Arbeitszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Gemeinschaftsschulen

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1 Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / Antrag der Abg. Georg Wacker u. a. CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Arbeitszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Gemeinschaftsschulen Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sie die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Gemeinschaftsschulen im Vergleich zu anderen Schularten bewertet; 2. ob sie einen erhöhten Arbeitsaufwand bzw. eine erhöhte Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg erkennen kann; 3. wie sie die Arbeitszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer an den Gemeinschaftsschulen im Vergleich zu anderen Schularten bewertet; 4. wie sie die in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschafts-(GEW)-Umfrage (veröffentlicht April 2014) identifizierte hohe Belastung bzw. die hohen Ausfallzeiten der Lehrerinnen und Lehrer an den Gemeinschaftsschulen bewertet; 5. wie hoch der Anteil der Krankheitstage an der Gemeinschaftsschule im Vergleich zu den Krankheitstagen der Lehrkräfte an anderen Schularten ist; 6. wie viele Versetzungsanträge an eine andere Schulart von Lehrerinnen und Lehrern einer Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2014/2015 bzw. zum kommenden Schuljahr 2015/2016 gestellt wurden (aufgeschlüsselt nach Stand - orten); Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

2 7. wie viele freiwillige Versetzungsanträge an eine Gemeinschaftsschule von Lehrerinnen und Lehrern einer anderen Schulart zum kommenden Schuljahr 2015/2016 gestellt wurden ohne verpflichtende Abordnungen bzw. Versetzungen (aufgeschlüsselt nach Standorten); 8. wie sie die Gemeinschaftsschulen und deren Lehrerinnen und Lehrer auf den zusätzlichen Mehraufwand an dieser Schulart (Inklusion, Heterogenität, niveau - übergreifendes Lernen etc.) unter dem Aspekt der Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer vorbereitet sieht Wacker, Wald, Traub, Röhm, Dr. Stolz, Kurtz CDU Begründung Die baden-württembergischen Lehrerinnen und Lehrer sind in kürzester Abfolge mit massiven Veränderungen an ihren Schulen konfrontiert worden: Einführung der Gemeinschaftsschule, Inklusion an allen Schularten, Ausbau der Ganztagsschule nach Landeskonzept, Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und der damit verbundene Anstieg der Heterogenität in den Eingangsklassen der Realschulen und Gymnasien, Schulschließungen wegen der regionalen Schulentwicklung und vieles mehr. Alle diese Veränderungen müssen von den Lehrkräften tagtäglich im Schulalltag aufgenommen und bewältigt werden. Ein damit verbundener erheblicher Anstieg der Arbeitsbelastung ist mehr als nachvollziehbar. In besonderem Maße sind die Lehrkräfte an den Gemeinschaftsschulen davon betroffen. Dies hat darüber hinaus Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit und Motivation der Lehrerinnen und Lehrer. Gerade die Arbeitszufriedenheit und Motivation der Lehrerinnen und Lehrer ist für die Antragssteller von zentraler Bedeutung, da davon auch der Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler in hohem Maße abhängig ist. Mit diesem Antrag soll die Anzahl der Versetzungsanträge von und an Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg abgefragt und die Landesregierung um Auskunft gebeten werden, wie sie die Arbeitsbelastung und Arbeitszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer von Gemeinschaftsschulen bewertet. Die von der GEW im April 2014 veröffentlichte Umfrage förderte erstmals alarmierende Zahlen zutage; die Belastung der Lehrkräfte an den Gemeinschaftsschulen sei aber seither eher noch angewachsen. 2

