BERICHT LEITARTIKEL ÖFFENTLICH-RECHTLICH ODER PRIVAT? EIN ENDLOSES DILEMMA FÜR DAS BVG. Zwischenbetriebliche Kasse für berufliche Vorsorge
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- Lena Heintze
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1 BERICHT Verwaltung der Kasse Zwischenbetriebliche Kasse für berufliche Vorsorge Rue de Saint-Jean Genf 11 - Tel Agenturen : Bulle - Freiburg - Neuenburg - Porrentruy Nr. 25 JUNI 2002 LEITARTIKEL ÖFFENTLICH-RECHTLICH ODER PRIVAT? EIN ENDLOSES DILEMMA FÜR DAS BVG von J.-P. Bernard Verwalter der CIEPP Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) wurde ausgearbeitet, um die Systeme der beruflichen Vorsorge zu erhalten, die bereits vor seinem Inkrafttreten 1985 auf freiwilliger Basis existierten. Doch es lässt es bis heute den Dachorganisationen der Vorsorgeeinrichtungen, denen bei der Ausarbeitung ihrer Statuen und Reglemente eine grosse Bandbreite zur Verfügung steht, umfangreichen Handlungsspielraum. So hatten die westschweizerischen Pensionskassen 1985 noch kein Splitting zwischen den obligatorischen und überobligatorischen Teilen durchgeführt, während in der Deutschschweiz oft ein gegenläufiger Trend zu beobachten war. Anhand welcher Kriterien lassen sich die öffentlich-rechtlichen und die privaten Systeme im Bereich Sozialversicherung unterscheiden? Man kann sie unter anderem folgendermassen zusammenfassen: Ein öffentliches System baut sich auf einem Gesetz oder einem Gesamtarbeitsvertrag auf; Das Mass der Integration des Systems (sektoriell oder national) kann ein Unterscheidungskriterium sein; Ein weiteres Beurteilungskriterium ist der öffentliche oder private Charakter der Institution; Das Finanzierungsverfahren (mit oder ohne Subventionen der öffentlichen Hand) spielt ebenfalls eine Rolle; Die im Hinblick auf die Leistungen (Mindestrente oder Zusatzrente) verfolgten Ziele gilt es ebenfalls zu berücksichtigen. Die Prüfung der oben genannten Punkte ermöglicht noch keine stichhaltige Bestimmung der Natur des BVG. Diese Frage gewinnt hingegen in einer Zeit an Bedeutung, in der auf parlamentarischer Ebene Transparenz gefordert wird, insbesondere im Rahmen der ersten Überarbeitung dieses Rahmengesetzes. Die Sammelstiftungen, die von Versicherungsgesellschaften verwaltet werden, haben beispielsweise zwei Aufsichtsbehörden (das Bundesamt für Sozialversicherung und das Bundesamt für Privatversicherungen). Der derzeitige Mindestzinssatz von 4 %, der den Versicherten garantiert werden muss, wird für die 2. obligatorische Säule gefordert, aber nicht für den überobligatorischen Bereich und die Freizügigkeitsstiftungen! Man könnte noch weitere Beispiele anführen, welche belegen, dass der Ruf der Komplexität unserer zweiten Säule sich vor allem aus der Verwirrung ergibt, die unter den öffentlich-rechtlichen und den privaten Elementen herrscht, aus denen sie sich zusammensetzt. In diesem Bulletin, das sich mit den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) beschäftigt, soll gesagt sein, dass es nicht leicht war, die Gesprächspartner von der Besonderheit unserer zweiten Säule zu überzeugen, die vor allem auf der Sozialpartnerschaft im Unternehmen aufbaut und noch eine gewisse Flexibilität aufweist. 1
