Wissenschaft & Praxis Interkulturelle Kompetenz: Methoden in der MBA-Ausbildung und Strategien für die Managementpraxis
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- Berthold Bäcker
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1 Beiträge für die Wirtschaftspraxis 5 Wissenschaft & Praxis Interkulturelle Kompetenz: Methoden in der MBA-Ausbildung und Strategien für die Managementpraxis Claudia Beier (Hg.) Akademie Verlag
2 Claudia Beier (Hg.) Interkulturelle Kompetenz: Methoden in der MBA-Ausbildung und Strategien für die Managementpraxis FOM-Schriftenreihe: Beiträge für die Wirtschaftspraxis, Nr. 5 Essen 2006 ISBN C 2006 by Akademie Verlag MA Akademie Verlagsund Druck-Gesellschaft mbh Rolandstraße Essen Tel Fax Kein Teil des Manuskriptes darf ohne schriftliche Genehmigung in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren - reproduziert werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag oder ähnliche Wege bleiben vorbehalten. ISBN
3 1 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS...1 WAS IST INTERKULTURELLE KOMPETENZ? TRAININGSZIELE INTERKULTURELLER SEMINARE...DR. CLAUDIA BEIER INTERKULTURELLES TRAINING IN MBA-PROGRAMMEN INTERKULTURELLE KOMPETENZ IM ZEITALTER DER GLOBALISIERUNG DIMENSIONEN INTERKULTURELLER KOMPETENZ KOGNITIVE DIMENSION AFFEKTIVE DIMENSION KOMMUNIKATIV-VERHALTENSBEZOGENE DIMENSION GRENZEN DES INTERKULTURELLEN VERSTEHENS...21 LITERATURVERZEICHNIS...26 THE PRACTICAL INTEGRATION OF INTERCULTURAL MANAGEMENT IN INTERNATIONAL MBA PROGRAMMES...IAN WALSH MBA THE SKILLS REQUIRED BY INTERNATIONAL MANAGERS AND THE CHALLENGE FOR MBA PROGRAMMES CURRENT CRITICISM OF MBA PROGRAMMES AS UNSUITABLE FOR TRAINING MANAGERS A LOOK AT CURRENT INTERNATIONAL MBA PROGRAMMES FULL-TIME MBA PROGRAMMES PART-TIME MBA PROGRAMMES EXECUTIVE MBA PROGRAMMES DISTANCE LEARNING MBA PROGRAMMES MBA PROGRAMMES IN GERMANY THE STRENGTHS AND WEAKNESSES OF THE TYPICAL INTERCULTURAL MANAGEMENT SYLLABUS THE FOM S ITM APPROACH: INTERCULTURAL MANAGEMENT AS AN INTEGRAL PART OF FUNCTIONAL MODULES HUMAN RESOURCE MANAGEMENT SOFT SKILLS AND LEADERSHIP QUALITIES INTERNATIONAL BUSINESS STRATEGY THE CASE APPROACH TO INTERCULTURAL MANAGEMENT CONCLUSIONS...58 BIBLIOGRAPHY...59
4 2 PERSONALFÜHRUNG IM RAHMEN EINES INTERKULTURELLEN MANAGEMENTS... PD DR. THOMAS BÜRKLE DIE LANDESKULTUR ALS SITUATIONSDETERMINANTE DER FÜHRUNG KULTURBEGRIFF UND KULTURDIMENSIONEN DER KULTURBEGRIFF CHARAKTERISIERUNG DER LANDESKULTUR DURCH KULTURDIMENSIONEN NACH HOFSTEDE WECHSELBEZIEHUNG ZWISCHEN LANDESKULTUR UND MANAGEMENT FÜHRUNGSSTILKONZEPTE TERMINOLOGISCHE ABGRENZUNG DES FÜHRUNGSSTILBEGRIFFS EINDIMENSIONALE FÜHRUNGSSTILKONZEPTE ZWEIDIMENSIONALE FÜHRUNGSSTILKONZEPTE DIE WAHL EINES KULTURADÄQUATEN FÜHRUNGSSTILS MACHTDISTANZ UND FÜHRUNGSSTILEMPFEHLUNG UNSICHERHEITSVERMEIDUNG UND FÜHRUNGSSTILEMPFEHLUNG INDIVIDUALISMUS/ KOLLEKTIVISMUS UND FÜHRUNGSSTILEMPFEHLUNG MASKULINITÄT/ FEMININITÄT UND FÜHRUNGSSTILEMPFEHLUNG ZUSAMMENFASSENDE TENDENZAUSSAGEN FÜR DIE WAHL EINES EINDIMENSIONALEN KULTURADÄQUATEN FÜHRUNGSSTILS...80 ANHANG...84 LITERATURVERZEICHNIS...88 INHALTE, PROBLEME UND VERFAHREN DER MESSUNG INTERKULTURELLER KOMPETENZ IM RAHMEN DER INTERNATIONALEN PERSONALAUSWAHL......DR. MICHAEL KNÖRZER VORBEMERKUNGEN ZUM BEGRIFF DER INTERKULTURELLEN KOMPETENZ DIE ENTSENDUNG VON FÜHRUNGSKRÄFTEN ZUR NOTWENDIGKEIT UND DEN ZIELEN DER ENTSENDUNG VON EXPATRIATES STRATEGIEN DER BESETZUNG VON FÜHRUNGSKRÄFTEPOSITION IM AUSLAND DIE AUSWAHL VON EXPATRIATES DIE ENTSENDUNGSPROBLEMATIK DIE MESSUNG INTERKULTURELLER UND INTERPERSONELLER KOMPETENZEN ÜBER TESTVERFAHREN DIE BEHAVIORAL ASSESSMENT SCALE FOR INTERCULTURAL COMMUNICATION EFFECTIVENESS DIE INTERCULTURAL SENSITIVITY SCALE DER INTERPERSONAL COMPETENCE QUESTIONNAIRE DAS SOCIAL PROBLEM-SOLVING INVENTORY...108
5 3 4.5 DIE SELF-MONITORING SCALE ZUR BEURTEILUNG DER TESTVERFAHREN STUDIEN ZUR BEDEUTUNG UND ERFOLGSWIRKSAMKEIT INTERKULTURELLER KOMPETENZEN DIE STUDIEN VON GRAF UND RUBEN DIE STUDIE VON BLACK DIE STUDIE VON GELBRICH DIE STUDIE VON BERGEMANN/BERGEMANN SCHLUSSBETRACHTUNG LITERATURVERZEICHNIS...117
