Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton. Kathodischer Korrosionsschutz wirkt. Mit Sicherheit.

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1 Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton Kathodischer Korrosionsschutz wirkt. Mit Sicherheit.

2 Inhaltsverzeichnis Einleitung Grundlagen des kathodischen Korrosionsschutzes für Stahlbeton Anwendbarkeit des kathodischen Korrosionsschutzsystems Allgemeines Erfassung des Ist-Zustandes und Instandsetzung Komponenten des kathodischen Korrosionsschutzsystems Allgemeines Anodensysteme Überwachungssensoren Messdatenerfassungssystem Datenverwaltungssystem Gleichspannungskabel Anschlusskästen Stromquelle Installationsverfahren Verbindung zur Bewehrung Anodeneinbau Verbindung zum Anodensystem Inbetriebnahme Maßnahmen vor der Stromeinspeisung Anfängliche Stromeinspeisung und Einstellung Erste Funktionsüberwachung Schutzkriterien Dokumentation Betrieb und Instandhaltung Lebensdauer des Systems...20 Literaturverzeichnis...22 Seite 2

3 Einleitung Korrosion von Stahl in Beton stellt für die Bauwirtschaft in ökonomischer Hinsicht ein großes Problem dar und kann im Extremfall die allgemeine Sicherheit gefährden. Die durch Karbonatisierung und besonders Chloridinduzierung verursachten Korrosionsschäden können Instandsetzungsmaßnahmen erfordern, die sehr aufwendig und kostenintensiv sind. Die durch Chloride hervorgerufene Lochfraßkorrosion (Makroelementkorrosion) ist erst spät erkennbar, da sie sich nicht wie bei der gleichmäßigen Korrosion durch eine erhebliche Volumenvergrößerung am Bewehrungsstahl und somit Betonabplatzungen ankündigt. Besonders gefährdet sind Stahlbetonbauwerke wie Straßen- oder Autobahnbrücken und Parkhäuser bzw. Tiefgaragen, die winterlichen Streusalzeinflüssen ausgesetzt sind. Ebenso betroffen sind Bauwerke in maritimen Klimabedingungen oder Gründungen bzw. Fundamente in salzhaltigem Grundwasser. Bei den sogenannten konventionellen Instandsetzungsmaßnahmen muss chloridinduzierter Beton in großer Tiefe abgetragen werden, was einen erheblichen Eingriff in das Bauwerk darstellt. Diese Instandsetzung ist für den Betreiber mit hohem finanziellen Aufwand aufgrund der Ausführung als auch Nutzungseinschränkung des Bauwerks verbunden. Bei einer unvollständigen Entfernung des chloridhaltigen Betons kann durch fortlaufende Korrosion bereits nach einigen Jahren eine erneute Instandsetzungsmaßnahme erforderlich werden. Der kathodische Korrosionsschutz von Stahl in Beton (KKSB) ist eine alternative Instandsetzungsmethode, die in Deutschland trotz des vorhandenen Know-hows noch sehr wenig Anwendung findet. Das 1974 in den USA entwickelte Schutzsystem wird weltweit für eine Vielzahl verschiedenster Stahlbetonbauwerke in den unterschiedlichsten Umgebungsbedingungen eingesetzt. Dagegen wurden in Deutschland Projekte erst in den letzten Jahren realisiert. Der Vorteil bei einer Instandsetzung mit kathodischem Korrosionsschutz (KKS) gegenüber einer konventionellen Maßnahme liegt in der hohen Lebensdauer des Schutzsystems sowie den kostengünstigeren Ausbesserungsarbeiten am Beton. Das kathodische Korrosionsschutzsystem verhindert eine Weiterentwicklung der Lochkorrosion. Daher muss lediglich Beton bis zu einer Tiefe entfernt werden, in welcher der Stahl aufgrund Querschnittsverminderung reprofiliert werden muss. Dieses Konzept beschreibt die Grundlagen für die Planung, Installation, Inbetriebnahme und Überwachung einer kathodischen Korrosionsschutzanlage für Stahl in Beton. Der kathodische Korrosionsschutz von Stahl in Beton ist in der DIN EN geregelt und auf den Schutz des an der Atmosphäre ausgesetzten Stahls in Beton begrenzt [1]. Seite 3

4 1 Grundlagen des kathodischen Korrosionsschutzes für Stahlbeton Normalerweise ist der Stahl in den Beton- und Spannbetonbauten durch die Alkalität des Beton-Porenwassers und die sich daraus ergebende Passivierung über Jahre vor Korrosion geschützt. Die Passivität der Stahloberfläche ist aber nur in ph-bereichen möglich, in denen sich dichte Oxidfilme bilden können. Dies ist bei einem ph-wert Bereich von 9 bis 13 der Fall. Im so genannten Pourbaix-Diagramm kann man erkennen, unter welchen Bedingungen Eisen chemisch stabil ist und in welchen Bereichen es als Lösung bzw. festes Oxid vorliegt (Abbildung 1) [2]. Erst durch das Eindringen von Chloriden oder durch Karbonatisierung wird diese Passivschicht, welche die Eisenauflösung verhindert, instabil und es werden zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich. Bei Anwendung des kathodischen Korrosionsschutzes würde man das Potentials des Eisens in den inaktiven Bereich verschieben (unterhalb 600 mv) und somit der Korrosion entgegenwirken. Bild 1: Pourbaix-Diagramm für Eisen in Wasser Die Entscheidung, korrosionsgefährdete Stahlbetonkonstruktionen kathodisch zu schützen, hängt von technischen und wirtschaftlichen Erwägungen ab. Bei kleinflächigen, durch Korrosion des Bewehrungsstahles bedingten Betonabplatzungen, die auf ungenügende Betondeckung zurückzuführen sind, ist der kathodische Schutz mit Fremdstrom kein wirtschaftliches Vorhaben. Wesentliche Anwendungsgebiete sind stattdessen Stahlbetonbauwerke, bei denen hohe Chloridgehalte auch in größeren Tiefen im Beton vorliegen. Im Falle einer Sanierung kann aus technischen Gründen der chloridkontaminierte Altbeton normalerweise nur bis zur ersten Bewehrungslage entfernt werden. Ist auch in den tieferen Lagen ein hoher Chloridgehalt vorzufinden, wird dort die Korrosion fortschreiten. Eine sanierte obere Lage kann sogar eine verstärkte Korrosion der unteren Lage hervorrufen, da sie eine neue Kathodenfläche darstellt und somit die Elementwirkung verstärkt. Das Prinzip des kathodischen Korrosionsschutzes beruht darauf, dass die anodische Teilreaktion der Korrosionsreaktion, nämlich die Eisenauflösung, durch einen entgegengesetzt gerichteten Gleichstrom unterbunden wird. Dazu wird auf die Betonoberfläche eine dauerhafte Anode (in der Regel Mischmetalloxid beschichtetes Titan) aufgebracht und von einem leitfähigen Milieu (meist Spritzbeton) umgeben (Abbildung 2) [3]. Die freigelegte Bewehrung muss an den Minuspol und die Anode an den Pluspol einer Gleichstromquelle angeschlossen werden. Nach Einschalten der Stromquelle erzwingt diese einen Stromfluss durch den Stahl, der dem Stromfluss der anodischen Metallauf- Seite 4

