Zusammenfassung des Referats zum Thema

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1 Zusammenfassung des Referats zum Thema Funktionen, Kurven, Kurvenscharen und grafikfähige Taschenrechner - Welche Möglichkeiten bietet der Einsatz eines CAS für eine veränderte Kultur des Analysisunterrichts? Autor: Folien und Aufgaben des Referats: Torsten Brandes brandes@informatik.hu-berlin.de Veranstaltung: "Mathematikunterricht in der Sekundarstufe II Befunde und Perspektiven" (Hauptseminar MA Didaktik) bei Frau Dr. E. Warmuth im SS

2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung: Historische Entwicklung des Rechnereinsatzes im Mathematikunterricht Arten von Anwendungsprogrammen im Mathematikunterricht Welches CAS ist für die Schule geeignet? Kriterien für "gute" Software im Unterricht Welche CAS gibt es (Auswahl)? Anwendungsgebiete von Computeralgebrasystemen im Mathematikunterricht Der Rechner als Medium Der Rechner als Werkzeug Der Rechner als Tutor Der Rechner als Entdecker Kriterien für den Einsatz Konsequenzen für die Unterrichtsinhalte Probleme und Anforderungen...32 Literatur: Einleitung: Der Rechnereinsatz im Mathematikunterricht erfreut sich wachsender Beliebtheit. Mit entsprechenden Softwaresystemen sind mächtige Werkzeuge vorhanden, die den Lernprozess in geeigneter Weise unterstützen können. Der Computer kann dem Schüler lästige und fehleranfällige Rechenarbeit ersparen und damit inhaltliche Schwerpunkte stärker betonen. Dabei muss jedoch auch beachtet werden, dass das Benutzen von Computern im Unterricht einer klaren didaktischen Konzeption bedarf. Deutsche Schüler sind vor allem auf das Abarbeiten von Algorithmen trainiert, wenn es um das Verständnis von Mathematik, bzw. um die Anwendung auf reale Probleme geht haben sie deutliche Mängel. Dies hat die PISA Studie gezeigt. Mathematik in der Schule ist m.e. jedoch kein Selbstzweck, sondern erfährt ihre Daseinsberechtigung durch die Anwendbarkeit in Alltag, Beruf, Wirtschaft, etc.. Computeralgebrasysteme können helfen, dieses Defizit zu beseitigen 24

3 Guter Unterricht wird durch Computeralgebrasysteme noch besser, schlechter Unterricht noch schlechter. 1 1 Bericht über die 13. Arbeitstagung des Arbeitskreises Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik 25

4 2. Historische Entwicklung des Rechnereinsatzes im Mathematikunterricht In den achtziger Jahren wurden erstmals Computer im Mathematikunterricht verwendet. Dabei standen numerische Methoden, z.b. zur Integration, Nullstellenberechnung oder zur Approximation von Funktionen (Interpolation) im Vordergrund, die vorzugsweise mit Programmiersprachen wie PASCAL oder BASIC programmiert wurden. Ziel dieser Lehrgänge war es, den algorithmischen Aspekt der Mathematik zu betonen und eine Verbindung von Mathematik- und Informatikunterricht zu akzentuieren. Mittlerweile sollte jedoch weitestgehend Einigkeit darüber herrschen, dass auf das Programmierenlernen im Mathematikunterricht verzichtet werden sollte, sondern das Benutzen fertiger Software im Vordergrund stehen muss, wobei jedoch angeführt wird, dass dieser von Methoden der Informatik profitieren könne. 2 In den letzten 10 Jahren haben Lehrer damit begonnen Anwendungsprogramme einzuführen, mit denen der Schüler ohne spezielle Programmierkenntnisse arbeiten kann. 3. Arten von Anwendungsprogrammen im Mathematikunterricht Als mögliche Anwendungsprogramme können grob folgende Typen unterschieden werden: Numerische Programme Programme, die auf der Grundlage numerischer Algorithmen komplexe Aufgaben, z.b. bestimmte Integrale, Nullstellen, Matrizeninversion, Lineare Gleichungssysteme usw. berechnen können. Abb. 1: Lineare Gleichungssysteme lösen mit "Matheass" 2 vgl. E. Lehmann: CAS Bausteine im Ma-Unterricht Lernen von der Informatik 26

5 Funktionsplotter Programme, die Funktionsgraphen und Kurven zeichnen können. Abb. 2: Der Funktionen Plotter von WinFunktion 9.0 Dynamische Geometriesoftware Programme, mit denen man geometrische Konstruktionen durchführen und manipulieren kann. Abb. 3: Konstruktion eines Fraktals mit The Geometer s Sketchpad 27