6 4 Was ist Interkulturelle Kompetenz? Trainingsziele interkultureller Seminare Dr. Claudia Beier 1 INTERKULTURELLES TRAINING IN MBA-PROGRAMMEN Begegnungen mit fremden Kulturen ermöglichen es uns, den eigenen Erkenntnisund Erfahrungshorizont zu erweitern. Dies begründet einen Teil ihrer Faszination. Damit wir überhaupt in der Lage sind, in der Begegnung mit dem Fremden diese bereichernden Erfahrungen machen zu können, ist interkulturelle Kompetenz notwendig. Ohne sie bleiben wir bei einer ethnozentrischen Haltung stehen, die uns die fremde Kultur nur aus dem Blickwinkel eigenkultureller Wert- und Deutungsmuster wahrnehmen lässt. Und natürlich sind in der heutigen global vernetzten Wirtschaft interkulturelle Fähigkeiten unerlässlich für das Gelingen kulturübergreifender Wirtschaftsbeziehungen: Breidenbach und Zukrigel belegen beispielsweise, dass unterschiedliche Kultursysteme als erschwerend für erfolgreiche Kommunikation und das Zusammenwachsen von Unternehmen wahrgenommen werden: Eine Studie über missglückte Unternehmensfusionen ergab, dass 85 Prozent der Manager kulturelle Unterschiede im Führungsstil als Hauptursache für das Scheitern angaben. 1 Die Fähigkeit, in einer globalisierten Wirtschaft effektiv kommunizieren und mit kulturellen Unterschieden umgehen zu können, wird daher als wesentliche Schlüsselkompetenz 2 für Fach- und Führungskräfte angesehen. 1 Breidenbach; Zukrigl (2000), S Da sich der Begriff Schlüsselkompetenz in der hier verwendeten Bedeutung auch in der Fachliteratur und öffentlichen Diskussion durchgesetzt hat, wird ihm in diesem Beitrag gegenüber dem Begriff Soft Skills der Vorzug gegeben: Im Arbeitsleben gelten [Schlüsselkompetenzen] als überfachliche Kompetenz eines Mitarbeiters zu denen auch soziale und kommunikative Fähigkeiten gehören. Gayk (2005), S. 6.
7 5 Beide Aspekte die Vorbereitung auf Führungsaufgaben im internationalen Wirtschaftsumfeld und die Erweiterung des persönlichen Erfahrungshorizontes stellen sich wechselseitig ergänzende Lernziele internationaler MBA-Programme dar. Die Teilnehmer eines MBA-Programms, die oftmals sehr unterschiedlicher nationaler Herkunft sind, lernen nicht nur die theoretischen Grundlagen des International Managements, sie profitieren in einem zumeist multikulturellen Lernumfeld auch wesentlich vom Austausch über ihre jeweiligen kulturellen und internationalen beruflichen Erfahrungen. Diese beiden Eckpfeiler eines MBA-Programms - der fachliche Wissenserwerb und der interpersonelle Erfahrungsaustausch - werden durch interkulturelles Training vertieft: Die theoretischen Aspekte des International Managements werden um interkulturelle Schlüsselkompetenzen wie beispielsweise eine erhöhte Sensibilität für potentielle interkulturelle Konflikte ergänzt und das Fremdverstehen in internationalen Lerngruppen wird gefördert. Dass in diesem Punkt Nachholbedarf in den Curricula deutscher Aufbaustudiengänge besteht, wird mit Herbrand deutlich: Doch während internationales Management bereits seit längerem Bestandteil von Postgraduierten-Studiengängen ist, sind interkulturelle Trainings in den Lehrplänen dieser Institute bislang kaum zu finden. 3 Vor diesem Hintergrund möchte der Beitrag aufzeigen, was sich hinter dem Begriff interkulturelle Kompetenz überhaupt verbirgt: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten führen zu interkultureller Kompetenz und welche Möglichkeiten und Grenzen weist das interkulturelle Verstehen auf? Damit verbunden ist die Frage, warum interkulturelle Kompetenz kein Nebenprodukt des wachsenden kulturellen Austausches ist, sondern insbesondere unser Zeitalter der Globalisierung ein spezielles Training erforderlich macht. 3 Herbrand (2002), S Auch ein Blick auf das Werk von Dülfer (1999) belegt, dass die Erkenntnisse der Interkulturalitätsforschung bislang wenig Eingang in die Themengebiete des International Managements gefunden haben. Dülfers Werk stellt ein fundiertes Standardwerk des Internationalen Managements dar, greift jedoch über die kulturspezifische Wissensvermittlung hinaus (unterschiedliche Kulturkreise werden im Hinblick auf Religion und Werthaltungen beschrieben) keine weiteren Aspekte und Problemfelder des interkulturellen Verstehens auf.