2 BILATERALE ABKOMMEN ZWISCHEN DER SCHWEIZ UND DER EUROPÄISCHEN UNION (EU) Aus politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen ist der Aufbau der europäischen Sozialversicherungssysteme heute ausgesprochen verschiedenartig. Die Klassifizierung nach drei Ebenen oder Säulen (die erste Säule, der obligatorischen öffentlichen, nationalen und gesetzlichen Grundrentensysteme, die zweite Säule, der Zusatzrente durch die Arbeitgeber und die dritte Säule, die sich aus Sparplänen zusammensetzt, die privat finanziert werden) ist in der EUROPÄISCHEN UNION nämlich bei weitem nicht einheitlich. I. Die Bedeutung der 3 Säulen in Europa In der Schweiz wird die 1. Säule (AHV/IV und Ergänzungsleistungen), die eine Mindestversorgung sichern soll, durch die berufliche Vorsorge (2. Säule) und die private Vorsorge (3. Säule) ergänzt. Wie das unten stehende Diagramm zeigt, gibt es erhebliche Unterschiede im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn. Einkommen der Rentnerhaushalte % 65% 42% 32% 25% 26% 5% 10% 10% Deutschland Grossbritannien Schweiz 1. Säule (AHV) 2. Säule (BVG) 3. Säule (Priv.Vorsorge) II. Koordinierung und Harmonisierung Das Inkrafttreten der bilateralen Abkommen am 1. Juni 2002 zieht eine Koordinierung der gesetzlichen Systeme nach sich, die einen Einfluss auf die nationale schweizerische Regelung der Übertragbarkeit von Pensionsansprüchen hat, aber keine Harmonisierung, durch die Regelungen supranationalen (EU) oder nationalen Rechts eingeführt würden. In der Schweiz umfasst die 2. Säule die obligatorische berufliche Mindestvorsorge gemäss BVG (Säule 2a) und die überobligatorische Vorsorge (Säule 2b). Nur die 2. OBLIGATORISCHE SÄULE wird mit dem Inkrafttreten der bilateralen Abkommen berücksichtigt. 2
3 Die Koordinierung im Bereich der Sozialversicherung zielt in erster Linie darauf ab, die von einem Arbeiter erworbenen Rechte aufrecht zu erhalten, wenn er einen Staat verlässt. Dies betrifft nämlich die obligatorische Vorsorge, die zu Unrecht als fester Bestandteil der gesetzlichen Systeme betrachtet wird. Im folgenden Schema ist diese Problematik veranschaulicht. CH Säule 1 AHV IV EL Säule 2 a) BVG FZG WEF EU EUROPÄISCHE GESETZGEBUNG WELCHE DIE GESETZLICHEN SYSTEME ANWENDET Gemäss den Verordnungen 1408/71 und 574/72 III. Anwendung des BVG, des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit (FZG) und des Bundesgesetzes über die Wohneigentumsförderung (WEF) Die oben genannten Gesetze und Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen wurden nicht geändert. Was hingegen die Barauszahlung der Leistungen im Rahmen der Freizügigkeit (erworbene Ansprüche auf Altersvorsorge) betrifft, ist folgendes anzumerken: Die Leistung, die dem gesetzlichen Minimum entspricht, kann nicht mehr ausbezahlt werden, wenn ein Arbeiter (Angestellter oder Selbstständiger), der obligatorisch in einem EU-Mitgliedstaat versichert ist, die Schweiz verlässt. Diese Bestimmung gilt nach Ablauf einer Übergangsfrist von 5 Jahren ab dem Inkrafttreten des Abkommens, also ab dem 1. Juni Die überobligatorische Austrittsleistung kann weiterhin an den Versicherten ausbezahlt werden. Die Institution geht wie folgt vor: Überweisung der obligatorischen Austrittsleistung auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice (keine Auszahlung bis 5 Jahre vor Ablauf des gesetzlich vorgeschriebenen Alters) und Barauszahlung des überobligatorischen Anteils. Überweisung der gesamten Austrittsleistung (obligatorisch und überobligatorisch) wie oben beschrieben oder an die Auffangeinrichtung, wenn vom Versicherten keine Vorgabe gemacht wird. Keine Überweisung einer Austrittsleistung (obligatorisch oder überobligatorisch) an eine ausländische Institution. 3
4 BEISPIEL VERSICHERTER, DER DIE SCHWEIZ VERLÄSST, UM NACH FRANKREICH ZU GEHEN AUSTRITTSLEISTUNG Überobligatorisch 80'000. Barauszahlung Obligatorisch 200'000. Gesperrtes Freizügiskeitskonto CH Überobligatorisch Obligatorisch 80' '000. Konto oder Police oder Auffangeinrichtung DIE BARAUSZAHLUNG DER GESAMTEN FREIZÜGIGKEITSLEISTUNG BLEIBT AUCH NACH DEM 1. JUNI 2007 ZULÄSSIG FÜR : Personen, welche die Schweiz verlassen und nicht in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union einwandern; Personen, welche nicht der obligatorischen Versicherung in dem betreffenden