Donor Advised Funds: Wachstumsmotor bei Bürgerstiftungen und Konkurrenz unter falscher Flagge
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- Sabine Giese
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1 1 2 Stefan Nährlich, Bernadette Hellmann Donor Advised Funds: Wachstumsmotor bei Bürgerstiftungen und Konkurrenz unter falscher Flagge 1 Bürgerstiftungen in Deutschland Stefan Nährlich, Bernadette Hellmann Seit Gründung der ersten Bürgerstiftung (Englisch: Community Foundation) im Jahr 1914 durch den Anwalt und Bankier Frederik Goff in Cleveland, Ohio, hat sich das Stiftungsmodell weltweit verbreitet. Aktuell existieren mehr als Bürgerstiftungen in über 50 Ländern (Worldwide Initiatives for Grantmaker Support, 2010). In Deutschland wurden Mitte der 1990er Jahre im nordrhein-westfälischen Gütersloh und im niedersächsischen Hannover die ersten beiden Bürgerstiftungen gegründet. Heute sind in mehr als 350 Städten, Gemeinden oder Regionen Bürgerstiftungen aktiv. Damit gibt es weltweit in Deutschland inzwischen die meisten Bürgerstiftungen nach den USA. In keinem anderen Land entwickeln sie sich so dynamisch wie hierzulande, wenngleich (noch) auf einem niedrigen finanziellen Niveau. Bürgerstiftungen stellen eine institutionelle Innovation in der Bürgergesellschaft in Deutschland dar. Zwar gilt jede Stiftung als Trägerin einer verselbständigten Vermögensmasse und unterscheidet sich von einem Verein dadurch, dass sie den bei Gründung festgelegten Stifterwillen nachhaltig zu erfüllen hat und nicht einem ständigen demokratischen Willensbildungsprozess ihrer Mitglieder unterworfen ist. Die Bürgerstiftung aber hat erstmals systematisch und konzeptionell die Stiftungsidee um assoziative Elemente ergänzt. Dies wird institutionell in Form der Stifterversammlung bzw. des Stifterrates, des Freundeskreises oder auch des Kuratoriums umgesetzt. Die Bezeichnung einer Bürgerstiftung als Stiftung von Bürgern für Bürger bringt diesen Ansatz der Selbstverwaltung gut zum Ausdruck und grenzt sie von anderen Stiftungen für die Bürger ab. Der Begriff Bürgerstiftung ist in Deutschland rechtlich nicht geschützt. Daher hat der Arbeitskreis Bürgerstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen im Mai 2000 die 10 Merkmale einer Bürgerstiftung verabschiedet. Sie definieren, was eine Bürgerstiftung ist. In der Präambel heißt es: Eine Bürgerstiftung ist eine unabhängige, autonom handelnde, gemeinnützige Stiftung von Bürgern für Bürger mit möglichst breitem Stiftungszweck. Sie engagiert sich nachhaltig und dauerhaft für das Gemeinwesen in einem geographisch begrenzten Raum und ist in der Regel fördernd und operativ für alle Bürger ihres definierten Einzugsgebietes tätig. Sie unterstützt mit ihrer Arbeit bürgerschaftliches Engagement [ ] (Arbeitskreis Bürgerstiftungen, 2000). D.h. im Unterschied zu herkömmlichen Stiftungen sind Bürgerstiftungen unabhängige, nicht von einer Einzelperson oder Organisation dominierte Stiftungen, die lokal oder regional aktiv sind. Das Stiftungskapital wird dabei von vielen Stiftern gemeinsam aufgebracht, die Erträge können in eine breite Anzahl von Förderzwecken fließen. Stifter können unter dem Dach der Bürgerstiftung auch Stiftungsfonds oder Treuhand- stiftungen einrichten und so dauerhaft ihre individuellen gemeinnützigen Anliegen verwirklichen. Bürgerstiftungen zeichnen sich durch gewisse Partizipationsmöglichkeiten aus, die den Stiftern und Zustiftern Mitwirkungsrechte