8 6 2 INTERKULTURELLE KOMPETENZ IM ZEITALTER DER GLOBALISIERUNG Haben sich in den letzten Jahrzehnten die Dimensionen der Begegnung mit dem kulturell Andersartigen gewandelt Globalisierung, Migration, Fernsehen, World Wide Web, Flugreisen zu immer günstigeren Preisen, um nur einige Aspekte zu nennen, so korreliert die Häufigkeit internationaler Begegnungen nicht unbedingt mit interkulturellen Kompetenzen. Im Gegenteil, sie steht in Zusammenhang mit Phänomenen, die einem interkulturellen Verstehen entgegenwirken können. Internationale Begegnungen sind insbesondere im wirtschaftlichen Arbeitsleben an der Tagesordnung. Der wirtschaftliche Kontext mit seinen spezifischen Regeln und Zielen wenn man ins Geschäft kommen will, möchte man mit dem Geschäftspartner in der Regel gute Beziehungen aufbauen und eine positive Grundstimmung erzeugen - kann jedoch leicht den Blick für zunächst nicht offensichtliche kulturelle Unterschiede verstellen: Oft wecken relativ oberflächliche Gemeinsamkeiten fremdkultureller Kommunikationspartner (z.b. in Auftreten und Kleidung) bei uns die Überzeugung, dass sie uns auch im Denken, Fühlen und Verhalten ähneln. 4 Wenn jedoch das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede wenig ausgeprägt ist und von äußeren Merkmalen auf innere Einstellungen geschlossen wird, können potentielle interkulturelle Konflikte nicht als solche erkannt werden. Die Ursachen von Differenzen werden dann oft auf einer persönlichen Ebene angesiedelt und nicht in kulturell unterschiedlichen Verhaltensweisen und Denkweisen gesehen. Damit entfällt auch die Chance, die Gründe für Konflikte zu reflektieren und eigene Verhaltensänderungen herbeizuführen. Eine Wiederholung kultureller Missverständnisse bleibt dann nicht aus. Doch stellt sich hier die Frage, ob in der Wirtschaft kulturelle Unterschiede tatsächlich immer noch eine entscheidende Rolle spielen und sich Unternehmenskulturen im Zuge der Globalisierung und insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Zahl von Unternehmenszusammenschlüssen nicht aneinander angleichen. Nicht umsonst kursiert unter Geschäftsleuten bereits eine Antwort auf die Frage, welche denn die Weltsprache der Zukunft sei: bad English! 4 Köck; Roth (2004), S. 57.
9 7 Die Antwort: Ja und Nein. Studien, die Aspekte wie Unternehmensstrukturen und Technologien einbeziehen, belegen, dass Unternehmen homogener werden. Hingegen zeigen Studien, die das Verhalten der Menschen innerhalb der Unternehmen betrachteten, dass kulturell bedingte Unterschiede in Einstellungen und Handeln bestehen bleiben: Therefore organizations worldwide are growing more similar, while the behaviour of people within organizations is maintaining its cultural uniqueness. So organizations in Canada and Germany may look the same from the outside, but Canadians and Germans behave differently within them. And though Germans and Canadians may both install robots in their factories, they will interact with the robots differently. 5 Ein aktuelles Beispiel aus der mexikanischen Wirtschaftskultur verdeutlicht diesen Zusammenhang zwischen kulturell unterschiedliche Einstellungen und ähnlichen Technologien: Während das technische Kommunikationsmittel in Mexiko e- benso an der Tagesordnung wie in Deutschland ist, unterscheidet sich die Art und Weise, wie kommuniziert wird. Die kurze und effiziente Art des Verfassens von E- Mails, wie sie in Deutschland praktiziert wird, kann Mexikaner irritieren. Im Vordergrund der mexikanischen Kommunikation steht das Bemühen um eine harmonische Atmosphäre und um ein Vertrauensverhältnis. Eine , die lediglich eine Bitte oder Aufforderung enthält, also nur um das Geschäftliche kreist, aber nicht in ein, zwei Zeilen auch ein persönliches Verhältnis einbezieht ( Wie geht es Ihnen?, Wie geht es Ihrer Familie? ), kann leicht auf Ablehnung stoßen oder schlichtweg ignoriert werden. 6 Auch wenn die oben erwähnte Untersuchung, auf die sich Adler bezieht, zwei Jahrzehnte zurückliegt, und in diesen Jahrzehnten der Globalisierungsprozess enorm vorangeschritten ist, zeigt sie eine grundlegende Tendenz: Zwar gleichen sich die sichtbaren Prozesse und Technologien im wirtschaftlichen Kontext aneinander an, nicht aber das, was sich in den Köpfen der Menschen abspielt, die innerhalb der wirtschaftlichen Strukturen agieren. Über den wirtschaftlichen Bereich hinaus findet neben den Auswirkungen der Globalisierung, die neben allen positiven wirtschaftlichen Effekten auch zu einem Kulturverlust insbesondere in den ärmeren Regionen der Erde geführt hat, nicht nur eine Ni- 5 Adler (1986), S Vgl. Ferres; Meyer-Belitz; Röhrs; Thomas (2005), S
10 8 vellierung kultureller Unterschiede statt. Im Gegenteil, neben einer Tendenz zur homogenisierten McWorld 7 ist ebenfalls das Phänomen eines lokalen Partikularismus 8 zu beobachten. Dieser äußert sich bei zahlreichen ethnischen Gruppierungen in Form einer Abgrenzung von einer dominanten Mehrheitskultur und der Stärkung der eigenen kulturellen Wurzeln. Man braucht hier nicht weit über die deutschen Grenzen hinaus zu schauen: In Spanien ist dies als Gegenreaktion auf die jahrzehntelange Unterdrückung durch das Franco-Regimes beispielsweise in Katalonien der Fall: Das Katalanische ist neben dem Spanischen Amtssprache, und im Bildungswesen sowie im gesellschaftlichen und im Wirtschaftsleben dominiert Catalán. 9 Auch in den Niederlanden führten in jüngster Zeit ideologisch motivierte Gewaltakte fundamentalistisch orientierter Gruppierungen zu weiteren interkulturellen Konflikten: Das kleine Land hatte bislang mit Stolz auf ein tolerantes und friedvolles Miteinander geschaut. Bis zu dem Tag, als der niederländische Filmemacher Theo van Gogh in Amsterdam von einem Marokkaner auf offener Straße am 2. November 2004 erschossen wurde. Danach erschütterte eine Welle von Gewalt gegenüber Marokkanern das Land und legte die Probleme der Integration offen. 10 Diese wenigen Beispiel sollen genügen, um zu zeigen, dass, obwohl im Zuge der Globalisierung Kulturen näher zusammenrücken, kulturelle Konflike - auch innerhalb Europas - allgegengwärtig sind. Auch lassen sich gesellschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten nicht voneinander trennen. Hat doch die wirtschaftliche Globalisierung einerseits zu einer kulturellen Homogenisierung und andererseits zu ethnischen Abgrenzungstendenzen beigetragen. Interkulturelle Sensibilität brauchen wir daher nicht nur, um fruchtbare internationale Wirtschaftsbeziehungen herstellen zu können, sondern um in vielen gesellschaftlichen Fragen - beispielsweise, welche Werte in unserer Gesellschaft für das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen gelten sollen -, einen produktiven Dialog erreichen zu können, der voreilige Urteile und stereotype Zuschreibungen zu vermeiden 7 Breidenbach; Zukrigl (2000), S Vgl. Barber (1996), zitiert in Breidenbach; Zukrigl (2000), S Im Baskenland äußern sich die Bestrebungen, einen eigenen Nationalstaat zu bilden, seit Jahrzehnten im Terror der ETA. 10 Vgl. Heissenberg (2005).