5 lösung entgegengesetzt ist und somit das weitere Korrodieren unterdrückt. Gebildete Korrosionsprodukte können jedoch nicht wieder in Eisen zurückverwandelt werden. Bild 2: Prinzip des kathodischen Korrosionsschutzes für Stahl in Beton Der kathodische Korrosionsschutz ist generell auf zwei Arten möglich. Im soeben beschriebenen Verfahren wendet man den Schutz mit inerten Anoden und einer Fremdstromanlage an. Die zweite Möglichkeit beruht darauf, die Anode direkt mit der Bewehrung zu verbinden und so mit dem Prinzip der Kontaktkorrosion zu verfahren, d.h. mit einem unedleren Metall wird die Korrosion verstärkt aufgenommen und so das edlere Metall geschützt. Da sich die Anode bei dieser Anwendung auflöst spricht man auch von Opferanoden. 2 Anwendbarkeit des kathodischen Korrosionsschutzsystems 2.1 Allgemeines Bei einer Instandsetzung müssen Entwurf, Einbau, Stromversorgung, Inbetriebnahme, Langzeitbetrieb und Dokumentation aller Teile des kathodischen Korrosionsschutzsystems in Übereinstimmung mit einem Qualitätsplan ausgeführt werden [1]. Die Arbeiten sind unter der Aufsicht von qualifiziertem Personal mit Fachkenntnissen auf den Gebieten der Elektrochemie, Betontechnologie, Hoch- und Tiefbau sowie des kathodischen Korrosionsschutzes durchzuführen. 2.2 Erfassung des Ist-Zustandes und Instandsetzung Wird der kathodische Korrosionsschutz als Instandsetzungsmaßnahme für ein Bauwerk vorgesehen, muss die Anwendbarkeit des kathodischen Korrosionsschutzes bestätigt werden. Dazu wird der Ist-Zustand des Bauwerks, unter Berücksichtigung der folgenden Untersuchungen, erfasst [1]: Seite 5

6 Berücksichtigung vorhandene Bauwerksaufzeichnungen Visuelle Begutachtung des Schutzobjektes Bestimmung des Chloridgehalts und der Karbonatisierungstiefe des Betons Messung der Betonüberdeckung Überprüfung der elektrischen Kontinuität der Bewehrung Messung des Stahl/Beton-Potentials und des elektrischen Widerstandes des Betons Erfassung notwendiger Reparaturarbeiten Mit der Berücksichtigung von Zeichnungen oder Berichten des Schutzobjektes werden die Bestandteile bzw. Qualität des Betons sowie die Lage und damit die metallenleitende Durchverbindung der Bewehrung festgestellt. Eine visuelle Begutachtung des Bauwerks ist unerlässlich, um das Ausmaß an Mängeln, Bereiche möglicher vergangener Instandsetzungsarbeiten, unzureichende Betonüberdeckung durch Abplatzungen, Risse, Kiesnester und jegliche Merkmale des Bauwerks, die sich auf die Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzes auswirken können, zu erkennen. Die Bestimmung des Chloridgehalts kann mit der Bohrmehlmethode erfolgen. Bei diesem Verfahren wird mit dem Schlagbohrhammer in der Regel in 10 mm Schichtenfolge Bohrmehl aus den kritischen Bereichen des Schutzobjekts entnommen und im Labor der Chloridgehalt festgestellt. Mit dieser Methode kann der schichtenweise Chloridgehalt und somit der abzutragende chloridverseuchte Bereich des Betons ermittelt werden. Die Karbonatisierungstiefe des Stahlbetonbauteils kann mit dem Phenolphtaleintest bestimmt werden. Bei dem Test wird eine Bruchfläche in gewünschter Tiefe hergestellt und der frisch gebrochene Beton mit der Indikatorlösung besprüht. Der nicht karbonatisierte Bereich verfärbt sich rotviolett, während der karbonatisierte Bereich farblos bleibt. Die Betonüberdeckung sowie die Stärke und Lage der Bewehrung müssen gemessen werden, um zu prüfen, ob der Anoden-/Kathodenabstand für das betrachtete Anodensystem ausreichend ist und dichte Bereiche der Bewehrung, die eine hohe Stromdichte erfordern, zu erkennen [1]. Die Ermittlung der Betonüberdeckung sollte mit einer zerstörungsfreien Methode, z. B. durch magnetische Induktion, erfolgen. Mit einem Bewehrungs-Prüfgerät werden Bewehrungsstähle bis zu 200 mm Tiefe aufgesucht und somit die Überdeckung gemessen. Mit der Methode können schnell großflächige Bereiche abgesucht und sogar der Stahldurchmesser ermittelt werden. Der kathodische Korrosionsschutz des Bewehrungsstahls setzt eine metallenleitende Durchverbindung der Bewehrung voraus [1,4]. Im Allgemeinen ist der Kontakt zwischen den einzelnen Bewehrungslagen durch Verrödelungen oder Schub-, Rand- und Bewehrungen zur Rissbreitenbeschränkung gegeben, jedoch muss die Durchverbindung durch Messung des Widerstandes oder des Gleichstrompotentialunterschieds der auseinanderliegenden Bewehrungsstähle nachgewiesen werden. Dazu wird die Bewehrung freigelegt und die Messkontaktstellen vollständig entrostet. Stabile Messwerte und ein Widerstand weniger als 1 Ω bzw. ein Potentialunterschied weniger als 1 mv deuten auf eine leitende Durchverbindung hin [1]. Seite 6