z.b. bei der Mittelverwendung ermöglichen. Gegenüber anderen sogenannten engagementfördernden Infrastruktureinrichtungen wie Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen oder kommunalen Stabsstellen für Bürgerengagement weisen Bürgerstiftungen einige komparative Vorteile auf (Hellmann, 2005). Diese sind in den vier typischen Funktionen von Bürgerstiftungen begründet (Aktive Bürgerschaft, 2006): (1) Als Fundraiser haben Bürgerstiftungen die Aufgabe, kontinuierlich für den Aufbau eines breitgefächerten Stiftungsvermögens zu sorgen. Daneben werben sie auch Spenden ein, die direkt und vollständig einzelnen Projekten zugute kommen. (2) Als Dienstleister unterstützen Bürgerstiftungen Spender und Stifter bei der Vergabe von Fördermitteln, dem Finanzmanagement, der Erschließung weiterer Ressourcen, der Öffentlichkeitsarbeit und vielem mehr. (3) Als Fördergeber sollen sie auf die sich neu entwickelnden und sich ändernden Bedürfnisse reagieren und innovative Entwicklungen im Bildungswesen, im Umweltbereich, in der Kultur oder im sozialen Bereich unterstützen. Bürgerstiftungen arbeiten aber auch operativ und führen zusammen mit anderen Institutionen eigene Projekte durch. (4) Als Lobby für das Gemeinwohl können Bürgerstiftungen Katalysator des Gemeinwesens sein und neue Partnerschaften zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen. 1.1 Entwicklung und Wachstum Seit Mitte der 1990er Jahre entwickeln sich Bürgerstiftungen in Deutschland mit besonderer Dynamik. Nach dem Länderspiegel Bürgerstiftungen. Fakten und Trends 2013 waren bis zum Stichtag in mehr als 348 Städten, Gemeinden und Regionen Bürgerstiftungen aktiv. Über 38 Millionen Menschen leben im Einzugsgebiet einer Bürgerstiftung und können sich als Stifter, Spender und Ehrenamtliche engagieren. Das Gesamtvermögen der Bürgerstiftungen ist im Jahr 2012 um mehr als 25,6 Millionen Euro auf insgesamt 235 Millionen Euro angewachsen. Mit 10,2 Millionen Euro spendeten die Menschen so viel wie noch nie an Bürgerstiftungen. Aus Spenden und Zinserträgen haben Bürgerstiftungen 2012 mehr als 14 Millionen Euro für das lokale Gemeinwohl ausgeschüttet (Aktive Bürgerschaft, 2013). Die rasche Verbreitung von Bürgerstiftungen in Deutschland und ihre positive Entwicklung zeigen, dass sie innerhalb kurzer Zeit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und anderen Institutionen gewinnen konnten.
2 Donor Advised Funds: Wachstumsmotor und Konkurrenz unter falscher Flagge 3 4 Stefan Nährlich, Bernadette Hellmann 1.2 Wachstumsmotor Stiftungsfonds Wie die jährlichen Datenerhebungen der Aktiven Bürgerschaft für den Länderspiegel Bürgerstiftungen. Fakten und Trends seit 2006 zeigen, sind Stiftungsfonds ein wichtiger Wachstumsmotor für die Entwicklung der Bürgerstiftungen in Deutschland geworden. Unter einem Stiftungsfonds versteht man eine Zustiftung in das Grundstockvermögen einer gemeinnützigen Stiftung oder Bürgerstiftung, die der Stifter mit einem bestimmten Namen oder Stiftungszweck verbinden kann. Grundsätzlich zeichnen sich Stiftungsfonds durch geringere Verwaltungskosten gegenüber Treuhandstiftungen und rechtlich selbständigen Stiftungen aus. Weder ist eine eigene Gemeinnützigkeit bei der Finanzverwaltung zu beantragen, noch muss das Kapital in Stiftungsfonds als Sondervermögen getrennt verwaltet werden. Stiftungsfonds unterliegen auch nicht der Genehmigung und Stiftungsaufsicht, sondern werden durch einen privatrechtlichen Vertrag zwischen