Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom KW 46

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1 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 1 von November 2015 ROBERT HALVER IN DEN MEDIEN Der wöchentliche Kapitalmarkt-Ausblick von Robert Halver - jetzt als Video-Kolumne auf maxblue.de. Einen aktuellen Marktkommentar mit dem Titel Herr Halver, von welchen Firmen würden Sie lieber das Produkt, als die Aktie zu Weihnachten verschenken? können Sie auf der Website von Börsen Radio Network abrufen. DER MARKT UNTER DER LUPE Die Geldpolitik übt sich in vorauseilendem Gehorsam: Kampf der Renditewende GRAFIK DER WOCHE Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung: Schwacher Euro heißt Aktienstärke Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50 Der Wochenausblick für die KW 47 - Japan in der Rezession HALVERS WOCHE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK WEITERE NEWSLETTER DER BAADER BANK DER MARKT UNTER DER LUPE Am Ende wird alles gut. Und wenn noch nicht alles gut ist, sind wir noch nicht am Ende! Die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft werden getrimmt. So stellt das ifo Institut eine spürbare Abkühlung fest. Setzt man die ermittelte Einschätzung der globalen Geschäftslage und -erwartungen für das IV. Quartal 2015 zueinander in Beziehung, befindet sich die Weltkonjunktur vor allem aufgrund der eingetrübten Erwartungen in der Rezession. Bei näherer Betrachtung kam es insbesondere in Asien zu einer merklichen Stimmungsverschlechterung. Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse, Baader Bank

2 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 2 von 13 Chinas konjunkturelle Stabilisierungsmaßnahmen zeigen bislang kaum Wirkung. Im Einklang mit einem schwachen Einkaufsmanagerindex für die Industrie nimmt der Deflationsdruck als Durchschnitt aus Verbraucher- und Produzentenpreisinflation seit Ende 2014 unaufhaltsam zu. China kriegt die konjunkturelle Kurve Durch den Deflationsdruck negativ beeinflusst, hat auch der chinesische Aktienmarkt (Shanghai Composite) im Vorjahresvergleich an Dynamik eingebüßt. Offensichtlich haben auch chinesische Unternehmen an Preissetzungsmacht bzw. -überwälzungsspielräumen eingebüßt. Angesichts dieser wirtschaftlichen Lethargie gilt in Chinas KP ein neuer Wahlspruch: Wir haben verstanden. Der neue Fünf-Jahres-Plan setzt wie in westlichen Ländern und in Japan auf die Zangenbewegung von staatlichen Konjunkturmaßnahmen und geldpolitischer Unterstützung. Am Aktienmarkt scheint dieses Signal angekommen zu sein. Nach seinem Verfall im August und September hat sich der chinesische Aktienleitindex erholt.

3 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 3 von 13 Repatriierung von Auslandsgeld Die Geldpolitik übt sich in vorauseilendem Gehorsam: Kampf der Renditewende Die Emerging Markets und Rohstoffländer wie Saudi-Arabien sind dafür bekannt, ihre Devisenreserven schwerpunktmäßig in internationalen Staatsanleihen anzulegen, was ihre Kurse stützt und Renditen drückt. Doch darin liegt auch eine Gefahr. Angesichts sinkender Rohstoffpreise und schwacher Konjunkturen wurden Reserven zur Realisierung hoher Buchgewinne aufgelöst, um sie im Inland zur konjunkturellen Stabilisierung einzusetzen. Im Extremfall könnten sie eine Trendwende bei Renditen nach oben einleiten und damit das angenehme Refinanzierungsumfeld für Staatsschulden in den USA und insbesondere in Europa einschränken. On the money road again Hinzu kommt ein geldpsychologisches Verlaufsmuster von Staatsanleiherenditen: Bei Ankündigung von Anleihekäufen reagieren die Rentenmärkte mit sinkenden Renditen. Doch nach tatsächlichem Vollzug ebbt dieser Effekt zunehmend ab bis hin zu erneuten Renditeanstiegen. Um diese Reaktion zukünftig nicht zu einem deutlichen Trend ausufern zu lassen, sind die Notenbanken zunehmend gezwungen, die Liquiditätserhöhungsphantasie aufrechtzuerhalten. Enttäuschungen dürfen erst gar nicht zugelassen werden. Die Notenbanken sind insofern ohnmächtig dazu gezwungen, ihre Allmacht zur Beruhigung an den Finanzmärkten fortzusetzen. Die Exponentialfunktion scheint zur Anwendung zu kommen.