11 9 sucht. In diesem Sinne berühren die Lehrinhalte des interkulturellen Verstehens auch die Grundlagen von Disziplinen wie Business Ethics und Corporate Social Responsibility, die bereits in die Curricula einiger MBA-Programme aufgenommen werden 11 und in denen die Frage gestellt wird, wie sich sozial verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln gestaltet. 12 Diese Zusammenhänge können hier nur gestreift werden, um zu verdeutlichen, warum und wo interkulturelle Kompetenz notwendig ist, denn im Zentrum des Beitrages steht die Frage, was wir überhaupt meinen, wenn wir von interkultureller Kompetenz sprechen. Diese soll im folgenden beantwortet werden. 3 DIMENSIONEN INTERKULTURELLER KOMPETENZ Interkulturelle Kompetenz umfasst einen Komplex an Fähigkeiten und Einstellungen, der in eine kognitive, eine affektive und eine kommunikativ-verhaltensbezogene Dimension gegliedert werden kann: Mit dieser Dreiteilung, die in der interkulturellen Didaktik als Basismodell interkultureller Kompetenz gilt 13, wird bereits deutlich, dass sich interkulturelle Kompetenz nicht nur im Kopf abspielt, sondern den Gefühls- und Verhaltensbereich umfasst. Bevor die drei Dimensionen näher erläutert werden, sei noch auf den hier verwendeten Kulturbegriff hingewiesen: Dieser bezieht sich auf die Kultur einer Nation beziehungsweise eines Landes. 14 Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass Nationalkulturen keine Einheiten darstellen, die sich in allen Merkmalen von anderen Kulturen unterscheiden und die "aus einer geschlossenen Identität heraus bestimmbar wären" 15. Bredella 16 weist auf die Gefahr hin, Kulturen als homogene Ganzheiten zu betrachten und die eigene Kultur im Gegensatz zur fremden bestimmen zu wollen, da es immer schon Überschneidungen ebenso wie Unterschiede gegeben habe: Gera- 11 Beispielsweise ist dies bei Insead in Fontainebleau beabsichtigt. Vgl. Gloger (2005), S Siehe hierzu auch Bennis; O Toole (2005) S. 9, die das Einbeziehen ethischer Fragestellungen in die Curricula der MBA-Studiengänge fordern. 13 Das Schema ist auf Gertsen (1990) zurückzuführen (vgl. auch Bolten (2003), S Neben dem Begriff der Nationalkultur wird der Kulturbegriff natürlich in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Gruppierungen verwendet. Zu nennen sind hier beispielsweise die Kulturen der verschiedenen Generationen wie Jugendkultur, der Begriff Unternehmenskultur oder die Kulturen der verschiedenen Berufsgruppen. 15 Bachmann-Medick (1996: S. 269). 16 Bredella (1993), S. 34.
12 10 de in einer multikulturellen Gesellschaft kommt es darauf an, die Grenzen zwischen Fremdem und Eigenem in ihrer Vielschichtigkeit zu sehen, so dass wir die Kultur des Anderen zwar anerkennen, ihn aber nicht auf seine Kultur festlegen [...]. Insbesondere in der interkulturellen Didaktik ist es notwendig, sich diese implizite Verkürzung des Begriffs der Nationalkultur zu vergegenwärtigen, um stereotype Zuschreibungen in Eigenes und Fremdes zu vermeiden und um den sich wandelnden Bedingungen multikultureller Gesellschaften gerecht zu werden. 3.1 Kognitive Dimension Die kognitive Dimension umfasst kulturallgemeine (d.h. kulturübergreifende) und kulturspezifische (d.h. auf eine Kultur bezogene) Kenntnisse. Zu den kulturallgemeinen Kenntnissen gehört zunächst ein Grundverständnis für das Phänomen Kultur. 17 Um ein solches Verständnis bei den Lernenden zu erreichen, ist insbesondere der auf Eco 18 zurückgehende semiotische Kulturbegriff hilfreich. Eco geht davon aus, dass alle sichtbaren Zeichen einer Kultur auf tieferliegende, nicht sichtbare mentale Schichten verweisen: Zu dieser immateriellen, nicht sichtbaren Ebene gehören Werte, Weltsichten, Denkweisen und Einstellungen, die sich in materiellen Symbolsystemen 19, also in den sichtbaren Zeichen einer Kultur, manifestieren: Handlungen, Gesten, Riten, Monumente, Kleidung und künstlerischen Ausdrucksformen gehören dazu. Der erste Schritt zur interkulturellen Kompetenz ist daher die Erkenntnis, dass der wesentliche Teil einer Kultur abstrakt und damit der Wahrnehmung nicht direkt zugänglich ist. Abstrakte, nicht sichtbare kulturelle Werte, Normen, Denkweisen und Einstellungen können jedoch indirekt aus den konkreten, sichtbaren Zeichen und Symbolen erschlossen werden. Ein Hindernis auf dem Weg der Erschließung einer Kultur über ihre Symbolsysteme stellt jedoch die Differenz zwischen Zeichen und Bedeutung dar, da Zeichen und Symbole je nach kulturellem Kontext über unterschiedliche Bedeutungen verfügen können: Mögen beispielsweise die Auswirkungen der Globalisierung zu einer Angleichung der äußeren Welt durch Kleidung (z.b. Jeans), Gebäude (z.b. Hochhäuser), 17 Vgl. Herbrand (2002), S Vgl. Eco (1987). 19 Vgl. Nünning (1998), S. 179.