Stifter und Stiftung eingerichtet. Gleichzeitig kommen alle steuerlichen Vorteile zum Tragen, ebenso sind auch nahezu alle Gestaltungsmöglichkeiten für den Stifter realisierbar. Stiftungsfonds gibt es in verschiedenen Formen. Die bekannteste ist wohl der Stiftungsfonds mit Verfügungsrecht, international als Donor Advised Fund bezeichnet. Diese Art des Stiftungsfonds, 1931 erstmals vom New York Community Trust eingerichtet, räumt dem Stifter das Recht ein, die Zustiftung mit seinem Namen und einem bestimmten Stiftungszweck zu verbinden und mitzuentscheiden, wofür die Erträge eingesetzt werden (Hellmann, 2010). Daneben gibt es bei den Bürgerstiftungen in Deutschland auch Stiftungsfonds ohne Zweckbindung, Stiftungsfonds mit Empfängerbenennung (Erträge gehen automatisch meist an eine gemeinnützige Organisation), Stiftungsfonds mit thematischer oder regionaler Ausrichtung (über die konkreten Förderprojekte entscheiden i.d.r. die Gremien der Bürgerstiftung) und Stiftungsfonds gemeinnütziger Organisationen (Nährlich/Hellmann, 2008). Heute verwaltet schon jede dritte Bürgerstiftung in Deutschland weitere Stiftungen. Insgesamt verwalten die Bürgerstiftungen bereits 530 Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen, das sind doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren. Diese Form des zweckgebundenen Vermögens hat gemessen am Gesamtkapital aller Bürgerstiftungen einen Anteil von über zehn Prozent. Im Jahr 2007 lag dieser Anteil noch bei etwa fünf Prozent. Seitdem hat sich das Kapital der Stiftungsfonds fast verfünffacht von 5,4 Millionen Euro im Jahr 2007 auf 25 Millionen Euro im Jahr 2012 (siehe Abbildung 1, Aktive Bürgerschaft, 2013). Abbildung 1: Schaubild Stiftungskapital nach Vermögensformen Mit der Möglichkeit des zweckgebundenen Zustiftens in Form von Stiftungsfonds können Bürgerstiftungen das Gründen von Stiftungen in Deutschland revolutionieren. Wie die Billig-Airlines fokussieren sie auf die Kernleistung, vereinfachen Abläufe, lassen Unnötiges weg. So bleiben den Bürgerstiftungen Verwaltungsaufwand und Kosten erspart und den Stiftern damit mehr Geld für die Zweckverfolgung. 2 Konkurrenz unter falscher Flagge Da je eine Bürgerstiftung ein bestimmtes regionales Gebiet abdecken soll, findet die Anzahl der Bürgerstiftungen in einem Land eine natürliche Begrenzung. Doch wo liegt diese Grenze oder anders gefragt: Wie groß ist das Potenzial für Bürgerstiftungen in Deutschland? In Fachkreisen werden Größenordnungen um 500 oder mehr Bürgerstiftungen diskutiert, die in Regionen aktiv sind, die unter geografischen, sozialkulturellen und wirtschaftlichen Merkmalen eine Einheit bilden. Diese Prognose und der anhaltende Abschwung der Neugründungen von Bürgerstiftungen seit dem Jahr 2006 bildeten den Ausgangspunkt für eine Sonderauswertung Nicht-Bürgerstiftungen der Aktiven Bürgerschaft. Konkret sollte die Zahl derjenigen Stiftungen systematisch ermittelt werden, die sich Bürgerstiftung nennen, aber die entsprechenden 10 Merkmale nicht erfüllen und daher in der Bürgerstiftungsstatistik der Aktiven Bürgerschaft nicht erscheinen (Nährlich/Hellmann/Grabsch, 2013). Für die Sonderauswertung hat die Aktive Bürgerschaft im Jahr 2012 bundesweit die Stiftungsregister der Aufsichtsbehörden nach Stiftungen ausgewertet, die sich Bürgerstiftung oder Bürger-Stiftung nennen. Ferner wurden entsprechend benannte rechtlich unselbständige Stiftungen bei Stiftungstreuhändern recherchiert. Die Satzungen aller Stiftungen wurden auf die Einhaltung der 10 Merkmale geprüft und insbe-
