Teil III: Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung
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- Waltraud Reuter
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1 Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung 91 Teil III: Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung 8 Prozesslenkung und -verbesserung Die Implementierung des Prozessmanagementgedankens in Projektform bringt einen einmaligen Innovationsschub im Hinblick auf Strukturveränderungen, Unternehmenskultur und Führungsverhalten. Jedes Unternehmen steht aber im Wettbewerb und ist damit gezwungen, sich permanent weiterzuentwickeln. Ein Unternehmen, das diesen Grundsatz missachtet und glaubt, sich auf einer temporären Spitzenposition ausruhen zu können, wird schneller als erwartet die Quittung für diese Lethargie spüren. Der letzte und wichtigste Schritt auf dem Weg zu einem prozessorientierten Unternehmen besteht daher darin, den Prozesslenkungs- und Verbesserungsprozess als laufende Aufgabe in den Köpfen der Belegschaft und organisatorisch zu verankern. Prozessmanagement muss zu einem Werkzeug entwickelt werden, das hilft, neue Ziele im Sinne einer laufenden Anpassung an die sich ständig verändernden Umfeldbedingungen zu erreichen. Harrington verwendet den Begriff improvement : Improvement of a process means changing a process to make it more effective, efficient and adaptable. [15] Hinterhuber betont im Zusammenhang mit der Verbesserung von Prozessen die ständig notwendige Anpassung an sich wandelnde Nutzenerwartungen der Kunden. [16] 8.1 Prozesslenkungssystem Eine funktionierende Prozesslenkung setzt voraus, dass Informationen über die tatsächlich gelebten Abläufe vorhanden sind. Die Identifikation von Verbesserungspotenzialen im Prozess ist nur möglich, wenn die Gremien der Prozessführung wissen, wie der tatsächliche Bearbeitungsverlauf aussieht und wie dieser vom Soll-Verlauf abweicht. Zur Lenkung müssen die Prozesse mit Hilfe eines geeigneten Kennzahlensystems fortlaufend beobachtet werden. Die erhaltenen Informationen zeigen an, ob in den Prozess eingegriffen werden muss oder nicht. Werden jedoch nicht rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergriffen, ist das Auswerten von Kennzahlen wertlos. Abb. 8-1 stellt das Prozesslenkungssystem in Form eines Regelkreismodells dar.
2 92 Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung Informationen über die Prozessgüte mit der Stimme des Prozesses Prozess Maßnahmen am Prozess Mensch Maschine Material Methode Milieu Prozessoutput Kunde Informationen über die Prozessgüte mit der Stimme des Kunden Prozess Abb. 8-1: Prozesslenkungssystem als Regelkreismodell Der Prozess bezieht sich auf die Gesamtheit der an der Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung beteiligten Elemente. In der Praxis spricht man in diesem Zusammenhang häufig von den so genannten 5 M s (Mensch, Maschine, Material, Methode und Milieu). Prozessoutput Unter Prozessoutput sind sämtliche Prozessleistungen, d.h. alle Produkte, und Dienstleistungen zu verstehen, die von dem betrachteten Prozess realisiert und zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Kunde Kunden sind diejenigen, die den Prozessoutput (Produkte, Dienstleistungen) nachfragen. Kunden sind somit auch weiterverarbeitende Abteilungen bzw. nachfolgende Prozesse. Informationen über die Prozessgüte mit der Stimme des Prozesses Bei der Stimme des Prozesses handelt es sich um die Fähigkeit des Prozesses, definierte Prozessziele hinsichtlich Qualität, Zeit und Kosten kontinuierlich zu erbringen. Ursachen für Zielabweichungen können einerseits im Zusammenspiel der einzelnen Prozesselemente (5 M s) untereinander liegen, können aber auch in vorgelagerten Prozessen begründet sein. Informationen über die Prozessgüte mit der Stimme des Kunden Bei der Stimme des Kunden handelt es sich um die Zufriedenheit des Kunden mit dem Prozessoutput. Entspricht der Prozessoutput nicht den Kundenerwartungen
3 Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung 93 und geht man davon aus, dass die Produkte/Dienstleistungen den definierten Spezifikationen entsprechen, dann resultiert die Kundenunzufriedenheit entweder aus einer fehlerhaften Erfassung der Kundenwünsche oder einer Änderung des Kundenverhaltens, d.h. einer Änderung der Kundenerwartungen. Maßnahmen am Prozess Hier geht es um Maßnahmen, die gesetzt werden, um die definierten Prozessziele kontinuierlich zu erreichen und Kundenzufriedenheit sicherzustellen. Die Maßnahmen können von Veränderungen an der Infrastruktur bis zu Personalentwicklungsmaßnahmen reichen. Hinweis: In dem dargestellten Regelkreismodell wird davon ausgegangen, dass der dargestellte Kunde Lieferant für den nachfolgenden Prozess ist. Unter diesem Gesichtspunkt und aus Übersichtlichkeitsgründen wurde daher bewusst auf die Abbildung der Lieferanten-Prozess-Beziehung verzichtet. 8.2 Prozessverbesserungsmodell Ständige Verbesserung ist keine Methode, die nach Belieben angewendet werden kann, sondern vielmehr ein gedankliches Modell. Abb. 8-2 zeigt dieses Modell als ein durch herausfordernde Prozessziele ständig angetriebenes, endlos weiterrollendes Rad. [4] PLAN herausfordernde Prozessziele ACT Werte die Lernerfolge aus und handle danach Überprüfe und beurteile das Ergebnis CHECK Plane die Verbesserungsmaßnahmen KVP DO Probiere die neue/geänderte Lösung aus Betont die Aspekte des zielorientierten Planens und Handelns der ständigen Verbesserung (KVP) durch die Rad-Darstellung Abb. 8-2: Prozessverbesserungsmodell Die Achse des Rades, um die sich alles dreht, ist der KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess)-Gedanke nach dem Motto Es gibt nichts, was man nicht besser machen könnte! Um diese Achse sind die vier Phasen Plan, Do, Check und Act