13 11 Lebensmittel (z.b. fast food und soft drinks) führen, so werden diese sichtbaren Elemente nicht überall auf die gleiche Weise interpretiert, sondern können auf unterschiedliche Art und Weise in das Weltbild einer Kultur integriert werden. 20 Umdeutungen erfährt beispielsweise das Getränk Coca-Cola, um diesen Zusammenhang mit einem besonders plastischen Beispiel zu verdeutlichen. Wird Coke in der westlichen Welt mit einem jugendlichen und modernen Lebensstil assoziiert, so wird in Russland diesem Softdrink die Fähigkeit zugesprochen, Falten zu glätten. In Haiti wird Coke in Voodoo-Zeremonien eingesetzt [...]. 21 Ein weiterer Aspekt der kognitiven Dimension ist somit die Fähigkeit, keine voreilige Bedeutungszuschreibung, sondern ein reflektiertes Entziffern einer fremden Kultur 22 vorzunehmen und bewusst zwischen Beobachtung und Bedeutungszuschreibung differenzieren zu können. Interkulturelle Kompetenz umfasst somit einerseits, die Fähigkeit, mittels sichtbarer Zeichen eine Kultur entschlüsseln zu können, wobei die Gemeinsamkeiten und Überschneidungen zwischen zwei Kulturen den Ausgangspunkt für die Interpretation kultureller Zeichen darstellen, und das gleichzeitige Bewusstsein, dass die Bedeutung von Zeichen je nach kulturellem Kontext unterschiedlich sein kann. Die Kenntnis des semiotischen Kulturmodells schafft die Basis für einen weiteren Aspekt der kognitiv-interkulturellen Kompetenz, dem Bewusstsein der eigenen kulturellen Bedingtheit. 23 Unsere Grundannahmen, Einstellungen, Weltanschauungen, Gefühle, Wünsche und Verhaltensweisen wurden wesentlich von unserer Kultur geprägt, ohne dass uns dieser kulturelle Einfluss in der Regel bewusst ist. Wir sind in selbstgesponnene Bedeutungsgewebe verstrickt 24, die wir nicht reflektieren, sondern die uns zu einem großen Teil selbstverständlich und natürlich erscheinen. Sie treten erst in der Differenz zu Tage, wenn beispielsweise Angehörige fremder Kulturen Verhaltensweisen zeigen, die von unseren eigenen abweichen. Wie sehr uns unsere Verhaltensweisen als selbstverständlich und normal erscheinen, zeigt die unterschiedliche Bedeutung der linken Hand in westlichen und in arabischen Kulturen. 20 Vgl. Breidenbach; Zukrigl (2000), S Breidenbach; Zukrigl (2000), S Köck, Roth (2004), S Vgl. Herbrand (2002), S. 49 und Köck, Roth (2004), S Geertz (1997), S.9.
14 12 Während wir auch die linke Hand zum Essen zu benutzen, ist dies in arabischen Ländern unüblich, da die linke Hand als unrein gilt. 25 Dass in einer Gesellschaft eine uns normal und selbstverständlich erscheinende Verhaltensweise wie das Benutzen der linken Hand bei und für die Nahrungsaufnahme Gefühle wie Missbilligung oder gar Ekel hervorrufen kann, konfrontiert uns mit der Tatsache, dass unsere Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen nicht selbstverständlich sind und dass (fast) alles, was uns natürlich erscheint, prinzipiell ganz anders sein könnte. Solange wir jedoch die Selbstverständlichkeit unserer eigenen Einstellungen nicht hinterfragen, tendieren wir dazu, fremdkulturelles Verhalten als unnormal und unnatürlich zu bewerten. Eine Tendenz, die auch als Ethnozentrismus bezeichnet wird. Das Bewusstsein, dass Wahrnehmung, Denken und Handeln durch die eigene Kultur geprägt sind, stellt daher einen zentralen Baustein der kognitiven Dimension interkultureller Kompetenz dar. Ziel ist es, in der Begegnung mit anderen Kulturen unsere eigene Kultur weniger als Maßstab für die Beurteilung und Bewertung fremdkulturellen Denkens und Handelns zu nehmen und stattdessen zu lernen wertneutraler zu beobachten. Einen weiteren Faktor der kognitiven Dimension stellt die Kenntnis kulturübergreifender Werteparadigmen dar. Bei diesen wird vielfach auf die Unterteilung von Hofstede 26 und auf die später von Trompenaars/Hampden-Turner 27 differenzierten Kategorien zurückgegriffen. Hofstede beschreibt kulturelle Wertedimension, die in unterschiedlichen Ausprägungen in jeder Kultur vorkommen. Einige Beispiele sollen an dieser Stelle genügen, da in den nachfolgenden Beiträgen die Kulturdimensionen ausführlicher erläutert werden. 28 Eine der Dimensionen bezieht sich auf den Kontext, in dem Kommunikation stattfindet und der als high bzw. low context bezeichnet wird. 25 Dass es im Hinblick auf die Tischkultur regionale Unterschiede geben kann und auch Veränderungen eingesetzt haben, zeigt eine Beschreibung ägyptischer Essmanieren: Es ist durchaus noch üblich, mit der Hand zu Essen, allerdings wird auswärts eigentlich immer mit europäischem Besteck gegessen. Ebenso, wenn man in der Familie isst, liegt meist auch Besteck auf dem Tisch, hier wird sowohl mit der Hand als auch mit den Fingern gegessen. Tatsächlich wird mit der rechten Hand gegessen, aber wenn nötig dabei auch, die eigentlich unreine, linke Hand zur Hilfe genommen. Hamid, Mauch (2005) 26 Vgl. Hofstede (1980). 27 Vgl. Trompenaars (2003). 28 Eine ausführliche Darstellung der kulturellen Dimensionen findet sich zudem bei Hofstede (1980) und Trompenaars/Hampden-Turner (2003) sowie in zahlreichen interkulturellen Trainingshandbüchern, beispielsweise bei Roth, Köck (2004) und Herbrand (2002).