7 Eine weitere Untersuchung zur Aufnahme des Ist-Zustandes und zur Erkennung der Bewehrungskorrosion ist die Messung des Stahl-Beton-Potentials bzw. Ruhepotentials. Nach bisherigen Erfahrungen sind die anodischen und kathodischen Bereiche der Bewehrung baupraktisch immer so weit örtlich getrennt, dass über ihnen verschiedene elektrische Potentialdifferenzen zwischen einer Bezugselektrode auf der Betonoberfläche und der Bewehrung gemessen werden können (Abbildung 3) [2]. Dazu wird die beschädigte als auch offensichtlich unbeschädigte Oberfläche des Bauwerks in Rastern (z. B. 500 mm x 500 mm Abstand) mit einer tragbaren Referenzelektrode untersucht. Die Potentiale können mit einem hochohmigen Millivoltmeter erfasst werden, das zum einen mit der Messelektrode und zum anderen mit der Bewehrung verbunden werden muss. Ist die elektrische Kontinuität der Bewehrung gegeben, so ist die Freilegung an einigen wenigen Stellen für den Anschluss ausreichend. Bild 3: Prinzip der Ruhepotentialmessung Abbildung 4 zeigt die anodischen und kathodischen Bereiche einer Potentialmessung mit einem Raster von 50 cm x 200 cm [5]. Bild 4: 2-Dimensionale grafische Auswertung einer Stahl-Beton-Potentialmessung Hohe Potentialgradienten und kritische Potentialwerte geben Aufschluss über die Korrosionswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Messung. Jedoch muss beachtet werden, dass die Potentiale stark von Feuchtigkeit, Temperatur, Zementart und Betonüberdeckung abhängig sind. Nur im Zusammenhang mit den vorhergegangenen Messungen (Chloridanalyse, Karbonatisierungstiefe und Betonüberdeckung) lassen sich Korrosionsvorgänge pro Bauteil und Tag genau interpretieren. In Abbildung 5 ist das Prinzip der Potentiallinienausbreitung bei Lochkorrosion dargestellt [5]. Je größer die Betonüberdeckung, desto positivere Potentiale werden an der Betonoberfläche gemessen. Seite 7

8 Geeignete Bezugselektroden zur Potentialmessung sind: Ag/AgCl (Silber/Silberchlorid)-Elektrode (E H = mv) Cu/CuSO 4 (Kupfer/Kupfersulfat)-Elektrode (E H = mv) SCE (gesättigte Kalomelelektrode) (E H = mv) Bild 5: Potentiallinienausbreitung (unten), Einfluss der Überdeckung auf das Potential (oben) Die Cu/CuSO 4 -Elektrode wird laut DIN EN nicht empfohlen, da ein Fehlerrisiko bei auslaufendem Kupfersulfat besteht. Es muss außerdem beachtet werden, dass die Elektrode an der Messseite mit einem austauschbaren feuchten Schwamm ausgerüstet wird, um einen besseren Messkontakt zwischen Betonfläche und Elektrode sicherzustellen. Messungen in abgeplatzten und bereits instandgesetzten Betonbereichen sind mit Vorsicht zu betrachten, da durch Hohlräume oder unterschiedliche Betonqualität die Messergebnisse beeinträchtigt werden können. Gegebenfalls muss hier ein Betonabtrag bis auf das Grundmaterial vorgenommen werden, bevor mit der Potentialmessung begonnen werden kann. Da Potentialmessungen an größeren Flächen mit einer Messelektrode sehr unwirtschaftlich wären, sollte man eine Apparatur verwenden, die mit mehreren Referenzelektroden ausgestattet ist und so gleichzeitig eine große Fläche erfassen kann. Eine weiter Möglichkeit sind sogenannte Radelektroden, mit denen im Schritttempo über die Oberfläche gegangen wird und ebenso schnell größere Bereiche gemessen werden können. Die in der Vergangenheit gerne angewendete Methode der Inaugenscheinnahme und des Abklopfens der vermutlich geschädigten Bereiche mit dem Hammer ist nicht aussagekräftig genug und sollte nicht verwendet werden. Bei diesen einfachen Verfahren werden Bereiche mit beginnender Korrosion mit hoher Wahrscheinlichkeit übersehen. Für den Entwurf des kathodischen Korrosionsschutzes muss außerdem noch der elektrische Widerstand des Betons berücksichtigt werden. Er ist für die Dimensionierung des Schutzstromes der einzelnen Schutzbereiche notwendig, kann aber auch Aussage über Betonfeuchte und Chloridgehalt geben. Werte < 5 kω m können auf erhöhten Chloridgehalt hinweisen, bei Werten > 20 kω m ist nicht mit Feuchtigkeit bzw. Chloriden zu rechnen [4]. Der Widerstand kann nach dem Wenner-Verfahren mit 4 Elektroden in unterschiedlichen Tiefen (je nach Elektrodenabstand) bestimmt werden. Auch dieses Messverfahren wird von Temperatur, Feuchtigkeit und Hohlräumen im Beton beeinflusst und muss daher mit zusätzlichen Untersuchungen ausgewertet werden. Seite 8

9 Der Einbau des kathodischen Korrosionsschutzes in vorhandene Bauwerke kann mit Reparaturarbeiten verbunden sein, die notwendig sind, um einen ungehinderten Fluss des kathodischen Schutzstroms von der Anode zur Bewehrung zu gewährleisten. Beton, der für Kabelverbindungen oder Überwachungselektroden entfernt wurde, muss wieder nach Übereinstimmung mit den zuständigen Regelwerken hergestellt werden. Spätestens hier muss klar sein, dass eine Instandsetzungsmaßnahme eines Stahlbetonbauwerks mit Errichtung einer kathodischen Korrosionsschutzanlage nur funktioniert, wenn eine gezielte Teamarbeit aus dem Fachgebiet des Korrosionsschutzes und der Betoninstandsetzung gegeben ist [6]. Wurde bei vorhergegangenen Reparaturmaßnahmen eines Schutzobjektes Material verwendet, dessen Widerstand oberhalb 50 % bis 200 % des elektrischen Widerstandes des Ausgangsbetons liegt, so muss dieses entfernt werden [1]. Alle Metallteile, die an der Oberfläche sichtbar sind und mit der Bewehrung in Verbindung stehen könnten, müssen aufgrund der Kurzschlussgefahr zwischen Anode und Bewehrung zurückgeschnitten werden. Jedes metallische Objekt, das vom Kathodenkreis isoliert ist, kann korrodieren und muss elektrisch leitfähig mit der Bewehrung verbunden oder entfernt werden [1]. Wird für Messungen oder Reprofilierungsarbeiten die Bewehrung freigelegt, so muss diese von Korrosionsprodukten gereinigt werden. Es dürfen keine Grundierschichten oder andere Beschichtungen auf die Stahloberfläche aufgetragen werden. Bei der Wiederherstellung von Betonoberflächen muss Reparaturmörtel verwendet werden, der einen ähnlichen elektrischen Widerstand wie der Originalbeton aufweist und gleiche mechanische Eigenschaften besitzt. Der Widerstand muss innerhalb 50 % bis 200 % des elektrischen Widerstandes des Ausgangsbetons liegen und Anodenüberdeckungen dürfen 200 % des elektrischen Widerstandes des Originalbetons bis zu einem Maximum von 100 kω cm in den Umgebungsbedingungen überschreiten, solange die Anode in der Überdeckung dieses Widerstandes den benötigten Schutzstrom bei entsprechendem Potential liefern kann [1]. Die Verbundfestigkeit zwischen vorhandenem Beton und Überdeckung muss größer sein als 1,5 N/mm 2. Alle Betoninstandsetzungs- und Reparaturarbeiten müssen in Übereinstimmung mit ENV 1504 (Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken) ausgeführt werden. Nach einer Einschätzung der Anwendbarkeit und Bestätigung des kathodischen Korrosionsschutzes als Reparaturmaßnahme werden die vorläufige Ortswahl und Größe der Anodenbereiche (Schutzzonen) basierend auf Faktoren festgelegt, die sich aus den Untersuchungen des Ist-Zustandes ergeben. Weitere Faktoren sind dabei der benötigte Schutzstrom, die Lebensanforderungen, Betriebsbedingungen, Gewicht und Einbaufolge der Anoden. Ebenso werden die Kabelverläufe zwischen den einzelnen Komponenten sowie ein möglicher Standort für den Gleichstromtransformator gewählt. Wird das kathodische Korrosionsschutzsystem als prophylaktische Maßnahme für ein neues Bauwerk vorgesehen, so sind für den Entwurf und während des Bauablaufs folgende Punkte zu beachten [1]: Überwachung des Bewehrungsverlaufs in Hinsicht auf elektrische Kontinuität mit den vorher beschriebenen Messverfahren Seite 9

