Psychiatrische Krankheiten und Störungen. 3. Manie. Manisch-Depressives Syndrom (Zyklothymie). Schizoaffektive Psychose
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- Hannah Lenz
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1 Psychiatrische Krankheiten und Störungen 3. Manie. Manisch-Depressives Syndrom (Zyklothymie). Schizoaffektive Psychose
2 1. Manisches Syndrom ICD 10 (mindestens 1 Woche Dauer): F 30. DSM IV: Manische Störung mit oder ohne psychotische Symptome Epidemiologie: Lebensprävalenz: 2-3% Am häufigsten zwischen 3. und 4. Lebensjahrzehnt Ätiologie, Pathogenese (biologisch): Gestörter Serotoninstoffwechsel (erhöht in Thrombozyten); mögliche zusätzliche Störung des Katecholamin- und GABA-Stoffwechsels i.s. einer Überfunktion
3 Symptomatik: Euphorische Stimmung (kann jedoch plötzlich in Dysphorie und Reizbarkeit umschlagen), überbordender Optimismus, Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, Verlust der affektiven Kontrolle, Hemmungslosigkeit, Erregung, Hyperaktivität Zusätzlich meistens Logorrhö, verkürzte Schlafdauer, Überempfindlichkeit, unkritische Sprache, Emotionalität und Verhalten. Allgemeine Einsichtslosigkeit ("Aber im Gegenteil, mir geht es sehr gut ), Ablehnung von Therapie, Konflikte mit der Umgebung Viele Patienten neigen zu hemmungslosem Kaufen und können dadurch (sowie ihre Angehörigen) in deutliche finanzielle oder soziale bzw. juristische Schwierigkeiten geraten In der psychotischen Form zusätzlich paranoide Ideen oder auch Halluzinationen, Megalomanie, oft Aggressivität. Bei Vorhandensein von mindestens 1 (besser 2) psychotischen Symptomen spricht man von Schizoaffektiver Psychose Hypomanie ist ein weniger ausgeprägtes, oft subklinisches oder grenzwertiges Bild. Kommt z.b. bei manchen Künstlern oder Unternehmern mit riskanten Projekten vor, begleitet von Hyperaktivität, Enthusiasmus und kreativen bis bombastischen Ideen.
4 Differentialdiagnosen: - Organische Störungen, z.b. durch Drogen oder Alkohol - Schizoaffektive Störung - Hirntumoren, v.a. frontal (symptomatisches maniformes Bild) - Multiple Sklerose Therapie: 1. Pharmakologisch: Neuroleptika Sedativa Stimmungsstabilisatoren (v.a. bei bipolaren Störungen) 2. Psychotherapie: Im Anschluss an die medikamentöse Behandlung, optimalerweise in den normalen Phasen, da Motivation sonst allgemein gering oder nicht vorhanden Stationäre Behandlung oft indiziert Fallbeispiel: Frau mit frontalem Meningiom.
5 2. Bipolare affektive Störung (manisch-depressive Psychose, manisch-depressives Syndrom, Zyklothymie) ICD 10: F 31. DSM: 296 Wechselndes klinisches Bild zwischen Phasen mit depressiver und manischer Symptomatik. Bei häufigem Wechsel der Phasen spricht man von rapid cycling Form. Symptomatik oft schwerwiegend. Leichtere Formen kommen auch vor, mit weniger intensiven manischen und/oder depressiven Phasen. DSM-IV differenziert zwischen: Bipolar I (schwere Form) Bipolar II (milde Form, v.a. mit manischen Symptomen) Rapid cycling Form (mehr als 4 Episoden pro Jahr). Prävalenz der Bipolar-I-Form: 1-2%, bei allen Formen über 5%. Erste Manifestation meist zwischen 15. and 30. Lebensjahr. Männer und Frauen gleich betroffen.
6 Ätiopathologie: Zwillings- und Adoptionsstudien zeigen in Richtung einer genetische Ätiologie, verbunden mit unterschiedlichen chromosomalen Loci. Biochemische Studien ergaben höhere Dopamin- und Noradrenalinspiegel und niedrigere Acethylcholinspiegel bei Manie; das Gegenteil bei der Depression. Hohe intrazelluläre Kalciumkonzentrationen wurden sowohl bei der Manie als auch der Depression gemessen. Die rapid cycling Form kommt in 50% in Verbindung mit einer Störung des Schilddrüsen- Stoffwechsels vor. Der Hirnstoffwechsel (gemessen durch PET) ist allgemein reduziert bei der Depression und erhöht bei der Manie. Wichtige life events gehen oft einer manischen Episode vor. Gegenübertragung: Besonders bei der Manie sind intensive, abgewehrte Angst und offene Aggression spürbar. Die Aggression kann oft nur im Rahmen der manischen Symptomatik ausgelebt werden. Die Depression ist auch eng mit Angst und Aggression verbunden (Freud, Abraham). Aggression ist jedoch durch Schuldgefühle blockiert; Angst ist immer vorhanden, aber oft betäubt. Die gleichen Hirnareale sind für beide zuständig.