4 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 4 von 13 Das Nachholpotenzial der EZB wird gehoben Im Vergleich zu anderen Notenbanken ist die EZB in puncto Anleihekäufen noch ein Waisenkind. Während Fed und Bank of England ihre Volkswirtschaften vollmundig mit über 30 bzw. 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts refinanzieren - das sind über 43 bzw. 30 Prozent des Anleiheumlaufs - ist die EZB mit jeweiligen Aufkaufwerten deutlich unter 20 Prozent regelrecht rückständig. Diesen Rückstand wird die EZB definitiv aufholen. Auf der Zinssitzung am 3. Dezember wird Mario Draghi - die verbalen Ankündigungen sind unmissverständlich - nachlegen, um konjunkturschädliche Renditeanstiege im Keim zu ersticken. GRAFIK DER WOCHE Anteile der von Notenbank aufgekauften Staatsanleihen, in Prozent des BIP und des Anleiheumlaufs Die EZB scheint die Parität zum US- Dollar anzustreben Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung: Schwacher Euro heißt Aktienstärke Zunehmende Anleiheaufkäufe der EZB dienen nicht zuletzt dem inoffiziellen Zweck, den Euro zu schwächen. Bereits jetzt ist die Zinsdifferenz von 10- jährigen Staatsanleiherenditen zu US-amerikanischen mit über 1,5 Prozentpunkten deutlich. Bei sich noch weiter ausweitendem Zinsunterschied wird sich die Attraktivität europäischer Staatsanleihen zulasten des Euros fortsetzen. Die EZB scheint die Parität zum US-Dollar anzustreben.

5 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 5 von 13 Grundsätzlich kommt deutschen, typischerweise exportorientierten Aktien eine abwertende Währung zugute. Von einer Währungsabschwächung profitiert der MDAX als noch industrie- und exportlastigerer Aktienindex umso stärker. Nach einer

6 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 6 von 13 Zinserhöhung verteilt die Fed Beruhigungspillen Sicherlich verfolgt die US-Notenbank diese Entwicklung mit konjunktureller Sorge. Eine mögliche US-Leitzinswende mit Ausstrahleffekten auf Anleiherenditen erwiese sich als Belastungsfaktor für die US-Exportwirtschaft. Vor diesem Hintergrund wird US-Notenbankchefin Yellen bei einer tatsächlichen Zinserhöhung - die maßgeblich der Glaubwürdigkeit der Fed und nicht der US-Konjunkturverfassung geschuldet ist - anschließend Beruhigungsarbeit leisten müssen. Hierzu hat sie zwei Möglichkeiten: Entweder Frau Yellen verdeutlicht, dass die Zinserhöhung im Dezember nicht der Beginn eines Zinserhöhungszyklus ist und/oder sie kompensiert die Leitzinswende mit der Etablierung eines dann vierten Quantitative Easing, um einem übertriebenen Renditeanstieg vorzubeugen. Insgesamt bleibt die Geldpolitik mehr als freizügig. Laut Finanzdatenanbieter Sentix trägt dies unter Finanzanlegern bereits zu verbesserten Konjunkturerwartungen in den USA, der Eurozone, Südamerika sowie Asien für die folgenden sechs Monate bei. Starke Jahresendphase für Aktien Deutsche Aktien sind im Oktober in eine typischerweise saisonal starke Jahresendphase gestartet. Nach den starken Kursgewinnen im Oktober ist kurzfristig zwar durchaus mit zwischenzeitlichen Verschnaufpausen zu rechnen. Jedoch stehen die Chancen aus historischer Sicht gut, dass der Deutsche Leitindex im November und Dezember seinen Aufwärtstrend fortsetzt.

