungen ihre Haushaltsversicherung übernimmt. Private Zusatzversicherungen Auch hier wird die Gleichstellung von Pflegekindern mit leiblichen Kindern angewandt. Pflegefreistellung Jede/r ArbeitnehmerIn hat im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs die Möglichkeit auf Dienstfreistellung, wenn ein Angehöriger - dazu gehört auch das Pflegekind - erkrankt ist und der Pflege bedarf. Wann endet ein Pflegeverhältnis? Pflegefreistellung Wann endet das Pflegeverhältnis 1. Mit Eintritt der Volljährigkeit des Pflegekindes 2. Mit Ablauf der vereinbarten Pflegedauer oder 3. Wenn das Pflegschaftsgericht dies auf Antrag der leiblichen Eltern beschließt 4. Wenn das Pflegekind in eine Institution kommt z.b. Kinderdorf, Wohngemeinschaft 5. Auf Wunsch der Pflegeeltern, z.b. wenn sie mit der Pflege und Erziehung des Pflegekindes überfordert sind oder wenn die Belastung für die eigene Familie zu groß wird. In dieser Situation wirkt der Pflegekinderdienst bereits im Vorfeld beratend und unterstützend an der Entscheidung mit Finanzielle Leistungen Familienbeihilfe Pflegeeltern sind berechtigt, für ihr Pflegekind die Familienbeihilfe zu beziehen. Um die Familienbeihilfe für das Pflegekind zu erhalten, müssen die Pflegeeltern beim zuständigen Finanzamt einen Antrag stellen. Kinderabsetzbetrag Dieser wird ebenso beim zuständigen Finanzamt geltend gemacht. Mehrkindzuschlag Beim zuständigen Finanzamt kann ab dem dritten Kind der Mehrkindzuschlag im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung beantragt werden. Familienbeihilfe Kinderabsetzbetrag Mehrkindzuschlag Pflegegeld Das Pflegegeld ist eine Aufwandsentschädigung für den Unterhalt des Pflegekindes. Es setzt sich aus einem Grundbetrag Pflegegeld 13
14 (Regelbedarfssatz je nach Alter des Kindes) und einer Pauschalvergütung zusammen. Mit der Pauschalvergütung werden Ihre Leistungen und Aufwände als Pflegeeltern (z. B. Besprechungen, Fahrten zu Besuchskontakten,...). abgedeckt. Das Pflegegeld wird von der Jugendwohlfahrt bei Pflegeverhältnissen monatlich im Voraus an die Pflegeeltern ausbezahlt. Voraussetzung dafür ist die Übergabe einer Bankbestätigung an die Jugendwohlfahrt. Die Pflegeeltern erhalten das Pflegegeld 12 mal im Jahr. Verwandtschaftspflege unterliegt besonderen Bedingungen. Es liegt hier im Ermessen der Jugendwohlfahrt die Höhe des Pflegegeldbezuges festzustellen. Sozialversicherungsrechtliche Absicherung Pflegeeltern haben die Möglichkeit, freiwillig für sich eine Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung abzuschließen. Dafür ist der Abschluss eines Freien Dienstvertrages mit dem Vorarlberger Kinderdorf notwendig. Kinderbetreuungsgeld Für Pflegekinder die nach dem geboren sind, kann bis zum 30. Lebensmonat des Kindes das Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe über Antrag bei der jeweiligen Krankenkasse bezogen werden. Beabsichtigt der Pflegevater das Kind für 6 Monate zu betreuen, verlängert sich der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes bis zum 36. Lebensmonat des Kindes. Sozialversicherung Kinderbetreuungsgeld Alleinverdienerabsetzbetrag Das Pflegegeld hat meist keinen Einfluss auf den Alleinverdienerabsetz-betrag, da das Pflegegeld nur teilweise steuerlich als Einkommen gewertet wird. Bei Zusatzeinkommen gelten jedoch andere steuerliche Bedingungen. Ab zwei Pflegekindern entfällt der Alleinverdienerabsetz-betrag bei Abschluss eines freien Dienstvertrages. Sonderkosten Kosten, welche die alltäglichen und durch das Pflegegeld gedeckten Aufwendungen überschreiten, können nach Absprache mit dem Pflegekinderdienst als Sonderkosten verrechnet und vom Jugendwohlfahrtsträger übernommen werden. Dazu zählen Heilbehelfe aller Art, Brillen, orthopädische Schuheinlagen oder Zahnregulierungen, Impfungen, Aufwendungen für medizinische Behandlungen oder Therapien, Schulschikurse, Schulreisen, etc. Alleinverdienerabsetzbetrag Sonderkosten 14
15 Wohnbeihilfe Bei Bezug von Wohnbeihilfe muss die Aufnahme eines Pflegekindes bei der Wohnbeihilfenstelle gemeldet werden. Bei einem Mietverhältnis muss bei Aufnahme eines Pflegekindes der Vermieter informiert werden. Kostenersatz der leiblichen Eltern Die Kosten für die Unterbringung des Kindes auf einem Pflegeplatz werden vom Jugendwohlfahrtsträger in der Höhe der amtlichen Pflegegeldrichtsätze übernommen. Grundsätzlich sind die Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Kostenrückersatz verpflichtet. Dieser wird von der Behörde geltend gemacht. Wohnbeihilfe Kostenersatz der leiblichen Eltern 15
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