Wettbewerb und Planwirtschaft in Zeiten der Energiewende
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- Franziska Messner
- vor 8 Jahren
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1 Wettbewerb und Planwirtschaft in Zeiten der Energiewende München, 1. Februar 2012 Prof. Dr. Justus Haucap Heinrich-Heine Universität Düsseldorf 1
2 Worum es mir heute geht 1. Ziele der Energiepolitik und der Energiewende 2. Förderung Erneuerbarer Energien durch EEG 3. Alternative Förderinstrumente für erneuerbare Energien 4. Brauchen wir Kapazitätsmärkte für Deutschland? 5. Fazit 2
3 Prolog: Gesetzlicher Auftrag nach EnWG 62 Absatz 1 EnWG: Die Monopolkommission erstellt alle zwei Jahre ein Gutachten, in dem sie den Stand und die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs und die Frage beurteilt, ob funktionsfähiger Wettbewerb auf den Märkten der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas in der Bundesrepublik Deutschland besteht, die Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes über die Regulierung und Wettbewerbsaufsicht würdigt und zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas Stellung nimmt. Das Gutachten soll in dem Jahr abgeschlossen sein, in dem kein Hauptgutachten nach 44 GWB vorgelegt wird. 3
4 Ziele der Energiepolitik (I) Offizielle Ziele: Lissabon, Kyoto, Moskau Wirtschaftlichkeit (Preisgünstigkeit), daraus abgeleitet Wettbewerb, der für niedrige Preise sorgen soll. Wettbewerb ist aber kein Ziel an sich. Umweltverträglichkeit (Klima- und Umweltschutz), daraus abgeleitet als ein Unterziel Energieeffizienz (in der Stromerzeugung und im Verbrauch) und Förderung/stärkere Verwendung erneuerbarer Energien Versorgungssicherheit (1. Abhängigkeit von wenigen Quellen reduzieren (Gas), 2. Verlässlichkeit der Versorgung). 4
5 Weitere Ziele: Ziele der Energiepolitik (II) Haushaltspolitische Ziele: Signifikante Einnahmequelle für Bund und Kommunen (und auch Länder via Mehrwertsteuer). Industriepolitik: Z.B. Exportförderung für erneuerbare Energietechnologien ( und von energieeffizienten Produkten ( Energiewende.. 5
6 Energiewende 2011 Moratorium nach dem Reaktorunglück in Fukushima. Sofortige Stilllegung von sieben (acht) Kernkraftwerken und stufenweiser vollständiger Atomausstieg bis Etwa 20% der Stromerzeugung müssen anderweitig ersetzt werden! Ausbau der erneuerbaren Energien auf 35% des Stromverbrauchs bis 2020, bis 2050 sogar auf 80%. Energiestrategie 2020 der Europäischen Kommission: Reduktion von Treibhausgasemissionen um 20% (gegenüber 1990) Ausbau erneuerbarer Energien auf 20% (D: 35% bis 2022), Steigerung der Energieeffizienz um 20%. 6
7 Förderung erneuerbarer Energien Bisher: Ausbau durch das EEG gesteuert, Ausdifferenzierte Fördersätze nach Erzeugungstechnologie (Solar, Biomasse, Wind, Geothermie, etc.) Ausdifferenzierte Förderung nach Anlagengröße, Ausdifferenzierte Förderung nach Anlagenstandort. EEG zeichnet sich durch nahezu völlige Abwesenheit von Markt und Wettbewerb aus. Ausnahme: (optionale) Marktprämie aber: Was bringt das wirklich? 7
8 2. Förderung erneuerbarer Energien 8
9 9
10 Durchschnittlicher Strompreis für einen 3-Personen-Haushalt (3500 kwh/jahr) 10
11 Durchschnittlicher Strompreis für die Industrie 11