7 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 7 von 13 Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50 Charttechnisch wartet im DAX bei einer Korrektur die erste Unterstützung bei Punkten. Darunter bietet eine Kurslücke zwischen und Punkten Halt. Eine sehr heftige Korrektur könnte bis zur starken Auffanglinie bei Punkten führen. Setzt der Index seine Rallye fort, liegt am seit April bestehenden Abwärtstrend bei derzeit Punkten ein erster Widerstand. Darüber wartet die Kurslücke zwischen und Punkten, gefolgt von den Widerständen bei und Punkten. Im Euro Stoxx 50 bietet eine Kurslücke zwischen und Punkten ersten Halt. Darunter warten weitere Auffanglinien bei und Punkten. Ein signifikanter Ausbruch über die Barriere bei Punkten öffnet dagegen den Weg bis zum mittelfristigen Abwärtstrend bei zurzeit Punkten. Darüber bieten eine Kurslücke zwischen und Punkten und schließlich die nennenswerte Hürde um Punkte Widerstand. ZEW geldpolitisch aufgehellt Der Wochenausblick für die KW 47 - Japan in der Rezession Die japanische Wirtschaft dürfte gemäß den BIP-Zahlen für das III. Quartal 2015 mit minus 0,4 nach minus 1,2 Prozent zum Vorjahr offiziell in die Rezession abrutschen. Der Handlungsdruck für eine Verstärkung der Liquiditätshausse der Bank of Japan nimmt immer weiter zu. Eine stabilere US- Konjunktur im Oktober in Form verbesserter Daten zu Industrieproduktion sowie Baubeginnen und -genehmigungen schüren aber Bedenken vor der US- Zinswende im Dezember. In der Eurozone bleibt die Inflation im Oktober schwach und bestärkt die EZB in ihrer Bereitschaft zu einer Ausweitung ihrer Anleiheaufkäufe. Die Liquiditätsphantasien der EZB wird die ZEW Konjunkturerwartungen für Deutschland wieder etwas aufgehellt haben. Nach den starken vergangenen Wochen am deutschen Aktienmarkt dürfte sich der DAX in der nächsten Woche zunächst seitwärst bewegen. HALVERS WOCHE Der Zerfall Europas - Das unterschätzte Finanzmarktrisiko? Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse, Baader Bank Seit 1990 hat sich Europa immer mehr integriert. Mittlerweile haben 19 Staaten sogar eine gemeinsame Währung. Dem Ziel einer europäischen Stabilitäts- und Wertegemeinschaft schien man immer näher zu kommen. Europa entwickelte sich zum starken Block, der sich gegenüber den geopolitischen Machtzentren USA, China oder den Emerging Markets insgesamt gut aufgestellt hatte. Selbst Amerika schien damals Respekt vor dem neuen geeinten Europa zu haben. Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen Die Stabilitätsunion ist zu einem Etikettenschwindel geworden Was für eine schöne Vision! Und heute? Auf der Verpackung der Eurozone steht zwar immer noch Stabilitätsunion drauf, längst ist aber Schuldenunion drin: Das Verbot zwischenstaatlicher Finanzhilfen wurde auf der Flucht vor der Finanzkrise ebenso erschossen wie das Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB. Die politische Klasse meinte wohl, dass diese finanz- und geldpolitische Flurbereinigung alternativlos sei, um die Euro-Familie zusammenzuhalten. Und gemäß dieser neuen Harmonie hat Familienmitglied Griechenland seit März 2010 nicht nur einmal Hilfe empfangen - wie zunächst