7 Symptomatik: Unterschiedliche Intensität der einzelnen Episoden (vgl. DSM- Klassifikation). Zwischen den Episoden kommen normale Phasen unterschiedlicher Dauer vor. In diesen Phasen hat die Psychotherapie die besten Chancen. Anfang oft mit einer langen depressiven Phase, die plötzlich in eine manische Symptomatik umschlägt. In einigen Fällen koexistieren manische and depressive Symptome. Tiefenpsychologisch stellen die manische und die depressive Symptomatik zwei Seiten derselben Medaille dar: Depression (begleitet von Angst und Aggression) ist immer unter den manischen Symptomen spürbar. Letztere werden vom Patienten als Abwehr der depressiven Symptomatik benutzt. D
8 Differentialdiagnose: Wie beim manischen Syndrom Klinischer Verlauf und Prognose: Rückfall innerhalb von 5 Jahren in ca. 75%. Durchschnittlich bis 8-10 manische Episoden. In ca. 40% die bipolare Störung wird chronisch. Schlechte Prognose verschlimmert durch Arbeitslosigkeit, Alcohol und inkonsequente Medikation. Prognose schlechter bei Männern. Rapid cycling Form in 5 20%. Schlechte Prognose mit hoher Suizidalität bzw. Mortalität.
9 Therapie: Psychopharmakologisch: Antidepressiva in den depressiven Phasen. Manische Phasen s.o. Stimmungsstabilisatoren als Prophylaxe (Lithium, Carbamazepin [Tegretal], Valproat). V.a. in der rapid cycling Form wirksam (bis 85% weniger Rezidive), manchmal auch in monopolaren Formen der Depression, kombiniert mit Antidepressiva. Blutspiegelmessung wichtig. Lithium Nebenwirkungen: Tremor, Müdigkeit, Muskelschwäche, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Unterleibschmerzen, kardiale Symptome mit EKG-Veränderungen, Ödeme, Gewichtzunahme, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Akne. Intoxikation nicht selten, wenn kein Monitoring. Teratogene Wirkung (hohe Plasmakonzentration in utero). Valproat und Carbamazepin zeigen weniger Nebenwirkungen, sind aber auch weniger wirksam.
10 Tiefenpsychologische / Analytische Psychotherapie: Identifikation mit Elternfiguren, die depressive bzw. manische Züge zeigen. Hohe familiäre Alkoholismusrate. In bipolaren oder prädominant manischen Patienten ist die Gefahr des Therapieabbruchs aus fehlender Motivation hoch. Complianceproblem in den manischen Phasen, mit Unterbrechung der Medikation. Daher im allgemeinen schlechte Prognose Stationäre Einweisung in Bipolar-I und rapid cycling Form unvermeidbar.
11 Fallgeschichte Diskussion Literatur Frances A; Doherty JP; Kahn DA (1996): Treatment of bipolar disorder. J. Clin. Psychiatry 57 (Supplement) Goodnick PJ (Ed.) (1998): Mania. Clinical and Research Perspectives. Washington DC: American Psychiatric Press Huber, G. (2005): Psychiatrie. 7. Aufl. Stuttgart: Schattauer Kaplan & Sadock's Synopsis of Psychiatry (2003) (KSSP). Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins, Möller, H.-J.; Laux, G.; Kapfhammer, H.-P. (Hrsg.) (2011): Psychiatrie und Psychotherapie, 4. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer
12 3. Schizoaffektive (schizomanische, schizodepressive) Psychose ICD: F 25 DSM: Psychiatrische Störung mit gleichzeitig schizophrener und manischer bzw. depressiver Symptomatik. Symptome, klinischer Verlauf und Prognose: Der klinische Verlauf ist zyklisch wie bei der bipolaren Störung. In der Regel rezidivierend, mit unterschiedlich langen normalen Intervallen. Die affektiven Symptome (depressive or manische) zeigen meist höhere Intensität als bei der Schizophrenie. Keine Residualsymptome wie in der Schizophrenie.
13 Therapie: 1. Neuroleptika, Phasenprophylaxe, oder kombiniert. Die kombinierte Behandlung ist die Therapie der Wahl in mittelschweren und schweren Fällen. 2. Elektrokonvulsive Behandlung (wie in Major depression) als ultima ratio. 3. Psychotherapie Möglich in den normalen Intervallen (s.o.) Fallbeispiel Literatur s. Bipolare Störungen
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