12 Probleme des EEG Ökologisch/klimapolitisch ist das EEG absolut wirkungslos: Zunahme des EEG-Stroms in Deutschland führt zu sinkender Nachfrage nach CO2-Zertifikaten Preis fällt, Stromproduktion mit Braunkohle wird günstiger, Andere Industrien (Stahl, etc.) können günstiger CO2 ausstoßen, Gesamtmenge an CO2-Ausstoß aber durch Gesamtmenge an Zertifikaten gedeckelt, nicht durch Menge an EEG-Strom berührt. Klimaeffekt des EEG = Null. Massive Überförderung einzelner Technologien, insbes. Solar (über 50% der EEG-Förderung für etwa 20% des EEG-Stroms, durchschnittl. EEG-Vergütung von aktuell ca. 37 cent/kwh für PV). 12
13 Spannbreiten EEG-Vergütungssätze und durchschnittliche Vergütung Quelle: BDEW 13
14 EEG-Umlage 2011 und 2012 Quelle: BDEW 14
15 Durchschnittliche EEG-Vergütung Quelle: BDEW 15
16 Weitere Probleme des EEG (1) Sinkende Kosten für Solarpanel machen EEG-Strom für Verbraucher insgesamt teurer statt billiger! Die EEG-Förderung hat sich seit 2000 absolut verzehnfacht und im Durchschnitt (pro kwh) fast verdoppelt! Bedarf an Regelenergie nimmt zu (und damit die Kosten), Negative Preise wegen Abnahmegarantie/Einspeisevorrang (Entsorgungsgebühren), Ausnahmen von EEG-Umlage erheblich ausgedehnt. Was kommt als nächstes? Sozialtarife? Immer weniger müssen dann immer mehr zahlen! 16
17 Weitere Probleme des EEG (2) Europarechtliche (Neu-)Beurteilung als Beihilfe angesichts des massiven Ausbaus von EEG-Strom? Wie wird die Versorgungssicherheit garantiert (auch Folge des Merit- Order-Effektes des EEG siehe Folie 18)? Brauchen wir Kapazitätsmärkte, Kapazitätszahlungen o.ä.? Massiver Bedarf zum Netzausbau (siehe Folie 19). 17
18 Preisbildung an der Strombörse Nachfrage Merit-Order in Deutschland Öl Gas Wind Solar Kernenergie Braunkohle Steinkohle Menge 18
19 Zusätzliche Kosten durch Netzausbau Stromerzeugung (v.a. Wind) primär im Norden und Osten, Verbrauch im Süden und Westen, Stromsparszenarien wohl eher Wunschdenken als realistische Prognose (z.b. wegen Elektromobilität, Wärmepumpen). Unterschiedliche Prognosen zum notwendigen Netzausbau schwanken, km in jedem Fall erhebliche Investitionen erforderlich, Erheblich werden auch die Kosten sein (allein über 30 Mrd. EUR für Offshore Windparks). Maßnahmen bisher: Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG). 19
20 Ist Netzausbau alternativlos? Wofür benötigen wir Politiker, wenn alles alternativlos ist? Mögliche Alternativen bzw. Lösungen, die den Ausbaubedarf reduzieren (aber sicher nicht auf null km!): Ausbau von Smart Grids und Netzoptimierung, Effiziente Bewirtschaftung von Engpässen (incl. Redispatch), Aufgabe des Einspeisevorrangs bei erneuerbaren Energien, Räumliche Anpassung der Einspeisevergütung Netzausbau bietet keine Anreize zur räumlichen Anpassung der Erzeugung, Oder: Einführung von Markt und Wettbewerb auch bei erneuerbaren Energien. 20
21 Engpassmanagement 21
22 Stromnetze als NIMBY-Güter? NIMBY: Not In My Backyard dazu Frage von Überlandleitungen versus Erdkabel Kompensationszahlungen ( 5 StromNEV bis EUR pro km)? - Nicht ganz unproblematisch wg. strategischem Verhalten. Der große Wurf Echte Novelle des EEG raus aus der Planwirtschaft: Umstellung auf handelbare grüne Zertifikate mit Mengensteuerung, Wettbewerb im Markt für grünen Strom (bisher kein Markt), Idee 1: Netzbetreiber werden verpflichtet x% grünen Strom pro Jahr aufzunehmen, Idee 2: Energieversorger werden dazu verpflichtet (Vorteil: Wettbewerb!) 22