10 Schutz und Sicherung der Bestandteile des kathodischen Korrosionsschutzsystems während des Betonier- und Verdichtungsvorganges Verhinderung unerwünschter Beeinflussungen durch fremde metallische Bestandteile des Bauwerkes sorgfältige Ausführung und Überwachung der Abstandhalter bzw. Befestigungen der einbetonierten Anoden zur Vermeidung von Kurzschlüssen Widerstandsüberwachung zwischen Anode und Bewehrung Koordinierte Zusammenarbeit der einzelnen Fachbereiche 3 Komponenten des kathodischen Korrosionsschutzsystems 3.1 Allgemeines Laut DIN EN muss das kathodische Korrosionsschutzsystem ein Anodensystem enthalten, damit der kathodische Schutzstrom zu den jeweiligen Oberflächen oder zu Teilen des Betons gelangt und die Umwandlung von elektronischem zu ionischem Strom an der Anoden-Betonkontaktoberfläche sowie seine Verteilung zur Oberfläche des im Beton eingebetteten Stahls ermöglicht wird. Das Anodensystem ist die wichtigste Komponente des kathodischen Schutzsystems und muss innerhalb der projektierten Lebensdauer die benötigte Schutzstromdichte zur Verfügung stellen können, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung des Verbundes zwischen Anode und Beton bzw. zu einer Beschädigung der Anode kommt [1,7]. Weitere Komponenten des kathodischen Korrosionsschutzsystems sind positive und negative Anschlüsse der Anoden bzw. Bewehrung, um diese an einer Gleichstromquelle anschließen zu können. Hinzu kommen weitere Elektroden bzw. Sensoren, die ein wichtiges Element des Überwachungssystems darstellen und für die Einstellung des Schutzstromes notwendig sind. Zuletzt müssen die Daten der Elektroden durch entsprechende Messgeräte erfasst und ausgewertet werden können. Diese Messausrüstung kann sowohl ein tragbares oder ständig angeschlossenes bzw. fest installiertes Gerät sein. 3.2 Anodensysteme In der DIN EN werden vor allem Anodensysteme aufgeführt, die seit mindestens 5 Jahren in Betrieb sind und über die umfassende erfolgreiche Aufzeichnungen bestehen. Die Benutzung neuer Materialien wird nicht ausgeschlossen, es wird jedoch vorgeschlagen, diese ausreichend durch Labortest vor der Installation außerhalb von Test- Einsätzen zu studieren. Folgende bisherige getestete Anodensysteme werden in der oben genannten Norm beschrieben: Leitfähige organische Beschichtungen Leitfähige metallische Beschichtungen Seite 10

11 Aktivierte Titananodensysteme Weitere Anodensysteme, auf die aber im folgendem Abschnitt nicht näher eingegangen wird, sind [1]: Leitfähige Überzüge Leitfähige Polymere Leitfähige Keramiken Leitfähige zementartige Materialien Organische Beschichtungen basieren auf Lösungsmittel mit Kohlenstoff als elektrischer Leiter. In die Beschichtung werden Zuleitungen (sog. Primäranoden) eingelagert, um den Strom innerhalb der Beschichtung zu verteilen. Materialien für die Zuleitungen sind z. B. platiniertes Titan oder Mischmetalloxid beschichtetes Titan und sind widerstandsfähig gegen anodische Reaktionen. Die Beschichtung wird mit einer Filmdicke von 0,25 mm bis 0,50 mm mittels Bürste, Rolle oder durch Spritzen aufgetragen [1]. Das Anodensystem kann mit einer Stromdichte bis 20 ma/m 2 betrieben werden und erreicht dabei eine Lebensdauer von 5 bis 15 Jahren. Des weiteren sind organische Anoden empfindlich gegen Umwelteinflüsse und können andauernder Nässe sowie maritimen Klima nicht standhalten. Bei Anodensystemen aus metallischen Beschichtungen wird Zink durch Bogen- oder Flammsprühen mit einer Dicke von 0,15 mm bis 0,20 mm aufgebracht. Mit Beschichtungen aus Zink-Legierungen und nachträglich aktiviertem Titan liegen keine Langzeiterfahrungen vor, deshalb muss die Wirksamkeit dieser bei Verwendung erst durch Versuche überprüft werden. Die mögliche Stromdichte von thermisch aufgesprühtem Zink beträgt wie bei der organischen Beschichtung etwas 20 ma/m 2. Die Lebensdauer dieses Anodentyps liegt mit maximal 6 Jahren etwas geringer als bei organischen Beschichtungen [1]. Jedoch kann sie bei Stahlbetonbauwerken eingesetzt werden, die der Witterung und sogar maritimen Bedingungen ausgesetzt sind. Außerdem wurden Zink- Beschichtungen bereits erfolgreich als Opferanode eingesetzt. Die am häufigsten verwendeten Anodensysteme sind jedoch Mischmetalloxid beschichtete Titananoden (MMO). Diese Anoden sind erst seit einigen Jahren in Form von flexiblen Titannetzen, Bändern und Matten erhältlich. Titan ist elektrochemisch passiv und muss deshalb mit einer Beschichtung versehen werden, damit der Stromfluss von Metall in den Beton ermöglicht wird. Das Titangrundgerüst wird dafür durch Sandstrahlen bzw. Beizen gereinigt und für die Beschichtung vorbereitet. Die fertige Beschichtung, die durch Tauchen oder Spritzen aus einer edelmetallhaltigen Lösung aufgebracht und anschließend bei 300 bis 600 C eingebrannt wird, enthält Oxide der Platinmetalle und Oxide von Metallen wie Zinn, Titan, Zirkon und Tantal. MMO Anoden garantieren einen gleichmäßigen Stromeintritt in den Beton bei einer Lebensdauer von 50 Jahren und mehr. Sie sind flexibel und in allen Größen erhältlich. Dadurch sind sie besonders für den Einbau in Stahlbetonbauwerke geeignet. Seite 11