15 13 In einer Kultur mit schwachem (low) Kontext ist die Kommunikation direkter und findet in größerem Maße über verbale Äußerungen statt. In einem dichten Kontext spielen non-verbale Signale eine weitaus größere Rolle, und die sprachliche Kommunikation ist tendenziell indirekt, so dass beispielsweise der Gebrauch des Wortes nein vermieden wird. Bei einer weiteren Kulturdimension geht es um das Verhalten in Bezug auf Umwelt und Natur, die einerseits kontrolliert und verändert werden kann oder in der der Mensch als Teil der Natur versucht, in Einklang mit deren Kräften zu leben und sich als abhängig von der Natur begreift. 29 Ein wesentlicher Unterschied in Kulturen bezieht sich auch auf die Wahrnehmung von Individuum und Gemeinschaft. In einer kollektivistischen bzw. gemeinschaftsorientierten Kultur lernt der Mensch sich als Teil der Wir-Gruppe zu denken, und dies scheint auch naturgegeben 30, da diese als Hauptquelle der Identität dient. In einer stärker individualistisch ausgerichteten Gesellschaft bestimmt das Ich, das sich vom Ich anderer unterscheidet, die persönliche Identität. Die hier vorgestellten Kategorien mögen abstrakt erscheinen. Gibt es auf der Welt doch etwa 8000 Sprachen 31 und damit mindestens ebenso viele ethnische oder nationale Kulturen. Die Vielfalt der Kulturen sowie die Komplexität einer einzelnen Kultur können jedoch in einem interkulturellen Training nicht im Detail erfasst werden. 32 Ziel interkultureller Trainings muss es daher sein, kognitive Strukturen zu vermitteln, die diese Komplexität reduzieren. Die Kenntnis der Werteparadigmen ermöglicht es dem Beobachter, kulturelle Unterschiede erkennen, einordnen und interpretieren zu können. Gleichwohl gilt es zu berücksichtigen, dass die Kulturdimensionen Pole darstellen, zwischen denen eine Bandbreite menschlichen Verhaltens stattfinden kann. Roth 33 weist zu Recht auf den Nachteil des Denkens in Kulturdimensionen hin, da diese oft [...] durch prägnante Entweder-Oder-Zuschreibungen dargestellt und zumeist mit Nationen in Verbindung gebracht werden. Insbesondere diese Bezugnahme auf Nationen ist kritisch zu hinterfragen, da diese zumeist mit den Skalen von 29 Vgl. Köck; Roth (2004), S Köck; Roth (2004), S Vgl. Spitzer (2003), S Vgl. Herbrand (2002), S Roth (2002), S. 77.
16 14 Hofstede in Zusammenhang stehen, die in seiner IBM-Studie in den siebziger Jahren ausgearbeitet wurden und daher nicht mehr aktuell sind. Neben den hier vorgestellten kulturübergreifenden Aspekten gehört - wie eingangs erläutert - auch das länder- bzw. kulturspezifische Wissen zur kognitiven Dimension. Dieses landeskundliche Faktenwissen umfaßt bspw. Bereiche wie Geographie, Politik, Geschichte, Religion, Gesellschaftsstrukturen, Medien und Bildungswesen. Es sind die Kenntnisse, die bislang auch in den Curricula der Hochschulen im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden haben, wenn es um das interkulturelle Verstehen geht. Es steht außer Frage, dass landeskundliches Wissen zum Verstehen von fremdkulturellen Verhaltensweisen beitragen kann und insbesondere bei der Vorbereitung mit einer konkreten Zielkultur empfiehlt es sich, sich einen Überblick über die genannten Bereiche zu verschaffen. Aufgrund der Komplexität des kollektiven Gedächtnisses 34 einer Kulturgemeinschaft ist es jedoch unmöglich, den Kenntnisstand eines natives zu erlangen. Zur interkulturellen Kompetenz gehört daher auch die Fähigkeit, mit der Unsicherheit des nicht alles wissen zu können umzugehen und zu lernen, auf der Basis der eigenen kulturspezifischen Kenntnisse und der kulturübergreifenden Wertedimensionen Hypothesen zu bilden. 3.2 Affektive Dimension Zur affektiven Dimension zählen persönliche Fähigkeiten, die neben der Verstandesebene auch die emotionale Disposition einer Person betreffen. Die Bereitschaft zur Offenheit, Toleranz und Geduld gehören dazu. 35 Auch Frustrationstoleranz, Selbstvertrauen und Flexibilität werden dazu gezählt. Diese Eigenschaften sind zweifelsohne eine wichtige Voraussetzung für das interkulturelle Verstehen, können aber nicht als spezifisch für das interkulturelle Handeln betrachtet werden. 36 Im Zentrum dieser Betrachtung stehen daher Empathie und Perspektivenwechsel als für das (interkulturelle) Verstehen besonders wichtige Merkmale. Empathie bezeichnet die Fähigkeit, sich in die Situation und den emotionalen Zustand einer Person hineinzufühlen. Es 34 Assmann (1992). Der Autor bezieht den Begriff auf die kollektive Prägung der Erinnerung durch Kommunikation und Interaktion im Rahmen sozialer Gruppen. 35 Herbrand (2002), S Vgl. Bolten (2003), S. 374, der diese Kompetenzen als Merkmale jedes erfolgreichen Führungsverhaltens sieht.
