Aktuelle Rechtsprechung im Miet- und WEG-Recht
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- Daniela Schuler
- vor 8 Jahren
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1 Aktuelle Rechtsprechung im Miet- und WEG-Recht Veranstaltung vom Referent: Rechtsanwalt Andreas Reschke Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Borsbergstraße 7, Dresden Tel.: 0351/ ;
2 Einführung Der BGH hat in den letzten Jahren sowohl im Wohnungseigentumsrecht als auch im Mietrecht viele, z. T. bahnbrechende Entscheidungen gefällt. Keine Heiligen Kühe mehr. Auch erst kürzlich getroffene Entscheidungen werden korrigiert.
3 Für den Praktiker wird es dadurch nicht wirklich einfacher. Hier werden einige Punkte exemplarisch herausgegriffen, um die z. T. neue Rechtsprechung im Miet- und WEG-Recht anhand einiger Beispiele darzustellen.
4 Mietrecht A. Auswirkungen einer materiell fehlerhaften Betriebskostenabrechnung BGH: Entscheidung vom , Az.: VIII ZR 145/07: BK-Vorauszahlungen können durch Vermieter auch dann wirksam erhöht werden, wenn die BK-Abrechnung an materiellen (also inhaltlichen) Fehlern leidet. Spektakulär: Frage wurde im Rahmen eines Räumungsprozesses entschieden.
5 Fristlose Kündigung des Vermieters wurde darauf gestützt, dass Mieter trotz Aufforderung die verlangten erhöhten BK-Vorauszahlungen nicht geleistet hatte, weil die BK-Abrechnung nach der Auffassung des Mieters inhaltliche Mängel aufwies. Inhaltlicher Mangel der BK wurde zwar festgestellt. Darauf kommt es aber nicht an, weil die BK- Abrechnung formell in Ordnung gewesen sei und der Vermieter damit auch erhöhte Vorauszahlungen habe verlangen können.
6 Daraufhin in Beratung und Judikatur beachtet. Sogar Räumungsurteile darauf gestützt. Nunmehr: BGH gibt diese Rechtsprechung auf! BGH: Entscheidung vom , Az.: VIII ZR 246/11: BGH stellt fest, dass Anpassung der Vorauszahlungen nicht nur eine formell korrekte Abrechnung voraussetze, sondern eben auch eine inhaltlich korrekte Abrechnung.
7 Auch hier Streit um fristlose (hilfsweise ordentliche) Kündigung. BGH erklärt diese Kündigung für unwirksam, weil der für die Kündigung erforderliche Zahlungsrückstand nicht festzustellen sei. Eine Verpflichtung des Mieters zur Zahlung erhöhter BK-Vorauszahlungen habe nämlich nicht bestanden, weil die BK-Abrechnung, auf die die Forderung nach erhöhten Vorauszahlungen gestützt worden sei, u. a. auch inhaltliche Fehler aufgewiesen habe.
8 Grund: Nach 560 Abs.4 BGB kann jede Partei nach einer Abrechnung der BK durch Erklärung in Textform eine Anpassung der Vorauszahlung auf eine angemessene Höhe vornehmen. Erforderlich jedoch: Nicht nur formell ordnungsgemäße Abrechnung, sondern auch inhaltlich korrekte Abrechnung.
9 Abrechnung soll korrekt sein; bei späterer Abrechnung solle weder ein großes Guthaben des Mieters, noch eine hohe Nachforderung des Vermieters entstehen. Daher z. B. kein abstrakter Sicherheitszuschlag! Ansonsten Gefahr, dass Abrechnungsergebnis für die nächste Abrechnungsperiode verfälscht wird. Das Urteil des BGH ist juristisch wohl korrekt.
10 Für die Praxis problematisch! In Zukunft wird bei Räumungsklagen regelmäßig Streit darüber entstehen, ob die Kündigung auf einen Verzug gestützt werden kann, wenn der Mieter zumindest subjektiv Bedenken gegen die BK-Abrechnung hatte und deshalb die Erhöhung nicht gezahlt oder von einem vermeintlichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht. D. h., dass in der Praxis von den Instanzgerichten in vielen Verfahren möglicherweise auch inzident die Wirksamkeit von BK-Abrechnungen geprüft werden muss, was einen erheblichen Zusatzaufwand und damit eine Prozessverzögerung befürchten lässt.
11 B. Der Abschied vom Lärmprotokoll BGH: Entscheidung vom , Az.: VIII ZR 155/12: Anforderungen an Mängelrügen durch den Mieter deutlich ermäßigt! Bislang: Wollte Mieter die Miete wegen Lärmbelästigung mindern, musste er ein Lärmprotokoll (Art des Lärms; Lautstärke; Zeit usw.) vorlegen. BGH: Nicht mehr erforderlich!
