Abb. 1 und Abb. 2 Erste öffentliche Präsentationen in der Schule und beim SMC Gerlingen

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1 Schule und Modellbau auf völlig neuen Wegen. Natürlich gibt es Schulen, an denen Modellbauprojekte der verschiedensten Art angeboten werden. Aber an der Max Eyth Schule in Stuttgart entwickelt sich seit 2006 etwas ganz Ungewöhnliches. Die Schüler gestalten im Rahmen von Projektarbeiten eigene professionelle Modellboote. So entstanden bisher vier Segelboote und zwei Motorboote. Aber beginnen wir von vorn. Die Max Eyth Schule in Stuttgart ist eine seit über 50 Jahren erfolgreiche Berufsschule für Maschinenbauberufe. Hier gibt es die verschiedensten Schularten, darunter auch eine Meister und eine Technikerschule. Zusätzlich gibt es an der Schule hervorragend ausgestattete Werkstätten. So entstand die Idee, durch Kombination der Kenntnisse und Erfahrungen der jungen Leute mit den technischen Möglichkeiten des Hauses etwas Neues entstehen zu lassen. In etwa nach der Devise: Von der Idee bis zum Ladentisch und das in professioneller Qualität. Langweilig sollte es natürlich auch nicht sein. Also weg von den klassischen Maschinenbauformen mit rechten Winkeln und ebenen Flächen. Boote! Da gibt es schön gewölbte Formen, tangentiale Flächenübergänge und recht freie Gestaltungsmöglichkeiten. Versuche wurden gestartet, CAD Daten entstanden, erste Formen wurden CNC gefräst und erste Teile aus Kunststofffolien tiefgezogen. Die folgenden öffentlichen Präsentationen unseres Bastelbootes waren sehr erfolgreich. Die kleinen Boote gefielen den Kunden und wurden mit Freude angenommen. Abb. 1 und Abb. 2 Erste öffentliche Präsentationen in der Schule und beim SMC Gerlingen Der Erfolg machte Mut zu mehr. So entstand als zweites Boot unsere Kinderjolle, ein richtig segelndes Modell, dem Optimisten nachempfunden. Die Kinder zeigten uns, dass sich sogar Playmobilfiguren darin wohl fühlen. Der Bausatz zu diesen Booten ging über den Förderverein der Schule dann auch erstmals in geringen Stückzahlen in den Handel. Weitere Schüler wollten sich beteiligen, der Wunsch nach richtigen Booten mit Fernsteuerung kam auf. Prototypen über Holzformen entstanden, wurden praktisch erprobt und mehrfach optimiert. Das führte zum Segelboot speedy mes in den Varianten N und A. Auch diese Boote werden angeboten und finden Liebhaber. Das Ergebnis des bisher letzten Projektes ist ein Speedboot mit Motor, angeboten ebenfalls in zwei Varianten. Natürlich wieder als Bausatz, komplett mit Ausnahme der Elektronik. In der Folge wollen wir unsere Boote der Reihe nach etwas genauer vorstellen: 1

2 Das Bastelboot : Abb. 3 eine Flotte von Bastelbooten auf großer Fahrt Länge: 120mm Breite: 52mm Höhe: 120mm Gewicht: 20g Das Bastelboot ist ein Segelboot für die Badewanne oder zum Spielen auf dem Trockenen, es ist extrem einfach zu bauen und besteht nur aus vier Teilen. Wir bieten es für Kinder im Alter von ca. 6 7 Jahren an. Als Werkzeug empfehlen wir Schere, Schleifklotz mit Schmirgelpapier, je nach Wunsch auch einen Bohrer mit 4mm Durchmesser. (Sollte das Bohren Probleme bereiten, übernehmen wir es gern). Auf Modellbaumessen und bei Vereinen ergaben sich Bauzeiten von ca. 20min. Schon diese kleinen Boote wurden zunächst in Form von CAD Daten erstellt. An den recht realitätsnahen Ansichten (siehe Abb. 4) kann man die Gestaltung gut beurteilen und wenn notwendig verbessern. Die Daten wurden über eine geeignete Schnittstelle bearbeitet und damit für die CNC Maschine lesbar. Auf der Maschine entstand dann die Aluminium Form für das Vakuum Tiefziehen (siehe Abb. 5). Ein fertigungstechnisch wichtiges Detail sind dabei kleine Bohrungen, durch welche Luft, die zwischen Form und Folie eingeschlossen wird, nach unten abgesaugt werden kann. Sie richtig zu positionieren ist ganz entscheidend für die Qualität der Bauteile. Abb. 4 Die CAD Darstellung 2

