Wo man nach Daten suchen kann Labor, Feld, Scanner, Internet Methoden der Datenerhebung 1: Befragungen Methoden der Datenerhebung 2: Beobachtungen
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- Wolfgang Hafner
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1 DAS THEMA: DATENERHEBUNG I Wo man nach Daten suchen kann Labor, Feld, Scanner, Internet Methoden der Datenerhebung 1: Befragungen Methoden der Datenerhebung 2: Beobachtungen Wo man nach Daten suchen kann Labor- und Felduntersuchungen Biopsychologische Daten Daten aus dem Internet 1
2 DATENERHEBUNG IM LABOR Fokus: Daten unter möglichst kontrollierten Bedingungen in einem Forschungslabor erheben Sinnvoll bei: sehr störanfälligen Messungen/Fragestellungen, Verwendung von speziellen Geräten, sensiblen Messdaten Vorteile: höchste Kontrollierbarkeit der Untersuchungssituation, Kontrolle von Störvariablen, Verbindlichkeit der Situation Nachteile: artifizieller Charakter der Untersuchungen und damit möglicherweise der generierten Daten DATENERHEBUNG IM FELD Fokus: Daten mehr oder weniger dort sammeln, wo sie anfallen (z.b. in echten Situationen des täglichen Lebens, im Internet) Sinnvoll bei: weniger oder gar nicht störanfälligen Messungen/ Fragestellungen, Verwendung von einfachen Fragebögen, Beobachtungen von realen Situationen Vorteile: hohe ökologische Validität der Untersuchungssituationen, hohe Effizienz bei Datensammlung und Auswertung Nachteile: mögliche Störgrößen werden schlecht oder gar nicht erfasst 2
3 BIOPSYCHOLOGISCHE DATEN werden in der Regel im Labor erhoben, manchmal aber auch über mobile Geräte ihre Validität entscheidet sich an der Frage nach dem Verhältnis zwischen Körper und Psyche dem Leib-Seele-Problem Daten lassen sich peripher (außerhalb des ZNS) oder zentral ableiten PERIPHERE DATEN Elektrokardiogramm (EKG) misst Herzrate und Herzratenvariabilität und damit Aktivierungs- und emotionale Zustände Blutdruck ebenso Hautleitfähigkeit (elektrodermale Aktivität, skin conductance response) misst die galvanische Leitfähigkeit an der Oberfläche der Haut und damit Aktivierungs- und emotionale Zustände 3
4 PERIPHERE DATEN Elektrookulogramm (EOG) misst über die Spannung der Augenmuskeln die Blickrichtung und Blickdauer und damit Zuwendung und Aufmerksamkeit Eyetracker misst Blickbewegungen (Blickrichtung, Blickdauer, Sakkaden, Fixationen) per Kamera und damit ebenfalls Zuwendung und Aufmerksamkeit PERIPHERE DATEN Elektromyogramm (EMG) misst die Muskelspannung und damit Anspannung, Entspannung und affektive Zustände (z.b. Gesichtsmuskel Zygomaticus, der beim Lächeln aktiv ist) Messungen des Hormonspiegels aus Blut, Urin oder Speichel als Indikator für Stressreaktionen (z.b. Kortisol, Adrenalin) 4
5 DATEN DES ZNS Elektroenzephalogramm (EEG) misst an der Schädeloberfläche die Aktivität von Neuronenverbänden: Spontanaktivität misst den Grundzustand des Gehirns: Tiefschlaf (Delta), Übergang Wachen- Schlafen (Theta), Wachzustand entspannt (Alpha), Wachzustand unter Anstrengung (Beta) Evozierte Potenziale (ereigniskorrelierte Potenziale, event-raleted potentials, ERP) messen die Reaktion auf bestimmte Reize und damit etwa Aufmerksamkeit oder Überraschung DATEN DES ZNS Magnetenzephalogramm (MEG) misst an der Schädeloberfläche ebenfalls die Aktivität von Neuronenverbänden und damit die gleichen Indikatoren wie das EEG, jedoch mit höherer räumlicher und zeitlicher Auflösung 5
