Verschärfte Hungerkrise
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- Kora Lichtenberg
- vor 8 Jahren
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1 Kasino des Hungers: Die Nahrungsmittelspekulation und ihre Folgen Armin Paasch, Referent Welthandel und Ernährung Verschärfte Hungerkrise 850 Mio. Hungernde schon vor 2008 Gründe: mangelnder Zugang zu Land, Wasser, Saatgut, Beratung, Infrastruktur, Märkten Einkommen und sozialer Sicherheit : extreme Preissteigerungen und Finanzkrise 2 Mrd. Menschen geben über die Hälfte des Einkommens für Nahrung aus 1 Mrd. Menschen heute chronisch unternährt
2 Agrarpreise aus dem Lot Schwankung von Agrarpreisen nicht neu, seit 5 Jahren aber stärker als in 20 Jahren zuvor Agrardumping und Handelsliberalisierung haben Länder importabhängig gemacht Weltmarktpreise schlagen schneller auf lokale Märkte durch: ärmere Verbraucher hungern Bauern profitieren selten: Preisschwankungen und Marktkonzentration (Konzerne)
3 Ursachen vielfältig Klimawandel und Missernten in Exportregionen Steigende Verwendung Mais und Soja für Futtermittel zum Fleischkonsum 40% des US-Mais und 65% EU-Raps für Agrartreibstoffe verwendet Ausverkauf von Nahrungsvorräten als Teil der Liberalisierungspolitik Exportbeschränkungen Reis, Weizen, Soja De Schutter: Spekulationsblase Warentermingeschäfte Future = Vertrag über Kauf/Verkauf einer bestimmten Menge zu fixiertem Preis und Datum in Zukunft Warenterminbörsen: Chicago, Paris, London, Frankfurt, Bombay u.a. Käufer ( long ) profitiert von steigenden, Verkäufer ( short ) von sinkenden Preise Trad. Akteure sind große Agrarproduzenten, - händler und Lebensmittelfabrikanten
4 Die gute Spekulation Termingeschäfte sollen Händler gegen Preisschwankungen absichern ( Hedging ) Fand bis 2000 vor allem an öffentlichen und regulierten Börsen statt Handel seit 1936 reguliert: z.b. maximal Tonnen Mais pro Händler (Positionslimits) Bis 2000 waren etwa 80 Prozent der Akteure physische Händler Traditionelle Agrarhändler
5 Finanzrevolution für Rohstoffe 1973: Aufgabe fester Wechselkurse > Handel mit Derivaten auf Währungen und Zinsen 2002 platzt Internetblase > Versicherungen, Pensionsfonds, Hedgefonds und Banken suchen neue Anlagemöglichkeiten 2004: Finanzexperten empfehlen Rohstoffderivate als ergänzende Anlagestrategie Deregulierung in USA macht s möglich Deregulierungsschritte Trennung Kredit- von Investmentgeschäft aufgehoben: geringere Margins Positionslimits erhöht: ein Händler konnte jetzt 1% der Jahresernte Weizen kaufen Ausnahmen von Limits für physische Händlern auf Goldman Sachs ausgeweitet Außerbörslicher Handel (OTC) von Aufsicht befreit (heute 7mal größeres Volumen)
6 Neue Akteure Rohstoffmarkt 1) Banken wie: 2) Pensions- und Versicherungsfonds wie: 3) Hedgefonds wie: Rohstoff-Indexfonds Rohstoffindex bildet Wertentwicklung von Futures auf Warenkorb von Rohstoffen ab Banken legen Rohstoff-Indexfonds auf und verkaufen Anteile an Anleger (z.t. an Börsen) Fonds kauft computergesteuert ( passiv ) Futures im Werte der Anlagen Steigt Futurepreis, steigt Wert der Anteile und Ertrag der Anleger Anlagen Rohstoffderivate von 13 auf 600 Milliarden USD gestiegen
7 Quelle: Foodwatch: Die Hungermacher Probleme 2008 waren 75% der Weizenfutures in USA in den Händen reiner Spekulanten Indexfonds setzen fast immer auf Kauf = virtuelle Hortung > Preisanstieg Weizenfuture-Volumen in Paris doppelt so hoch wie EU-Weizenproduktion Agrarpreise von Angebot und Nachfrage entkoppelt Futurepreis ist Referenz für Spotpreise
8 Forderungen Transparenz an Rohstoffbörsen durch strenge Berichtspflichten (für Anleger und Börsen) Verbot von außerbörslichen Termingeschäften mit Agrarrohstoffen Strikte Positionslimits für einzelne Händler und Händlerklassen Verbot von Indexfonds an Agrarrohstoffmärkten Wirksame Kontrollen durch starke Aufsichtsbehörden (ESMA)
9 Reformebenen G 20 und UN-Welternährungsausschuss müssen multilateralen Rahmen vorgeben USA: Konsequente Umsetzung des Dodd- Frank-Act von Juli 2010 EU: Laufende Reform der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) von 2007 Neues Agrarmodell Bäuerliche und standortgerechte Landwirtschaft im Süden fördern Ernährungssouveränität: mehr lokaler Handel, weniger Importabhängigkeit Marktmacht von Agrarkonzernen einschränken und verpflichtende Sozialstandards Nahrungsmittelreserven als Puffer gegen Preisschwankungen Förderung Agrartreibstoffe einstellen
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