3 Donor Advised Funds: Wachstumsmotor und Konkurrenz unter falscher Flagge 5 6 Stefan Nährlich, Bernadette Hellmann sondere anhand der Kriterien der Rechtsform (rechtlich selbständig, unselbständig) und der Unabhängigkeit kategorisiert. Alle erhobenen Daten wurden mit der Bürgerstiftungsdatenbank der Aktiven Bürgerschaft (Nährlich, 2014) abgeglichen und die Datenbank entsprechend aktualisiert. Wie die Auswertung zeigte, gab es zum in Deutschland fast 700 Stiftungen mit dem Namen Bürgerstiftung, die aber nicht alle auch den 10 Merkmalen einer Bürgerstiftung gerecht werden. Im Gegenteil war festzustellen, dass mit 363 Stiftungen die Mehrheit diese Merkmale nicht erfüllen. Bürger, Unternehmen und andere Organisationen können bei diesen Stiftungen zwar zustiften, haben aber keine Möglichkeit, auch über die Mittelverwendung und die Angelegenheiten der Stiftung selbständig zu entscheiden. Entsprächen alle diese Stiftungen jedoch den 10 Merkmalen, würden statt knapp der Hälfte der Menschen in Deutschland (45 Prozent) schon zwei Drittel (66 Prozent) erreicht werden. In diesem Lichte ist der Abschwung bei den Neugründungen von Bürgerstiftungen erklärbar, da eine weitgehende Sättigung des regionalen Raumes erreicht ist. Inwieweit die Entwicklung der Nicht-Bürgerstiftungen im Zusammenhang mit der Gründung der Bürgerstiftungen in Deutschland steht, war eine weitere Frage, die im Rahmen der Sonderauswertung beantwortet werden sollte. Wie sich zeigt, folgen Nicht-Bürgerstiftungen zwei Traditionslinien. Das Engagement von Bürgern hat auch schon vor Gründung der ersten Bürgerstiftungen nach dem Vorbild der US-amerikanischen Community Foundation Mitte der 1990er Jahre in Deutschland zur Errichtung von Bürgerstiftungen geführt. Die Auswertung wies 28 solcher Stiftungen aus, die vor 1996 gegründet wurden. Die Mehrzahl der Nicht-Bürgerstiftungen entstand jedoch erst, als das vielfältige und zahlreiche Engagement von Stiftern und Spendern den Begriff Bürgerstiftung in Deutschland populär gemacht hat. So sind 335 der 363 Nicht-Bürgerstiftungen nach 1996 entstanden. Ihre Entwicklung verläuft mit kurzen periodischen Einbrüchen bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes weiterhin stetig aufwärts, während der Gründungsverlauf der Bürgerstiftungen rückläufig ist. Abbildung 2: Gründungen von Bürgerstiftungen und Nicht-Bürgerstiftungen nach Jahren Nicht-Bürgerstiftungen sind dabei kein bundesweites Phänomen. Regional kommen sie vor allem im Bundesland Bayern vor, sowohl in absoluten Zahlen (107) als auch relativ zur Anzahl der Bürgerstiftungen (32). Auch in den Ländern Baden- Württemberg (88), Hessen (23), Schleswig-Holstein (10) und Brandenburg (6) sind sie gegenüber den Bürgerstiftungen in der Mehrheit. In anderen Ländern wie beispielsweise den bürgerstiftungsstarken Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen bleiben Nicht-Bürgerstiftungen in der Minderheit. Während Bürgerstiftungen dadurch charakterisiert sind, dass ihre Satzung den 10 Merkmalen einer Bürgerstiftung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen entspricht, definiert sich im Umkehrschluss die Nicht-Bürgerstiftung dadurch, dass sie diese Merkmale nicht erfüllt, aber Bürgerstiftung heißt. Dabei sind die Nicht- Bürgerstiftungen kein monolithischer Block, sondern lassen sich in drei Untergruppen ausdifferenzieren (Nährlich/Hellmann/Grabsch, 2013).
