INSTITUT für MITTELSTANDSFORSCHUNG BONN

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1 INSTITUT für MITTELSTANDSFORSCHUNG BONN Maximilianstraße 20 D Bonn Tel: / Fax: / post@ifm-bonn.org Internet: Corporate Citizenship als integrative Führungsaufgabe von Frank Maaß und Uschi Backes-Gellner IfM Bonn 2006

2 1 1. Das Unternehmen als "Bürger" Unternehmen werden in der betriebswirtschaftlichen Diskussion in erster Linie in ihrer Funktion als Produzenten privater Güter wahrgenommen, die sie auf Märkten zum Zwecke der Gewinnerzielung anbieten. Dass privatwirtschaftlich geführte Unternehmen darüber hinaus auch öffentlich nutzbare Güter erbringen, die sie kostenfrei der Allgemeinheit zur Verfügung stellen und hierdurch einen sozialen Nutzen erzeugen, findet im Fachdiskurs bislang nur wenig Beachtung. Gerade aber in jüngster Zeit treten vermehrt private Unternehmen durch freiwilliges Engagement in ihrem sozialen und ökologischen Umfeld in Erscheinung. Die wachsende Bereitschaft vor allem auch des deutschen Mittelstands, sich für die Belange des Gemeinwesens einzusetzen, findet zunehmend Interesse auch in der betriebswirtschaftlichen Forschung. Der Fachausdruck für freiwilliges und nachhaltiges Engagement von Unternehmen im sozialen Nahbereich ist Corporate Citizenship (CC), das unternehmerische Bürgerengagement. Kennzeichnend für Corporate Citizenship ist der persönliche Einsatz der Unternehmensleitung und Mitarbeiter im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit für das Gemeinwesen. Dabei wird Personal beispielsweise für einen `Sozialen Tag zur Mitarbeit in einer gemeinnützigen Organisation freigestellt. Oder aber die Unternehmerinnen und Unternehmer selber setzen sich persönlich ein, indem sie ehrenamtliche Aufgaben übernehmen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass zusätzlich zum persönlichen Engagement auch Geld- und Sachspenden geleistet werden. Letztgenannte Vergabe von materiellen Spenden wird auch als Corporate Giving bezeichnet. Die ausschließliche Spendentätigkeit rechtfertigt jedoch alleine noch nicht das Etikett des Unternehmens als guter Bürger. Erst durch die persönliche Beteiligung entstehen bürgerschaftliche Austauschbeziehungen zwischen den Unternehmen und den unterschiedlichen sozialen Gruppen im Umfeld, die bei einer bloßen (anonymen) Spendenvergabe in aller Regel nicht auftreten. Wie im Folgenden noch näher gezeigt wird, liegt gerade in der Möglichkeit, über ein CC-Engagement die eigenen Anspruchsgruppen im sozialen Nahbereich persönlich und damit direkt zu erreichen, die besondere Chance einer bürgerschaftlichen Beteiligung von Unternehmen. Neben der Kontaktaufnahme mit dem sozialen Umfeld verfolgen die sogenannten Corporate Citizens (Unternehmensbürger) das Ziel, einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und/oder zur Verbesserung der Lebens-

3 2 bedingungen vor Ort zu leisten. Dabei engagieren sich Unternehmen vorzugsweise in solchen Bereichen, die direkt oder zumindest indirekt auch die Bedingungen für wirtschaftliches Handeln am Standort betreffen. Am Beispiel freiwilliger Unterstützungsleistungen im Bildungssektor lassen sich die Vorteile eines CC-Engagements veranschaulichen, die Unternehmen für ihre eigene Geschäftstätigkeit erzielen können: Bieten Unternehmen beispielsweise Schülern oder Studenten kostenfreie Lehrseminare an, tragen sie zur Ausbildung der Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen bei, und erhalten zugleich auch Zugang zu einer gesellschaftlichen Gruppe, die nicht nur potenzielle Kunden darstellen, sondern aus der sie ihre zukünftigen Mitarbeiter rekrutieren. Neben der Möglichkeit, direkt auf die Anspruchsgruppen einzuwirken, erzielen Unternehmen durch Corporate Citizenship auch Effekte, die sich erst mittelbar auf die Geschäftstätigkeit am Standort auswirken: Beteiligen sich Unternehmen beispielsweise an kulturellen Veranstaltungen in ihrem Heimatort oder initiieren sie diese sogar, tragen sie hierdurch zur Steigerung der Lebensqualität in der Region bei. Mittel- bis langfristig kann dies die Fähigkeit der Region, qualifizierte Arbeitskräfte zu attrahieren stärken, was nicht zuletzt auch den ortsansässigen Unternehmen zugute kommt. Durch ein solches Engagement werden Standortfaktoren geschaffen oder verbessert, die auch externe Potenzialfaktoren für die Wirtschaft darstellen. Corporate Citizenship wird daher als Investition in das Umfeld zur Zukunftssicherung auch der eigenen Existenz am Standort angesehen. Nicht selten arbeiten Unternehmen im CC-Bereich auch mit Partnern zusammen (vgl. MAAß 2005). Indem z.b. Unternehmen Mitarbeiter freistellen, um gemeinnützige Einrichtungen etwa in Rechtsfragen oder in Sachen Marketing kostenlos zu beraten, tragen sie dazu bei, dass diese ihre Aufgaben effizienter bewältigen und in Folge dessen verbesserte Leistungen im Gemeinwesen bereitstellen können, von denen - wie oben erörtert - vielfach auch die Unternehmen profitieren. Diese und andere Beispiele (siehe MAAß/CLEMENS 2002, DRESEWSKI 2004, MAAß 2005) belegen, dass CC- Aktivitäten auch - aber nicht nur - wirtschaftlich motiviert sind. Mit CC-Aktivitäten werden Win-Win-Situationen erzeugt, die Vorteile sowohl für die Wirtschaft als auch für die Öffentlichkeit bieten. 2. Verbreitung von Corporate Citizenship im deutschen Mittelstand Bevor wir uns dem strategischen Stellenwert von Corporate Citizenship zuwenden und die betriebswirtschaftlichen Argumente (Business Case) näher untersuchen, soll zunächst die Frage nach der Verbreitung dieses Führungsinstruments im deutschen Mittelstand erörtert werden. Angaben hierzu können

4 3 aus einer Unternehmensbefragung abgeleitet werden, die vom Institut für Mittelstandsforschung Bonn gemeinsam mit der Dresdner Bank und dem Wirtschaftsmagazin Impulse durchgeführt wurde. In den Jahren 2001, 2003 und 2005 wurden umfangreiche Erhebungen unter mittelständischen Unternehmen zu Managementfragen durchgeführt, und dabei auch auf das gesellschaftliche Engagement eingegangen. Die folgenden Auswertungen liefern ein repräsentatives Bild von den Verhaltensmustern inhabergeführter Unternehmen mittlerer Größe in Sachen freiwilliges gesellschaftliches Engagement (Tabelle 1). Tabelle 1: Anteil gesellschaftlich engagierter Unternehmen 1 im deutschen Mittelstand (Klein- und Kleinstunternehmen ausgenommen 2 ) in den Jahren 2001, 2003 und 2005, differenziert nach Art des Engagements Merkmale: Unternehmen praktizieren: Ergebnisse der Erhebungen 3 : MIND 02 [Mai 2001] MIND 03 [Juli 2003] MIND 04 [April 2005] Veränderung der Anteile zwischen: (in %) (in %) (in %) (in %) (in %) (in %) Corporate Citizenship 22,6 22,8 26,0 +0,2 +3,2 +3,4 ausschließl. Corp. Giving 18,5 16,5 15,1-2,0-1,4-3,4 Unternehmen engagieren sich nicht gesellschaftlich 58,9 60,7 58,9 +1,8-1,8-0,0 Unternehmen insgesamt 100,0 100,0 100,0 n = 604 n = 759 n = 637 IfM