Mitgliedstaat der Europäischen Union unterliegen; Den Erwerb von Wohneigentumsförderung am eigenen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort. ES WIRD IMMER MÖGLICH SEIN, BEI RENTENANTRITT ZWISCHEN RENTENZAHLUNGEN UND KAPITALAUSZAHLUNG ZU WÄHLEN, SOFERN DAS REGLEMENT DER BETREFFENDEN INSTITUTION DIES VORSIEHT. IV. Überprüfung und Verbindungsorganisation Der Vorsorgeeinrichtung muss ein Beleg über die Freistellung von gesetzlichen Versicherungen vorgelegt werden. Die Institution muss nur die Art der obligatorischen Versicherung im Hinblick auf die Gesetzgebung des betreffenden Staates prüfen. Daher ist eine Bescheinigung des ausländischen Sozialversicherungsträgers oder eines Ministeriums erforderlich. Im Zweifelsfall wenden sich die Institutionen an das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV). Der Sicherheitsfonds fungiert als Verbindungsorganisation: Bearbeitung der Anträge von Versicherten, von ausländischen Organisationen und von Einzelpersonen; Fragen schweizerischer Institutionen zur ausländischen Rechtsprechung, die durch ihn an die Verbindungsorganisationen des betreffenden Staates weitergeleitet werden. 4
5 V. Koordinierung der Zusatzsysteme der Unternehmen Im Bereich der überobligatorischen Vorsorge legt die EU-Richtlinie 98/49 die allgemeinen Prinzipien fest und zielt darauf ab, die Ansprüche auf eine Zusatzrente aufrecht zu erhalten. Diese Richtlinie wirft keine Probleme auf, da die schweizerische Gesetzgebung konform ist. Die oben genannte Richtlinie enthält hingegen Prinzipien, die versuchen, die verschiedenen Systeme zu homogenisieren: Erhalt der erworbenen Leistungsansprüche; Gleichbehandlung; Übertragbarkeit der Leistungen. Ein Vorschlag für eine Richtlinie aus dem Jahre 1997 von der Europäischen Kommission ausgearbeiteten grünen Buch strebt folgendes an: Verbesserung der Transparenz im Bereich der Aufsicht über die Institutionen (Betrieb, Information der Versicherten usw.); Ausarbeitung von Bestimmungen über die Anlage und die Verwaltung des Vermögens; Festschreibung des Rechts der Institutionen, ihre Aktivitäten aus ihrem Heimatland auszuüben (Zulassung von grenzüberschreitenden Aktivitäten). Das folgende Schema, welches das auf Seite 3 ergänzt, stellt den eingeleiteten Prozess schematisch dar. Neues EU-Recht - Neuer Geltungsbereich CH Säule 2 Säule 1 2 a) 2 b) Säule 3 EU Systeme der gesetzlichen Sozialversicherung Systeme der zusätzlichen Altersvorsorge der Unternehmen Persönliche private Vorsorge Verordnung 1408/71 und 574/72 Richtlinie 98/49 Richtlinie 2000/507 5
6 VI. Zusammenfassung Die Schweizerische berufliche Vorsorge kann also als derzeit eurokompatibel betrachtet werden. Es bedarf jedoch erhöhter Aufmerksamkeit bei der Umsetzung neuer Vorschriften, die zurzeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft geprüft werden. Ausserhalb der EU wurde die Regelung der Nichtausbezahlung der Mindestaustrittsleistung im Rahmen des BVG übrigens auf die Staaten ausgedehnt, die dem EWR angehören (Norwegen, Island und Liechtenstein, wobei letztgenanntes Land von einem Abkommen mit der Schweiz über die Übertragbarkeit der Leistungen im Rahmen der Freizügigkeit profitiert). Durch die Trennung von Säule 2a) und 2b) wird diese Annäherung jedoch unglücklicherweise kompliziert und leitet keinen Beitrag zu mehr Transparenz! Mit der Zeit werden sich die Verwaltungskosten der Institutionen erhöhen. Zwischenbetriebliche Kasse für berufliche Vorsorge Verwaltungssitz der Kasse : Rue de Saint-Jean Genf 11 - Tel Internet : ciepp@fsp.ch Agenturen : Bulle - Rue Condémine 56 - Tel Freiburg - Spitalgasse 15 - Tel Neuenburg - Avenue du Premier-Mars 18 - Tel Porrentruy - Chemin de la Perche 2 - Tel
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