c) Konflikte von ÖSt mit anderen wirtschafts- und steuerpolitischen Zielen
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- Adolph Albert
- vor 8 Jahren
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1 IV. Umweltpolitische Instrumente im Vergleich 3. Forderung nach ökologischer Umgestaltung des Steuersystems: Ökosteuern Positiv: Doppelte Dividende bei der ÖSt 1. Umweltverbesserung durch geringere Emissionsmenge infolge der Erhebung einer Ökosteuer (wegen Produktionseinschränkung bzw. technischer E-Vermeidung) 2. Verminderung der EB bei anderen (verzerrenden) Steuern durch Verwendung des Ökosteueraufkommens zur Senkung dieser anderen Steuersätze 3. Evtl. insgesamt effizienteres Steuersystem, wenn EB, die infolge der Erhebung der Ökosteuer entstehen, kleiner sind als die EB, die durch die Steuersenkung bei anderen Steuern vermieden werden können Dennoch: Einwände gegen Ökosteuern c) Konflikte von ÖSt mit anderen wirtschafts- und steuerpolitischen Zielen!"Negative Verteilungseffekte Ausgangspunkt: Ökosteuer belastet in erster Linie Energieverbrauch o Regressive Verteilungswirkung Arme sind überproportional betroffen, da Energieverbrauch unterproportional mit dem Haushaltseinkommen steigt ( ein viermal so teures Auto braucht in der Regel weniger als viermal so viel Benzin) #"Keine Milderung dieses Effekts dadurch, dass etwa wie früher Arme in geringerem Umfang über energieintensive Güter verfügen ( nur Reiche hatten einen Kühlschrank, ein Auto) #"Vielmehr: Verschärfung des Effekts dadurch, dass Anpassung der Konsumgewohnheiten an Ökosteuern kostenintensive Investitionen erfordert, und Arme nur über begrenzte Mittel zum Umstieg auf energiesparende Technologien verfügen ( Anschaffung kraftstoffsparender Kfz, Wärmedämmung in Gebäuden)... 1
2 #"... bzw. in vielen Fällen überhaupt nicht die Möglichkeiten haben, Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen ( Wohneigentumsquote ist bei Armen ist niedriger als bei Reichen, so dass nur geringere Möglichkeiten z. B. zur Vornahme von wärmedämmenden Baumaßnahmen bestehen) #"Mit steigendem Einkommen (Wohlstand) nimmt Nachfrage nach wenig energieintensiven Gütern und Dienstleistungen (wie Restaurant- und Theaterbesuche, handverarbeitete Möbel) überproportional zu o Interregionale Verteilungswirkung zwischen städtischen und ländlichen Räumen mit unbefriedigendem ÖPNV-Angebot (Pendler sind dann stark auf die Nutzung von Kfz angewiesen) bes. betroffen: Familien, die (unter staatlicher Förderung) aufs Land gezogen sind, weil hohe Grundstückspreise in Städten keinen finanzierbaren Wohnraum bieten; für sie verteuert ÖSt die effektiven Kosten des Lebens auf dem Land ( Abkassieren durch ÖSt ) weiteres Gerechtigkeitsproblem:!"Glaubwürdigkeit der Politik durch zeitinkonsistentes Verhalten Widerspruch: einerseits wird Mobilität gefordert (und gefördert), andererseits durch ÖSt verteuert und damit erschwert Außerdem in diesem Zusammenhang: ÖSt führt zu einer Aufwertung von zentrumsnahen Wohnungen und entwertet Eigenheime auf dem Land, da dort aufgrund fehlender ÖPNV- Angebote größere Abhängigkeit vom Kfz (dessen Nutzung durch ÖSt verteuert wird) besteht!"vernachlässigung des Leistungsfähigkeitsprinzips LFP Ausdruck von Fairness: individuelle Steuerlast soll sich an persönlichen Merkmalen der Belastbarkeit orientieren (z. B. durch Abzugsfähigkeit von Werbungskosten und Sonderausgaben bei der persönlichen ESt) o Bei ÖSt ist Individualisierung im Hinblick auf die Bemessung der Steuerlast nicht realisierbar: Steuerbelastung bemisst sich allein nach dem Verbrauch von Energiegütern 2