Bonn 1 Bezugnahme ausschließlich auf inhabergeführte mittelständische Unternehmen 2 Einbezogen wurden allein mittelgroße Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens Euro (Handel: Euro; Großhandel: 1 Mio. Euro) bis maximal 100 Mio Euro 3 Unabhängige Stichprobenerhebungen; Erhebungszeitpunkt in [ ] Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage der Erhebungen von DRESDNER BANK und IMPULSE Die Ergebnisse der Befragung belegen eine wachsende Bereitschaft der hier untersuchten Unternehmen des Mittelstands zur Beteiligung am Corporate Citizenship. Im Beobachtungszeitraum stieg der Anteil der CC-aktiven Unternehmen in dieser Gruppe von 22,6 % um mehr als drei Prozentpunkte auf 26,0 % im Frühjahr Die erhebliche Zunahme, die sich vor allem in den letzten beiden Jahren des beobachteten Zeitraums ereignete, dürfte nicht zuletzt auch auf die in jüngster Zeit in der Presse wie auch der wissenschaftlichen Literatur verstärkt geführte Diskussion um Corporate Citizenship als Führungskonzept zurückzuführen sein. Eine Aussage, inwieweit sich diese CC-

5 4 aktiven Unternehmen kontinuierlich im sozialen Nahbereich engagieren oder nur gelegentlich, kann hingegen nicht getroffen werden. Interessante strukturelle Entwicklungen werden des Weiteren deutlich, wenn man die Gesamtheit aller gesellschaftlich engagierten mittelgroßen Unternehmen betrachtet. Dies schließt die sogenannten Corporate Citizen ebenso ein wie andere Unternehmen, die allein auf Corporate Giving setzen. Es zeigt sich, dass der Anteil dieser gesellschaftlich engagierten Unternehmen unter allen inhabergeführten, mittelgroßen Unternehmen in Deutschland nicht gestiegen ist. Eine Veränderung der Bereitschaft in diesem Teil der Wirtschaft, sich freiwillig für die Belange des sozialen Umfeldes einzusetzen, ist zumindest mittelfristig nicht erkennbar. Von geringfügigen, temporären Schwankungen abgesehen, lag der Anteil der gesellschaftlich Engagierten in dieser Unternehmensgruppe während des betrachteten Zeitraums durchweg bei rund 40 %. Die öffentliche Auseinandersetzung um gesellschaftliche Beteiligungsformen von Unternehmen hat demnach noch nicht zu einer weiteren Mobilisierung bislang untätiger Unternehmen geführt. Innerhalb der Gruppe der gesellschaftlich engagierten Unternehmen zeigt sich unterdessen, dass die wachsende Popularität des CC-Konzepts mit einer schwindenden Bereitschaft, allein materielle Spenden (Corporate Giving) zu leisten, einhergegangen ist. Mittelfristig ging der Anteil der ausschließlich Corporate Giving betreibenden Unternehmen von 18,5 % in 2001 auf nunmehr 15,1 % in 2005 zurück. Unter den gesellschaftlich aktiven Unternehmen hat also ein Umdenken stattgefunden: Die 'klassische' Philanthropie, repräsentiert durch den Corporate Giving Ansatz, weicht demnach immer mehr einem pro-aktiven Handeln im Sinne eines bürgerschaftlichen Engagements. Dieser Bedeutungswandel unter den Konzeptionen wirft die Frage nach den besonderen Vorzügen einer CC-Strategie im Sinne eines bürgerschaftlichen Engagements auf. Worin liegen also die strategischen Vorteile von Corporate Citizenship gegenüber Corporate Giving? 3. Strategische Bedeutung von Corporate Citizenship Um Antworten auf die Frage nach dem strategischen Nutzen von Corporate Citizenship zu finden, ist eine Auseinandersetzung mit Unternehmen notwendig, die diese Führungsstrategie erfolgreich praktizieren. Einzigartige Einblicke in die Managementperformance zivilgesellschaftlich engagierter kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bieten die Unterlagen der Bewerber zum Handwerks-Preis 2005 "Führung mit Perspektive: im Betrieb - am Markt - in der Gesellschaft". Ausgerichtet wurde der Wettbewerb von der Bertelsmann Stiftung