3 Abb. 5 Die Aluminiumform des Bastelbootes Zu den Bausätzen gehört natürlich auch eine Bauanleitung. Hier wird mit vielen Bildern und genauer Beschreibung, die Entstehung des Modells Schritt für Schritt erläutert. Beim Bastelboot mit seinen vier Bauteilen bereitete das noch wenig Mühe. Bei den folgenden Booten war der Aufwand teilweise sehr groß, denn die Anleitungen sind sehr detailliert ( speedy mes 22 Seiten, speedy mes motor 11 Seiten) und beinhalten viele Bilder. Hier sieht man die Teile des ersten Bausatzes. Deck und Rumpf als Formteile. Mit den eingeformten Positionen für die Bohrungen zur Mastaufnahme. Gut zu erkennen ist hier (und auf Abb. 5) auch, wie die untere Mastaufnahmebohrung im Rumpfboden vertieft angeordnet wurde. Dadurch ist es möglich den Mast unten im Rumpf stabil zu lagern ohne einen Überstand zu erzeugen. So steht dieses Boot auch an Land sicher und eben auf dem Untergrund. Abb. 6 Alle Teile des Bausatzes 3

4 Die Kinderjolle : Abb. 8 Eine Kinderjolle vor Fachpublikum Länge: 190mm Breite: 76mm Höhe: 235mm Gewicht: 80g Ein dem Optimisten nachempfundenes Segelboot mit beweglicher Pinnen Steuerung, verstellbarem Segel, Metallkiel (Edelstahl Stanzteil) und Innenballast (Messingblech Zuschnitt). Dieses Boot empfehlen wir etwa ab dem 10. Lebensjahr. Der Bau beansprucht ca. 2 3 Stunden. Das beim Bastelboot erforderliche Werkzeug wird noch ergänzt um Feile, Laubsäge, Zange bzw. einen kleinen Schraubstock. Die erforderliche Fingerfertigkeit und Geduld sind aber viel größer. Dieser Bausatz enthält erstmals auch Blechteile. Das sind der Innenballast aus Messing, das Ruderblatt aus 0,5mm Al Blech und der Kiel aus Edelstahl rostfrei. Abb. 10 und Abb. 11 sind Bilder, die wir als Beispiele der Bauanleitung entnommen haben, sie zeigen den Aufbau der Ruderanlage und der Besegelung. Erkennbar sind einerseits die detaillierte Darstellung der Bauteile, andererseits aber auch, über welche Fähigkeiten der Modellbauer schon verfügen sollte. Wir trauen ihm das Aussägen der Form des Ruderkopfes zu, der tiefe Schlitz und die Bohrung an seiner Vorderseite würden ihn aber überfordern. Entsprechend übernehmen wir das. Abb. 10 Ruderanlage der Kinderjolle 4

5 Ähnlich verhält es sich mit der Abb. 8. Hier sieht man den Aufbau von Mast, Großbaum, Klüverbaum und Segel mit den dazugehörigen Verbindungselementen. Das Ausschneiden des Segels und das Biegen der Drahtteile bereitete unseren Testpersonen wenig Mühe. Für Form und Größe des Segels gibt es in der Bauanleitung eine 1:1 Abbildung und die Form der Drahtteile erkennt man hier gut. Das Bohren der 1,5mm Bohrungen in die Holzteile, (vor allem die axial eingebrachte Bohrung am Lümmelbeschlag des Großbaumes) würden doch erhebliche Probleme bereiten. So wird das von uns übernommen, diese Teile befinden sich einbaufertig im Bausatz. Hier handelt es sich natürlich auch nur um unvollständige und beispielhafte Ausschnitte aus der Bauanleitung. Das erforderliche Geschick zum Aufbau dieses Riggs und der oben gezeigten Ruderanlage erfordert schon richtige Fähigkeiten als kleiner Modellbauer. Abb. 11 Die Besegelung der Kinderjolle 5

6 Die speedy mes in zwei Varianten: Abb. 12 speedy mes Typ N (mit eingezogenem Heck) Abb. 13 speedy mes Typ A (mit klassischem Heck) Länge: 370mm Breite: 120mm Höhe: 790mm Gewicht: 450g (mit Ni Cd Akkus) Die speedy mes ist ein sportliches Segelboot mit Fernsteuerung für Modellbauer ab ca. 16 Jahren. Die Bauzeit beträgt ca Stunden. Als Besonderheiten bieten diese Boote eine Doppelruderanlage, das Laden der Akkus und das und Einschalten erfolgen von außen, der Deckel kann verschlossen bleiben. Die Boote sind damit am See sofort einsatzklar. Die Bausätze sind bis auf die Decks mit den jeweils angepassten Deckeln identisch. 6

