SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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- Guido Kirchner
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1 Az.: 3 B 65/10 2 L 8/10 SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache des Herrn prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt - Antragsteller - - Beschwerdeführer - gegen den Landkreis Erzgebirgskreis vertreten durch den Landrat Paulus-Jenisius-Straße 24, Annaberg-Buchholz - Antragsgegner - - Beschwerdegegner - wegen Entziehung der Fahrerlaubnis; Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO hier: Beschwerde
2 2 hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis am 25. Juni 2010 beschlossen: Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 3. Februar L 8/10 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 festgesetzt. Gründe Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass es das Verwaltungsgericht zu Unrecht abgelehnt hat, dem Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz nach 80 Abs. 5 VwGO gegen die mit Bescheid der Rechtsvorgängerin des Antragsgegners vom angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis nebst Nebenbestimmungen zu gewähren. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat dem Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz nach 80 Abs. 5 VwGO versagt, weil dieser die 18-Punkte-Grenze gemäß 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG überschritten habe; dies führe ausnahmslos zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei auch nicht etwa unverhältnismäßig; deren Verhältnismäßigkeit ergebe sich unmittelbar aus dem vom Bundesgesetzgeber in 4 Abs. 3 Satz 1 StVG vorgegebenen Stufenverhältnis des Punktesystems, ohne dass es diesbezüglicher Erwägungen im Einzelfall bedürfe. Nachträgliche Veränderungen des Punktestandes spielten für die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung keine Rolle, so dass die Einwendung des Antragstellers, sein Punktestand habe sich zwischenzeitlich verringert, nicht beachtlich sei. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung für die in Nr. 2 des in Streit stehenden Bescheids
3 3 auferlegte Abgabepflicht des Führerscheins verstoße nicht gegen die Begründungspflicht nach 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Sofortvollzug sei auch nicht nachträglich ausgesetzt worden; vielmehr sei nur intern von der Vollstreckung der Abgabepflicht des Führerscheins abgesehen worden. Daher habe es keiner erneuten Anordnung sowie keiner neuen Begründung des Sofortvollzugs bedurft. Die hiergegen mit der Beschwerdeschrift vom vorgebrachten Rügen führen nicht zum Erfolg. Der Antragsteller hat angeführt, es sei zu beachten, dass es - bei der Anwendung von 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG - auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der hiernach zu berücksichtigenden Verkehrsverstöße, nicht aber auf den Tattag ankomme. Reduziere sich der Punktestand nach Erreichen bzw. Überschreiten der Grenze von 18 Punkten später, könne dies nicht mehr zur Ungeeignetheitsvermutung führen. Die Maßnahme sei im Übrigen auch nicht verhältnismäßig. Schließlich sei nicht ausreichend beachtet worden, dass der Entzug der Fahrerlaubnis eineinhalb Jahre lang nicht vollstreckt worden sei; der Verwaltungsakt sei damit obsolet, da der Antragsgegner einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen habe, dass eine Vollstreckung nicht mehr erfolge. Das Verfahren sei mit einer neuen Entziehung der Fahrerlaubnis zu einem späteren Zeitpunkt gleichzusetzen. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis, die die Fahrerlaubnisbehörde nach 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von 18 Punkten zwingend und ohne Einbeziehung von Zumutbarkeitserwägungen vorzunehmen hat, setzt zwar rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus; für die Rechtsfolgen, die 4 Abs. 3 StVG an das Erreichen oder Überschreiten der Punkteschwellen knüpft - hier die Entziehung der Fahrerlaubnis nach 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG -, kommt es aber auf den Tag der Begehung der zu bewertenden Tat an (sog. Tattagsprinzip; hierzu nunmehr grundlegend BVerwG, Urt. v , BVerwGE 132, 48; so bereits der erkennende Senat, Beschl. v , NJW 2007, 168). Unter Zugrundelegung dieses Prinzips hat der Antragsteller die Voraussetzungen des 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG erfüllt. Der Antragsgegner hat - wie sich aus der Punkteaufstellung (S. 90 der Behördenakte) ergibt - unter zutreffender Anwendung dieses Prinzips festgestellt, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes vom insgesamt 19 Punkte erreicht hatte. Damit ist die Bewertung des Verwaltungsgerichts Chemnitz nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für dessen Feststellung, dass nachträgliche Reduzierungen des Punktestandes ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung sind. Hat nämlich ein Fahrerlaubnisinhaber