8 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 8 von 13 von Familienoberhaupt Deutschland versprochen - sondern mittlerweile bereits dreimal. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass es nicht bei drei bleibt. Warum sollte eigentlich die EZB nicht auch noch griechische Staatspapiere aufkaufen? Wenn man alles Euro-Stabilitätsgeschirr zerschlagen hat, braucht man doch vor der letzten Tasse nicht Halt zu machen, oder? Immerhin würde man mit dieser zinsdrückenden, haushaltsentlastenden Stabilitätslüge einen unter normalen Umständen dringend notwendigen griechischen Schuldenschnitt unnötig machen. So umgeht die EZB jeden neuen griechischen Finanzstress. Sie sorgt für Stabilität durch die Hintertür. Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen. Mit dieser an einem Hit der Hardrock-Band Dire Straits, nämlich Money for nothing, orientierten Geldpolitik wird auch zukünftig jede Finanz-, Schuldenoder Bankenkrise platt wie eine Flunder gekloppt. Allerdings steckt big spender EZB damit in einem fürchterlichen Dilemma: Wird sie irgendwann geldpolitisch restriktiv, schafft sie eine neue Euro-Staatsschuldenkrise über steigende Anleiherenditen. Hält sie dagegen an ihren großzügigen Anleiheaufkäufen fest und forciert sie vermutlich sogar noch, fördert sie den Reform-Schlendrian in den Euro-Staaten, da nationale Finanzpolitiker keine Risikoaufschläge bei Anleihen befürchten müssen. Dieser radikale Verlust an fiskalischer und geldpolitischer Stabilität ist schon schlimm genug. Unsere zinslose Altersvorsorge wird uns noch ebenso auf die Füße fallen wie die Kastration unserer Privatwirtschaft über sich weiter verschlechternde Standortqualitäten. Ich nenne das den schleichenden Wirtschafts-Tod Europas. Die Renationalisierung in Europa ist wieder hoffähig Heute ist Alexis Tsipras mächtiger als Angela Merkel Doch das ist nichts gegen ein noch viel größeres Problem. Denn Europa sieht sich mit einer Existenzkrise bedroht. In der unsolidarischen Bewältigung der Flüchtlingskrise zeigt die so hochgelobte christliche Wertegemeinschaft Züge des Antichristen. In puncto Leistung, Hand aufhalten, bei Finanzhilfen für schwache Länder und der Finanzierung einer erhöhten Nato-Präsenz in Osteuropa gegen den vermeintlich bösen Ivan sind alle froh, dass Deutschland sein Portemonnaie aufmacht. Und um Griechenlands Verbleib in der Eurozone zu sichern, hatte niemand auch nur eine Spur von Gewissensbissen, dass wir unsere goldglänzenden Maastricht-Stabilitätskriterien aufgeben mussten, die doch eigentlich die Bedingungen für die Aufgabe der Deutschen Mark und die Annahme des Euros waren. Deutschland muss sich heute vorkommen wie Hans im Glück, der am Anfang einen großen Klumpen Gold besaß und zum Schluss gar nichts mehr. Aber jetzt, wo wir nach Gegenleistung, nach Solidarität fragen, stellen die anderen EU-Staaten die Ohren auf Durchzug. Ja, die Hand die gibt, ist die erste, die gebissen wird. Wir erleben Staatsversagen auf allerhöchster europäischer Ebene. Nicht zuletzt ergeben sich jetzt ganz neue Machtverhältnisse. Da Griechenland als unmittelbarer Nachbarstaat zur Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise bedeutend ist, kann der griechische Ministerpräsident vollmundig Forderungen aufstellen und seinen Reformeifer auf Schneckentempo drosseln. Die Euro-Hegemonialmacht Deutschland leidet unter Machtverlust: Heute ist Alexis Tsipras mächtiger als Angela Merkel. Regellos durch die EU-Nacht Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass in der EU Regel- und Gesetzesbruch in puncto Grenz- und Asylfragen an der Tagesordnung sind. An dieser Entwicklung trägt die deutsche Politik aber selbst große Schuld: Wer die entsprechenden Regeln selbst bricht, gibt anderen ja geradezu ein Alibi, sich ebenfalls rechtswidrig zu verhalten. Und wenn Europa sich schon nicht an geschriebenes Recht hält, wie schwer muss es dann erst sein, eine Verteilung von Flüchtlingen oder die Sicherung von EU-Außengrenzen auf moralischer Basis zu erreichen?

9 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 9 von 13 Zur solidarischen Einsicht halfen da bislang auch nicht EU-Gipfel, die nach dem Motto abliefen Es kreiste der Berg und gebar eine Maus. Eine aktuell besonders bemerkenswerte Idee ist es, EU-Staaten, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, Geld zu geben. Am besten kommt das Geld direkt aus dem Klingelbeutel Mario Draghis, oder? Die Flüchtlingskrise ist auch eine Regierungskrise Hoffnung ist immer die letzte Weisheit der Politiker Selbst unsere deutsche Große Koalition ist kaum fähig, die Flüchtlingskrise national wirkungsvoll anzupacken. Hieß es nicht früher immer, große Koalitionen könnten große Probleme lösen? Im Moment steht GroKo nur für Große Koordinationsschwierigkeiten, für politische Grabenkriege sogar innerhalb der Parteien. Hatte man etwa im Frühjahr, als das Flüchtlingsproblem spätestens bekannt war, die Hoffnung, dass der Kelch an einem vorübergeht? Hoffnung ist immer die letzte Weisheit der Politiker. Die tägliche Polit- Kakophonie an Aussagen, Dementis und dann wieder Bestätigungen führt zu Verunsicherung, wenn nicht sogar Angst, die dann in letzter Konsequenz auch die Konsumneigung einschränkt und Wirtschaftswachstum kostet. Auch Durchhalteparolen, die an den Arbeiter- und Bauernstaat bei der Umsetzung von Fünf-Jahres-Plänen erinnern, sind durch einvernehmliche Beantwortungen der Frage zu ersetzen Wie schaffen wir das? Wenn aber schon die Regierung in Deutschland mit ihrer dicken Mehrheit kaum Lösungen findet, wie will man dann eine Lösung aller EU-Länder bewerkstelligen? Wenn der EU-Verein weiter durch gegenseitiges Hauen und Stechen auffällt und/oder seine Bürger und vor allem Jugendliche weiter durch unverantwortliches Reform-Nichtstun seiner Politiker desillusioniert werden, ist die Gefahr groß, Europa für alles Negative verantwortlich zu machen. Schon jetzt gären gewaltige nationale Egoismen und Abschottungsmaßnahmen. Wenn der Wunsch nach Renationalisierung immer größer wird, ist Europa langfristig in seiner Existenz gefährdet. Dagegen ist selbst bei der EZB kein Kraut gewachsen. Brexit wäre ein fatales anti-europäisches Signal Highway to Hell Bis 2017 plant das Große Britannien eine Abstimmung über die EU- Mitgliedschaft. Im Augenblick sieht es laut Umfragen für den Verbleib der Briten in der EU nicht wirklich gut aus. Rational machte ein Dasein der Briten Out of Europe zwar keinen Sinn, die Insel wäre tatsächlich eine Insel der wirtschaftlich Verdammten. Doch für viele Briten ist der Brexit ein Wert an sich, eine Befreiung von der knubbeligen europäischen Verwandtschaft. Vielleicht wäre es um die englische Küche nicht schade. Und sicherlich schlagen Briten hin und wieder anti-europäisch über die Stränge. Aber insbesondere für uns Deutsche mit unserer in Außenhandelskonkurrenz stehenden Industrie wäre das britische EU-Aus ausgesprochen schlecht. Denn die Briten stehen für Marktwirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Staatshaushaltsdisziplin. Ohne Briten sind wir Deutschen ziemlich allein mit den planwirtschaftlichen Gesundbetern der Rest- EU, die sich eine reformverweigernde, schuldenfinanzierte Staatswirtschaft mit Bezahlung von der EZB ähnlich stark wünschen wie ich früher eine Märklin- Eisenbahn an Weihnachten. Der Brexit könnte der erste umfallende Dominostein sein. In den Köpfen von Bürgern und Investoren könnte sich danach die Meinung bilden, dass Europa ein Auslaufmodell ist. Und würde gar Marine Le Pen - die Anti-Euro-Jeanne d Arc bei den französischen Präsidentschaftswahlen gewinnen, könnte sie nach britischem Beispiel aus der Eurozone unter dem Vorwand austreten, Frankreich von der vermeintlichen Hegemonialmacht Deutschland zu befreien. Spätestens dann sind Europa und die Eurozone - um es mit der australischen Hardrock-Band AC/DC zu sagen - auf dem Highway to Hell. Wehe, wenn die europäische Stimme verstummt Wird Europa wie ein

