Verbands-Management (VM)
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- Marielies Albert
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1 Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management VM 1/08 Blümle, Ernst-Bernd Vertrauensbildende Massnahme oder Pflichtübung? Verbands-Mangement, 34. Jahrgang, Ausgabe 1 (2008), S Herausgeber: Verbandsmanagement Institut (VMI) Universität Freiburg/CH Redaktion: Beat Hunziker Layout: Beat Hunziker/Maxomedia, Bern Fotomaterial: Peter Leuenberger, Bern ISBN: ISSN: Kontakt: info@vmi.ch Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers.
2 Revision von Vereinen Vertrauensbildende Massnahme oder Pflichtübung? Ernst-Bernd Blümle Die Schweiz zeichnet sich durch eine hohe Vereinsdichte aus. Jeder Schweizer ist mit 5 10 Vereinen verbunden, mal als Aktiv- oder Passivmitglied, dann als Sponsor, der Sach- oder Dienstleistungen einbringt und schliesslich als Nutzer der Dienstleistungen dieser Organisationen, wenn er z.b. ein Konzert oder eine Sportveranstaltung besucht. Amtliche Informationen über die Zahl dieser Organisationen in der Rechtsform des Vereins sind nicht verfügbar. Die amtliche eidgenössische Statistik erfasst im Unterschied zu anderen Rechtsformen wie z.b. die der Aktiengesellschaft oder der Genossenschaft die Vereine nicht. Auch die Eintragungen in das Handelsregister vermitteln keine Gesamtübersicht. Denn eine Eintragungspflicht besteht nur, wenn der Verein ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (ZGB Srt. 61). Nach Schätzungen existieren in der Schweiz Vereine. Allein im Sport bestehen nach einer Studie der ETH Zürich Vereine. Eine Studie des Verbandsmanagement Instituts der Universität Freiburg über die Vereinsdichte in der Agglomeration Freiburg ergab, dass auf 100 Einwohner jeweils ein Verein entfällt. Auch im Dritten Sektor, den Organisationen zwischen Markt und Staat, sind Strukturveränderungen unverkennbar. Auf der einen Seite ist ein Konzentrationsprozess durch Fusionen evident, z.b. bei den Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden. Durch Ausweitung der Aktivitätsfelder wachsen die Organisationen im Verlaufe des Lebenszyklus. So ist beispielsweise die Caritas in Deutschland einer der grössten privaten Arbeitgeber. Andererseits werden Vereine wieder aufgelöst, wenn die Mitgliederanzahl schwindet, Ressourcen fehlen oder wenn die Mission des Vereins erreicht werden konnte, z.b. das Frauenstimmerecht in der Schweiz. Neugründungen erfolgen in zunehmenden Masse im Interesse der Werterhaltung in der Gesellschaft, besonders aber durch Weiterentwicklung des technischen Fortschritts. Man denke an die Organisationen in der Folge neuer Kommunikationstechnologien, an die zahlreichen Organisationen von Einwandern, an lokale Gruppen im Bereich von Umweltschutz, an neue Sportarten Im Verlaufe des Lebenszyklus, dem Wachstum der Organisationen verändert sich auch der Willensbildungsprozess innerhalb dieser demokratisch strukturierten Gebilde. Die Mitgliederdominanz im Entscheidungsprozess wird mehr und mehr durch die Managerdominanz abgelöst, woraus sich leicht Kontrolldefizite ergeben können. Denn anzunehmen, dass in diesen Organisationen nur «gute, integre Menschen» tätig sind, wäre unrealistisch. Der Markt, der Staat, auch Nonprofit-Organisationen können versagen. Vom Fehlverhalten, ja sogar vom kriminellen Verhalten ehrenamtlicher wie hauptamtlicher Führungskräfte sind diese Organisationen nicht gefeit, wenn ihre Arbeit ungenügend kontrolliert wird. Aus diesem Grunde wurden in den deutschsprachigen Ländern die gesetzlichen Bestimmungen zur Revision im Vereinsrecht revidiert. Der Kammerstaat Österreich hat in dieser Frage eine Vorreiterrolle übernommen. 