4 Donor Advised Funds: Wachstumsmotor und Konkurrenz unter falscher Flagge 7 8 Stefan Nährlich, Bernadette Hellmann Eine große Gruppe bilden dabei rechtlich unselbständige kommunale Bürgerstiftungen. Diese werden seit einigen Jahren nach einem standardisierten Konzept (Satzung, Werbematerial, Gebührenordnung) gegründet. Ausgangspunkt sind sogenannte Stiftergemeinschaften von Sparkassen. Dies sind von Sparkassen gegründete Treuhandstiftungen, die von der Deutschen Stiftungstreuhand AG verwaltet werden. In die Treuhandstiftungen stiften die Kommunen in Form von Stiftungsfonds zu und benennen über den Gemeinderat etwaige Gremienmitglieder. Diese sogenannten Bürgerstiftungen werden als Stiftungsfonds untrennbarer Vermögensbestand der von den Sparkassen gegründeten und verwalteten Stiftergemeinschaften. Zur schnellen Verbreitung dieses Ansatzes hat sicher beigetragen, dass die Sparkassen stiftungswillige Kommunen in ihrem Geschäftsgebiet mit einer finanziellen Zuwendung in das Stiftungskapital belohnen, z.b. in Höhe von einem Euro pro Einwohner. Die Verwaltung dieser rechtlich unselbständigen kommunalen Bürgerstiftungen übernimmt die Deutsche Stiftungstreuhand AG, die Vermögensverwaltung die jeweilige Sparkasse. Dieser Ansatz wird vor allem in Bayern systematisch umgesetzt. Im Rahmen der Sonderauswertung wurden 95 solcher Stiftungsfonds zum recherchiert (Nährlich/Hellmann/Grabsch, 2013). Zum gab es 131 solcher Gebilde. Verbreitet sind sie nach wie vor mehrheitlich in Bayern (103), aber auch in Baden- Württemberg (19) entstehen solche kommunalen Bürgerstiftungen als Stiftungsfonds. Da die Lokalpresse kommunalen Themen naturgemäß ihre Aufmerksamkeit schenkt, lassen sich Beispiele gut recherchieren. Im Landkreis Erlangen-Höchstadt beispielsweise hat die dortige Sparkasse zusammen mit mehreren Gemeinden sieben kommunale Bürgerstiftungen gegründet, die nach einem Artikel der Lokalpresse insgesamt über ein Anfangskapital von Euro verfügen, davon Euro von der Sparkasse (Hitschfel, 2013). In der bayerischen Gemeinde Grafenrheinfeld sahen die Gemeinderatsmitglieder zunächst keinen Bedarf für eine Bürgerstiftung, gaben dann aber dem Werben der Sparkasse Schweinfurt nach. Die Sparkasse gab weitere Euro für die Stiftung und übernahm auch die Kosten der Flyer für die Gemeinde, wie die örtliche Zeitung schrieb (Ohne Autor, 2013). Doch nicht immer lassen sich die Gemeinderäte überzeugen. Im bayerischen Gaißach fand das Angebot der Sparkasse keine Zustimmung. Es gäbe hier einfach keine potenten Zustifter und bei den niedrigen Zinsen gewinne in erster Linie die Bank, die damit zu sicheren Anlagen käme zitiert der Tölzer Kurier mehrere Lokalpolitiker (Ohne Autor, 2012). 3 Diskussion Bürgerstiftungen erfreuen sich in Deutschland steigender Beliebtheit und entwickeln sich dynamisch. Dies liegt auch an den einfachen Möglichkeiten für zweckgebundene Zustiftungen. Diese sogenannten Donor Advised Funds, in Deutschland Stiftungsfonds genannt, sind ein wichtiger Motor des Wachstums der Bürgerstiftungen. Sie sind eine Lösung für Stifter, die ihr Engagement selber mitgestalten möchten, indem sie z.b. einen bestimmten Stiftungszweck verfolgen, die sich aber auf der anderen Seite nicht um die administrativen Aufgaben kümmern wollen und auch auf geringe Verwaltungskosten achten. Die Stiftungsfonds sind aber auch ein Geschäftsmodell, das Sparkassen unter der Bezeichnung Bürgerstiftung