6 DATEN DES ZNS Computertomografie (CT) misst mit Röntgenstrahlen den Aufbau des Gewebes und damit die Struktur des Gehirns Positronenemissionstomografie (PET, SPECT) nutzt radioaktive Substanzen, die ins Blut gegeben werden und kann daher die Aktivität von Gehirnarealen messen DATEN DES ZNS Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspin) misst mit Hilfe von Magnetfeldern den Aufbau des Gewebes und damit die Struktur des Gehirns (mit höherer Auflösung als CT) Funktionelle Magnetresonanztomografie (fmrt) misst die Magnetfelddifferenzen zwischen sauerstoffarmem und sauerstoffreichem Blut und kann daher die Aktivität von Hirnarealen anzeigen 6
7 DATEN AUS DEM INTERNET Vorteile der Datenerhebung im Internet hohe Ökonomie: große Stichproben und schnelle Datenakquise per PC oder Smartphone, einfacher Zugang zu sonst schwer erreichbaren Teilnehmer/innen, geringer Personal- und Materialaufwand, Daten liegen direkt digital vor Wegfall von Versuchsleitereffekten diversere Stichproben bessere Anonymität und Freiwilligkeit Erschließung neuer Forschungsbereiche: z.b. soziale Interaktionen, Gruppenprozesse, Kommunikation, digitale Identitätsformung Vermeidung von Verzerrungen durch verdeckte Beobachtungen DATEN AUS DEM INTERNET Nachteile der Datenerhebung im Internet eingeschränkte Repräsentativität: Internetnutzer sind nicht repräsentativ für den Bevölkerungsdurchschnitt Selbstselektion: wer nimmt an Online-Studien teil? keine Kontrolle der Untersuchungssituation: halten die Personen die Instruktionen ein? keine Möglichkeit der Rückfragen an den Versuchsleiter mögliche ethische Risiken: Identifizierbarkeit von Individuen, eingeschränkter Schutz der Teilnehmer/innen aus der Ferne 7
8 Methoden der Datenerhebung 1: Befragungen Schriftliche Befragungen Mündliche Befragungen BEFRAGUNGEN Fokus: durch Befragungen sollen Informationen direkt von bestimmten Personen generiert werden; diese können sich auf den Befragten selbst richten (Selbstauskunft) oder auf andere Personen (Fremdauskunft) Mögliche Instrumente: einzelne Fragen, Fragebögen, Tests, Interviews Datenquellen: Labor, Feld, Internet Formen: mündlich und schriftlich Standardisierung: unstandardisiert (offene Fragen und Antworten), teilstandardisiert (Checklisten und Leitfragen), standardisiert (vorformulierte Fragen und teilweise auch Antwortoptionen) 8
9 SCHRIFTLICHE BEFRAGUNGEN Vorteile: hohe Ökonomie (Kostenersparnis, Zeitersparnis) Bequemlichkeit für die Befragten gute Erreichbarkeit der Befragten hohe Anonymität kein Interviewer-Einfluss hoher Standardisierungsgrad möglich Nachteile: oft geringe Rücklaufquoten oft unvollständige Daten ungenügende Kontrolle der Erhebungssituation mangelnde Flexibilität (z.b. bei Unklarheiten) MÜNDLICHE BEFRAGUNGEN Vorteile: hohe Flexibilität spontane Antworten non-verbale Reaktionen erfassbar Vollständigkeit der Daten geringere Verweigerungsquote Lese- und Schreibfähigkeiten nicht von Bedeutung Nachteile: geringere Ökonomie (hoher Zeit- und Kostenaufwand) eingeschränkte Anonymität mögliche Belästigung der Befragten starker Interviewer-Einfluss möglich geringerer Standardisierungsgrad 9
