FAQ Mindestlohn. Welche Branchen müssen nach Mindestlohngesetz aufzeichnen?

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1 FAQ Mindestlohn Welche Branchen müssen nach Mindestlohngesetz aufzeichnen? Um sicherzustellen, dass der Mindestlohn auch tatsächlich gezahlt wird, enthält das MiLoG umfangreiche Melde- und Dokumentationspflichten, die über die bestehenden Aufzeichnungspflichten nach dem ArbZG hinausgehen. Arbeitgeber, die - gleichgültig in welcher Branche - geringfügig Beschäftigte oder Arbeitnehmer in den in 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereichen (Baugewerbe; Gaststätten und Beherbergungsgewerbe; Personenbeförderungsgewerbe; Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe; Schaustellergewerbe; Unternehmen der Forstwirtschaft; Gebäudereinigungsgewerbe; bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, und Fleischwirtschaft) beschäftigen, müssen nach 17 MiLoG die Arbeitszeit dokumentieren. In den im SchwarzArbG genannten Bereichen müssen auch Entleiher die Arbeitszeit überlassener Leiharbeitnehmer aufzeichnen. Das MiLoG verpflichtet Arbeitgeber, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Tagesleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen. Die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erlassene Mindestlohnmeldeverordnung (MiLoMeldV) vom sieht ein einheitliches Formular zur Übermittlung der vorgesehenen Daten vor. Das BMF hat auf Grundlage des 17 Abs. 4 MiLoG bzw. 19 Abs. 4 Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG) am die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) erlassen. Durch diese soll die Aufzeichnungspflicht der Arbeitgeber den Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftsbereiches oder Wirtschaftszweiges angepasst werden und die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit nach dem MiLoG und dem AEntG bezüglich Arbeitnehmern mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten, die keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen können, abgewandelt werden. Nach der MiLoAufzV genügt ein Arbeitgeber seiner Aufzeichnungspflicht bereits dann, wenn er bezogen auf die genannte Arbeitnehmergruppe (Arbeitnehmern mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten) nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufzeichnet. Problematisch ist, dass die Vereinfachung der Aufzeichnungsverpflichtung durch die MiLoAufzV in der Praxis nur einen sehr begrenzten Anwendungsbereich hat. Hinzu kommt, dass der Begriff der mobilen Tätigkeit sehr eng ausgelegt wird. 1 Abs. 2 MiLoAufzV definiert mobile Tätigkeiten als eine Tätigkeit, die nicht an einen Beschäftigungsort gebunden ist und führt insbesondere Tätigkeiten im Rahmen des Transportgewerbes (z. B. Abfallsammlung, Gütertransport) und der Erbringung von Dienstleistungen (z. B. Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen) auf. Demgegenüber werden Tätigkeiten, bei denen sich Beschäftigte zu

2 verschiedenen Objekten begeben müssen, ausdrücklich nicht unter mobile Tätigkeiten im Sinne der Verordnung zugeordnet. Die auf 17 Abs. 3 MiLoG basierende, vom BMAS am erlassene Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) regelt, dass die Aufzeichnungspflicht nach 17 Abs. 1 und 2 MiLoG nicht für Arbeitnehmer bestehen, die mehr als Euro verdienen und für die der Arbeitgeber seine nach 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bestehenden Verpflichtungen tatsächlich gewährleistet. Ein weiteres Augenmerk ist auf den Umstand zu legen, dass die MiLoDokV nur für das MiLoG gilt. Die Verordnung wurde basierend auf 17 Abs. 3 MiLoG erlassen, obwohl 19 Abs. 3 AEntG eine gleichlautende Ermächtigung für das BMAS enthält. Von dieser Möglichkeit eines einschränkenden Verordnungserlasses wurde jedoch kein Gebrauch gemacht. Der fehlende Bezug auf das AEntG hat zur Folge, dass die Branchen, die gemäß 1 Abs. 3 MiLoG aus dem Anwendungsbereich des MiLoG fallen (beispielsweise auf Grundlage eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages im Sinne des A- EntG), für alle Arbeitnehmer Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnen müssen; denn nach 1 Abs. 3 MiLoG gehen die Regelungen des AEntG demjenigen des MiLoG vor, wenn ein Tarifvertrag durch Rechtsverordnung nach dem AEntG erstreckt wurde. Der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestentgelte für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau der Bundesrepublik Deutschland (GV Mindestentgelt) vom wird auf Grundlage des 7a AEntG geschlossen. Er gilt für die Übergangszeit vom bis zum Insoweit vertreten der Zoll und die Ministerien (anders als die Berufsverbände) die Auffassung, dass die Wirtschaftsbranche Landwirtschaft und Gartenbau aufgrund des allgemeinverbindlich erklärten Mindestentgelttarifvertrages unter die Regelungen des AEntG im Übergangszeitraum fällt. Danach betrifft die Aufzeichnungspflicht alle Arbeitnehmer in dieser Wirtschaftsbranche. Wenn wir Arbeitszeitkonten führen, müssen wir dann die Aufzeichnungspflichten aus der MiLoDokV einhalten? Zur Art der Aufzeichnung machen das MiLoG sowie seine Begründung keinerlei Vorgaben. Es ist damit weder eine elektronische Arbeitszeiterfassung noch separat geführte schriftliche Unterlagen oder Unterlagen in Dateiform erforderlich. Manuelle Aufzeichnungen reichen aus. Wichtig ist jedoch, dass die tatsächlich geleistete IST- Arbeitszeit erfasst wird. Arbeitszeit ist gemäß 2 Abs. 1 ArbZG die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Pausenzeiten gehören damit nicht zur Arbeitszeit und müssen herausgerechnet werden. Die konkrete Dauer und Lage der jeweiligen Pausen muss nicht aufgezeichnet werden.