23 Alternativen zum EEG 1. Einheitlicher EEG-Einspeisetarif ohne jede Ausdifferenzierung nach Technologie. 2. Ausschreibungsmodell: EE-Strommengen werden ausgeschrieben (à la Bestellverkehr bei der Bahn, öffentliche Ausschreibungen), 3. Quotenmodell: Stromversorger und/oder Netzbetreiber werden verpflichtet, x % EE-Strom zu vertreiben bzw. aufzunehmen. 23
24 Alternatives Quotenmodell zum EEG Quelle: Sachverständigenrat (2011) 24
25 EE-Quotenmodell Viele Ausgestaltungsmöglichkeiten: Wann soll der Wechsel erfolgen? Bei 25% EEG-Strom? deutschlandweit vs. länderübergreifend (z.b. EU-weit)? Vermarktung von grünem Strom getrennt von konventionellem Strom oder getrennte Vermarktung von Strom einerseits und Grünstromzertifikaten andererseits? Wem wird die Pflicht auferlegt, Grünstromzertifikate nachzuweisen? Netzbetreiber? Energieversorger? Beide? Vertrauensschutz für Altanlagen wird unvermeidlich sein. 25
26 Quellen von Klimagasemissionen weltweit Quelle: Joachim Weimann 26
27 Kapazitätsmärkte Müssen wir in Folge der massiven Förderung der erneuerbaren Energien auch noch die konventionellen Energien subventionieren? Kapazitätszahlungen? Kapazitätsmärkte (Ausschreibungen)? Gibt es wirklich ein Problem? Was wären Alternativen? 27
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32 Ein deutscher Kapazitätsmarkt? Kompatibilität mit dem Binnenmarkt? Verpflichtung zur Erzeugung in Deutschland? Wie ist mit einer fortschreitenden Marktintegration in Europa umzugehen? Quersubventionierung der Versorgungssicherheit in Nachbarstaaten? Optimale Ansiedlung des Kraftwerkparks in Europa? 32
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34 Ein europäischer Kapazitätsmarkt? Mitnahmeeffekte? Wer organisiert den Kapazitätsmarkt? Wie? Präferenzunterschiede? Politische Einflussnahme? Fortschreitende Marktintegration in Europa? 34
35 Weitere energiepolitische Maßnahmen Maßnahmen: CO2-Emissionsgrenzen für die Herstellung einzelner Produkte. Bei der Erzeugung von Zement dürfen pro Kilo maximal 766 Gramm, pro Kilo Stahl 1328 Gramm CO 2 entweichen. Abschaltung von Nachtspeicheröfen (Energieeinspargesetz), Glühbirnenverbot (Ökodesign-Richtlinie der EU),.. Frage: Klimavereinbarungen über Carbon Footprints statt über CO2-Ausstoß? 35
36 Fazit Die Energiewende ist ein tiefgreifender, fundamentaler Einschnitt in die Energiewirtschaft, Der massive Ausbau der Erneuerbaren Energien ist sehr teuer, marktfern und für den Klimaschutz wirkungslos, Ohne einen Systemwechsel bei der EE-Förderung wird von Markt und Wettbewerb bald nicht mehr viel übrig sein, Die Einrichtung eines deutschen Kapazitätsmarktes wäre mit zahlreichen Problemen verbunden, Die angebliche Notwendigkeit eines Kapazitätsmarktes ergibt sich primär (wenn überhaupt) aus einer isolierten Betrachtung Deutschlands. 36
37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Professor Dr. Justus Haucap Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) Universitätsstr. 1 D Düsseldorf Fax: haucap@dice.hhu.de
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