Gefährdet der verzögerte Netzausbau den Vorrang der Erneuerbaren? Zur zukünftigen Rolle des Einspeisemanagements. Wietow,
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1 Gefährdet der verzögerte Netzausbau den Vorrang der Erneuerbaren? Zur zukünftigen Rolle des Einspeisemanagements Wietow, Rechtsanwalt Jens Vollprecht, Dipl.-Forstw. (Univ.) Rechtsanwalt Dr. Wieland Lehnert, LL.M. w w w. b b h o n l i n e. d e
2 Jens Vollprecht, Rechtsanwalt Dipl. Forstw. (Univ.) Tel.: 030 / Studium der Forstwissenschaften in Freiburg/Breisgau und Göttingen 1997 Diplom-Forstwirt Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen und Hamburg mit Schwerpunkt Umwelt- und Planungsrecht Studentischer Mitarbeiter an der Forschungsstelle Umweltrecht bei Prof. Dr. H.-J. Koch, Hamburg 2002 Erstes Juristisches Staatsexamen Referendariat in Niedersachsen (OLG Celle) 2004 Zweites Juristisches Staatsexamen seit 2005 Rechtsanwalt bei BBH-Berlin, seit 2011 Partner Counsel bei BBH Berlin umfassende Rechtsberatung im Bereich Erneuerbarer Energien, insb. für Anlagenbetreiber und Stadtwerke Mitarbeit am EEG-Kommentar von Altrock/Oschmann/Theobald Einspeisemanagement 2
3 Dr. Wieland Lehnert, Rechtsanwalt LL.M. Tel.: 030 / geboren 1975 in Jena Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen, Auslandssemester in Kaliningrad/Russland Mitarbeiter am Institut für Allgemeine Staatslehre und Politische Wissenschaften an der Universität Göttingen LL.M.-Studium an der Universität of Cape Town/Südafrika 2005 Promotion zu einem verfassungsvergleichenden Thema Seit 2005 Mitarbeiter bei BBH Berlin Referendariat in Berlin, Station u. a. beim Bundesumweltministerium Seit 2007 Rechtsanwalt bei BBH Berlin Tätigkeitsschwerpunkte: Recht der Erneuerbaren Energien mit Schwerpunkten in den Bereichen Vermarktung Erneuerbarer Energien, EEG-Ausgleichsmechanismus, Netzanschluss sowie Politikberatung Einspeisemanagement 3
4 Inhaltsübersicht 1. Problemstellung: Konkurrenz um Netzkapazität 2. Die Basis: Der Vorrang für Erneuerbare 3. Einspeisemanagement: aktueller Rechtsrahmen 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung 5. Neuer Rechtsrahmen durch Energiepaket Zukunft des Einspeisemanagements 4
5 1. Problemstellung: Konkurrenz um Netzkapazität (1) Fluktuierende dezentrale Energien (Wind/PV) ersetzen zusammen mit steuerbaren Kraftwerken (Gas) zentrale Grundlast-Kraftwerke (Kohle/Atom) Die Energiewende macht Netzausbau erforderlich Netzausbau dauert lang, länger als der Zubau an regenerativer Erzeugungskapazität Zubau kann nicht warten, sondern muss kontinuierlich fortgesetzt werden (genügen die Impulse der EEG- Novelle?) Anlagenzubau trotz zeitweise zu knapper Netzkapazität an den Stellen der regenerativen Erzeugung und hin zu den Verbrauchszentren Zukunft des Einspeisemanagements 5
6 1. Problemstellung: Konkurrenz um Netzkapazität (2) Einspeisemanagement nach 11 Abs. 1 EEG als Zwischenlösung: (Ab-) Regelung von Anlagen gegen Entschädigungszahlung Dabei: Zuteilungsentscheidung erforderlich Die Sache sollte eigentlich einfach sein: Vorrang der Erneuerbaren und von (fossilen) KWK- Anlagen Abregelung der konventionellen Kapazitäten Zukunft des Einspeisemanagements 6
7 1. Problemstellung: Konkurrenz um Netzkapazität (3) In der Realität ist die Sache aber komplizierter: Versorgungssicherheit muss gewährleistet werden Regel- und Ausgleichsenergie aus schnell regelbaren Kraftwerken muss vorgehalten werden ( Must-run-Units ) Hauptproblem: Wie bestimmt man die Fälle, in denen ein Weiterlaufen von konventionellen Kraftwerken bei gleichzeitiger Abregelung etwa von Windrädern ausnahmsweise zulässig, weil nötig ist? Zukunft des Einspeisemanagements 7