an Kommunen vertreiben. Hier stellen sie in erster Linie eine Lösung für die Sparkassen dar. Einerseits können sie den Kommunen vor dem Hintergrund vielfach leerer öffentlicher Kassen ein Angebot im Stiftungsbereich und Hoffnungen auf Zustiftungen der Bürger und Unternehmen machen, andererseits können sie Mittel für die Förderung gemeinnütziger Zwecke als Matching-Instrument einsetzen und so einen zusätzlichen Anreiz für die Kommunen bieten. Möglich ist dies, da die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts und der gesetzlich festgeschriebenen Gemeinwohlförderung einen Teil der Gewinne direkt für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen müssen. Diese Mittel z.b. direkt an örtliche Vereine auszuschütten oder zur Gründung von Stiftungen zu verwenden ist gleichermaßen möglich. Aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive stellt der Einsatz der Donor Advised Funds durchaus in beiden Konzepten ein lösungsorientiertes Angebot dar. Ihre Wirkung hinsichtlich der Förderung bürgerschaftlichen Engagements und der Stärkung zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation (Kocka, 2004) fällt dagegen differenzierter aus. Wenn Städte und Gemeinden Bürgerstiftungen gründen, werden dazu Steuermittel umgewidmet. Wenn Sparkassen zustiften, tun sie dies aus Überschüssen, die sie aufgrund der gesetzlichen Gemeinwohlverpflichtung zur Förderung gemeinnütziger Zwecke verwenden sollen. Zusätzliche Mittel für die Förderung des Gemeinwohls sind dadurch noch nicht generiert worden. Anders bei den Bürgerstiftungen, die ihre Zuwendungen von Privatpersonen und Unternehmen bekommen. Während kommunale Mittel, also Steuergelder und Gebühreneinnahmen, der Kontrolle gewählter Volksvertreter im Stadtrat bzw. Gemeinderat unterliegen, endet diese Kontrolle bei der Übertragung der Mittel auf eine Stiftung. Dies mag bei geringeren Beträgen in der Praxis zu vernachlässigen sein, stellt aber ein grundsätzliches Legitimitätsproblem dar. Um diesem Problem zu begegnen, werden die Entscheidungs- und Aufsichtsgremien von Stiftungen, die im Wesentlichen aus öffentlichen Mittel finanziert werden, in der Regel mehrheitlich mit Vertretern der verschiedenen Fraktionen aus Stadt- oder Gemeinderat, Landtag oder Bundestag besetzt oder durch diese benannt. Dies führt zu dem aus Sicht der Zivilgesellschaft problematischen Nebeneffekt, dass eine Zusammenarbeit immer durch eine Machtasymmetrie gekennzeichnet ist. Die vielfach beschworene Kooperation auf Augenhöhe ist somit vom good will der Mehrheit abhängig. Stiftungen von Bürgern für Bürger oder Stiftungen für die Bürger? Der Historiker Jürgen Kocka (2004) hat darauf hingewiesen, dass allein die Tatsache, dass Bürger sich freiwillig und unentgeltlich für das Gemeinwohl engagieren, noch nicht ausreicht, um von Zivilgesellschaft zu sprechen. Zentral hierfür ist gesellschaftliche Selbstorganisation z.b. durch Vereine, Zirkel, Netzwerke oder eben auch Bürgerstiftungen (Nährlich/Strachwitz, 2006). Dabei geht es um einen Raum gesellschaftlicher Selbstorganisation zwischen Staat, Markt und Privatsphäre, der nicht von staatlichen Institutionen kontrolliert und reguliert wird. Das scheint auch der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes ähnlich zu sehen. Kommunale Bürgerstiftungen, wie sie einige Sparkassen vertreiben würden, schrieb er den Autoren, seien ein Problem, an dessen Lösung gearbeitet würde.