12 3.3 Überwachungssensoren Um die Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzsystems anhand von Schutzpotentialen überprüfen und die elektronischen Schutzstromgeräte regeln zu können, müssen Bezugselektroden in die Schutzbereiche eingebaut werden. Geeignete Bezugselektroden zur dauerhaften Einbettung in Beton sind MnO 2 (Mangandioxid)- Elektroden und Ag/AgCl (Silber/Silberchlorid)-Elektroden. Die MnO 2 -Elektrode wurde speziell für den Einbau in Beton konzipiert. Das Potential der Elektrode ist nahezu unabhängig von Veränderungen der chemischen Eigenschaften des Betons und kann daher sowohl in nassem als auch trockenem Beton verwendet werden, unabhängig davon, ob Karbonatisierung oder Chloridinduzierung vorliegt [7]. Bild 6 zeigt die schematische Darstellung sowie die Abmessungen einer MnO 2 - Bezugselektrode [8]. Bild 6: Darstellung einer MnO 2 -Βezugselektrode Der Elektrolyt im Inneren besteht aus einem alkalischem Gel, dessen ph-wert dem des Betonporenwassers entspricht. Dadurch werden Potentialverfälschungen durch Ionendiffusion durch den porösen Verschluss verhindert. Die Bezugselektroden werden mit einem Abstandhalter direkt an der Bewehrung befestigt (Abbildung 7) [7]. Sie sollten einen möglichst geringen Innenwiderstand besitzen und weitestgehend unpolarisierbar sein. Durch ein stabiles Potential an der Referenzelektrode wird das Stahl-Beton- Potential messbar und für den Nachweis der Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzsystems verwendet. Das wichtigste Kriterium für einen ausreichenden kathodischen Korrosionsschutz ist jedoch das 100 mv-kriterium, das nach der Durchführung einer Depolarisationsmessung angewendet werden kann. Bild 7: Eingebaute MnO 2 -Bezugselektrode Es können auch die in Kapitel 2.2 beschriebenen tragbaren Elektroden für die Potentialmessungen verwendet werden. Jedoch können diese keine reproduzierbaren Ergebnisse wie örtlich fixierte bzw. fest eingebaute Bezugselektroden liefern. 3.4 Messdatenerfassungssystem Für die Abfrage der Überwachungssensoren müssen laut DIN EN digitale Messgeräte verwendet werden. Spannungsmessgeräte für Bezugselektroden und der Seite 12

13 Gleichspannungsquelle müssen eine Mindestauflösung von 1 mv mit einer Genauigkeit von ± 1 mv und einem Eingangswiderstand von mindestens 10 MΩ besitzen [1]. Der Stromfluss zwischen den Messelektroden und der Bewehrung muss durch ein Nullwiderstandsamperemeter mit einer Genauigkeit von 1 % bestimmt werden können. Für die Aufzeichnung der Messdaten werden Geräte mit einem Mehrkanaleingang oder Kanalwählschalter verwendet, die folgende Anforderungen erfüllen müssen [1]: Arbeiten mit einer Echtzeituhr, die an allen Messsystemen angeschlossen ist Mindesteingangswiderstand von 10 MΩ Mindestauflösung von 1 mv bei einem Mindestmessbereich von 2 V Ausgänge zur Kontrolle bzw. Synchronisation mit der Gleichspannungsquelle für eine korrekte Messung der Ausschaltpotentiale Genauigkeit und Messhäufigkeit muss für Stahl-Potential-Aufzeichnungen innerhalb von 100 ms bis 500 ms mit einer Genauigkeit von mindestens ± 5 mv ausreichen Bei der Verwendung von tragbaren Aufzeichnungsgeräten muss darauf geachtet werden, dass diese für den Baustelleneinsatz geeignet und durch entsprechende Verbindungen kompatibel mit den anzuschließenden Messkästen bzw. Gleichrichtern sind. Dauerhaft installierte Aufzeichnungsgeräte müssen in einem Gehäuse vorgesehen werden, das Schutz vor Umwelteinflüssen bietet und mechanischen Einwirkungen standhält. Das System kann durch ein Netzwerk oder über ein Modem betrieben werden. Der Betriebsstrom kann entweder durch das Wechselstromnetz oder das Netzwerkkabel erbracht werden. 3.5 Datenverwaltungssystem Das Datenverwaltungssystem muss die Leistungsdaten des kathodischen Korrosionsschutzsystems verarbeiten und mindestens folgende Daten erfassen können [1]: Dimension der Anodenbereiche Bezugselektrodentyp und Einbauort Einstellung des Gleichrichters Messwerte vorbetrieblicher Aufzeichnungen Daten der Inbetriebnahme Messwerte seit Inbetriebnahme Ausgabedaten der Gleichspannungsquelle seit Inbetriebnahme Prüfdaten- und Änderungsberichte Um die gesammelten Informationen in tabellarischer und grafischer Form darstellen zu können, sollte ein computergestütztes Datenverwaltungssystem verwendet werden. Seite 13

14 3.6 Gleichspannungskabel Als Verbindungsmittel zwischen den einzelnen Komponenten des kathodischen Korrosionsschutzsystems werden sowohl einadrige als auch mehradrige Kabel verwendet. Einadrige Kabel müssen mit folgenden Farben codiert sein und minimalen Adergrößen eingesetzt werden [1]: Positiver Pol des Gleichrichters zur Anodenkabelverbindung: Farbe: rot Aderquerschnitt: 2,5 mm 2 Negativer Pol des Gleichrichters zur Bewehrungskabelverbindung: Farbe: schwarz Aderquerschnitt: 2,5 mm 2 Bewehrungsverbindung zur Überwachung (Überwachungskabel): Farbe: grau Aderquerschnitt: 2,5 mm 2 Bezugselektrodenkabel: Farbe: blau Aderquerschnitt: 2,5 mm 2 Andere Sensorenkabel: Farbe: gelb Aderquerschnitt: 2,5 mm 2 Mehradrige Kabel müssen farb- oder nummerncodiert sein und aufgrund mechanischer Gründe folgende minimalen Adergrößen besitzen [1]: Positiver und negativer Anschluss der Gleichspannungsquelle: Aderquerschnitt: 1,0 mm 2 Überwachungskabel: Aderquerschnitt: 0,5 mm 2 Datennetzwerk: Aderquerschnitt: entsprechend Netzwerknorm Alle Kabel, die in Verbindung mit dem Anodenmaterial eingebaut werden, müssen unter sauren Umgebungsbedingungen (ph = 2) langzeitstabil sein. Die Kabel, die im Beton unter alkalischen Bedingungen (ph = 13) verbaut werden, müssen ebenso in dieser Umgebung die erforderliche Lebensdauer erreichen. Bei hohem Schadensrisiko können Kabel auch einbetoniert oder stahldrahtverstärkt werden. 3.7 Anschlusskästen Alle Anschlusskästen, Neben- und Hauptverteiler müssen in Übereinstimmung mit IEC Standard (Schutzklasseneinteilung) stehen. Sie sollten aus nichtmetallischem Material hergestellt sein und müssen Schutz vor Umwelt- und mechanischen Einflüssen bieten. Seite 14