8 2. Die Basis: Der Vorrang für Erneuerbare Netzbetreiber müssen grds. gesamten angebotenen Strom aus EE vorrangig abnehmen, übertragen und verteilen ( 8 Abs. 1 EEG) Vorrang gegenüber Strom aus allen konventionellen Anlagen, die nicht in KWK betrieben werden Vorrang ist europarechtlich abgesichert, Art. 16 Abs. 2 RL 2009/28/EG Geltende Regelung zum Einspeisemanagement enthält keine Kollisionsregel für Zusammentreffen von EE- und fossilen KWK-Strom, seit EEG 2009 sind beide Erzeugungsarten im Grundsatz gleichgestellt Regelungen des EEG werden nach h. M. auf fossilen KWK- Strom übertragen Zukunft des Einspeisemanagements 8
9 3. Einspeisemanagement: aktueller Rechtsrahmen (1) Technische Voraussetzungen schafft 6 EEG: Fernsteuerbarkeit und Ermittlung der Ist-Einspeisung EEG- und KWK-Anlagen mit einer Leistung von über 100 kw dürfen nach 11 EEG bis zum Abschluss des Netzausbaus ausnahmsweise geregelt werden, soweit andernfalls Netzkapazität durch diesen Strom überlastet wäre, sichergestellt ist, dass insgesamt die größtmögliche Menge Strom aus Erneuerbaren Energien und KWK abgenommen wird und sie Daten der Ist-Einspeisung aus der jeweiligen Netzregion abgerufen haben Zukunft des Einspeisemanagements 9
10 3. Einspeisemanagement: aktueller Rechtsrahmen (2) Problemfälle zu 11 EEG: Anlagen bis 100 kw: str., ob gegenwärtig PV-Parks über 100 kw Anschlussleistung umfasst sind, EEG- Novelle klärt dies Direkt vermarkteter Strom ist einzubeziehen Sicherstellung der größtmöglichen Abnahme von Strom aus Erneuerbaren Energien ist kein Tatbestandsmerkmal, Entschädigungsregelung greift auch ansonsten (str.) Zukunft des Einspeisemanagements 10
11 3. Einspeisemanagement: aktueller Rechtsrahmen (3) Problemfälle zu 11 EEG (Fortsetzung): Vorliegen eines Netzausbaudefizits: Einspeisemanagement soll nur in Übergangszeit greifen, erforderliche, nicht abgeschlossene Baumaßnahme muss ursächlich für Engpass sein, bei bloßen Instandhaltungs- oder Wartungsarbeiten ist das nicht der Fall (str.) nicht entscheidend ist, ob Netzausbau für erneuerbare Energien durchgeführt wird und nicht etwa für konventionelles Kraftwerksprojekt (str.) Zukunft des Einspeisemanagements 11
12 3. Einspeisemanagement: aktueller Rechtsrahmen (4) Zur Entschädigungszahlung verpflichtet ist der Netzbetreiber, in dessen Netz die Ursache für Regelung des Netzes lag ( 12 Abs. 1 EEG) Grundsatz: Entgangene Erlöse abzüglich ersparter Aufwendungen Kosten für Entschädigung können gemäß 12 Abs. 2 Satz 1 EEG bei Kalkulation der Netznutzungsentgelte in Ansatz gebracht werden, wenn Maßnahme erforderlich war und wenn sie vom NB nicht zu vertreten war Zukunft des Einspeisemanagements 12
13 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (1) Maßnahmen gemäß 13 Abs. 1 EnWG Netzbezogene Maßnahmen nach 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnWG Maßnahmen, die Netzbetreiber selbständig durchführen kann z. B. Schalthandlungen, Spannungsanhebungen, Marktbezogene Maßnahmen nach 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG Maßnahmen, die Netzbetreiber aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen treffen kann z. B. Lastreduzierungen, Kraftwerksabschaltungen, Vereinbarungen nach 8 Abs. 3 EEG mit EEG- Anlagenbetreiber über bessere Netzintegration der Anlage Zukunft des Einspeisemanagements 13