5 Donor Advised Funds: Wachstumsmotor und Konkurrenz unter falscher Flagge 9 Literatur Aktive Bürgerschaft e.v. (2006): Fundraising für Bürgerstiftungen. Erfolgreich Stifter, Zustifter und Spender gewinnen. Berlin. Aktive Bürgerschaft e.v. (2013): Bürgerstiftungen. Fakten und Trends Berlin. Arbeitskreis Bürgerstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (2000): 10 Merkmale einer Bürgerstiftung, Mai 2000, Projekte/Initiative_Buergerstiftungen/10_Merkmale_2005.pdf, Hellmann, Bernadette (2010): The Challenge of Sustainability: How German Community Foundations Can Strengthen Their Financial and Organizational Stability. Center on Philanthropy and Civil Society, Research Paper, New York/Berlin. Hellmann, Bernadette (2005): Bürgerstiftungen: die besseren Akteure zur Förderung von Bürgerengagement vor Ort? In: Nährlich, Stefan u.a. (Hrsg.): Bürgerstiftungen in Deutschland. Bilanz und Perspektiven. Wiesbaden, S Hitschfel, Alexander (2013): Sieben neue Bürgerstiftungen im Landkreis ERH. Fränkischer Tag vom , stiftungen-kreissparkasse-hoechstadt-weisendorf-oberreichenbach-muehlhausen-hessdorf- Aurachtal-Grossenseebach-Sieben-neue-Buergerstiftungen-im-Landkreis- ERH;art215,569427, Kocka, Jürgen (2004): Zivilgesellschaft in historischer Perspektive. In: Jessen, Ralph/ Reichardt, Sven/Klein, Ansgar (Hrsg.): Zivilgesellschaft als Geschichte. Studien zum 19. und 20. Jahrhundert. Wiesbaden, S Nährlich, Stefan (2014): Es geht nicht nur um Forschung, es sind die Daten. Über Möglichkeiten datengestützter Steuerung von Arbeits- und Förderbereichen. In: Zimmer, Annette/Simsa, Ruth (Hrsg.): Quo Vadis? Forschung zu Partizipation, zivilgesellschaftlichen Organisationen und ihrem Management. Wiesbaden, S Nährlich, Stefan/Hellmann, Bernadette (2013): Bürgerstiftung: richtige Organisation zur richtigen Zeit. In: Verbands-Management, Heft 2/2013, S Nährlich, Stefan/Hellmann, Bernadette (2008): Stiftungsfonds: Merkmale, Formen und Entwicklung. In: Aktive Bürgerschaft (Hrsg.): Vermögensverwaltung und Rechnungslegung für Bürgerstiftungen. Berlin, S Nährlich, Stefan/Hellmann, Bernadette/Grabsch, Andreas (2013): Erfolgsbilanz nach 15 Jahren Bürgerstiftungen führt auch zu Imitationen. In: Aktive Bürgerschaft (Hrsg.): Diskurs Bürgerstiftungen. Was Bürgerstiftungen bewegt und was sie bewegen. Berlin, S Nährlich, Stefan/Strachwitz, Rupert (2006): Zur Standortbestimmung von Bürgerstiftungen und Zivilgesellschaft. In: Nährlich, Stefan u.a. (Hrsg.): Bürgerstiftungen in Deutschland. Bilanz und Perspektiven. Wiesbaden, S Worldwide Initiatives for Grantmaker Support (2010): 2010 Community Foundation Global Status Report, Manila, Ohne Autor (2012): Gemeinderäte wollen kein Verkaufsgespräch mit der Sparkasse. Tölzer Kurier - Münchner Merkur vom Ohne Autor (2013): Im zweiten Anlauf zur Bürgerstiftung. Grafenrheinfelds Räte schwenken um. Mainpost vom ,
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