3 Wenn also die Arbeitszeitkonten, die geführt werden, die Aufzeichnungspflichten gemäß MiLoDokV erfüllen, bedarf es keiner weitergehenden Aufzeichnung. Darüber hinaus müssen gemäß 17 Abs. 2 MiLoG die für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Mindestlohnzahlung erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmer, nach Beendigung nicht länger als zwei Jahre, bereitgehalten werden. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören der Arbeitsvertrag bzw. die Dokumente, aus denen sich die wesentlichen Inhalte des Beschäftigungsverhältnisses ergeben, Arbeitszeitnachweise, Lohnabrechnungen und Nachweise über erfolgte Lohnzahlungen. Wir haben Mitarbeiter, die unter 2.958,00 brutto verdienen, die aber deutlich über dem Mindestlohn von 8,50 /h liegen. Da wir nicht zu einer Branche nach Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz gehören, müssen wir dennoch eine Zeiterfassung durchführen? Gemäß 1 Sätze 1 und 2 MiLoDokV werden die Pflicht zum Erstellen und Bereithalten von Dokumenten nach 17 Abs. 1 und 2 MiLoG dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht für Arbeitnehmer gelten, deren verstetigtes regelmäßiges monatliches Entgelt brutto Euro überschreitet und für die der Arbeitgeber seine nach 16 Abs. 2 ArbZG bestehenden Verpflichtungen zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und zur Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen tatsächlich erfüllt. Für die Ermittlung des verstetigten Monatsentgelts sind ungeachtet ihrer Anrechenbarkeit auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach den 1 und 20 MiLoG sämtliche verstetigten monatlichen Zahlungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt sind. Bei einem Unterschreiten der monatlichen Entgeltgrenze von brutto Euro sind folglich Zeiterfassungen und Dokumentationen erforderlich; auch wenn der gesetzliche Mindestlohn pro Stunde überschritten wird. Wie verhält sich das mit den Arbeitszeitkonten? Welche Aufzeichnungen sind zwingend notwendig? Sollen mit den Arbeitszeitkonten die Aufzeichnungspflichten gemäß MiLoDokV umgesetzt werden, müssen gemäß MiLoG Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentiert werden; Pausenzeiten gehören nicht zur Arbeitszeit, Pausenzeiten sind laut dem Gesetzeswortlaut nicht separat zu dokumentieren. Muss der Mitarbeiter die Zeiterfassung selbst unterschreiben? Die Aufzeichnungspflicht kann auf die einzelnen Arbeitnehmer delegiert werden. Unterschriften des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers sind laut Gesetz nicht erforderlich. Der Arbeitgeber bleibt aber für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auf-

4 zeichnungen verantwortlich und muss diese sicherstellen. Teilweise wird deshalb gefordert, der Arbeitgeber müsse die Aufzeichnungen regelmäßig durch Stichproben überprüfen. Dürfen 50 % der monatlichen Arbeitszeit fortgeschrieben werden? 2 Abs. 1 MiLoG regelt die Fälligkeit des gesetzlichen Mindestlohns dergestalt, dass dieser spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zu zahlen ist. Diese Fälligkeitsregelung gilt nach 2 Abs. 2 MiLoG nicht, wenn die Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto geführt wird. In solchen Fällen können die über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden auf diesem Arbeitszeitkonto geführt und müssen nicht spätestens am Ende des auf die Arbeitsleistung folgenden Monats bezahlt werden. Vielmehr beträgt der Ausgleichszeitraum zwölf Kalendermonate. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss der Arbeitgeber dann bezahlte Freizeit in Höhe der aufgelaufenen Arbeitsstunden gewähren oder für diese den Mindestlohn bezahlen. Allerdings darf pro Monat höchstens die Hälfte der vereinbarten Arbeitszeit auf das Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass dem Arbeitnehmer ein substantieller Teil des Mindestlohnes auch tatsächlich ausbezahlt wird. Muss der Ausgleich auf 0 nur einmal innerhalb eines Jahres erfolgen? Ein pauschaler Ausgleich auf Null einmal innerhalb eines Jahres ist nicht erforderlich, der Ausgleichszeitraum innerhalb eines Monats erbrachter Arbeitsleistungen beträgt bei Führung eines Arbeitszeitkontos nach 2 Abs. 2 MiLoG jeweils zwölf Kalendermonate. Überstunden (höchstens die Hälfte der vereinbarten Arbeitszeit), die im Monat Januar 2015 geleistet und auf dem Arbeitszeitkonto gut geschrieben werden, müssen also im Januar 2016 ausgeglichen werden. Gilt der Mindestlohn auch für ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte? Gemäß 22 Abs. 3 MiLoG werden Vergütungen für ehrenamtlich Tätige nicht von diesem Gesetz geregelt. Mithin gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht für Mitglieder des Aufsichtsrates, die ehrenamtlich tätig sind, ebenso wenig für ehrenamtlich tätige Vorstände. Ist eine Verpflichtungserklärung sinnvoll? Wenn ja für wen? Gemäß 13 MiLoG, der auf 14 AEntG verweist, haftet ein Unternehmer gleich einem Bürgen für einen von ihm beauftragten Subunternehmer von Werk- oder Dienst-

5 leistungen für die Verpflichtung der Zahlung des gesetzlichen Mindestentgelts. Die Haftung des Unternehmers, dem sogenannten Generalunternehmer, erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer des Subunternehmers und umfasst nicht nur den unmittelbaren Subunternehmer, sondern auch weitere, von dem Subunternehmer wiederum selbst beauftragte weitere Dienstleister. Auf ein Verschulden kommt es ausdrücklich nicht an. Die die Bürgenhaftung auslösende Stellung des Generalunternehmers soll nur bei Unternehmen vorliegen, die ihrerseits Unternehmen zur Erfüllung der eigenen Aufträge einsetzen und es sich um die Erfüllung eigener vertraglicher Pflichten handelt. Im Falle der Befriedigung bloßen Eigenbedarfs (z.b. Gebäudereinigung, Hausmeistertätigkeiten, Marketing, allgemeine Verwaltungsaufgaben, Personalabrechnungsservice etc.) scheidet somit eine Generalunternehmerstellung aus. Eine Auftraggeberhaftung kommt folglich dann in Betracht, wenn eigene Pflichten ausgelagert werden, bspw. wenn ein Unternehmer vertraglich im Falle einer vereinbarten Bringschuld zur Übergabe seiner Waren einen Lieferanten einsetzt. In diesem Fall ist die Lieferung der Ware eine eigene vertragliche Pflicht des Auftraggebers, sodass der beauftragte Dienstleister in Erfüllung dieser Pflichten tätig wird und damit die Bürgenhaftung des MiLoG greift. Grundsätzlich haftet der Auftraggeber lediglich auf den Mindestlohn gemäß 1 MiLoG. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund Einzel- oder Tarifvertrag Anspruch auf einen darüber hinausgehenden Stundenlohn hat. Folglich ist eine entsprechende Verpflichtungserklärung auf Einhaltung des MiLoG und AEntG sinnvoll, sofern der Unternehmer mit der Beauftragung eines Nachunternehmers eine eigene Schuld erfüllen will in Ausübung eigener vertraglicher Verpflichtungen. Ein entsprechendes Formular des DRV steht zur Verfügung. Für was kann ich als Auftraggeber haftbar gemacht werden und von wem? Der Auftraggeber kann zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes haftbar gemacht werden, mithin von derzeit 8,50 brutto pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde. Eine Haftung für nicht abgeführte Sozialabgaben sieht das MiLoG nicht vor, auch nicht eine Haftung für über den Mindestlohn hinausgehende Lohn- oder Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers. Die Geltendmachung erfolgt durch den Arbeitnehmer im beauftragten Unternehmen, also Arbeitnehmer des Subunternehmers oder vom Subunternehmer beauftragte weitere Subunternehmer (sogenannte Kettenhaftung). Dabei obliegt es dem Arbeitnehmer, die Ansprüche sofort gegen den Auftraggeber geltend zu machen. Er ist nicht verpflichtet, zuvor die Lohnansprüche gegenüber dem eigentlichen Vertrags-Arbeitgeber durchzusetzen zu versuchen. Welche Rechte hat der Zoll bei einer Prüfung?