15 3.8 Stromquelle Bei vorhandener Wechselstromquelle muss für die Gleichstromversorgung ein Gleichstromtransformator verwendet werden [1]. Laut DIN EN muss dieser folgende Anforderungen erfüllen: Stufenlose Einstellbarkeit Abschalten des Wechselstromes mit einer doppelpoligen, geerdeten Trennsicherung bzw. einem Überlastschalter und einem Reststromgerät Austritt des Gleichstromtransformators maximal 50 V und Restwelligkeit maximal 100 mv mit einer Minimalfrequenz von 100 Hz Schutz des Gleichrichters auf der Wechselstromseite durch Schmelzsicherungen Schutz durch Varistoren an der Gleichstromseite Ausrichtung für Dauerbetrieb unter Berücksichtigung der erforderlichen Austrittsleistungen bei mindestens 600 V Spitzenumkehrspannung In für Personen und Tieren zugänglichen Bereichen des Schutzsystems darf die maximale Austrittsspannung 24 V betragen Steuerbarer Austritt, um stufenlos eine konstante Spannung und einen konstanten Stromfluss zu gewährleisten Gleichstromrelaissystem muss Ausschaltmessungen ermöglichen Beschriftung der Sicherungen mit der Bezeichnung des zugehörigen Stromkreises und der eigenen Merkmale Isolierung der Austrittsanschlüsse von sämtlichen Metallteilen im Gehäuse Klare Kennzeichnung der Ausgänge ( + Anode, - Bewehrung ) Um die Funktionstüchtigkeit des Gerätes nachzuweisen, müssen Prüfungen beim Hersteller durchgeführt werden. Die Prüfungen sind unter realistischen bauwerksähnlichen Bedingungen durchzuführen und die Ergebnisse müssen dokumentiert werden. 4 Installationsverfahren 4.1 Verbindung zur Bewehrung Die Bewehrung muss an mehreren Stellen freigelegt und mit negativen Kabelverbindungen versehen werden. Ebenso sind ausreichend Prüfverbindungen für Potentialund andere Kontrollmessungen zu verlegen. Die metallenleitende Durchverbindung zwischen sämtlichen negativen Verbindungen und Messverbindungen muss geprüft werden und 1 Ω oder weniger betragen [1]. Bei nicht Erfüllung dieser Anforderung sind Stähle freizulegen und elektrische Verbindungen zu schaffen. Laut DIN EN müssen Kabelverbindungen zur Bewehrung einen Langzeitwiderstand von weniger als 0,01 Ω sicherstellen. Seite 15

16 4.2 Anodeneinbau Die hohe erwartete Lebensdauer des Schutzsystems ist vor allem von der guten Haftung zwischen Mörtel und Betonoberfläche sowie der Qualität des Elektrolyten (umgebender Beton) abhängig. Die Betonoberfläche für den Anodeneinbau muss deshalb frei von verbundmindernden Verunreinigungen sein und dementsprechend vorbereitet werden. Werden die Anoden auf Reparaturmörtel angebracht, so müssen die notwendigen Nachbehandlungsmaßnahmen für Beton beachtet werden. Erst nach Aushärtung des Betons (ca. 2-4 Wochen) sollte das Anodenmaterial befestigt werden. Um Kurzschlüsse zwischen der Bewehrung und den Anoden zu vermeiden, werden diese mittels Kunststoffdübel an der Betonoberfläche befestigt. Bei Verwendung von Titanmatten sollten diese aufgrund der äußerst niedrigen Leitfähigkeit des Betons die gesamte Oberfläche bedecken. Der Abstand zwischen den einzelnen Matten sollte dabei ungefähr 5 cm betragen. Aufzeichnungen verschiedener Laborversuche zeigten, dass die laterale Schutzwirkung der Anoden bei nur ca. 15 cm liegt. Bei Verwendung von streifenförmigen Anoden darf daher der maximale Anodenabstand 30 cm betragen. Für die gleichmäßige Einbringung des Schutzstromes auf die Anoden werden unbeschichtete Titandrähte oder Titanstreifen mittels Punktschweißen als Stromverteiler angebracht. Die Stromverteiler sollten in einem Abstand von maximal 5 m aufgeschweißt werden und ca. 10 cm über den Rand der Titanmatten ragen, um genügend Platz für den Anschluss zu bieten. Abbildung 8 zeigt die mittels Kunststoffdübel befestigten Anodenmatten und aufgeschweißten Stromverteiler [7]. Bild 8: Verlegte MMO Titanmatten Zuletzt wird eine Deckschicht aus Spritzbeton über das Anodengitter aufgetragen, um einen dauerhaften Schutz zu bieten und als leitfähiges Milieu zu dienen. Auch hier ist wieder die Betonfläche mit Nachbehandlungsmaßnahmen zu pflegen. Außerdem müssen Hydratationsvorgänge und der mit dem Altbeton ablaufende Feuchtigkeitsaustausch beachtet werden. Die Anlage sollte deshalb erst nach zwei Wochen in Betrieb genommen werden 4.3 Verbindung zum Anodensystem Um ein Versagen der Schutzanlage durch Versagen einer Anoden-Kabelverbindung zu verhindern, müssen die Schutzbereiche mit mehrfachen positiven Kabelverbindungen versehen werden. Werden Anoden in Beschichtungsmaterial dauerhaft eingebettet, so kann die Verbindung ohne Verbindungskästen ausgeführt werden. Bei Anodensyste- Seite 16

