Zweierlei Rundfunk im dualen System Zweierlei Rundfunkverständnis in Brüssel und Karlsruhe
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1 Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht Zweierlei Rundfunk im dualen System Zweierlei Rundfunkverständnis in Brüssel und Karlsruhe Professor Dr. Bernd Holznagel, LL.M. Berlin, den 29. Mai 2008 ITM. All rights reserved. Folie 1
2 Spannungsverhältnisse Rundfunk und Dienstleistungsfreiheit Müssen ausländische Programme in Kabelnetze eingespeist werden? Deutsche Position: Kultur fällt nicht unter den EG-Vertrag EuGH: Rundfunk ist Dienstleistung (Sachi-, Debauve-Urteil) Rundfunk und die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste Widersprüche mit deutschen Rechtstraditionen Rundfunkbegriff: keine Abgrenzung nach Vielfaltsrelevanz, sondern rein technisch (linear versus nicht-linear) Streit um die Zulässigkeit von Produktplatzierungen Ausklammerung der elektronischen Presse ITM. All rights reserved. Folie 2
3 Spannungsverhältnisse Rundfunk und Beihilfenkontrolle Darf die Einführung von DVB-T subventioniert werden? Kommission: Nein, da unzulässige Beihilfe. Sind Rundfunkgebühren unzulässige Beihilfen? Beihilfenkompromiss vom Einschneidende Vorgaben für die deutsche Rundfunkordnung Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages Drei-Stufen-Test für neue Telemedien Trennung der kommerziellen Tätigkeiten von den öffentlich-rechtlichen Aufgaben Zukünftiger Konflikt: BVerfG: Programmautonomie der Anstalten vs. Kommission: präzise Fixierung des Funktionsauftrages Rundfunk und Vergaberecht Deutsche Position: europäisches Vergaberecht nicht anwendbar EuGH vom : Rundfunkanstalten sind öffentliche Auftraggeber ITM. All rights reserved. Folie 3
4 Karlsruher Rundfunkverständnis Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) Es geht um dienen, nicht um verdienen. Ziele der Rundfunkordnung Staatsfreiheit Meinungsvielfalt Der Rundfunk darf weder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen noch dem Staat ausgeliefert werden Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Grundversorgung Aufgabe des privaten Rundfunks: abgesenkte Anforderungen Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt Private Rundfunk nur zulässig, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktionen im vollen Umfange erfüllen kann Steuerungsmodus in der dualen Ordnung: strukturelle Diversifizierung ITM. All rights reserved. Folie 4
5 Karlsruhe Rundfunkverständnis Rundfunk im Internetzeitalter (Urteil vom ) Ausgestaltungsauftrag bleibt bestehen Vielfaltsgefahren wegen Entwicklung der Medienmärkte und insbesondere des erheblichen Konzentrationsdrucks Konzeption Historische Erfahrung: Vielfaltsicherung als Voraussetzung einer funktionierenden Demokratie Demokratische Institutionen können nur dann zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen, wenn sie überhaupt noch in den Medien vorkommen Medien heute zentral für die gesellschaftliche Wertestabilisierung ITM. All rights reserved. Folie 5
6 Brüsseler Rechtsverständnis Handeln der Kommission nur auf Basis des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung Keine Rundfunkkompetenz im EU-Vertrag: Angelegenheit der Mitgliedstaaten Aber: Kompetenzbegründung, wenn es um die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes geht (Berufung auf die Dienstleistungs-, Niederlassungs- oder Wettbewerbsfreiheit) Grenzen: Art. 11 Abs. 2 Grundrechtecharta: Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet. Amsterdamer Protokoll (nur für öffentlich-rechtlichen Rundfunk) ITM. All rights reserved. Folie 6
7 Brüsseler Rechtsverständnis Konzeption Wettbewerb und europäischer Binnenmarkt als Ordnungsprinzipien Neueste Entwicklung: More Economic Approach Verbrauchernutzen steht im Mittelpunkt Sicherung durch Dienstleistungs-, Niederlassungs- Wettbewerbsfreiheit (sog. Querschnittskompetenzen) Rundfunk und Kultur werden erfasst, soweit diese Freiheiten berührt werden; dann Maßnahmen der Kommission zulässig Keine Differenzierung nach privatem und öff.-rechtl. Rundfunk Berücksichtigung von Vielfaltsbelangen im Vergleich zu Deutschland von untergeordneter Bedeutung Fokus liegt auf dem Binnenmarktgedanken ITM. All rights reserved. Folie 7
8 Konfliktlösung Konflikt: Vielfalt versus Wettbewerb/Verbrauchernutzen Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts, auch gegenüber dem Grundgesetz (Solange-Rechtsprechung des BVerfG) Konfrontationsoption: BVerfG prüft die Vereinbarkeit von Gemeinschaftsrecht anhand von Art. 5 GG, Abschied von der Solange- Rechtsprechung wenig wahrscheinlich Suche nach einem Interessenausgleich: Gebot der Gemeinschaftstreue und Weiterentwicklung der Medienfreiheit i. S. der Grundrechtecharta Durchsetzung vor dem EuGH: wenig erfolgversprechend Beeinflussungsmöglichkeiten Politische Einflussnahmen Zusammenarbeit auf der Fachebene Stärkere inhaltliche Begründung der eigenen Position insbesondere mit ökonomischen und juristischen Argumenten ITM. All rights reserved. Folie 8
9 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Institut für Informations-, Telekommunikationsund Medienrecht (ITM) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Abteilung II Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M. Leonardo-Campus 9 D Münster Tel: +(49) Fax: +(49) holznagel@uni-muenster.de ITM. All rights reserved. Folie 9
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