4 4 unter Zugrundelegung dieses Prinzips im Zentralverkehrsregister 18 Punkte erreicht, so ist die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zu entziehen; eine spätere Tilgung von Punkten ist hierfür ohne Bedeutung. Dabei ist unerheblich, ob die Tilgung vor oder nach dem Erlass der Entziehungsverfügung eingetreten ist (BVerwG, Urt. v , BVerwGE 132, 57). Damit kann der Antragsteller mit dem Hinweis auf die spätere Reduzierung seines Punktestandes nicht gehört werden. Nichts anderes gilt für die Behauptung des Antragstellers, in der nochmaligen Aufforderung mit Schreiben vom des Antragsgegners, seinen Führerschein bis spätestens zum abzugeben, läge der Sache nach eine neuerliche Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat hierzu zu Recht festgestellt, dass der mit Nr. 4 des in Streit stehenden Bescheids angeordnete Sofortvollzug der Abgabepflicht des Führerscheins nicht ausgesetzt worden war. Dies hätte gemäß 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO unter entsprechender Anwendung von 80 Abs. 3 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, 16. Aufl. 2009, 80 Rn. 112 m. w. N.) einer an den Antragsteller gerichteten schriftlichen Entscheidung bedurft. Eine solche Entscheidung ist nicht getroffen worden. Vielmehr wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers auf dessen Antrag vom hin mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt, dass über eine eventuelle Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs erst entschieden werden könne, wenn dem Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers (in einem strafgerichtlichen Verfahren) vom Amtsgericht Hof stattgegeben werden sollte. Der Hinweis in dem oben angegebenen Schreiben vom , auf den sich der Antragsteller beruft, dass die sofortige Vollziehung der Abgabe des Führerscheins ( ) ausgesetzt (wurde), ist so zu verstehen, dass die sofort vollziehbare Abgabepflicht des Führerscheins so lange nicht mit den Mitteln des Verwaltungsvollzugs vollstreckt wurde, bis über die Wiedereinsetzung vom Amtsgericht Hof entschieden worden war; eine förmliche Aussetzung des Sofortvollzugs dieser Pflicht lag hierin jedoch nicht. Die Duldung der weiteren Benutzung des Führerscheins durch den Antragsteller kann daher allenfalls im Hinblick auf ein möglicherweise nachfolgendes Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis Bedeutung erlangen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst unter der Annahme, der Rechtsvorgänger des Antragsgegners habe die Vollziehung ausgesetzt, diese Anordnung von Amts wegen wieder abgeändert werden kann (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 118). Damit wäre die Abgabepflicht jedenfalls ab Zugang des oben genannten Schreibens vom wieder sofort vollziehbar gewesen. Damit kommt ein Antragsbegehren in entsprechender Anwendung von 80 Abs. 5 VwGO
5 5 zur Gewährung von Rechtsschutz bei faktischer Vollziehung (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 181 m. w. N.) genauso wenig in Betracht wie eine nachträgliche Berücksichtigung von Tilgungen bis zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens etwa aus vom Antragsteller angeführten Vertrauensschutzgesichtspunkten. Nach alle dem kann daher die Beschwerde keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 46.1, 4 und 8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 7./ in Leipzig beschlossenen Änderungen (NVwZ 2007, 1372). Hierfür waren nur die Fahrerlaubnisklassen A, C sowie (C)E zu berücksichtigen; die von diesen Fahrerlaubnisklassen eingeschlossenen Fahrerlaubnisklassen (A1, M, S, L, T, C1E, BE, C1) bzw. die Fahrerlaubnisklasse B, der keine darüber hinausgehende wertmäßige Bedeutung zukommt, da sie zwangsläufig vor oder zugleich mit der Fahrerlaubnisklasse C erworben wird, finden hingegen keine Berücksichtigung. Der so ermittelte Streitwert in Höhe von ,00 (5000, , ,00 ) war gemäß Nr. 1.5 Streitwertkatalog 2004 im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren; hieraus erfolgt ein Streitwert von 7.500,00. Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). gez.: v. Welck Drehwald Jenkis
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