6 Nach 14 MiLoG ist der Zollverwaltung die Überprüfung der Einhaltung der Pflichten aus dem MiLoG übertragen worden. Konkret ist der Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) mit der Prüfung befasst. Zuständigkeiten anderer Kontrollbehörden aus anderen Zusammenhängen (z. B. Finanzbehörden, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit) bleiben erhalten. Die Zollbehörden prüfen, ob der Mindestlohn zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt wurde. Der Zoll prüft auch die gesonderten Aufzeichnungen über die Arbeitszeit. Dem Zoll steht das Recht zu, Einsicht in Arbeitsverträge, Niederschriften nach 2 Nachweisgesetz oder anderen Geschäftsunterlagen zu nehmen, die mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung der Regeln des MiLoG geben. Diese Unterlagen sind von Arbeitgebern vorzuhalten, zudem treffen Arbeitgeber umfangreiche Mitwirkungs- und Duldungspflichten. Bei der Prüfung kommen dem Zoll Rechte wie Polizeivollzugsbeamten zu. Befragungen von Arbeitnehmern sind die Regel. Zudem können Datenabgleiche zwischen Behörden vorgenommen werden. Eine vorherige Ankündigung der Prüfung kann entfallen, wenn der Prüfungszweck durch eine solche gefährdet wäre. Wo müssen die Unterlagen zur Überprüfung vorgehalten werden? Die Unterlagen müssen in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers vorgehalten werden. Ist eine Reduzierung der Arbeitszeit mittels Betriebsvereinbarungen möglich oder müssen sämtliche Verträge individuell angepasst werden? Eine Reduzierung kann per Betriebsvereinbarung dann vereinbart werden, wenn im Betrieb ein Betriebsrat existiert und dieser mit dem Arbeitgeber eine entsprechende kollektivrechtliche Vereinbarung eine Betriebsvereinbarung - abschließt. Eine Reduzierung der Arbeitszeit mittels Betriebsvereinbarung ohne Änderung der individuellen Arbeitsverträge ist nur dann möglich, wenn die Betriebsvereinbarung im Vergleich zu den Arbeitsverträgen eine günstigere Regelung für den einzelnen Arbeitnehmer enthält. Ist die Betriebsvereinbarung für die Arbeitnehmer nachteilig, der Arbeitsvertrag folglich für den Arbeitnehmer günstiger, gilt das sogenannte Günstigkeitsprinzip: Individualrechtlich bleibt die günstigere Regelung für den Arbeitnehmer bestehen. Folglich müssten nach Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung auch die individuellen Verträge dahingehend angepasst werden. Kann man eine Mindestarbeitszeit zum Mindestlohn garantieren und dann entsprechend bis 40 Stunden erhöhen? Eine Vereinbarung, wonach eine bestimmte Mindestarbeitszeit vereinbart wird, die individualrechtlich im Bedarf erhöht wird, ist im Rahmen einer sogenannten Arbeit auf

7 Abruf möglich. Die rechtliche Grundlage befindet sich in 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) und wird durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) konkretisiert. Gemäß BAG ist eine Vereinbarung mit einer bestimmten wöchentlichen Arbeitszeit und einer darüber hinausgehenden Arbeit auf Abruf, also bei Bedarf des Arbeitgebers, bis zum Umfang von 25 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit möglich. In diesem Rahmen könnte eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden. Soll eine Erhöhungsmöglichkeit bis 40 Stunden möglich sein, müsste also eine Mindestarbeitszeit von 32 Stunden wöchentlich vereinbart (garantiert) werden, um weitere acht Stunden auf Abruf vorzusehen, um insgesamt auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden gelangen zu können. Gibt es Ausnahmen bei der Aufzeichnungspflicht, für Branchen mit starkem Saisongeschäft (saisonale Schwankungen wie z.b. Erntezeit in der Landwirtschaft)? Es gibt keine Ausnahmen bei der Aufzeichnungspflicht für ausgewählte Branchen. Welche Lohnbestandteile sind im Mindestlohn anrechenbar? Welche nicht? Im MiLoG selbst ist nicht geregelt, welche Vergütungsbestandteile als mindestlohnwirksam betrachtet werden können. Sinn und Zweck des MiLoG ist es, einen angemessenen Mindestschutz zu gewährleisten, der