17 15 geht um das Nachvollziehen fremden Erlebens 37, ohne dass jedoch das Bewusstsein für die eigene Sichtweise aufgegeben wird. Damit eng verbunden ist die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme, das heißt die Fähigkeit, sich in die Lage einer anderen Person zu versetzen, um deren Perspektive von einem Ereignis oder einer Angelegenheit zu erfahren. 38 Ziel ist die Herausbildung zweier Sichtweisen, zwischen denen man zu pendeln lernt 39 unter Wahrung einer möglichst neutralen, nichtwertenden Haltung. Die Fähigkeiten zu Empathie, Perspektivenwechsel und Perspektivenübernahme bedingen sich gegenseitig und sind nicht eindeutig voneinander abzugrenzen. Im Unterschied zur kognitiven Dimension, in deren Zentrum der Erwerb von Erkenntnissen und Wissen geht, gilt Empathie als eine Disposition, zu der die Menschen unterschiedlich veranlagt sind und die schwieriger geschult werden kann. Kumbruck und Derboven stellen als Ausgangspunkt für den Erwerb von Empathie den Unterschied zur Sympathie dar: Während Sympathie auf (kulturellen) Ähnlichkeiten basiert und auf einer Bestätigung der eigenen Sichtweisen in der Kommunikation beruht, besteht Empathie darin, Unterschiede zu akzeptieren und trotzdem zu versuchen, die Sinnkonstruktion des anderen nachzuvollziehen. 40 Verschiedene Einzeltechniken 41, wie beispielsweise eine aktive Wahrnehmung neuer Informationen in einer interkulturellen Gesprächssituation, fördern Empathiefähigkeit. Dazu gehört, dem Gesprächspartner Zeit zu geben sich mitzuteilen (er mag mehr Zeit brauchen, weil er in einer Fremdsprache kommuniziert oder weil in seiner Kultur Redepausen üblich sind), auf Details zu achten (zentrale Inhalte können sich auch in nebensächlichen Äußerungen verstecken) und dem Gesprächspartner ein Feedback geben, was man verstanden hat, damit Fehlwahrnehmungen korrigiert werden können. Auch das Achten auf nonverbale Zeichen kann Aufschluss auf die Gefühlswelt des Gesprächspartners geben. Sich zu fragen, welche Wirkungen von der Körperhaltung, Mimik und Gestik ausgehen, kann Aufschluss über die emotionalen Befindlichkeit des Gesprächspartners geben. Gleichzeitig gilt es hierbei zu berücksichtigen, dass non- 37 Kumbruck; Derboven (2005), S Suhrkamp (1998), S Roth; Köck (2004); S Kumbruck; Derboven (2005), S Vgl. Roth; Köck (2004), S. 56.
18 16 verbales Verhalten interkulturell verschieden sein kann, so dass mit Deutungen vorsichtig umgegangen werden sollte. 42 Das Bewusstsein für potentiell unterschiedliche Perspektiven und die Achtsamkeit in der Kommunikation sind Voraussetzungen für Empathie. Letzteres kann geübt werden, indem man versucht, Kategorisierungen bei der Wahrnehmung von Personen einer fremden Kultur zu erweitern. Generell kann eine Kategorisierung nicht vermieden werden, da es ein Aspekt unserer Wahrnehmung ist, Menschen in Kategorien einzuteilen und Stereotypen zu bilden. Wir alle haben vermutlich schon die Erfahrung gemacht, wie schnell insbesondere in der Begegnung mit Fremden eine Reduktion der Person auf Stereotypen stattfindet. 43 Dieser Mechanismus kann durchbrochen werden, indem auf weitere Aspekte der Persönlichkeit eines Gesprächspartners geachtet wird. Roth und Köck 44 schlagen diese Verteidigung nach vorn vor: Statt zu versuchen, Kategorisierungen und Stereotypisierungen zu vermeiden, sollten diese nach Möglichkeit mit weiteren Kategorisierungen ergänzt und so das wahrgenommene Spektrum bewusst erweitert werden. Statt beispielsweise eine Gesprächspartnerin nur als Griechin und Frau wahrzunehmen, wäre es denkbar, sich weitere Faktoren ihrer Persönlichkeit bewusst zumachen und diese zu benennen: Akademikerin, lange Jahre in Deutschland gelebt, Führungskraft. Das Augenmerk wird auf diese Weise auf weitere Facetten gelegt und eine Reduktion auf wenige stereotype Kategorien kann überwunden werden. Die hier vorgestellten Techniken berühren bereits Aspekte der kommunikativverhaltensbezogenen Dimension, bei der es um eine Erweiterung des Handlungsspektrums in interkulturellen Situationen geht und die im folgenden dargestellt wird. 42 Vgl. das Beispiel unter Die Verfasserin selbst hat erst kürzlich in der Studienberatung die Erfahrung gemacht, dass der Mechanismus der Stereotypenbildung und Kategorisierung unverzüglich auf der Basis äußerer Merkmale einsetzt: Beim Eintreten einer älteren asiatischen Frau hatte sie eine anstrengende Unterhaltung mit einer Interessentin, die schlecht deutsch sprechen würde und die sich zwar für das Studienangebot interessieren, aber die Studienvoraussetzungen nicht erfüllen würde, erwartet. Tatsächlich handelte es sich um die Mutter einer bereits an der FOM immatrikulierten Studentin. Diese Mutter schien schon seit vielen Jahren in Deutschland zu leben, da sie sich mit den verwaltungstechnischen Gepflogenheiten des Hochschulwesens auskannte und die entsprechenden Dokumente für ihr Anliegen vorlegen konnte sowie hervorragend Deutsch sprach. Die Kommunikation wurde daher nur durch die anfänglichen Vorurteile erschwert. 44 Roth; Köck (2004), S. 55.
