Das Berufsbildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland Duales System
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- Regina Raske
- vor 8 Jahren
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1 Das Berufsbildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland Duales System Überblick über die Struktur des Bildungswesens in Deutschland im Allgemeinen: Kindergarten. Kindergärten besuchen Kinder vom 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt ganztags oder für einen Teil des Tages. Der Besuch ist freiwillig. Die Aufgabe der Kindergärten umfasst die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes. Es soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden. Grundschulen Die Grundschulen umfassen die ersten vier Schuljahre. Sie werden von allen Kindern besucht und bereiten durch die Vermittlung von Grundkenntnisse auf den Besuch weiterführender Schulen vor. Der Unterricht umfasst neben der Einführung in das Lesen und Schreiben der Muttersprache den so genannten Sachunterricht. Orientierungstufe Die Zusammenfassung der Klassenstufen 5 und 6, die entweder den weiterführenden Schulen zugeordnet (schulartabhängige Orientierungsstufe) oder von ihnen getrennt (schulartunabhängige Orientierungsstufe) sind. Sie dient der Förderung und Orientierung der Schüler auf die weitere Schullaufbahn. 1
2 Hauptschulen Die Hauptschulen sind Pflichtschulen für alle Schüler, die nach dem Besuch der Grundschulen nicht auf eine andere weiterführende Schule gehen. Sie endet mit der 9., in einigen Ländern mit der 10. Klassenstufe. In der Mehrheit der Länder wird ein freiwilliges 10. Hauptschuljahr angeboten. Rund 30 % der Hauptschüler besuchen das 10. Schuljahr. Die Hauptschule vermittelt eine allgemeine Bildung als Grundlage für eine praktische Berufsausbildung. Realschulen Weiterführende Schulen mit den Klassenstufen 5 bzw. 7 bis 10. Das Abschlußzeugnis der Realschulen bietet im allgemeinen die Grundlage für gehobene Berufe aller Art und berechtigt zum Besuch der Fachoberschule, des Fachgymnasiums oder zum Übergang auf ein Gymnasium in Aufbauform. Gymnasien Weiterführende, allgemeinbildende Schulen, die im Regelfall 9 oder 8 (Klassenstufe 5 bis 13 bzw. 12) bzw. 7 (Klassenstufen 7 bis 13) Klassenstufen umfassen. In den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestehen 12 Jahrgangsstufen. Es gibt außerdem "Gymnasien in Aufbauform", deren Besuch im allgemeinen den Realschulabschluß voraussetzt. Das Abschlußzeugnis des Gymnasiums (=allgemeine Hochschulreife) gilt als Befähigungsnachweis zum Studium an allen Hochschulen. Gesamtschulen In dieser Schulform sind die verschiedenen weiterführenden Schularten in unterschiedlicher organisatorischer und inhaltlicher Form zusammengefasst. Es werden integrierte Gesamtschulen (gemeinsamer Unterricht aller Schüler) sowie additive und kooperative Gesamtschulen (verschiedene Schularten der Sekundarstufe I in einer gemeinsamen Schulanlage) unterschieden. Fachgymnasien Berufsbezogene Gymnasien, die auf einem Realschulabschluss oder einem gleichwertigen Abschluss aufbauen. Sie vermitteln nach 3 Jahren (Klassenstufen 11 bis 13) den Befähigungsnachweis für das Studium an allen Hochschulen (=allgemeine Hochschulreife). Berufsfachschulen. Berufsfachschulen sind Vollzeitschulen, die mindestens für die Dauer eines Jahres besucht werden. Sie können in der Regel freiwillig nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht zur Berufsvorbereitung oder zur vollen Berufsausbildung ohne vorherige praktische Berufsausbildung besucht werden. Sie schließen mit einer Abschlussprüfung ab; der Abschluss nach zweijährigem Schulbesuch entspricht der dem Realschulabschluss gleichgestellten Fachschulreife. Fachoberschulen Sie bauen auf dem Realschulabschluss oder einem als gleichwertig anerkannten Abschluss auf. Der Schulbesuch dauert bei Vollzeitunterricht mindestens 1 Jahr, bei Teilzeitunterricht bis zu 3 Jahren. Das Abschlusszeugnis gilt als Zugangsberechtigung zum Studium an Fachhochschulen. Duale Berufsausbildung Das System heißt "dual", weil die Ausbildung an zwei Lernorten durchgeführt wird: Im Betrieb und in der Berufsschule. Es ist der Kernbereich der Berufsausbildung in Deutschland; rund 70 % eines Altersjahrganges absolvieren eine Berufsausbildung in diesem System. Die Ausbildung in den einzelnen Berufen erfolgt auf der Grundlage von Ausbildungsordnungen (=Rechtsverordnungen des Bundes). Zur Zeit gibt es ca. 380 aufgrund von Ausbildungsordnungen anerkannte Ausbildungsberufe. 2