1 Die Revisionspflicht von Vereinen nach geltendem Recht Für die Genossenschaften hat der Gesetzgeber drei Organe zwingend vorgegeben. Das sind die Verwaltung, die Generalversammlung und die Kontrollstelle. Im liberalen Vereinsrecht übt die Generalversammlung die Aufsicht über die Tätigkeit der Organe aus. Sie kann diese Aufgabe einem Kontrollorgan freiwillig, nicht kraft gesetzlichen Zwanges, übertragen. Änderungen sieht das neue rechtsfor- 44
3 Dritter Sektor menunabhängige Revisionsrecht 2 für die GmbH, für Vereine und Stiftungen vor. Nicht mehr die Rechtsform, sondern die Organisationsgrösse bestimmt die Revisionspflicht. Diese besteht für Vereine, sofern in den letzten beiden Geschäftsjahren zwei der folgenden Grössenordnungen überschritten wurden: a) Bilanzsumme von 10 Millionen Sfr, b) Umsatzerlöse von 20 Millionen Sfr, c) 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Die Grössenordnung eines Vereins entscheidet also, ob er einer ordentlichen Revision unterworfen ist. Für die Einzelheiten der Prüfung gelten die Bestimmungen des Aktienrechts. Die Anforderungen an die Revisionsstelle, die Unabhängigkeitsbestimmungen und die Aufgaben der Revisionsstelle sind besonders hervorgehoben. Die ordentliche Revision hat durch einen zugelassenen Revisionsexperten zu erfolgen. Falls ein Verein sich nicht einer ordentlichen Revision unterziehen muss (Abs. 1 rev. ZGB), kann er autonom die Einzelheiten der Revision festlegen. Er kann sogar ganz auf eine Revision verzichten. Diese Neureglung der Revision für Vereine hat faktisch kaum praktische Bedeutung, denn die meisten Vereine, denen das Gesetz die Revision auferlegt, haben dies bereits freiwillig realisiert. Die Prüfung durch externe qualifizierte Personen vermittelt den Führungsorganen wertvolle Informationen und stützt sie in ihrer Führungsrolle. Gegenüber den verschiedenen Transaktionspartnern, besonders den Mitgliedern und den Trägern vermittelt die Prüfung mit dem Prüfungsvermerk Sicherheit und schafft Vertrauen. Für die zahlenmässige Mehrheit der Vereine ist daher die Änderung des Revisionsrechts ohne praktische Bedeutung. Man kann sich daher fragen, warum der Gesetzgeber die Revisionspflicht nicht weiter ausgedehnt hat. In Österreich hat man beispielsweise Vorschriften für drei Grössentypen von Vereinen entwickelt. 45
4 design made in germany Kompromisslos. Modus Executive 284/81 Ihr Rücken erträgt keine Kompromisse unsere Qualität auch nicht. Revision, eine vertrauensbildende Massnahme Obschon es der Gesetzgeber den Vereinen ohne Revisionspflicht freistellt, in den Statuten eine Kontrollstelle vorzusehen, wird sie meistens eingerichtet. Das Vertrauen der Mitglieder als Träger der Organisation und aller Transaktionspartner ist das wesentliche Kapital der Vereine. Transparenz in der Rechnungslegung, die entsprechende Kontrolle, die als solche wahrgenommen wird, stellt daher eine wesentliche vertrauensbildende Massnahme dar. Die Vereinsorgane sollten daher ohne zwingende gesetzliche Regelung ein entsprechendes Organ in ihren Statuten vorsehen. Bei grösseren Vereinen kann auch ein entsprechendes Reglement erarbeitet und der Mitgliederversammlung vorgelegt werden. Der Aufwand für Reglementsänderungen ist weit geringer als der für Statutenänderungen. Dies ist