7 Den größten Unterschied bildet die Gestaltung des Hecks. Vom Segelverhalten her ergab sich bei Vergleichsfahrten kein erkennbarer Unterschied. Der Kunde kann sich also getrost das Boot aussuchen, das ihm besser gefällt. Bei den Komponenten für die Fernsteuerung haben sich zwei Servos GWS IQ 100 sehr gut bewährt. Selbst diese kleinen Servos beherrschen Segel und Ruder in jeder Situation sicher. Die Energieversorgung übernehmen vier Akkus der Größe AAA mit je mindestens 500mAh. Auf den Abb. 12 und 13 ist gut zu erkennen, wie das Messing Kielgewicht auf dem Aluminiumkiel mit einer Schraube festgeklemmt wird. Durch diese Lösung kann das Gewicht axial um ca. 25mm verschoben werden. So lassen sich die Boote in Längsrichtung trimmen. Abb. 14 Typ A auf dem Wasser Eine als Formteil ausgebildete Trägerplatte nimmt bei beiden Booten die Komponenten von Fernsteuerung, Ruderanlage und Stromversorgung auf. Das Ausrichten des Mastes wird durch ein erst nach Fertigstellung verklebtes unteres Mastlager (auf Abb. 16 rot) ermöglicht. Die Funktion der Ruderanlage ist gut erkennbar. Der Servohebel, ein Stanzteil aus 1mm Aluminiumblech, nutzt den Bauraum vollständig und erzeugt so den zur Verstellung der Segel erforderlichen Weg. Abb. 15 Typ N auf dem Wasser Bei der Variante N wird der Rumpf, (dessen Formteil bei beiden Varianten gleich ist), am Heck entlang eines Anrisses beschnitten. Das offene Heck wird dann mit dem Deck wieder verschlossen. (siehe Abb. 12) Ein sauberer Abschluss entsteht, wenn Rumpf und Deck an der Abrisskante nach dem Verkleben gemeinsam verschliffen werden. Abb. 16 Die Inneneinrichtung 7

8 Die speedy mes motor : Abb. 17 speedy mes.motor F Abb. 18 speedy mes motor B Länge: 365mm Breite: 122mm Höhe: 122mm Gewicht: 430g (mit Lipo) Das sind Motorboote für rasante Gleitfahrt mit Fernsteuerung, gut geeignet auch für Anfänger. Zum Antrieb eignet sich z. B. der Motor Permax 400. Wir empfehlen es ab ca. 12 Jahren. Die Bauzeit beträgt ca. 4 5 Stunden. Bei diesen Booten unterscheiden sich nur die Oberdecks, da sie aber den gesamten Rumpf überdecken, ergibt sich dennoch ein vollkommen unterschiedliches Aussehen. Beim Typ F mit geschlossener Kabine und Pilotenkanzel. Beim Typ B mit offenem Cockpit und eher klassischer Form. So hoffen wir, ein möglichst breites Spektrum der potentiellen Kundschaft ansprechen zu können. Hier haben wir erstmals den Laser der Schule eingesetzt, der die im Bausatz enthaltenen Holzteile präzise ausbrennt. Abb. 19 Die Innenschale im Bug Eine Innenschale im Bugbereich (siehe Abb. 19) verdoppelt den Rumpf bis zu dem Spant, der den Motorträger aufnimmt. So werden Lage und Neigungswinkel des Motors auch vom Anfänger exakt getroffen. Das Stevenrohr der Welle liegt in einer entsprechenden Ausformung im Boden des Rumpfes, so fluchten Motor und Welle absolut sicher. Eine ähnliche Innenschale im Heckbereich nimmt das Ruder, den Servo und den Empfänger mit Schalter auf. Ein Zwischendeck, dessen Einbau auf Abb. 20 demonstriert wird, schließt den Rumpf nach oben hin ab. Diese Einbauten verleihen dem Boot trotz der geringen Wandstärke eine hohe Stabilität. Abb. 20 Das Bootsinnere, bereit zum Verkleben von Zwischendeck und Rumpf 8

9 Alle Boote wurden sowohl beim Bau (zur Erprobung wurden mindestens 5 Boote von verschiedenen Personen gebaut, zum Teil aber schon sehr viel mehr) als auch auf dem Wasser sorgfältig erprobt und wo nötig verbessert. Natürlich sind wir alle auch ein wenig stolz, denn es sind Boote entstanden, die den Vergleich mit den Produkten der professionellen Mitbewerber nicht scheuen müssen. So können junge Menschen zeigen, was sie erlernt haben und eine Schule kann die verschiedenen Bereiche ihrer technischen Ausstattung ganzheitlich nutzen. Abb. 21 Alle Teile des Bausatzes Die Entwicklung, das Bauen und das Fahren mit den Booten bereitet den Schülern viel Freude, mit diesem Projekt ist es auch gelungen, eine ganze Reihe von Schülern für den Modellbau zu gewinnen. Bei der Erprobung auf dem Wasser stand uns für eventuelle Notfälle ein schönes hölzernes Rettungsboot zur Verfügung. Wie könnte es anders sein, ebenfalls von Schülern unserer Schule gebaut und erprobt.. aber das ist eine ganz andere Geschichte! Hanns Meister 9