3 o Allerdings: LFP kommt auch bei traditionellen Steuern und Abgaben nur teilweise zum Zuge (so ist z. B. auch MWSt ausschließlich am Verbrauch orientiert; Sozialbeiträge sind nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze einkommensabhängig) o Außerdem: Auch LFP hat Nachteile, da es unfaire Steuerprivilegien fördert und Entscheidungsneutralität verletzt (z. B. Entfernungspauschale: Anreize zum Umzug aufs Land werden zum einen durch geringere Lebenshaltungskosten auf dem Land begünstigt und zusätzlich durch Steuerersparnis im Zusammenhang mit der Entfernungspauschale erhöht)!"konflikt zwischen Lenkungseffekt von ÖSt und Aufkommenserzielung je besser die Lenkungswirkung einer ÖSt erreicht wird (Reduktion von Schadstoffemissionen zur Verbesserung der Umweltqualität), umso geringer ist das damit verbundene Steueraufkommen (weil Bemessungsgrundlage schrumpft) o Wenn Staat bei Budgetplanung auf ÖSt-Einnahmen angewiesen ist, verliert er das Interesse an stärkeren Emissionsreduktionen und an der Förderung von energiesparenden Techniken: Potenzial zur Umweltverbesserung wird nicht genutzt o Andererseits: vollständiger Rückgang der Emissionen ist ohnehin nicht zu erwarten (vgl. Pigou-Steuer bzw. E-Abgabe nach Standard-Preis-Ansatz: positives optimales Emissionsniveau), so dass immer ein gewisses Steueraufkommen aus der ÖSt vorliegt Problem bei Erreichung der gesamtwirtschaftlichen Lösung: ÖSt-Satz müsste an jeweils geltende Energiepreise angepasst werden ( je höher der Rohölpreis, umso geringer ÖSt-Satz), was nicht möglich ist o Darüber hinaus: Aufkommen einer lenkungs-wirksamen ÖSt ist vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt unsichere Entwicklung der Staatseinnahmen bei weitgehender Umstellung des Steuersystems auf ÖSt #"Positiv zu beurteilen wegen Rückgang der Staatstätigkeit #"Negativ zu beurteilen wegen Gefahr von Steuererhöhungen durch ausgabefreudige Politiker (die allerdings durch Laffer-Effekt begrenzt ist) 3
4 !"Ungenaue ökologische Lenkungseffekte Steuer wird nicht am Schadstoffausstoß bemessen, sondern auf den Verbrauch von Energiegütern erhoben, die in unterschiedlichem Maß Emissionen verursachen Trade-Off zwischen der Genauigkeit der ökologischen Wirkung und einer billigeren Steuererhebung, die gewissen Grad an Ungenauigkeit rechtfertigt d) Die ÖSt-Reform in Deutschland!"Gründe und Ziele der ÖSt-Reform Klimaschutz durch Setzen von Anreizen zum Energiesparen durch Entwicklung energieeffizienterer Produkte und Produktionsverfahren sowie Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien Verringerung der Arbeitslosigkeit durch Entlastung des Faktors Arbeit über Senkung der Rentenversicherungsbeiträge (Lohnnebenkosten)!"1. April 1999: 1. Stufe durch das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999 Erhöhung der Mineralölsteuer auf o Kraftstoffe um 6 Pfennig je Liter, o leichtes Heizöl um 4 Pfennig je Liter, o Erdgas zum Verheizen um 0,32 Pfennig je Kilowattstunde und o Flüssiggas zum Verheizen um 25 Deutsche Mark je Kilogramm Einführung einer Stromsteuer mit einem Regelsteuersatz von 2 Pfennig je kwh Gleichzeitig: Senkung der Beitragssätze zur Rentenversicherung um 0,8 Prozentpunkte 4
5 !" : 2. bis 5. Stufe durch das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16. Dezember 1999 Erhöhung der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe um 6 Pfennig bzw. 3,07 Cent je Liter jeweils zum 1. Januar mit zusätzlicher Besteuerung nicht schwefelarmer Kraftstoffe in Höhe von 1,53 Cent je Liter ab 1. November 2001 Erhöhung der Stromsteuer um 0,5 Pfennig bzw. 0,26 Cent je kwh jeweils zum 1. Januar Sonderregelungen o Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen #"Ermäßigter Steuersatz von 20 Prozent des Regelsatzes jenseits eines Sockelbetrags von DM (EUR 511) p. a. für Produzierendes Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft #"Spitzenausgleich für Produzierendes Gewerbe Sofern die erhöhten Steuersätze (ohne Berücksichtigung der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe und schweres Heizöl) die Entlastung durch die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge um das 1,2fache übersteigen, erhalten Unternehmen den darüber hinaus gehenden Betrag in vollem Umfang zurückerstattet. (vgl. auch Übungsaufgabe 7.4!) o Zur Vermeidung sozialer Härten Belastung mit dem halben Regelsteuersatz der Stromsteuer für Nachtspeicherheizungen, die vor dem installiert wurden o Zur Stärkung der ökologischen Lenkungswirkung #"Begünstigung des öffentlichen Schienenverkehrs ab 2000 mit einem um 50 Prozent ermäßigten Stromsteuersatz #"Halber Steigerungssatz der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe für ÖPNV #"Begünstigung des Einsatzes von Erd- und Flüssiggas im Verkehrsbereich im Vergleich zu Benzin und Diesel 5