14 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (2) Maßnahmen nach 13 Abs. 2 EnWG und 11 Abs. 1 EEG zunächst müssen konventionelle Kraftwerke gemäß 13 Abs. 2 EnWG (Notfallmaßnahmen) bis zum netztechnischen Minimum heruntergefahren werden (Konsequenz aus EEG-Vorrang) dann erst Maßnahmen nach 11 Abs. 1 EEG, also Abschaltung von EEG-Anlagen, soweit noch immer Netzengpass droht Maßnahmen gemäß 13 Abs. 2 EnWG bezüglich der verbleibenden Anlagen bleiben daneben denkbar Abgrenzungskriterien nach ggw. Rechtslage unklar Zukunft des Einspeisemanagements 14
15 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (3) Bei Kapazitätszuweisung ist zudem 7 KraftNAV zu beachten: Bis Ende 2010 angeschlossene Kraftwerke erhalten Vorrang bei Zugang zum Übertragungsnetz Norm will Errichtung von neuer Kraftwerkskapazität auch konventioneller Art aus Wettbewerbsgründen nicht an fehlender Netzkapazität scheitern lassen Vorrang des EEG-Stroms wird dadurch nicht eingeschränkt Überlegung: Verlängerung dieses relativen Vorrangs vor anderen Konventionellen für die dringend benötigten konventionelle Regelkraftwerke (Gas)? Maßnahmen nach 13 Abs. 2 EnWG sind nach geltender Rechtslage entschädigungslos hinzunehmen Zukunft des Einspeisemanagements 15
16 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (4) Problemfälle: Wann tritt der Vorrang der Erneuerbaren zurück, um Systemstabilität zu gewährleisten? Dies kann der Fall sein, wenn technische Gründe es erforderlich machen, dass eine eigentlich nicht bevorrechtigte (konventionelle) Anlage doch durchfahren darf und stattdessen die EEG-Anlage nach 11 EEG geregelt wird Zukunft des Einspeisemanagements 16
17 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (5) Konstellation 1: Must-run-Units Durchlaufen konventioneller Kraftwerke, damit diese technisch in der Lage sind, bei Bedarf Stromlücke zu schließen (etwa in Flaute oder bei Sturmabschaltungen) Hier spricht viel dafür, dass 11, 12 EEG greifen zuvor sind diese Kraftwerke aber auf netztechnisch erforderliches Minimum herunterzufahren Kernfrage: Was ist dieses netztechnische Minimum und wie kann transparenter Nachweis geführt werden? Zukunft des Einspeisemanagements 17
18 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (6) Konstellation 2: Nichtregelung von konventionellen Kraftwerken aus technischen Gründen Durchlaufen eines konventionellen Kraftwerks oberhalb des netztechnischen Minimums aus Gründen aus der Sphäre der Anlage, Kraftwerk ist also für Systemstabilität nicht erforderlich, dies führt zu einer Abregelung von EEG- Anlagen Auch hier spricht viel dafür, dass 11, 12 EEG zumindest analog greifen: denn Leistungsreduktion im Kraftwerk war ausnahmsweise tatsächlich nicht möglich EEG-Anlagenbetreiber soll daraus keinen Nachteil haben, so dass Entschädigung zu zahlen ist Netzbetreiber hat zudem auch keine falsche Zuteilungsentscheidung getroffen, so dass er Kosten in Netzentgelte einstellen darf Zukunft des Einspeisemanagements 18
19 4. Maßnahmen zur Kapazitätszuteilung (7) Konstellation 3: Nichtregelung von konventionellen Kraftwerken aus wirtschaftlichen Gründen Nachweis, dass Durchlaufen des konventionellen Kraftwerks aus technischen Gründen erforderlich war, scheitert dann erfolgte Durchlaufen des Kraftwerks und Abregelung der WEA lediglich aus wirtschaftlichen Gründen Selbst hier spricht viel dafür, dass die 11, 12 EEG zumindest analog greifen: EEG-Anlagenbetreiber, der geregelt wurde, soll (jedenfalls dann, wenn Netzbetreiber sich auf 11 EEG beruft?) nicht unter der rechtlich falschen Zuteilungsentscheidung leiden Netzbetreiber hat aber unkorrekte Zuteilungsentscheidung getroffen, so dass er Kosten nicht in Netzentgelte einstellen darf Zukunft des Einspeisemanagements 19