12 Ausreichend: Angabe der Art der Beeinträchtigungen allgemein (zu welchen Tageszeiten; wie lange Lärm auftritt und wie laut ungefähr ganz grob). Vorlage eines konkreten Protokolls: Nicht erforderlich! Hintergrund des Rechtsstreits: Ein Mieter, der seit etlichen Jahren in einer Wohnung in Berlin lebte, musste feststellen, dass die übrigen Wohnungen im Hause durch den neuen Eigentümer nicht an normale Wohnungsmieter vermietet wurden, sondern an Touristen als möblierte Ferienappartements.
13 Dadurch Dauerparty! Appartements überwiegend an junge Touristen vermietet regelmäßige Störungen Mieter minderte Miete und verlangte gleichzeitig die Beseitigung des Lärms. Vermieter erklärt die fristlose Kündigung. Der Klage wurde durch die Vorinstanzen stattgegeben, weil der Mieter keinen substantiierten Vortrag gebracht habe.
14 BGH: Vortrag ausreichend: Dem Mieter ist nicht zumutbar, quasi Urlaub zu nehmen, um den Lärm dezidiert aufnehmen zu können. Vielmehr reiche die allgemeine Angabe, welche Art von Lärm, wann und über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz ungefähr der Lärm auftrete, durchaus hin.
15 WEG-Recht A. Kreative Maßnahmen der WEG zur Erhöhung des Hausgeldaufkommens BGH: Entscheidung vom , Az.: V ZR 147/11: BGH erteilt kreativen Maßnahmen einer WEG zur Erhöhung des Hausgeldaufkommens eine endgültige Absage.
16 Hintergrund: Miteigentümer zahlt Hausgeld nicht. Gemeinschaftlich kann Forderung gegen ihn nicht realisieren. Wohnung wird daraufhin veräußert. Nach Eintragung der Erwerber ins Grundbuch: Beschluss, wonach auch Beitragsrückstände des früheren Eigentümers in die neue Jahresabrechnung eingehen und den Erwerbern auferlegt werden. Beschluss; wird nicht angefochten; Erwerber wehrt sich erst später im Rahmen der von der Gemeinschaft erhobenen Hausgeldklage gegen die Forderung.
17 BGH hat nunmehr festgestellt, dass der von der Gemeinschaft gefasste Beschluss nichtig sei, so dass es auf die Versäumung der Anfechtungsfrist nicht ankomme. WEG habe insoweit nämlich die Beschlusskompetenz gemäß 28 Abs. 5 WEG gefehlt. Beitragsrückstände, insbesondere solche Rückstände früherer Eigentümer gehörten generell nicht zu dem Bestandteil einer Abrechnung i. S. v. 28 Abs. 3 WEG. Es handle sich vielmehr um abrechnungsfremde Positionen. Insoweit fehle der WEG die Beschlusskompetenz, so dass daraus die Nichtigkeit des Beschlusses folge.
18 B. Möglichkeiten der WEG, sich vom missliebigen Verwalter zu trennen Neue Tendenz: Wohnungseigentümergemeinschaften versuchen, sich von ihrem Verwalter zu trennen, ohne dass hierfür objektive Gründe vorliegen. Häufig: Neuer Eigentümer (z. T. auch neuer Mehrheitseigentümer) versucht, seinen Verwalter mitzubringen. Auch insoweit ist immer wieder ein gewisses Maß an Kreativität festzustellen.
19 Bsp.: Amtsgericht Dresden, Az. 151 C 2472/11: Versuch, den Verwalter mit der Argumentation abzuberufen und den Verwaltervertrag fristlos zu kündigen, er habe einem Wohnungserwerber die von diesem geforderten Belegkopien nicht rechtzeitig übermittelt. Bei dem neuen Eigentümer handelte es sich um einen Mehrheitseigentümer, der aus einer Zwangsversteigerung heraus einen Großteil der Wohnungen im Objekt erworben hatte und auf diese Art und Weise versuchen wollte, seinen eigenen Verwalter in die Verwaltung zu bringen. AG Dresden: Abberufungsbeschluss ungültig!
20 In diesem Zusammenhang sind zwei Entscheidungen des BGH bemerkenswert: I. Kein genereller Anspruch eines Eigentümers auf Abberufung des Verwalters BGH: Entscheidung vom , Az.: V ZR 105/11: Einzelner Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch auf Abberufung des Verwalters (selbst dann nicht, wenn es einen wichtigen Grund gibt).