17 men ohne Einbettung und ohne eingeschränkten Zugang muss die Stromzuführung auf 24 V Gleichstrom begrenzt werden [1]. 5 Inbetriebnahme 5.1 Maßnahmen vor der Stromeinspeisung Vor Inbetriebnahme muss das kathodische Korrosionsschutzsystem durch den sachkundigen Planer einer vollständigen visuellen Prüfung unterzogen werden. Hierbei wird der Einbau bzw. die Verlegung aller Bestandteile und Kabel des Schutzsystems überprüft sowie deutlich gekennzeichnet, um vor Schäden durch Mensch bzw. Natur zu schützen. Ebenso muss vor der Einspeisung des Schutzstromes das Stahl-Beton-Potential aufgezeichnet werden (Nullmessung). Dabei wird das Ruhepotential durch die fest installierten Bezugselektroden mit einem niedrigen (ca. 10 MΩ) und einem hohen (500 MΩ bis 1000 MΩ) Eingangswiderstand gemessen [1]. Dadurch wird überprüft, ob der Kontaktwiderstand der Elektroden zum Beton über dem geforderten Wert liegt. Außerdem wird die Ruhepotentialmessung durch tragbare Messelektroden nach den Festlegungen im Entwurf durchgeführt. Alle Messdaten sowie zusätzliche Daten des Betriebsüberwachungssystems sind zu dokumentieren. 5.2 Anfängliche Stromeinspeisung und Einstellung Wie bereits in Kapitel 4.2 beschrieben, sollte die Stromeinspeisung erst nach Beendigung der Abbinde- und Aushärtungsprozesse (ca. 2 Wochen) vorgenommen werden, um eine Verfälschung der Messergebnisse zu vermeiden. [1]. Die Polarisation der Bewehrung ist durch Potentialmessungen der eingebauten Bezugselektroden zu überwachen und die Austrittsspannung sowie Austrittsstromstärke ist zu dokumentieren. Außerdem muss beachtet werden, dass sich die Stahl-Beton-Potentiale in kathodische (negative) Richtung verschieben müssen. Ist dies nicht der Fall, so müssen zusätzliche Untersuchungen und Abhilfemaßnahmen vorgenommen werden. Die Stromstärke für die anfängliche Polarisation kann eine berechnete Größe oder ein Erfahrungswert aus vorhergegangenen Projekten bzw. Literaturquellen sein. Vorteilhaft scheint hierbei eine langsame Polarisation bei relativ geringer Stromdichte zu sein, z. B. eine negative Polarisationsverschiebung von 300 mv in 7 bis 28 Tagen. 5.3 Erste Funktionsüberwachung Nachdem die anfängliche Polarisation der Stähle erreicht wurde, ist eine erste Funktionsüberwachung des kathodischen Korrosionsschutzes durchzuführen. Sie beinhaltet die Messung der Austrittsspannung und Stromstärke aller Schutzbereiche des Systems zur Bestimmung der Widerstände einzelner Stromkreise. Eine weitere Messgröße, die für die Einschätzung der Wirkung des Korrosionsschutzsystems benötigt wird, ist das Ausschaltpotential. Dazu wird der Gleichstrom unterbrochen und das Ausschaltpotential mit den dauerhaft installierten Bezugselektroden innerhalb von 0,1 s und 0,5 s gemessen. Messgeräte für die Aufzeichnung des Ausschaltpotentials müssen ausreichend Seite 17

18 schnell Messungen pro Sekunde durchführen können, damit der Beginn der Depolarisationskurve (ohne IR-Anteil) erkannt wird. Nachdem der Strom unterbrochen wurde, wird außerdem im Anschluss an die Ausschaltpotentialmessung der Potentialabfall innerhalb der folgenden 24 h aufgezeichnet. Mit dem Potentialabfall der Bewehrung können Aussagen über die Funktion des kathodischen Korrosionsschutzes getroffen werden. 5.4 Schutzkriterien Nach Aufzeichnung und Auswertung der Messdaten werden diese mit Schutzkriterien verglichen, um Aussagen über die Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzes treffen zu können. Dabei wird in der Praxis zunächst zwischen zwei Fällen der Form des kathodischen Schutzes unterschieden, nämlich kathodische Vorbeugung und kathodische Prävention. Bei der kathodischen Vorbeugung wird nur eine kleine kathodische Verschiebung des Stahl-Beton Potentials angestrebt. Dies geschieht meistens sofort nach Inbetriebnahme des Systems und verbessert den Korrosionswiderstand des Bauwerkes gegen zukünftiges Eindringen von Chloriden. Abbildung 9 zeigt die Strom- Spannungs-Kurve eines Bewehrungsstahles mit und ohne Einwirkung von Chloriden. Für die kathodische Vorbeugung muss das Potential nur etwas negativer als das Lochfraßpotential ε L (E Loch ) verschoben werden [10]. Bild 9: Strom-Spannungs-Kurve eines Bewehrungsstahls Bei der Form der kathodischen Prävention wird angestrebt, die Korrosionsrate der Bewehrung von erheblicher auf vernachlässigbare Werte zu verringern. Dies ist vor allem bei schon chloridverseuchten Bauwerken der Fall, also bei kathodischem Korrosionsschutz als Instandsetzungsmaßnahme. Um vollständigen Schutz zu erreichen, muss das Stahl-Beton-Potential auf Werte im Bereich von vorgegebenen Schutzpotentialen reduziert werden. Dabei gilt ein Bereich als ausreichend kathodisch geschützt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist [1]: Das Ausschaltpotential, gemessen gegen eine Ag/AgCl-Bezugselektrode, liegt negativer als 720 mv Seite 18

19 Der Potentialabfall nach der Stromunterbrechung über 4 h bzw. 24 h beträgt mindestens 100 mv Dabei muss beachtet werden, dass das Ausschaltpotential der Bewehrung nicht negativer als 1100 mv gegen Ag/AgCl und für Spannstähle nicht negativer als 900 mv gegen Ag/AgCl sein darf. Bei negativeren Werten kann sich Wasserstoff am Bewehrungsstahl bilden. Falls dieser zu den kathodisch geschützten Spanngliedern diffundiert, kann es zur Versprödung des Stahls und katastrophalen Folgeschäden kommen. Bei Verwendung des Schutzkriteriums hinsichtlich Potentialabfall ist darauf zu achten, die Depolarisationskurve (Abbildung 10) richtig zu interpretieren. Potential [mv] EIN AUS 0 4 Abschnitt 1 Abschnitt 2 Bild 10: Ausschaltmessung mit Depolarisationskurve Zeit [h] In Abschnitt 1 ist der schnelle Abfall (eigentlich Anstieg) des Potentials zu erkennen, der sich sofort nach dem Abschalten des Stroms ergibt. Dies ist der sogenannte ohmsche Spannungsabfall im Beton, der nicht für das 100 mv- Kriterium verwendet werden darf. Erst die in Abschnitt 2 dargestellte Depolarisationskurve darf in das Kriterium eingehen. Bei Ausschaltmessungen mit tragbaren Bezugselektroden ist zu beachten, dass bei Messung auf Reparaturmörtel oder beschädigtem Beton die Messergebnisse stark beeinträchtigt sein können. Außerdem wirken sich Temperatur und Betonfeuchtigkeit auf die Potentiale aus, was bei der Interpretation berücksichtigt werden muss. Typische Stromdichten für eine kathodische Vorbeugung sind Werte zwischen 0,2 ma/m 2 und 2 ma/m 2. Für kathodischen Schutz werden Stromdichten von 2 ma/m 2 bis 20 ma/m 2 benötigt. Stromanpassungen sind nur dann durchzuführen, wenn die Schutzkriterien nicht eingehalten werden oder wenn zukünftige Unterschreitungen eingeschätzt werden können. 5.5 Dokumentation Über den Einbau und die Inbetriebnahme des Korrosionsschutzsystems ist eine Dokumentation mit mindestens folgenden Punkten anzufertigen [1]: Beschreibung der Arbeiten aller am Bau Beteiligten und der Verantwortungsbereiche Detaillierte Beschreibung des Einbaus und Inbetriebnahme Detailzeichnungen Messdaten vor und nach der Stromeinspeisung Listen und Datenblätter der Hauptbestandteile des Schutzsystems Seite 19