10 Methoden der Datenerhebung 2: Beobachtungen Formen von Beobachtungen Verhaltens-Codierungen Verzerrungen bei Beobachtungen BEOBACHTUNGEN Fokus: durch Befragungen sollen Informationen über das Erleben und Verhalten von Personen indirekt erhoben werden Mögliche Instrumente: Checklisten, Bewertungsbögen, alle Arten von Daten aus Messinstrumenten Datenquellen: Labor, Feld, Scanner, Internet Formen: offen/verdeckt, teilnehmend/nicht-teilnehmend Standardisierung: unstandardisiert (keine besonderen Beobachtungskriterien), teilstandardisiert (fokussierte Beobachtung, aber noch keine festgelegten Kategorien), standardisiert (festgelegte Beobachtungskategorien) 10
11 FORMEN VON BEOBACHTUNGEN teilnehmend (Beobachter ist Teil des Geschehens) nicht teilnehmend (Beobachter ist außerhalb) offen (Beobachtete wissen von der Beobachtung) z.b. Therapeut bei einer Verhaltens- ExposiLon z.b. klassische Datenerhebung im Scanner oder Labor verdeckt (Beobachtete wissen nichts von der Beobachtung) z.b. KommunikaLons- Forscher in einem Chat z.b. Verhaltensbeobachtung durch eine Einwegscheibe VERHALTENS-CODIERUNGEN umfangreiche Verhaltens-Beobachtungen sind oft aufwändig und schwierig es empfiehlt sich daher die Aufzeichnung der relevanten Situationen um die Güte der Untersuchung sicherzustellen, werden häufig sog. Beobachtungssysteme eingesetzt, die genau festlegen, was beobachtet werden soll (Was sind die relevanten Verhaltensweisen, Ereignisse oder Merkmale? Was fällt in eine Kategorie?) wann und wo beobachtet wird wie die Daten zu protokollieren sind wie die Daten auszuwerten und zu interpretieren sind höhere Güte wird auch durch den Einsatz mehrerer Beobachter erreicht, deren Übereinstimmung durch die Interrater-Reliabilität bestimmt wird (Maßzahl dafür ist Cohens Kappa κ) 11
12 VERZERRUNGEN BEI BEOBACHTUNGEN Halo-Effekt: der Gesamteindruck oder ein besonders dominierendes Merkmal überstrahlt die Wahrnehmung (z.b. Attraktivität) Erwartungseffekte: selektive Wahrnehmung oder (meist unbeabsichtigte) Beeinflussung der Untersuchungssituation (auch: Rosenthal-Effekt, Pygmalion-Effekt, selbst-erfüllende Prophezeiung) Observer drift: Veränderung des Beobachtungs-Modus (z.b. durch Ermüdung, nachlassende Motivation, zunehmende Vertrautheit mit dem Beobachtungsgegenstand) BEFRAGUNGEN/BEOBACHTUNGEN STECKBRIEF bei Befragungen werden Daten direkt von Personen erhoben Ziel kann die eigene oder eine andere Person sein Befragungen können schriftlich oder mündlich erfolgen sie können sich nach dem Grad ihrer Standardisierung unterscheiden bei Beobachtungen werden Daten indirekt erhoben sie können sich ebenfalls nach dem Grad ihrer Standardisierung unterscheiden Beobachtungen können offen vs. verdeckt und teilnehmend vs. nicht-teilnehmend sein beim Codieren von Verhalten werden meist Beobachtungssysteme verwendet und mehrere Beurteiler herangezogen Beobachtungen können Verzerrungs-Effekten unterliegen 12
13 LITERATUR Bühner, M. (2003). Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion. München: Pearson. Huber, O. (1995). Das psychologische Experiment: Eine Einführung. Bern: Huber. Hussy, W., Schreier, M. & Echterhoff, G. (2010). Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften. Heidelberg: Springer. Schäfer, T. (2010). Statistik I. Deskriptive und Explorative Datenanalyse. Wiesbaden: Springer VS. Sedlmeier, P. & Renkewitz, F. (2013). Forschungsmethoden und Statistik: Ein Lehrbuch für Psychologen und Sozialwissenschaftler. München: Pearson. 13
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