es Vollzeitbeschäftigten ermöglicht, ein Monatseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze zu erzielen. Da eine Existenzsicherung aber nicht durch rückwirkende, sondern nur durch kontinuierlich laufende Zahlungen gewährleistet werden kann, ist ausschlaggebend, dass die betreffenden Entgeltbestandteile rechtzeitig gezahlt werden, um den Gesetzeszweck nicht zu unterlaufen. Aus diesem Grund können Zahlungen nur dann mindestlohnrelevant sein, wenn sie innerhalb des jeweils für den Mindestlohn geltenden Fälligkeitszeitraums ausgezahlt werden. Diese Bindung der Mindestlohnwirksamkeit an den Fälligkeitszeitraum hat insbesondere Auswirkungen auf Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld, die üblicherweise einmalig und nicht monatlich anteilig ausgezahlt werden. Inhaltlich wird in der Gesetzesbegründung zum MiLoG zur Abgrenzung der mindestlohnrelevanten Bestandteile auf die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie bzw. des AEntG abgestellt. Auch hat der Zoll bereits in der Vergangenheit Grundsätze aufgestellt, welche Arbeitgeberleistungen auf die bestehenden tariflichen Mindestlöhne nach dem AEntG angerechnet werden können und welche nicht. Vom Arbeitgeber bezahlte Zulagen oder Zuschläge werden danach als Bestandteil des Mindestlohnes berücksichtigt, wenn ihre Zahlung nicht von einer Arbeitsleistung

8 des Arbeitnehmers abhängt, die von der vertraglich geschuldeten Normalleistung abweicht. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zulagen oder Zuschläge zusammen mit anderen Leistungen des Arbeitgebers ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten sollen, die mit dem Mindestlohn zu vergüten sind. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zulagen oder Zuschläge zusammen mit anderen Leistungen des Arbeitgebers ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten sollen, die mit dem Mindestlohn zu vergüten ist (sogenannte funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen). Es ist davon auszugehen, dass erst durch Urteile des BAG/EuGH die Anrechenbarkeit von Entgeltbestandteilen verbindlich ausgestaltet wird. Unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zum AEntG bzw. zur Europäischen Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie dürften auf den Mindestlohn anrechenbar sein: Zulagen und Zuschläge sowie variable Vergütungen, sofern sie die regelmäßig geschuldete Arbeitsleistung des Mitarbeiters abgelten, keine außerordentlichen Belastungen oder besonderen Umstände der Arbeitserbringung (wie z.b. Erschwernis- und Schmutzzulagen) ausgleichen sollen und bis zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt geleistet werden; Einmalzahlungen (wie z.b. Weihnachts- oder Urlaubsgeld), sofern diese unwiderruflich, anteilig und bis zudem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt geleistet werden. Nicht berücksichtigungsfähig sind Zulagen und Zuschläge, die voraussetzen, dass der Arbeitnehmer vertraglich nicht geschuldete Zusatzleistungen erbringt, indem er zu besonderen (Tages-)Zeiten arbeitet, wie z.b. bei Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschlägen, (Wechsel-)Schichtzulagen, regelmäßig auch Überstundenzuschlägen; indem er unter besonders unangenehmen, beschwerlichen, körperlich oder psychisch besonders belasteten oder gefährlichen Umständen arbeitet, wie z.b. bei Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen; indem er Mehrarbeit pro Zeiteinheit leistet (z.b. bei Akkordprämien) oder eine besondere Qualität der Arbeit (Qualitätsprämien) erbringt. Ebenso wenig können folgende Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden: Vermögenswirksame Leistungen und betriebliche Altersvorsorge - Leistungen mit Vorsorgecharakter sind nicht mindestlohnrelevant (Ausnahme: Entgeltumwandlung nach 1a BetrAVG); Aufwandsentschädigungen, Reisekostenerstattungen, Erstattung von Fortbildungskosten, da sie keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen; Leistungen unter Rückzahlungsvorbehalt.