Steuerliche Abschreibungen auf börsennotierte Aktien im Anlagevermögen Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes durch die Finanzverwaltung

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1 Weiss. Walter. Fischer-Zernin, Kardinal-Faulhaber-Str. 10, München Infobrief München Dr. Karl Heinz Weiss Prof. Dr. Dr. h.c. Otto L. Walter J.D. (bis 2003) Prof. Dr. Robert Knöpfle (bis 1998) Dr. Susanne Weiss Rechtsanwältin Dr. Oliver Wulff, LL.M. (Tulane Univ.) Dipl.-Kfm. Roland Chmiel Wirtschaftsprüfer Andrea Raffler Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Enno Engbers Dr. Friedrich Scheuffele, Licencié en Droit (Caen) Dr. Jan Kreklau Christa Gschwendtner Rechtsanwältin Landgerichtsvizepräsidentin a.d. Dr. Marc Zattler und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Timo Simshäuser Hamburg Dr. Vincent Fischer-Zernin Dr. Axel May Sebastian Fischer-Zernin, Dipl.-Kfm., LL.M. (Leuven) Berthold von Plate, LL.M. (Univ. o. Western Cape) Folkert Niemeyer Christine Rehding Rechtsanwältin In Kooperation mit MAY, SCHAUB PARTNER Rechtsanwälte München, den Akte/Zeichen: Sekretariat: T: +49 (0) RC Julia Michelis F: +49 (0) E: Steuerliche Abschreibungen auf börsennotierte Aktien im Anlagevermögen Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes durch die Finanzverwaltung Sehr geehrte, die derzeitige Finanzkrise hat während des letzten Jahres an den Weltbörsen zu Kurseinbrüchen von 40 % bis 50 % geführt. Immer häufiger wird daher von Aktienanlegern gefragt, ob man den Fiskus an diesen Kursverlusten teilhaben lassen kann. Zur Beantwortung dieser Frage muss zwischen Privatanlegern und unternehmerischen Investoren unterschieden werden. 1. Kursverluste im Bereich des Privatvermögens Privatanleger können Kursverluste nur dann im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung geltend machen, wenn sie die Verluste realisieren, sprich die Aktien oder sonstigen Wertpapiere mit Verlust veräußern. Dabei hängen Art und Umfang der möglichen Verlustberücksichtigung insbesondere vom Erwerbszeitpunkt, der Haltedauer und der Wertpapiergattung ab. Büro München: Kardinal-Faulhaber-Straße 10, München, T +49 (0) F +49 (0) Büro Hamburg: Fuhlentwiete 14, Hamburg, T +49 (0) , F +49 (0) , hh@wwfz.com Bankverbindungen: HypoVereinsbank AG, BLZ , Kto Deutsche Bank AG, BLZ , Kto Dresdner Bank AG, BLZ , Kto

2 Daneben ist auch noch der Umfang der Beteiligung und der übrigen Einkünfte desselben Veranlagungszeitraums von Bedeutung. Für weitere Auskünfte dazu stehen wir Ihnen bei Interesse gerne zur Verfügung. Dahingegen können im Bereich des Privatvermögens, infolge des hier geltenden Zu- /Abflussprinzips, Abschreibungen wegen Kursverlusten bei weiter im Bestand gehaltenen Wertpapieren steuerlich nicht berücksichtigt werden. 2. Abschreibung wegen Kursverlusten bei börsennotierten Wertpapieren im Betriebsvermögen 2.1. Grundsätzliche Voraussetzungen Sind die Wertpapieranlagen als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen einem Gewerbebetrieb, land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder freiberuflichen Unternehmen zuzuordnen, dann können sich auch nicht realisierte Kursverluste zumindest teilweise - ertragsteuermindernd auswirken. Ob dies tatsächlich möglich ist, hängt davon ab, ob auf die Anschaffungskosten von Wertpapieren nach den dafür geltenden Vorschriften des 6 Einkommensteuergesetz (EStG) Abschreibungen zum Ansatz ihres niedrigeren Teilwerts vorgenommen werden können. Solche Teilwertabschreibungen sind bei Wertpapieren des Anlage- oder Umlaufvermögens steuerlich nur zulässig, soweit eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt ( 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Nach einhelliger Auffassung von höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung und Finanzverwaltung kann nur bei einem nachhaltigen Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten eine voraussichtlich dauernde Wertminderung gegeben sein. Von einer nachhaltigen Unterschreitung der Anschaffungskosten ist wiederum nur auszugehen, wenn aus Sicht des Bilanzstichtages mehr Gründe dafür als dagegen sprechen, dass ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Dabei ist der Zeitraum, während dessen die Wertminderung prognoseweise anhalten muss, von der voraussichtlichen Verweildauer der Wertpapiere im Unternehmen abhängig. Seite 2 von 6