6 5 und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Kooperation mit dem Wirtschaftsmagazin Impulse. Die Daten bieten Einblicke in die Erfahrungen von insgesamt 145 kleinen und mittleren Unternehmen des deutschen Handwerks, die Corporate Citizenship für sich und die Gesellschaft gewinnbringend einsetzten. Auf die Frage, worin die wirtschaftlichen Vorteile einer CC-Strategie liegen, verwies die Mehrzahl der Unternehmen (93,1 %), die sich am genannten Wettbewerb beteiligten, auf kundenbezogene Nutzenkomponenten (Tabelle 2). Für die meisten Unternehmen spielte Imageprofilierung eine zentrale Rolle (89,7 %). Reputationsgewinne wirkten sich nicht nur auf die bestehenden Kundenbeziehungen aus, sondern förderten auch die Anwerbung neuer Kunden: Rund zwei Drittel der Unternehmen (68,3 %) führten ihren Erfolg bei der Neuerschließung von Kundenkreisen u.a. auch auf ihr CC-Engagement zurück. Von einer engeren Bindung zu den bestehenden Kunden konnten 60,7 % der Unternehmen berichten. In allen Fällen spielt also Vertrauen eine entscheidende Rolle. Corporate Citizenship hat Signalfunktion: verantwortungsvolles Handeln im sozialen Umfeld lässt auf ein verlässliches Geschäftsgebaren schließen, was das Vertrauen zwischen Kunden und anderen Anspruchsgruppen und dem Unternehmen offenbar nachhaltig stärkt. Durch Corporate Citizenship machen Unternehmen ihre Firmenphilosophie nach außen sichtbar (WALDHOFF 2003, S. 39). Ein derartiges Verhalten festigt auch die Bindungen zu den Kunden, was sich im Geschäftserfolg dieser Unternehmen in aller Regel positiv auswirkt.

7 6 Tabelle 2: Strategischer Nutzen von Corporate Citizenship bei KMU des deutschen Handwerks, die sich am Wettbewerb zum Handwerks- Preis 2005 beteiligten (absolut, in %) Erzielter Nutzen durch Corporate Citizenship: Anteil an den befragten Unternehmen: (abs.) (in %) 0% 50% Kundenbezogener Nutzen ,1 darunter: Verbesserung des Firmenimages ,7 Erschließung neuer Kundenkreise 99 68,3 Stärkung der Kundenbindung 88 60,7 Personalpolitischer Nutzen ,1 darunter: Stärkung der Unternehmenskultur ,8 Steigerung der Mitarbeitermotivation 93 64,1 Stärkere Mitarbeiterbindung 81 55,9 Qualifikationssteigerung der Mitarbeiter 75 51,7 Verbesserte Chancen bei der Personalrekrutierung 56 38,6 Innovationspolitischer Nutzen 26 17,9 n = 145 IfM Bonn Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage der Daten der BERTELSMANN STIF- TUNG, des ZDH und des Wirtschaftsmagazins IMPULSE Ferner sind sich die hier betrachteten Unternehmen weitgehend einig über die nutzenstiftende Wirkung von Corporate Citizenship für die betriebliche Personalpolitik (93,1 %). Aus Sicht vieler Unternehmen (73,8 %) trägt eine CC- Strategie zur Stärkung der eigenen Unternehmenskultur bei. Soziale Partizipation im Umfeld wirkt somit auch in das engagierte Unternehmen selbst hinein. Nach außen vertretene Werte stärken offenbar die Wertekultur der Unternehmen und fördern die Normenbildung unter der Belegschaft. Dieser Befund stützt die in der Fachliteratur vertretenen Annahme, wonach CC-Aktivitäten sich positiv auf den unternehmensinternen Zusammenhalt auswirken (HA- BISCH/SCHMIDPETER 2001, S. 13). Nach Ansicht vieler Unternehmen (64,1 %) stellt sich durch die CC-Beteiligung bei den Mitarbeitern zudem eine motivationssteigernde Wirkung ein. Die Einbindung der Mitarbeiter in die CC- Projektarbeit wird von diesen oft als persönliche Wertschätzung empfunden (MAAß/CLEMENS 2002, S. 89). Die Beteiligung am Corporate Citizenship fördert offenbar die Einsatzbereitschaft im Unternehmen, und unterstützt andere Maßnahmen ähnlicher Zielausrichtung wie beispielsweise das gewähren freiwilliger Sozialleistungen für die Belegschaft (BACKES-GELLNER/PULL 1999,

8 7 S. 54 ff.). Zudem spielt auch in diesem Kontext Vertrauen eine entscheidende Rolle: Durch eine nachhaltig verfolgte CC-Strategie gelingt es vielen Unternehmen nicht nur wechselseitige Vertrauensstrukturen im sozialen Umfeld aufzubauen, sondern auch im Unternehmen selbst die Kommunikations- und Kontaktstrukturen zu verbessern. BURKE spricht in diesem Zusammenhang von einem "psychologischen Vertrag" (1999, S. 5) zwischen der Unternehmensführung und der Belegschaft. Besonders interessant ist auch der Qualifizierungsaspekt einer CC-Strategie. Rund die Hälfte der hier untersuchten Unternehmen (51,4 %) gab an, sich Wissenspotenziale durch ihr CC-Engagement erschlossen zu haben. Persönliche Gespräche durch Begegnungen mit Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen eröffnen den Mitarbeitern neue Sichtweisen. Diese sozialen Erfahrungen haben auch nach Auffassung von KEPPLER, LEITMANN und RIPPLINGER (1999, S. 104ff.) persönlichkeitsbildende Funktion. Die empirischen Befunde stützen auch die Ansicht von JANNING und BARTJES (1999, S. 22), wonach sich derartige Erfahrungen positiv auf den Umgang im Unternehmen auswirken. Doch es sind nicht nur die sozialen Kompetenzen, die Mitarbeiter durch ihre Beteiligung an CC-Aktivitäten erwerben. Immerhin mehr als jedes sechste Unternehmen (17,9 %) gibt an, im Zuge des Austauschs mit außenstehenden Anspruchsgruppen einen Know-how-Transfer erreicht zu haben. Hierdurch werden geschäftsrelevante Informationen (z.b. über die Kundenpräferenzen) generiert. Nicht selten aber besteht das CC-Engagement auch in einer direkten Förderung forschender Institutionen (z.b. Universitäten). Dabei erzielen Unternehmen auch Lerneffekte für ihre eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. 4. Corporate Citizenship als Führungsaufgabe Resümierend lassen sich die folgenden Erkenntnisse festhalten: Die Angaben der befragten Unternehmen belegen in eindrucksvoller Weise, dass Corporate Citizenship von den Austauschbeziehungen der Unternehmensführung und der Belegschaft zu Personenkreisen im sozialen Umfeld lebt. Dem persönlichen Engagement kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Hierin liegen auch die besonderen strategischen Vorteile von Corporate Citizenship gegenüber dem Corporate Giving: Durch das persönliche Engagement entstehen vielfältige Kontaktstrukturen und Gelegenheiten für den wechselseitigen Austausch, die sich durch die bloße Spendentätigkeit in der Weise nicht erzielen lassen. Durch den wechselseitigen persönlichen Austausch mit den internen und ex-