21 Sachverhalt: Die bereits seit langen Jahren tätige Verwalterin wird für weitere fünf Jahre bestellt. Ein Miteigentümer will sich damit nicht abfinden und sucht daraufhin nach Vorwürfen, die man der Verwalterin vorhalten könne. Bemerkt Probleme bei Eintragungen in die Beschlusssammlung (Verzögerung von sechs Wochen); fehlende Eintragungsvermerke; weder Zeitpunkt noch Urheberschaft von Eintragungen seien dokumentiert worden usw.
22 Diese Probleme nahm der Eigentümer zum Anlass, die Verwalterin aufzufordern, eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, auf der über ihre Abberufung beschlossen werden sollte, was sie nicht tat. Daraufhin: Klage auf sofortige Abberufung. Klage bleibt ohne Erfolg, weil es keine gravierenden Pflichtverletzungen gegeben habe. Im Übrigen bestehe auch kein Anspruch darauf, die Verwalterin abberufen zu lassen. Dies gelte selbst, wenn man der Verwalterin erhebliche Verstöße gegen den Vertrag vorwerfen könne.
23 Die Gemeinschaft ist nicht verpflichtet, Verstöße mit einer fristlosen Kündigung des Verwaltervertrages und Abberufung des Verwalters zu ahnden. Vielmehr habe sie ein Auswahlermessen. Die Gemeinschaft könne auch entscheiden, dass sie trotz eines erheblichen Verstoßes mit der Verwalterin weiter zusammenarbeiten wolle. Beschluss der Gemeinschaft, die Abberufung zu verweigern, kann daher nicht mit Erfolg angegriffen werden.
24 Tendenz des BGH: Üblicherweise bei jeder Wohnungseigentümergemeinschaft auftretende Differenzen zwischen einzelnen Eigentümern und der Verwaltung bzw. der Gemeinschaft auf der anderen Seite sollen nicht zum Anlass für langfristige Prozesse genommen, sondern durch die Gemeinschaft weitgehend selbst entschieden werden. Versuche einzelner Eigentümer, der Gemeinschaft ihren Willen aufzuoktroyieren, wurde eine deutliche Absage erteilt.
25 II. Kein Anspruch auf Belegkopien Bestätigt auch im letzten BGH-Urteil, das hier skizziert werden soll: Urteil vom , Az.: V ZR 66/10: Einzelner Eigentümer hat keinen Anspruch auf Übersendung von Beleg- oder Abrechnungskopien. Auch Auskunftsanspruch zur Jahresabrechnung und zum Wirtschaftsplan steht ihm grundsätzlich nicht zu. Vielmehr: Unteilbare Leistung, die allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht.
26 Nur wenn diese davon trotz Verlangens von einzelnen Eigentümern keinen Gebrauch machen, können diese Eigentümer allein die Auskunft verlangen. Eigentümer hat nur dann Individualanspruch auf Auskunft, wenn sich das Verlangen auf solche Angelegenheiten bezieht, die ausschließlich ihn betreffen. Der BGH verneint hier den Anspruch auf Fertigung und Übersendung von ca. 100 Belegkopien und weist die Klage des Eigentümers zurück. Grund: Anspruch steht der Gemeinschaft und nicht dem einzelnen Eigentümer zu.
27 Ergebnis: Tendenz des BGH erkennbar, querulatorische Eigentümer in ihre Schranken zu weisen und der Verwaltung zu ermöglichen, ihr Tagesgeschäft auszuführen. Dort, wo funktionierende Eigentümergemeinschaften vorhanden sind und sich um die gemeinschaftlichen Angelegenheiten ordnungsgemäß kümmern, ist nach Auffassung des BGH kein individueller Anspruch eines einzelnen Eigentümers ersichtlich, darüber hinausgehende Informationen zu erhalten (und damit die Verwaltung quasi lahm zu legen ).
28 Beide in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des BGH machen deutlich, dass der BGH die ordnungsgemäße Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften im Blick hat, wozu es auch gehört, dass besondere Individualinteressen hinter die Belange der Gemeinschaft zurücktreten müssen. Die insgesamt aus den zitierten Entscheidungen deutlich werdende Tendenz des BGH, Ansprüche Einzelner nicht zu überspitzen, sondern im Interesse der Praktikabilität großzügig mit den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen umzugehen, ist im Ergebnis begrüßenswert. Es steht zu hoffen, dass diese Tendenz nicht durch neue überraschende Urteile ausgehöhlt wird.
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