20 Die Dokumentation ist Voraussetzung für zukünftige Inspektionen, Unterhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen, Beschaffung von Ersatzteilen und die Instandhaltung. 6 Betrieb und Instandhaltung Für den Betrieb und die Instandhaltung eines kathodischen Korrosionsschutzsystems müssen Intervalle und Verfahren für Inspektionen festgelegt werden. Die Intervalle sind dabei abhängig vom Bauwerkstyp, der Dimension des kathodischen Korrosionsschutzsystems, Art und Verlässlichkeit der Stromquelle, der Umgebung und möglicher mechanischer Einwirkungen und können daher variieren. Dagegen könne Systeme mit elektronischer Datenerfassung bzw. Datenübertragung Inspektionsintervalle verlängern, da die Prüfungen automatisch stattfinden. Die Inspektionen des Systems unterteilen sich in Funktionsprüfungen und Funktionsüberwachungen. Die Funktionsprüfung beinhaltet die Funktionsüberprüfung aller Untersysteme der KKS-Anlage, Messung der Austrittsspannung und der Stromstärke sowie die Auswertung der Daten und sollte in einem Intervall von maximal 3 Monaten durchgeführt werden. Die Funktionsüberwachung beinhaltet die Messung des Abschaltpotentials und des Potentialabfalls, eine vollständige Sichtprüfung des Korrosionsschutzsystems, die Auswertung der Daten sowie eventueller Anpassung des Schutzstromes und sollte alle 3 bis 12 Monate durchgeführt werden [1]. Wie bereits erwähnt sind Potentialmessungen stark von Temperatur und Feuchtigkeit des Probekörpers abhängig. Inspektionen bei kalten Temperaturen (unter 0 C) sind daher zu vermeiden. 7 Lebensdauer des Systems Das kathodische Korrosionsschutzsystem kann eigentlich nur auf zwei Möglichkeiten unterbrochen werden und zwar wenn einerseits eine Störung in der Stromversorgung vorliegt oder wenn die Aktivschicht der Anode nicht mehr arbeitet. Sollte es tatsächlich zu einem Ausfallen der Verkabelung oder der Gleichrichter kommen, so wäre diese Störstelle relativ einfach aufzuspüren und könnte schnell behoben werden. Die empfindlichen Teile werden deshalb auch auf Putz montiert, damit sie im Notfall schnell ausgetauscht werden können. Der Ausfall der Aktivschicht erfordert jedoch eine genauere Betrachtung. Wie schon beschrieben besitzt die Anode eine Oxidbeschichtung, die ihr aufgrund ihrer thermodynamisch nicht stabilen Struktur ihre Aktivität und lange Lebensdauer verleiht. Die Aktivschicht kann nur durch zwei Möglichkeiten deaktiviert werden. Bei der ersten Möglichkeit bildet sich eine Zwischenschicht aus nichtleitendem TiO 2 zwischen dem Titan und der Aktivschicht. Hierzu ist zu sagen, dass dieser Prozess nur bei sehr hohen Stromdichten von ca A/m² (bei Elektroden für die Stahlbandverzinkung) eintritt und deshalb bei der Anwendung im Stahlbetonbau keine Rolle spielt. Auch Angriffe durch Säurebildung, die ebenfalls zur Passivierung durch TiO 2 -Bildung führen könnten, sind auszuschließen, da die Anode im Zement alkalisch geschützt ist und somit die Säurebildung verhindert wird. Seite 20

21 Sinnvoll ist es daher nur, den Abtrag der Aktivschicht als lebensdauerbegrenzend anzusehen. Um die ungefähre Lebensdauer von Anoden zu berechnen, sind sogenannte Schnelltests notwendig. Bei diesen Tests werden Anoden zum Beispiel in einer Natriumhydroxidlösung mit einem Schutzstrom betrieben, der um das tausendfache höher ist als der normal verwendete Schutzstrom von ca. 20 ma/m². Dadurch lässt sich ein 50 jähriger Betrieb einer Anode in wenigen Tagen simulieren. Diese Tests werden von den Anodenherstellern meistens selber durchgeführt, wie es zum Beispiel bei der Firma HERAEUS der Fall ist. Laut den Versuchsergebnissen der Firma HERAEUS erreichen die von ihnen hergestellten Titanoden eine Lebensdauer von 50 Jahren und mehr bei normaler Stromdichte. Seite 21

22 Literaturverzeichnis [1] DIN EN 12696, Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton, Ausgabe Juni 2000 [2] Prof. Dr.-Ing. Helmut Marquardt, Ortung korrodierender Stahlbewehrung in Beton, [3] J. Mietz, J. Fischer, B. Isecke, Langzeiterfahrungen mit einem kathodischen Korrosionsschutzsystem, Materials and Corrosion, Band 52, 2001 [4] W. v. Baeckmann, W. Schwenk, W. Prinz, Handbuch des kathodischen Korrosionsschutzes, 3. Auflage [5] Dr. Franz Bruckner, Corrosion and protection of reinforcement in concrete Measurements and interpretation, May 2001 [6] Dipl.-Ing. Susanne Gieler-Breßmer, Kathodischer Korrosionsschutz in der Praxis am Beispiel des Parkhauses Mittelseestraße in Offenbach [7] Dipl.-Ing. K.-H. Korupp, F.-G. Koscielny, Dr.-Ing. J. Mietz, Dipl.-Ing. R. Bedel, SET Selected Electronic Technologies GmbH, Kastello, Januar/Februar 2000 [8] SSS Korrosionsschutztechnik GmbH & Co. KG, Essen [9] Dr. S. Kotowski, Dr. B. Busse, R. Bedel, Titananode, Eigenschaften des kathodischen Korrosionsschutzes von Stahl in Beton Teil 2, Titananoden für den kathodischen Korrosionsschutz von Stahl und Beton, Heraeus Elektrochemie GmbH, Hanau [10] BioInterfaceGroup, Werkstoff Grundpraktikum pdf Titelbild: Brücken, Seite 22