zugleich ein Bekenntnis, die Vereinsarbeit auf den Prüfstand zu stellen. In diesem Zusammenhang gilt es zu klären, ob die Revision durch externe oder vereinsinterne Revisoren vorgenommen werden soll. Auch eine Kombination externer und interner Prüfer ist denkbar. Hat man sich entschieden, die Revision durch vereinsinterne Personen durchführen zu lassen, so stellen sich im Hinblick auf die Qualität der Prüfung zwei Fragen: Verfügen die Revisoren über die nötige Sachkompetenz? Sind sie unabhängig und verfügen sie über das nötige Fachwissen? Kompetenz wie Unabhängigkeit bestimmen die Qualität der Prüfung und vermitteln gegenüber den Mitgliedern/Trägern Sicherheit. Zwar lässt sich auf Grund der beruflichen Ausbildung Sachkompetenz und Erfahrung beurteilen. Problematisch ist dagegen die zweite Erfolgsvoraussetzung, die gebotene Unabhängigkeit. In vielen, vor allem kleineren Vereinen kennt man sich. Jahrelang gewachsene Vertrauensbeziehungen beeinflussen das Verhalten von Kassier und Revisor. Die Vereinsbuchhaltung wird ehrenamtlich geführt. Die Gefahr, durch Nachfragen, durch kritisches Hinterfragen den Kassier zu verärgern, ist gross. So erfolgt die Revision durch ein Ritual, das dem «Handauflegen» gleich kommt, bevor der vom Kassier vorgesehene Prüfungsbericht unterschrie-
5 Dritter Sektor ben wird. Der anschliessende Apéro dauert in der Regel länger als die Revision. Zahlreiche Beispiele belegen aber, dass das Motto «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser» nicht immer beachtet wird. Das zu verhindern setzt voraus, dass die internen ehrenamtlich tätigen Prüfer zahlenmässig festgelegt, die Frage der Wiederwählbarkeit, die Amtszeitbeschränkung und die Berichterstattung bestimmt sind. Die Revision sollte mindestens von zwei Personen gemeinsam erfolgen. Eine Stellvertretung kann nur der Vorstand billigen. Fussnoten 1 Vgl. Bösche/Walz Vgl. hierzu die Spezialnummer zum Revisionsrecht von Der Schweizer Treuhänder 5/2006. Literatur Bösche, B./Walz, R. (Hrsg), Wieviel Prüfung braucht der Verein wieviel Prüfung verträgt die Genossenschaft? Hamburg, Der Schweizer Treuhänder, Heft 5/2006. Auch eine Amtszeitbeschränkung bzw. eine Rotation innerhalb des Revisorenteams ist ratsam. Sie wirkt gegen die latente Gefahr von Verfilzungen. Das Ritual der Berichterstattung könnte ebenfalls aufgebrochen werden. Beispielsweise könnte man berichten, wie lange die Revisoren die Unterlagen geprüft haben, auf welche Punkte sie besonders eingegangen sind, und welche Vorschläge sie dem Kassier unterbreitet haben. Dank seriöser Berichterstattung wird nicht nur die Informationspflicht erfüllt. Sie vermittelt auch Sicherheit und schafft Vertrauen. Der Autor Ernst-Bernd Blümle/ernst-bernd.bluemle@unifr.ch Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst-Bernd Blümle; Studium der Betriebswirtschaftslehre in Freiburg i. Br. und Frankfurt a. M. (Dipl. Kfm. 1955), Promotion 1958 in Freiburg/CH. Praktische Tätigkeiten im genossenschaftlichen Sektor, Lehr- und Forschungstätigkeit am INSEAD in Fontainebleau und an der Harvard Business School in Boston, Massachusetts Habilitation in Betriebswirtschaftslehre, darauf Rektor des genossenschaftlichen Seminars in Muttenz. Von 1970 bis 2001 Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Freiburg/CH bis 1979 Dekan der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Gründer des Forschungsinstituts für Verbands- und Genossenschaftsmanagement (VMI). 47
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