6 Programme zur beschreibenden Statistik und Datenanalyse Programme, die statistische Größen, wie Mittelwerte, Streuungsparameter oder Korrelationskoeffizienten erlauben und außerdem das graphische Experimentieren mit Daten erlauben. Solche Programme spielen jedoch kaum eine Rolle in der Schule. Abb. 4: Kreisdiagramm zeichnen mit SPSS Tabellenkalkulationsprogramme Computeralgebrasysteme (CAS) Programme, die in der Lage sind symbolisch zu rechnen, Stammfunktionen zu finden, Ableitungsfunktionen zu berechnen oder Lösungen von Differentialgleichungen zu bestimmen. Anschließend wollen wir uns näher mit den CAS beschäftigen (der Umfang dieser Programme schließt einige der o.g. Anwendungen mit ein, CAS sind auch in der Lage Funktionen zu plotten, enthalten statistische Funktionen etc. so dass ich die Begrifflichkeiten CAS und Rechner im folgenden synonym verwende). 28

7 4. Welches CAS ist für die Schule geeignet? 4.1 Kriterien für "gute" Software im Unterricht Ein Blick in die Informatikdidaktik lehrt uns, dass eine Entwicklungsumgebung (in unserem Fall das zu benutzende CAS) für den Unterricht geeignet ist, wenn sie (es): 1. benutzerfreundlich (z.b. gute Funktionalität, übersichtliche Benutzeroberfläche) 2. problemangemessen (d.h. es leistet was es leisten soll) 3. dialogflexibel (z.b. angemessene Fehlermeldungen) 4. selbsterklärungsfähig (leichte Verständlichkeit) 5. zuverlässig 6. leicht erlernbar 7. preiswert ist. Unter diesem Hintergrund ist auch die Wahl des zu verwendenden Programms sorgfältig zu bedenken. 4.2 Welche CAS gibt es (Auswahl)? Vorteile Derive Maple 3 / Mathematika MuPad leicht erlernbar hoch komplexe CAS kostenlos! durch übersichtliche Menüstruktur hoch komplexes CAS schülergerecht reichlich fachdidaktische Literatur erhältlich Nachteile teuer nur für Windows erhältlich kaum bezahlbar für den Schulgebrauch überfunktionalisiert schwer erlernbar schwer erlernbar durch textbasierte Befehlseingabe Allerdings hängt es auch von den äußeren Umständen ab, welches Programm benutzt werden sollte. In der Sekundarstufe II ist der Einsatz von Maple durchaus denkbar. Man sollte allerdings die Einarbeitungszeit nicht unterschätzen. Unter dem Gesichtspunkt der chronischen Unterfinanzierung unseres Schulsystems ist es vielleicht überlegenswert, kostenlose Programme zu bevorzugen. 3 Maple wird trotzdem im Schulversuch eingesetzt, siehe hierzu z.b.: 29

8 5. Anwendungsgebiete von Computeralgebrasystemen im Mathematikunterricht Es stellt sich nun die Frage, auf welche Weise der Rechnereinsatz, bzw. konkreter der Einsatz eines CAS den Unterricht unterstützen kann. 5.1 Der Rechner als Medium CAS können zur Darstellung, Demonstration und Veranschaulichung von Kurven, Funktionen, Flächen u.a. verwendet werden. 5.2 Der Rechner als Werkzeug Der Rechner kann als Werkzeug eingesetzt werden, um den Rechenaufwand bei Beispielen, Termumformungen u.ä. zu verkürzen. Dadurch werden die Schüler von fehleranfälligen Routinen entlastet und der Schwerpunkt kann auf inhaltliche Probleme und Verständnis mathematischer Sachverhalte gelenkt werden. Beim Einüben von Fähigkeiten und Fertigkeiten kann der Rechner als Kontrolleur dienen. Wichtige Arbeiten wie Entwicklung von Lösungsstrategien, Einordnen und Interpretieren von Ergebnissen können dadurch eine Aufwertung erfahren. Realitätsnahe Aufgaben werden greifbar. Beim Modellbildungsprozess kann die Konzentration auf Problemformulierung und Übersetzung in das Modell gelegt werden. Die Lösung kann dem Rechner überlassen werden(?). 5.3 Der Rechner als Tutor Hierbei ist vor allem die Verwendung spezieller Lernsoftware zu beachten. Der Rechner dient als Hilfsmittel für spezielle Lernprozesse, bei der Einführung von Begriffen usw. 5.4 Der Rechner als Entdecker Durch gezieltes Experimentieren, z.b. systematisches Variieren von Parametern, kann der Schüler mathematische Sachverhalte erkennen. Mit Hilfe des Rechners können Hypothesen entwickelt und überprüft werden. Diese Herangehensweise setzt natürlich eine veränderte Unterrichtskultur voraus, da der Schüler auch die Möglichkeit haben muss, mit dem Rechner zu arbeiten (Projektunterricht). 30