19 Kommunikativ-verhaltensbezogene Dimension Die bisher genannten Kenntnisse und Kompetenzen ermöglichen zwar eine sensibilisierte Herangehensweise an interkulturelle Begegnungen, sie führen jedoch noch nicht zu Sicherheit im Auftreten und beim Verhalten in konkreten, kulturspezifischen Situationen. Die Fähigkeit, in einer fremden Kultur kulturadäquat kommunizieren und handeln zu können, wird der kommunikativ-verhaltensbezogenen Dimension interkultureller Kompetenz zugeordnet. Geeignete Verhaltensmuster müssen nicht nur bekannt ein, sondern auch praktiziert werden können. Zu den Trainingszielen gehört daher eine (relative) Handlungssicherheit in relevanten Situationen. 45 Handlungssicherheit wird vor allem durch die Auseinandersetzung mit den typischen Überzeugungen und Verhaltensweisen einer Kultur erworben. Es leuchtet ein, dass sie nur erlangt werden kann, wenn sich der Lernende in einer Situation befindet, in der er das Gelernte anwenden und überprüfen kann. Hier kann insbesondere der tatsächliche Umgang mit Angehörigen einer anderen Kultur oder ein längerer Auslandsaufenthalt zur Handlungssicherheit beitragen. Zur Vorbereitung dieser Situationen und um im Vorfeld potentielle kulturelle Fettnäpfchen kennen zu lernen, wird zumeist auf landeskundliche Literatur oder die bekannten Do s and Don ts 46 zurückgegriffen. Diese haben den Nachteil, dass sie zwar konkretes, handlungsrelevantes Wissen vermitteln, aber den Leser im allgemeinen nicht zur Überprüfung seiner eigenen Einstellungen sowie seiner Annahmen über die Zielkultur auffordern. Sie vernachlässigen die Reflexion der Eingebundenheit in den eigenen kulturellen Kontext als einen wichtigen Aspekt interkultureller Kompetenz. Um sich auf die Begegnung mit einer konkreten Zielkultur vorzubereiten, bietet sich jedoch das Training mit Kulturstandards 47 an. Da dieser Ansatz ein aktives Moment enthält, das heißt kulturelles Faktenwissen nicht nur passiv rezipiert wird, ist es lohnenswert, ihn an dieser Stelle ausführlicher darzustellen: Unter Kulturstandards versteht man 45 Vgl. Herbrand (2002), Vgl. Axtell, R. E. (1997), Nwanna, G. I. (1998) und Thompson, Tommy G. (1994) als Beispiele für Managementratgeber, in denen kulturellen Do s and Don ts im wirtschaftlichen Kontext jeweils eines Landes dargestellt werden und mit denen auf die interkulturellen Probleme fortschreitender Globalisierungsprozesse reagiert wird. 47 Diese Trainingsmethode wird auch als culture assimilator training bezeichnet. Vgl. Thomas (2002).
20 18 alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden. 48 Es handelt sich demnach um typische und wahrscheinliche Einstellungen und Verhaltensweisen, ohne dass diese für alle Mitglieder einer Kultur gelten müssen, da jeder auch nach individuellen Maßstäben handelt. 49 Kulturstandards sind relativ, das heißt, sie erlauben es dem Beobachter die jeweiligen Besonderheiten einer Kultur im Unterschied zur eigenen Kultur zu betrachten. Dargestellt werden Kulturstandards an Beispielsituationen, den kritischen Interaktionssituationen, denen vier Schritte folgen. Der Lernende hat zunächst die Möglichkeit, seine kulturelles Wissen zu überprüfen, indem er sich a) im ersten Schritt eine eigene Lösungsmöglichkeit für die vorgegebene Situation überlegt und b) im Anschluss aus vorgegebenen Alternativen die Zutreffendste auswählt. c) Mit den Beschreibungen der jeweiligen Antwortalternativen findet drittens eine Überprüfung der eigenen Auswahl statt. d) In einem vierten Schritt wird eine Lösungsstrategie vorgestellt. e) Der jeweilige Kulturstandard und seine kulturhistorische Verankerung werden abschließend anhand eines Bündels von vier bis fünf Fallbeispielen und den jeweils zutreffenden Antworten beschrieben. Bemerkenswert an dieser Form des Trainings ist, dass das dargestellte Verhalten nicht auf eine einzige Erklärung zurückführt, sondern die jeweilige Relevanz aller genannten Alternativen erläutert und diese auf einer Skala von nicht zutreffend bis sehr zutreffend angeordnet werden. Der Lernende wird auf diese Weise dafür sensibilisiert, dass ein bestimmtes Verhalten auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden kann. Er trainiert seine Ambiguitätstolereranz und damit die Fähigkeit, Widersprüche und verschiedene Erklärungsmöglichkeiten für das, was er wahrnimmt, zuzulassen und Stereotypisierungen zu vermeiden: ein weiteres 48 Thomas (1993), S Vgl. Ferres; Meyer-Belitz; Röhrs; Thomas (2005), S. 17.
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