3 2.2. Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens Dem Umlaufvermögen zugeordnete Wertpapiere sind nicht zum dauernden Verbleib im Unternehmen bestimmt; sie sollen alsbald wieder veräußert werden. Dementsprechend ist eine bei börsennotierten Papieren zum Bilanzstichtag infolge Kursverlusten eingetretene Wertminderung auch nach Ansicht der Finanzverwaltung - immer dann voraussichtlich dauernd, wenn und soweit sie bis zum Tag der Aufstellung der Bilanz bzw. bis zum früheren Verkaufszeitpunkt angehalten hat. Danach kann ein zu 100 erworbenes Wertpapier, dessen Kurswert zum Bilanzstichtag auf 80 gesunken war, in Höhe von 20 abgeschrieben werden, wenn der Kurswert bis zum Tag der Bilanzaufstellung den Betrag von 80 nicht mehr und zwar auch nicht vorübergehend - übersteigt. Steigt der Kurswert auch nur vorübergehend auf z.b. 90 an, so ist eine Teilwertabschreibung lediglich in Höhe von 10 möglich Abschreibungen auf Aktien und sonstige Wertpapiere des Anlagevermögens Wertpapiere des Anlagevermögens sind zum zumindest längerfristigen Verbleib im Unternehmen bestimmt. Bezüglich der Frage, unter welchen Umständen bei solchen börsennotierten Wertpapieren von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgegangen werden kann, bestehen in Rechtsprechung, Literatur und Finanzverwaltung unterschiedliche Meinungen. Die Finanzverwaltung war mit einem Teil der Literatur bisher der Auffassung, dass Kursschwankungen von börsennotierten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur eine vorübergehende Wertminderung darstellen. Sie würden daher nicht zur Vornahme einer Teilwertabschreibung berechtigen (vgl. BMF-Schreiben vom , Tz. 11). Seite 3 von 6

4 Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes Mit der Problematik der voraussichtlich dauernden Wertminderungen beim Anlagevermögen hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mit Urteil vom (I R 58/06) befasst. Dabei hatte er entgegen die Verwaltungsmeinung entschieden, dass eine Teilwertabschreibung auf börsennotierte Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, immer dann möglich ist, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen. Im entschiedenen Fall hatte der Kurswert der Aktien zum Bilanzstichtag nur noch 50 % und zum Tag der Bilanzaufstellung noch 60 % der Anschaffungskosten betragen. Demzufolge wurde eine Teilwertabschreibung wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung in Höhe von 40 % der Anschaffungskosten als zulässig beurteilt. Seine Auffassung begründet der BFH insbesondere damit, dass bei börsennotierten Aktien der aktuelle Börsenkurs die Einschätzung der Marktteilnehmer über die künftige Entwicklung des Börsenkurses widerspiegele. Damit sei davon auszugehen, dass der Börsenkurs eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweise, die künftige Wertentwicklung zu prognostizieren, als dies bei den historischen Anschaffungskosten der Wertpapiere der Fall sei. Offen gelassen hat der BFH, ob jedes Absinken des Kurswertes von Wertpapieren in der Bilanz nachzuvollziehen ist oder ob Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite und eines gewissen Zeitraums als nur vorübergehend zu beurteilen sind Meinungsänderung der Finanzverwaltung Die Finanzverwaltung hatte bisher an ihrer restriktiven Auffassung (vgl. 2.3.) festgehalten und das BFH-Urteil vom demzufolge auch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Nach exakt eineinhalb Jahren hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun mit Schreiben vom seine Meinung erfreulicherweise geändert und lässt die Anwendung des BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus zu. Seite 4 von 6

5 Dabei füllt das BMF die vom BFH offen gelassene Frage der Behandlung von Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite wie folgt: Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung und damit möglichen Teilwertabschreibung sei dann auszugehen, wenn - entweder zum aktuellen Bilanzstichtag der Börsenkurs um mehr als 40 % oder - zum aktuellen und zum vorangegangenen Bilanzstichtag der Börsenkurs um mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. In beiden Fällen ist jedoch die Kursentwicklung bis zum Aufstellungszeitpunkt der Bilanz zu berücksichtigen. Bei der Ausfüllung der vom BFH offen gelassenen Bandbreite der nur vorübergehenden Wertminderung hat sich das BMF offensichtlich an dem Sachverhalt des vom BFH entschiedenen Einzelfalls orientiert (vgl ). Es bleibt abzuwarten, ob diese fiskalisch geprägte Auslegung letztlich Bestand haben wird. In Fällen von Bedeutung kann eine gerichtliche Überprüfung der neuen Verwaltungsmeinung nach unserer Einschätzung durchaus in Betracht kommen. 3. Nachtrag aus aktuellem Anlass: Verabschiedung des BilMoG im Bundestag Am 26. März 2009 hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) verabschiedet. Das Gesetz soll nach einer Pressemitteilung des Bundesministerium der Justiz zu einer Deregulierung des Mittelstands beitragen und dadurch eine erheblich finanzielle Entlastung zur Folge haben. Zum anderen soll das HGB-Bilanzrecht zu einem den internationalen Rechnungslegungsstandards gleichwertigen Regelwerk ausgebaut werden, das zugleich aber wesentlich kostengünstiger und in der Praxis einfacher zu handhaben ist. Dadurch soll es mittelständischen, nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen ermöglicht werden, weiterhin nur ein Rechenwerk die sog. Einheitsbilanz aufzustellen, das Grundlage für die Besteuerung und die Ausschüttungsbemessung ist. Seite 5 von 6

6 Wir werden zu den Einzelheiten des BilMoG nach der Zustimmung durch den Bundesrat (geplant für den 3. April 2009) eine Informationsveranstaltung durchführen, zu der wir Sie noch gesondert einladen. Mit freundlichen Grüßen Dipl.-Kfm. Roland Chmiel Wirtschaftsprüfer Seite 6 von 6