9 6. Kriterien für den Einsatz Der Einsatz eines CAS im Mathematikunterricht sollte nicht um des Einsatzes willen erfolgen. Folgende Fragen sind bei den Vorüberlegungen zu berücksichtigen. Trägt ein CAS zur Vereinfachung, Konkretisierung, Veranschaulichung, Vertiefung, Erweiterung, Modellbildung oder Vorbereitung einer Begriffsbildung bei? Erhöht der Einsatz den Anwendungsbezug? Wird mit umfangreichem Zahlenmaterial gearbeitet? Soll experimentell gearbeitet werden? Müssen Abläufe häufig wiederholt werden? Ist der Algorithmus besonders wichtig bzw. unwichtig? Entsteht durch den Einsatz ein zusätzlicher Zeitaufwand und wie hoch ist er? Macht der Einsatz das Gebiet attraktiver? Ist mit einem verbesserten Unterrichtserfolg zu rechnen? 7. Konsequenzen für die Unterrichtsinhalte Bisherige Inhalte erscheinen in neuem Licht. Die Motivation von Unterrichtsthemen wie Kurvendiskussion ist bei der Verwendung von Computeralgebrasystemen nicht mehr gegeben, auf Knopfdruck lässt sich der Graph einer Funktion aufzeichnen. Termumformung können vom Rechner schneller und vor allem richtig ausgeführt werden. 4 Neue Themen werden im Mathematikunterricht zugänglich. So könnten Kurven in Parameterdarstellung, rekursive Funktionen oder Folgen oder Differentialgleichungen behandelt werden, wobei hier nicht das Kalkül sondern inhaltliche Fragen im Vordergrund stehen sollten. Mathematische Probleme können mit Rechnerunterstützung simuliert werden. Unterrichtsinhalte erhalten andere Gewichtung. Der Schüler wird von fehleranfälligen Rechnungen entlastet. Routinen erfahren eine Bedeutungsminderung. Der Schwerpunkt verlagert sich vom Einüben von Algorithmen hin zu Inhalt und Verständnis von Mathematik. Beim Modellbildungsprozess kann der Schwerpunkt auf Modellierung und Interpretation gesetzt werden. Richtige Anwendungsaufgaben, die ohne "geschönte Zahlen auskommen" werden greifbar. Die PISA Studie hat 4 vgl. hierzu zwei Extrempositionen: "Da alle relevanten Terme von Computern behandelt werden können, braucht man keine Termumformung mehr selbst durchzuführen." oder "Termumformungen sind zentrale mathematische Handlungen und sollten nicht an den Computer delegiert werden. Es ändert sich nichts." 31

10 gezeigt, dass deutsche Schüler gerade bei der Modellierung eines Problems versagen. Insofern können CAS helfen dieses Defizit zu beseitigen. Bezüglich der Unterrichtsformen müssen verstärkt Experimenteller Unterricht und Projektunterricht durchgeführt werden. 8. Probleme und Anforderungen Es ist eine Einarbeitung in das CAS erforderlich. Der Schüler muss eine Einführung und Zeit zum Ausprobieren des Programms bekommen. Die fachliche Unterrichtsvorbereitung für den Lehrer ist ebenfalls sehr zeitaufwändig. Außerdem ist Modellieren und Interpretieren ist für den Schüler schwerer als das bloße Ausführen von trainierten Algorithmen. Letztlich verändert sich die Lehrerrolle, der Lehrer wird zum Planer des Kurses und Berater im Unterricht. Abschließend sei betont, dass die Benutzung des Rechners im Unterricht eine Chance darstellt, die in der Schule zu vermittelnden Schlüsselqualifikationen Denken in Zusammenhängen Problemlösevermögen Teamfähigkeit, Kommunikationsbereitschaft Argumentationsfähigkeit Selbständigkeit Bereitschaft zu lebenslangem Lernen Kreativität zu unterrichten. und zum Schluss Kann ich den Computer als Lehrer nicht einfach ignorieren? Vermutlich nicht. Denn die meisten Schüler besitzen einen solchen und viele können sogar mit einem CAS umgehen. 32

11 Literatur: Tietze, Klika, Wolpers: Mathematikunterricht in der Sekundarstufe II Abteilung Mathematik am Staatl. Seminar für Schulpädagogik (Gymnasien) Karlsruhe: Wie verändert sich der Mathematikunterricht durch den Einsatz eines Computer-Algebra-Systems? Eberhard Lehmann: Mathematik-Unterricht mit Computer-Einsatz 33

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