6 #"Nutzungsgradabhängige Steuerermäßigungen für energieeffiziente Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sowie für hocheffiziente Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD) #"Befreiung von Strom- bzw. Mineralölsteuer für Strom aus erneuerbaren Energien und für Biokraft- sowie -heizstoffe!"2003: Modifizierung der 5. Stufe durch das Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform vom 23. Dezember 2002 Erhöhung der Mineralölsteuersätze zum 1. Januar 2003 auf o Erdgas zum Verheizen um 0,2 Cent je kwh o Flüssiggas zum Verheizen um 22,26 Euro je Kilogramm o Schweres Heizöl um 7,11 Euro je Kilogramm Abbau von umweltschädlichen Steuerermäßigungen, insbes. o Abschmelzen der Ermäßigung der ÖSt-Sätze für Produzierendes Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft von 20 auf 60 Prozent der regulären Steuersätze o Modifikation des Spitzenausgleichs Übersteigt die Belastung eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes durch die ÖSt die (bisher 1,2fache) Entlastung durch die gesenkten Rentenversicherungsbeiträge, wird die übersteigende Steuer nur noch zu 95 Prozent (bisher: 100 Prozent) rückerstattet. Dadurch liegt der Steuersatz also faktisch nicht mehr bei null, sondern bei drei Prozent des Regelsteuersatzes. (vgl. auch Übungsaufgabe 7.4!) o Verminderung der Vergünstigung für Nachtspeicherheizungen von 50 auf 40 Prozent des Stromsteuer-Regelsatzes, um Anreiz zum Technologiewechsel bei Heizungen zu erhöhen; Begünstigung soll 2007 vollständig abgeschafft werden 6
7 !"2004: Weiterer Subventionsabbau (Koch-Steinbrück) neben Abbau umweltschädlicher Subventionen auch Abbau ökologisch motivierter Subventionen, z. B. Senkung der Entfernungspauschale Kürzung der Eigenheimzulage Erhöhung der Mineralölsteuer für Erdgas und Flüssiggas als Kraftstoff Reduktion der Stromsteuervergünstigungen für öffentlichen Schienenverkehr sowie Steuerbegünstigung für ÖPNV!"Zwischenfazit nach 5 Jahren Ökosteuer Aktuelle Mineralölsteuersätze und Ökosteuer-Anteil ausgewählter Energieträger Mineralölsteuer Ökosteueranteil Benzin (Cent je Liter) 65,45 15,34 Diesel (Cent je Liter) 47,04 15,34 leichtes Heizöl (Cent je Liter) 6,14 2,05 Erdgas als Heizstoff (Cent je kwh) 0,55 0,37 Strom (Cent je kwh) 2,05 2,05 Aufkommen o Gesamtaufkommen in 2003: 18,6 Mrd. Euro o Verwendung zur #"Senkung des Beitragssatzes zur GRV (dieser liegt in 2004 mit 19,5 Prozent um 1,7 Prozentpunkte niedriger als er ohne ÖSt hätte ausfallen müssen (21,2 Prozent); vgl. auch untenstehende Tabelle zur Entwicklung des Beitragssatzes zur Gesetzlichen Rentenversicherung) #"Förderung erneuerbarer Energien #"Gebäudesanierung zum Zweck der CO 2 -Reduktion 7
8 Entwicklung des Beitragssatzes zur Gesetzlichen Rentenversicherung Jahr Beitragssatz (in Prozent) ,3 Veränderung gegenüber Vorjahr ,5-0,8-0, ,3-0,2-1, ,1-0,2-1, ,1 ±0,0-1, ,5 +0,4-0, ,5 ±0,0-0,8 Umwelteffekte o Laut Regierung schafft ÖSt bis zu neue Arbeitsplätze und senkt Schwarzarbeit um 1,6 Prozent (fragwürdig!) o Gestiegenes Bewusstsein für energiesparendes Verhalten #"Stetiger Rückgang des Kraftstoffverbrauchs seit 2000 #"Verbrauchswerte gewinnen Bedeutung als Kriterium beim Autokauf o Wachstum bei öffentlichem Personen- und Schienenverkehr Einfluss hoher Primärpreise für Mineralöl nicht unerheblich für diese Effekte! 8
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