9 8 ternen Anspruchsgruppen können die Unternehmen die Problemlagen in ihrem Umfeld besser kennen und verstehen lernen, direkt auf diese Gruppen Einfluss nehmen und eigene Positionen vermitteln. Durch eine funktionierende Austauschbeziehung lassen sich auch Konflikte bereits im Vorfeld angehen und hierdurch entschärfen. Dies dient nicht zuletzt auch dem Aufbau von Vertrauenskapital zwischen den Beteiligten, das eine wichtige ökonomische Ressource darstellt. Vertrauenskapital entsteht aber auch innerhalb der Unternehmen, wie die Aussagen der Befragten belegen. Auch hierin kommt die integrative Wirkung von Corporate Citizenship zum Ausdruck. Bei Corporate Citizenship geht es vielfach aber auch um die Möglichkeit, als Unternehmen das Umfeld (mit) zu gestalten und hierdurch wirtschaftsrelevante Potenzialfaktoren zu schaffen und zu erweitern. Durch die Einbeziehung der Belegschaft in diesen Prozess lassen sich ferner positive personalpolitische Wirkungen erzielen, so dass durch Humankapitalaufbau und Steigerung der Arbeitsmotivation die internen Prozesse verbessert und unternehmenseigene Potenzialfaktoren entwickelt werden können. Außerdem entfaltet eine CC- Strategie nachweislich positive absatzpolitische Wirkungen. Das soziale Engagement von Unternehmen wirkt daher in seiner gestalterischen wie auch integrativen Dynamik sowohl in den Markt wie auch in das eigene Unternehmen als auch in die Gesellschaft hinein. Daher ist Corporate Citizenship auch nicht als bloße Marketingmaßnahme anzusehen, die auf kurzfristige Imageeffekte ausgerichtet ist. Vielmehr ist eine CC-Strategie aufgrund der Mehrdimensionalität der hierdurch erzeugten Entwicklungsimpulse, der Vielfalt der Beziehungsstrukturen und der Gestaltungsmöglichkeiten als übergeordnete Führungsaufgabe zu begreifen.

10 9 Literaturverzeichnis BACKES-GELLNER, U.; PULL, K. (1999): Betriebliche Sozialpolitik und Maximierung des Shareholder Value: ein Widerspruch?. Eine empirische Analyse alternativer Erklärungsansätze, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Gabler Verlag, Wiesbaden, Heft 1, S BURKE, E. M. (1999): Corporate Community Relations. The Principle of the Neighbour of Choice, Praeger Verlag, Westport Connecticut/London DRESDNER BANK; IMPULSE (verschiedene Jahre): MIND - Mittelstand in Deutschland, Gruner + Jahr AG, Köln DRESEWSKI, F. (2004): Corporate Citizenship: Ein Leitfaden für das soziale Engagement mittelständischer Unternehmen, Publikation der Bundesinitiative "Unternehmen: Partner der Jugend" (UPJ) e.v., Berlin HABISCH, A.; SCHMIDPETER, R. (2001): Social Capital, Corporate Citizenship and Constitutional Dialogues - Theoretical Considerations for Organisational Strategy, in: HABISCH, A.; MEISTER, H. P.; SCHMIDPETER, R. [Hrsg.]: Corporate Citizenship as Investing in Social Capital, Logos Verlag, Berlin, S JANNING, H.; BARTJES, H. (1999): Ehrenamt und Wirtschaft. Internationale Beispiele bürgerlichen Engagements der Wirtschaft. Beiträge zum Ehrenamt 2, Robert Bosch Stiftung, Stuttgart KEPPLER, W.; LEITMANN, G.; RIPPLINGER, J. (1999): Das Soziale Lernen. Ergebnisse eines landesweiten Modellprojekts, mehrwert Verlag, Stuttgart MAAß, F.; CLEMENS, R. (2002): Corporate Citizenship: Das Unternehmen als `guter Bürger, in: Schriften zur Mittelstandsforschung, Nr. 94 NF, Gabler Verlag, Wiesbaden MAAß, F. (2005): Corporate Citizenship als partnerschaftliche Maßnahme von Unternehmen und Institutionen - Eine Untersuchung der Erscheinungsformen und Determinanten von Kooperationen im zivilgesellschaftlichen Bereich, in: Jahrbuch zur Mittelstandsforschung 1/2005, Gabler Verlag, Wiesbaden, S WALDHOFF, C. (2003): Corporate Citizenship. Soziales Engagement von Unternehmen, VDM Verlag Dr. Müller, Düsseldorf