3 Stellungnahme Mit Schreiben vom 10. September 2015 Nr /6/1 nimmt das Ministe - rium für Kultus, Jugend und Sport zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sie die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Gemeinschaftsschulen im Vergleich zu anderen Schularten bewertet; 2. ob sie einen erhöhten Arbeitsaufwand bzw. eine erhöhte Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg erkennen kann; 4. wie sie die in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschafts-(GEW)-Umfrage (veröffentlicht April 2014) identifizierte hohe Belastung bzw. die hohen Ausfallzeiten der Lehrerinnen und Lehrer an den Gemeinschaftsschulen bewertet; An der in Ziffer 4 erwähnten Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nahmen landesweit knapp Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten teil. Die Befragung ergab, dass die Arbeitsbelastung an allen Schularten generell als hoch bewertet wird. An den Gemeinschaftsschulen empfinden laut der Um - frageergebnisse 90,71 Prozent der befragten Lehrkräfte die Arbeitsbelastung insgesamt als hoch bzw. als sehr hoch. Im Vergleich hierzu sind es an den Realschulen insgesamt 91,35 Prozent, an den Gymnasien 89,17 Prozent und an den Hauptschulen/Werkrealschulen 87,48 Prozent, die ihre Belastung als hoch bzw. sehr hoch einschätzen. Die Befragung ergab außerdem, dass auch Zeitmangel an allen Schularten generell als hoch bewertet wird. An den Gemeinschaftsschulen empfinden laut der Umfrageergebnisse 91,84 Prozent der befragten Lehrkräfte den Zeitmangel insgesamt als hoch bzw. als sehr hoch. Im Vergleich hierzu sind es an den Realschulen insgesamt 90,58 Prozent, an den Gymnasien 90,77 Prozent und an den Hauptschulen/Werkrealschulen 87,76 Prozent, die ihre Belastung als hoch bzw. sehr hoch einschätzen. Seit der Veröffentlichung der Umfrageergebnisse oben genannter Befragung hat das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die vorhandenen Unterstützungsangebote für die Lehrkräfte aller Schularten weiter ausgebaut, siehe dazu Ziffer wie sie die Arbeitszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer an den Gemeinschaftsschulen im Vergleich zu anderen Schularten bewertet; Der Aufbau einer neuen Schulart ist mit vielfältigen Herausforderungen ver - bunden. Gleichzeitig tragen verstärkte Gestaltungsmöglichkeiten auch zur Ar - beits zufriedenheit bei. Dem Kultusministerium liegen keine systematischen Er - hebungen zur Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften an Gemeinschaftsschulen vor. Gleich wohl weisen einzelne Rückmeldungen von Lehrkräften immer wieder auf eine hohe Arbeitszufriedenheit bei ihrer Tätigkeit an der Gemeinschaftsschule hin. 5. wie hoch der Anteil der Krankheitstage an der Gemeinschaftsschule im Vergleich zu den Krankheitstagen der Lehrkräfte an anderen Schularten ist; Jede Dienst- oder Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und deren voraussichtliche Dauer sind unverzüglich der Schulleiterin oder dem Schulleiter mitzuteilen (Teil C der Verwaltungsvorschrift Teilzeit, Urlaub, Dienst- und Arbeitsunfähigkeit, Zuständigkeiten in der Kultusverwaltung ). An der Schule ist über jede Lehrkraft ein Abwesenheitsblatt zu führen. Dieses verbleibt ebenso wie ärztliche Bescheinigungen an der Schule. Die Abwesenheitsblätter und die ärztlichen Bescheinigungen sind drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Bearbeitung des 3