20 5. Neuer Rechtsrahmen durch Energiepaket (1) Grundsätze des 11 EEG bleiben erhalten Regelung von EEG-Anlagen und KWK-Anlagen zulässig Voraussetzung ist Netzengpass im jeweiligen Netzbereich oder in einem vorgelagerten Netz PV-Anlagen mit einer Leistung bis einschließlich 100 kw sind erst nachrangig gegenüber den übrigen EEG-Anlagen zu regeln, damit erste Regelung zur Abschaltreinfolge zwischen EEG-Anlagen; beachte auch 66 Abs. 7 EEG 2012 Umfassender Vorrang für EE und KWK, sofern nicht sonstige Erzeugungsanlagen zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes am Netz bleiben müssen Ermächtigung an BNetzA, Kriterien der Reihenfolge der Abschaltung festzulegen Zukunft des Einspeisemanagements 20
21 5. Neuer Rechtsrahmen durch Energiepaket (2) 12 Abs. 1 EEG 2012 (Härtefallregelung) teilweise sind nur noch 95 % der entgangenen Einnahmen zu entschädigen Entschädigung auch, wenn aufgrund Netzengpass im Sinne von 11 Abs. 1 EEG Regelung nach 13, 14 EnWG Netzbetreiber, in dessen Netz die Ursache für die Regelung nach 11 EEG liegt, hat Kosten der Entschädigung zu tragen Gegenüber AB haften NB, in dessen Netz Ursache für Regelung nach 11 EEG liegt und NB, an dessen Netz Anlage angeschlossen ist, gesamtschuldnerisch: Ggfs. muss sich NB, an dessen Netz die Anlage angeschlossen ist, Entschädigungszahlung von verantwortlichem NB Zukunft des Einspeisemanagements 21
22 5. Neuer Rechtsrahmen durch Energiepaket (3) 13 Abs. 2a Satz 3 EnWG sieht vor, dass dann, wenn die Gefährdung oder Störung auf einer Überlastung der Netzkapazität beruht, im Rahmen von Notfallmaßnahmen nach 13 Abs. 2 EnWG die speziellen Anforderungen nach den 11 und 12 EEG einzuhalten sind In Ausnahmefällen darf von den 11 und 12 EEG jedoch abgewichen werden, wenn die Einhaltung dieser Vorgaben die Beseitigung einer Gefährdung oder Störung verhindern würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der ÜNB zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes auf die Mindesteinspeisung aus bestimmten Anlagen angewiesen ist (netztechnisch erforderliches Minimum) Zukunft des Einspeisemanagements 22
23 5. Fazit (1) Spannungsverhältnis von 11 und 12 EEG und 13 Abs. 2 EnWG wird ansatzweise geregelt, wenn in 13 Abs. 2 EnWG bei Netzüberlastungssituation auch 11, 12 EEG einzuhalten sind; in Hinblick auf Entschädigung ist es dann unerheblich, worauf Netzbetreiber Abregelung stützt: Gleichklang Unsicher bleibt u.a., wie im Einzelfall das netztechnisch erforderliche Minimum zu bestimmen ist und welche Anlagen in den Kreis der Must-Run-Units aufzunehmen sind Unsicher bleibt zudem, wie mit den Fällen der Konstellation 2 umzugehen ist (technische Gründe für Durchfahren) und wie diese von ökonomisch begründeten Nichtabregelungen zu unterscheiden sind Zukunft des Einspeisemanagements 23
24 5. Fazit (2) Transparenz und Kontrolle von Kraftwerksbetreibern und insb. Netzbetreibern sind hier von wesentlicher Bedeutung Vorrang der Erneuerbaren darf im Dickicht der Regelungen zum Einspeisemanagement nicht entwertet werden Zukunft des Einspeisemanagements 24
25 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jens Vollprecht, Dipl.-Forstw. (Univ.) Rechtsanwalt Dr. Wieland Lehnert, LL.M. BBH Berlin Magazinstraße Berlin Tel.: Fax: BBH Brüssel Avenue Marnix Brüssel/Belgien Tel.: Fax.: BBH Köln KAP am Südkai Agrippinawerft Köln Tel.: Fax: koeln@bbh-online.de BBH München Untere Weidenstraße München Tel.: Fax: muenchen@bbh-online.de BBH Stuttgart Industriestraße Stuttgart Tel.: Fax: stuttgart@bbh-online.de w w w. b b h o n l i n e. d e Einspeisemanagment /
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