3 Bereits vor Ende der Pflichtschulzeit bemühen sich die meisten Jugendlichen um einen Ausbildungsplatz. Die Berufsberatung des Arbeitsamtes für die Vermittlung von Ausbildungsplätzen hilft dabei. Aber nicht alle Betriebe melden dem Arbeitsamt ihre freien Ausbildungsplätze. Wie bei Stellenanzeigen informieren Zeitungsanzeigen, aber auch Bekannte und Verwandte über Ausbildungsplätze. Auch Ausbildungsplatzbörsen - "Märkte für Ausbildungsplätze"- können hilfreich sein: Betriebe bieten Ausbildungsplätze an. Jugendliche bewerben sich für diese Ausbildungsplätze. Nach erfolgreicher Bewerbung schließen Ausbildender (Betrieb) und Auszubildender bzw. dessen gesetzlicher Vertreter einen Ausbildungsvertrag nach dem Berufsbildungsgesetz ab. Der Ausbildungsvertrag zwischen dem Betrieb und dem Auszubildenden muss nach dem Berufsbildungsgesetz mindestens folgende schriftliche Angaben enthalten: Art, sachliche und zeitliche Gliederung, sowie Ziel der Berufsausbildung Beginn und Dauer der Berufsausbildung Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte Dauer der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit Dauer der Probezeit Zahlung und Höhe der Vergütung Dauer des Urlaubs Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann. 3
4 Der Ausbildungsvertrag wird von der "zuständigen Stelle" geprüft und danach in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eingetragen. Die Eintragung ist die Voraussetzung für die spätere Zulassung zur Abschlussprüfung. Die Ausbildungsvergütung muss nach dem Berufsbildungsgesetz angemessen sein und nach Lebensalter und Ausbildungsfortschritt mindestens jährlich steigen. Im Einzelnen wird die Ausbildungsvergütung von den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften (Tarifvertragsparteien) jeweils für einzelne Branchen ausgehandelt. Je nach Beruf dauert die Ausbildung zwischen zwei und dreieinhalb Jahren. Das ist in den Ausbildungsordnungen für die jeweiligen Ausbildungsberufe festgelegt. Es besteht die Möglichkeit, die Ausbildungszeit zu verkürzen und zu verlängern. Hierüber entscheidet auf Antrag des Auszubildenden oder des Betriebes die zuständige Stelle. Die Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt nebeneinander im Betrieb und in der Berufsschule. Nach dem Prinzip des so genannten dualen Systems übernimmt der Betrieb die berufspraktische Ausbildung, während in der Berufsschule, die im allgemeinen an ein oder zwei Tagen in der Woche besucht wird, ergänzender berufstheoretischer und allgemeinbildender Unterricht erteilt wird. Charakteristisches Merkmal der dualen Ausbildung ist der mit der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten verbundene Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Ausbildung unter denselben Bedingungen abläuft, unter denen der erlernte Beruf später auch ausgeübt werden muss. Im Betrieb kann der Auszubildende einerseits lernen, den wechselnden Anforderungen der betrieblichen Ernstsituation gerecht zu werden und andererseits erfahren, welche vielfältigen sozialen Beziehungen in der Arbeitswelt bestehen. 4
5 Soweit es die Ausbildung in den Betrieben betrifft ist, sind die Gesetze und Verordnungen des Bundes maßgebend (Berufsbildungsgesetz, Ausbildungsordnungen). Die Ausbildung in der Berufsschule erfolgt nach den Gesetzen und Rechtsvorschriften der Länder (Schulgesetz, Rahmenlehrpläne, Lehrpläne). 5
6 Ein wichtiges Problem in unserem dualen Ausbildungssystem ist die Zuordnung der Ausbildungsinhalte zu Betrieb und Berufsschule. Sie geht davon aus, welcher der beiden Ausbildungsträger die optimalen Voraussetzungen bietet. Das einfache Schema: Praxis im Betrieb, Theorie in der Berufsschule wird dabei den heutigen Gegebenheiten und Anforderungen nur zum Teil gerecht. Die unterschiedlichen, verfassungsmäßig festgelegten Kompetenzen für die Berufsausbildung, die für die Betriebe beim Bundeswirtschaftsministerium und für die Berufsschulen bei den Kultusministern der Länder liegen, erschweren die praktische Abstimmung. Die Folie schematisiert und idealisiert die Arbeitsteilung in der Berufsausbildung zwischen Berufsschule und Betrieb. Ein so vielfältig gegliedertes und partnerschaftlich getragenes System der Berufsausbildung ist darauf angewiesen, dass der Sachverstand und die Interessen aller daran Beteiligten (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Staat, Schulwesen) auf allen Ebenen in gemeinsamer Verantwortung für die Planung, Durchführung und Weiterentwicklung zusammengeführt werden. Gemeinsam gefundene Lösungen führen zur Selbstverpflichtung und Einbindung in die Gesamtpolitik; Teilinteressen werden zurückgestellt; Reibungsverluste können vermieden werden. Die Ergebnisse werden gemeinsam getragen und auf dem Arbeitsmarkt leichter akzeptiert. In der Bundesregierung ist der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft der Grundsatz- und Koordinierungsminister. Andere Ministerien stimmen sich mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft ab; Regelungen anderer Ministerien werden im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft erlassen. Die rechtlichen Grundbedingungen für die Berufsausbildung in den Betrieben der Wirtschaft und vergleichbaren Einrichtungen legt das Berufsbildungsgesetz von 1969 fest. Mit der Novelle aus dem 6