4 Vorgangs abgeschlossen ist, zu löschen ( 86 Absatz 6 Landesbeamtengesetz). Aus diesem Grunde liegen dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport keine Erkenntnisse dazu vor. 6. wie viele Versetzungsanträge an eine andere Schulart von Lehrerinnen und Lehrern einer Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2014/2015 bzw. zum kommenden Schuljahr 2015/2016 gestellt wurden (aufgeschlüsselt nach Stand - orten); Eine Auswertung des Versetzungsverfahrens ergab folgende Versetzungsanträge von Lehrkräften an Gemeinschaftsschulen an andere Schularten: 2014: schulamtsübergreifende Anträge: 134 schulamtsinterne Anträge: : schulamtsübergreifende Anträge: 139 schulamtsinterne Anträge: 240 Es wird darauf hingewiesen, dass die Lehrkräfte bei ihren Versetzungsanträgen zwei gewünschte Schularten angeben können. Möglich ist ein Versetzungsantrag in eine oder in zwei andere Schularten, jedoch auch ein Versetzungsantrag innerhalb der gleichen Schulart. In den oben genannten Zahlen sind auch die Lehr - kräfte eingerechnet, die ggfs. u. a. eine Versetzung an eine Gemeinschaftsschule angegeben haben. Eine Aufschlüsselung der Daten nach Standorten ist nicht möglich. 7. wie viele freiwillige Versetzungsanträge an eine Gemeinschaftsschule von Lehrerinnen und Lehrern einer anderen Schulart zum kommenden Schuljahr 2015/2016 gestellt wurden ohne verpflichtende Abordnungen bzw. Versetzungen (aufgeschlüsselt nach Standorten); Versetzungsanträge sind grundsätzlich freiwillig. Hier ergab die Auswertung des landesinternen Versetzungsverfahrens folgende Zahlen: 2014: schulamtsübergreifende Anträge: 352 schulamtsinterne Anträge: : schulamtsübergreifende Anträge: 406 schulamtsinterne Anträge: 248 Auch hier gilt der Hinweis, dass die Lehrkräfte im Rahmen ihres landesinternen Versetzungsantrags zwei Schularten angeben können, an die sie versetzt werden möchten. Eine Aufschlüsselung nach Standorten ist hier ebenfalls nicht möglich. 8. wie sie die Gemeinschaftsschulen und deren Lehrerinnen und Lehrer auf den zusätzlichen Mehraufwand an dieser Schulart (Inklusion, Heterogenität, niveau - übergreifendes Lernen etc.) unter dem Aspekt der Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer vorbereitet sieht. Sowohl in der Ausbildung als auch in der Fortbildung werden Lehrkräfte auf eine Tätigkeit an Gemeinschaftsschulen vorbereitet. 4

5 Generell kann die Ausbildung der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter bzw. der Referendarinnen und Referendare in den Vorbereitungsdiensten in Teilen oder insgesamt an Gemeinschaftsschulen stattfinden. Dort lernen sie das pädagogische Angebot von Gemeinschaftsschulen im Bereich des individualisierten und selbstverantwortlichen Lernens kennen und setzen sich über den Austausch mit den dort arbeitenden Lehrkräften mit Themen wie Arbeitsbelastung und Arbeitszufriedenheit auseinander. Die Zahl der Anwärterinnen und Anwärter, die ihren Vorbereitungsdienst an einer Gemeinschaftsschule absolvieren, ist mit zunehmender Zahl der Gemeinschaftsschulen steigend. Darüber hinaus gibt es Kooperationen zwischen Seminaren und den Gemeinschaftsschulen. So haben Gymnasialreferendarinnen und Gymnasialreferendare die Möglichkeit, im Rahmen der schulischen Ausbildung ein min - destens einwöchiges Praktikum an einer Gemeinschaftsschule abzuleisten, welches von den Seminaren begleitet wird. Für die Gemeinschaftsschulen wurde ein differenziertes Fortbildungs- und Beratungsangebot zur Praxisbegleitung aufgebaut, das aus folgenden Bausteinen besteht: Begleitung durch ein Fachberater-Tandem (FBU/FBS) Im Rahmen der regionalen Lehrerfortbildung: Aufbau professioneller Lerngemeinschaften an der Schule Vernetzung auf regionaler und überregionaler Ebene durch die SSÄ und RPen Spezielle Wunschkurse für Gemeinschaftsschulen an der Landesakademie Bedarfsorientierte Fortbildungsmodule Für die Praxisbegleitung der Gemeinschaftsschulen wurden Tandems aus Fach - beraterinnen und Fachberatern Schul- und Unterrichtsentwicklung (FBS/FBU) an der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen (Landesakademie) speziell für die Begleitung der Gemeinschaftsschulen qualifiziert. Aufgabe der Tandems ist es, an den Gemeinschaftsschulen professionelle Lern - gemeinschaften zur Gestaltung der Veränderungs- und Lernprozesse aufzubauen und zu begleiten. Jede Gemeinschaftsschule hat die Möglichkeit, ein Tandem anzufordern. Im Rahmen der Implementierung des Bildungsplanes 2016 werden die Lehrerinnen und Lehrer der allgemein bildenden Schulen in fachspezifischen Fortbildungen fortgebildet. Lehrkräfte der Gemeinschaftsschule können sowohl an Fortbildungen zum Bildungsplan im Sek I-Bereich als auch an gymnasialen Fortbildungen teilnehmen. Dort setzen sie sich anhand konkreter Beispiele mit dem Unterricht auf unterschiedlichen Niveaustufen auseinander. Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport 5