4 94 Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung angeordnet. Unabhängig von Komplexität oder Umfang der zu bewältigenden Aufgabenstellung sind diese Phasen zu durchlaufen. Sie betonen die Notwendigkeit eines zielorientierten Planens und Handelns. Für das notwendige Drehmoment sorgen ständig vorhandene herausfordernde Zielsetzungen. Hinweis: In der Literatur wird dieses Modell häufig auch als Problemlösungsmodell vorgestellt. In diesem Fall wird das PDCA-Rad nicht von herausfordernden Zielen, sondern von internen oder externen Kundenreklamationen getrieben und ist somit vergangenheitsorientiert Herausfordernde Prozessziele Um die Prozesse permanent in den Verbesserungskreislauf einzubeziehen, sind bei Erreichung der Zielvorgaben neue herausfordernde Ziele zu definieren (automatic target setting). Eine solche Vorgehensweise garantiert, dass jeder Prozess adäquat am kontinuierlichen Verbesserungskreislauf partizipiert. Der Begriff Ziel wird in der Praxis häufig missverstanden. Fragt man nach Zielen, werden häufig Vorhaben bzw. laufende Projekte genannt. Die Einführung von Knowhow-Datenbanken, Rapid-Prototyping, Simulationsmöglichkeiten, PPS-Systemen etc. sind keine Ziele aus unternehmerischer Sicht, sondern Maßnahmen, um Ziele zu erreichen. Unter Zielen sind terminierte und möglichst überprüfbare Vorgaben zu verstehen. Die Durchlaufzeit von Produktentwicklungsprojekten ist z.b. ein kritischer Erfolgsfaktor für eine Vielzahl von Unternehmen. Die Erhöhung der Abwicklungsgeschwindigkeit ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Ziel. Doch wie erkennt man, wann man das Ziel erreicht hat? Welche Größe betrachtet man, um das Erreichen des Ziels zu überprüfen? Misst man die durchschnittliche Projektdauer, die Anzahl der abgewickelten Produktentwicklungsprojekte pro Beobachtungsperiode oder die Dauer der durchlaufzeitbestimmenden Teilprozesse der Produktentwicklungsprojekte wie z.b. Zeitraum von der Werkzeugbeauftragung bis zur erfolgreichen Werkzeugabnahme oder Zeitraum von der Prototypenbeauftragung bis zur Prototypenfreigabe. Definiert man die Verkürzung der durchschnittlichen Werkzeugbeschaffungsdauer (Zeitraum von der Werkzeugbeauftragung bis zur erfolgreichen Werkzeugabnahme) als ein wichtiges Kriterium für die Beschleunigung von Produktentwicklungsprojekten, gilt es diese Zielsetzung noch zu quantifizieren: Um wie viel müssen wir schneller werden? Reichen zwei Wochen, muss es ein Monat sein oder müssen wir um drei Monate schneller werden? Hat man sich auf die zu realisierende Beschleunigung geeinigt, ist noch die Frage der Umsetzungsdauer zu klären: Wann muss diese Verkürzung realisiert sein? Ein Ziel ist quantifiziert, wenn die Zielvereinbarung folgende Aussagen macht: Kennzahl bzw. Messgröße (z.b. durchschnittliche Werkzeugbeschaffungsdauer) Sollwert (z.b. zwei Monate) Zeitpunkt der Zielerreichung (z.b. Ende des nächsten Jahres) Unterstützung bei der Definition von Zielen gibt Abb Es zeigt den Begriff SMART als Denkhilfe bei der Erarbeitung von Zielsetzungen.
5 Kontinuierliche Steigerung der Prozessleistung 95 Spezifiziert (Sind die Ziele klar beschrieben?) Messbar (Sind die Ziele messbar?) Ambitioniert (Stellen die Ziele eine Herausforderung dar?) Realistisch (Sind die Ziele erreichbar?) Terminiert (Wann wird gemessen?) Abb. 8-3: SMART-Denkhilfe bei der Definition von Zielen Hinweis 1: Nicht jedes Ziel ist quantifizierbar. Die Erhöhung eines Marken-Image ist objektiv nur sehr schwer nachprüfbar, kann aber trotzdem ein sehr sinnvolles Ziel sein. Bei solchen Zielen handelt es sich um qualitative Ziele. Die verbal formulierte Zielsetzung dient als Basis für eine zielorientierte Diskussion über notwendige Initiativen und Ergebnisse. Grundsätzlich sind quantifizierte Ziele qualitativen Zielen vorzuziehen. Hinweis 2: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Festlegung von Zielen und Zielniveaus ist die Einbindung des Teams, das den Prozess analysiert hat. Das Ziel wird vom Team akzeptiert, was für eine erfolgreiche Umsetzung von größter Bedeutung ist Plan-Do-Check-Act Um die im Prozessverbesserungsmodell (siehe Abb. 8-2) dargestellte englische Befehlskette Plan-Do-Check-Act besser zu verstehen, sind die einzelnen Phasen in Abb. 8-4 in einer etwas detaillierteren Form als Ablaufdiagramm dargestellt. Prozessauslöser Auslöser für den Prozess sind Zielabweichungen. Zeigen die anhand definierter Vorgaben durchgeführten Prozessbeobachtungen Abweichungen von der angestrebten Ziellinie, werden die PDCA-Phasen mit ihren Tätigkeiten angestoßen.
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