7 Jahr 2005 wurde dieses Gesetz an die veränderten Anforderungen der Arbeitswelt angepasst. Im Bereich des Handwerks ist die Handwerksordnung maßgebend. Im Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung wirken Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länder und der Bundesregierung gleichberechtigt zusammen. Sie geben Empfehlungen für die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung und beschließen das Programm des Instituts. Auf Landesebene gibt es Landesausschüsse für Berufsbildung, die die Landesregierung in Fragen der Berufsausbildung beraten. Die Ausschüsse setzen sich aus Vertretern der Arbeitgeber, der Gewerkschaften und der Landesministerien zusammen. Auf regionaler Ebene haben die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft, die "zuständigen Stellen" erhebliche Kompetenzen. Die "zuständigen Stellen" sind die als öffentlich rechtliche Körperschaften organisierten Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Rechtsanwalts- und Notarkammern, Ärztekammern usw.. Den zuständigen Stellen obliegt die Beratung, Kontrolle und Anerkennung der Berufsausbildung in der Region auf gesetzlicher Grundlage; bei ihnen werden die Ausbildungsverträge registriert. Jede zuständige Stelle richtet einen Berufsbildungsausschuss ein, der in den Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und zu hören ist und Vorschriften zur Durchführung der beruflichen Bildung erlässt. Alle diese Aufgaben der Selbstverwaltung werden nicht am grünen Tisch entschieden, sondern von Fachleuten aus den Betrieben und Berufsschulen, die auf Vorschlag der Arbeitgeberorganisationen, der Gewerkschaften und des Berufsschulwesens in die Berufsausbildungsschüsse der Kammern berufen werden. Soweit es die betriebliche Ebene angeht, besitzt in den Ausbildungsbetrieben die gewählte Arbeitnehmervertretung - der Betriebsrat - Mitbestimmungsrechte bei der Planung und Durchführung der Berufsbildung sowie der Einstellung von Ausbildern. 7
8 Jeder Jugendliche hat während seiner Ausbildung eine Zwischenprüfung abzulegen. Sie dient der Feststellung seines Leistungsstandes. Für die Abnahme dieser Prüfungen errichtet die Kammer einen Prüfungsausschuss. Am Ende seiner Ausbildungszeit kann jeder Auszubildende zum Nachweis der erreichten beruflichen Qualifikationen eine Abschlussprüfung ablegen. Die Kammern richten dafür Prüfungsausschüsse, die aus mindestens drei Mitgliedern bestehen: Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin gleicher Zahl sowie mindestens ein Lehrer einer berufsbildenden Schule. Für die Durchführung der Prüfung hat der paritätisch mit Beauftragten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie beratend mitwirkenden Berufsschullehrer besetzte Berufsbildungsausschuss der Kammer eine Prüfungsordnung zu erlassen. Sie regelt Zulassung, Gliederung der Prüfung, Bewertungsmaßstäbe, Erteilung der Prüfungszeugnisse, Folge von Verstößen gegen die Prüfungsordnung und die Wiederholungsprüfung. Die Prüfungsanforderungen werden in den Ausbildungsordnungen festgelegt. Je nach Beruf können sie eine Fertigkeits- und/oder eine Kenntnisprüfung vorsehen. In der Fertigkeitsprüfung werden Arbeitsproben und/prüfstücke verlangt. Die Kenntnisprüfung wird schriftlich und/oder mündlich durchgeführt. Nach bestandener Prüfung erhält der Prüfling ein Zeugnis der Kammer. Dieses Zeugnis ist kein Berechtigungsschein. Seine Bedeutung liegt in erster Linie im Nachweis der Befähigung für eine bestimmte Berufstätigkeit. Es ist aber auch die Grundlage für berufliches Fortkommen und beruflichen Aufstieg. Die bestandene Abschlussprüfung ist Regelvoraussetzung für die Zulassung zu Meister- und vielen anderen Fortbildungsprüfungen und für die fachliche Eignung zum Ausbilden in einer Reihe von Berufs- und Wirtschaftszweigen sowie vielfach Grundlage für die Geltendmachung tarifvertraglicher Ansprüche. Zusammenstellung: Wolfgang Sonnek, DIHK, Wiesbaden September
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