10 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 10 von 13 Stück Parmesan in der Käsereibe zerrieben? Sollte Europa politisch dahin siechen, verliert es auch wirtschaftlich an Lebenskraft. Denn Europas Unternehmen werden dem EU-Zerfall nicht lange zuschauen. Wenn der europäische Investitionsstandort erkaltet, machen sie es wie Zugvögel im Winter, sie fliegen davon. Es wird eine Kapitalflucht ins (reform -)politisch wärmere Amerika und Asien einsetzen. Dort legt man Europas Top- Unternehmen und den industriellen Patentträgern ohnehin den roten Teppich aus. Und wenn die Unternehmen aus Europa wie Adler wegfliegen, werden Europas Aktienmärkte wie Hühner auf dem Boden scharren. Die europäischen Politiker haben die verdammte Pflicht endlich zu begreifen, um was es geht. Nationales Klein-Klein setzt alles aufs Spiel. In unserer globalen Welt sind Europas Länder nur noch Operettenstaaten. Im Extremfall wird Europa zwischen den Global Playern USA, China und Russland zerrieben wie ein Stück Parmesan in der Käsereibe. Insbesondere das stärkste Land Europas, Deutschland, muss endlich Nägel mit Köpfen machen. Merkel, Gabriel und Seehofer sind nicht gewählt worden, um Schönheitspreise zu gewinnen, sondern gemäß Amtseid ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volks zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden - eben auch im Sinne Europas - von ihm abzuwenden. Nicht Krisenmoderation, sondern Entscheidungen mit Herz und auch viel Verstand sind gefragt. Mit Adenauer, Brandt, Schmidt, Kohl und Schröder hat es in der Vergangenheit viele Politiker gegeben, die diesem auch europäischen Anspruch selbst in kleinen Koalitionen genügten. Muss man das nicht jetzt auch von zwei Volksparteien verlangen, die sich - weil sie gemeinsam regieren - nicht gegenseitig in den Rücken fallen müssen? Ich komme aus dem Dreiländereck Deutschland, Belgien, Niederlande. Ich finde Europa klasse. Ich will in keiner EU-Politik- und -Wirtschaftswüste leben und damit den USA und China das Feld überlassen. Deutsche und EU-Politiker hört endlich die Signale, auf zum letzten Gefecht für Europa! Glück auf! VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

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12 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 12 von 13 WEITERE NEWSLETTER DER BAADER BANK Nutzen Sie den Service auf Baader Bondboard und abonnieren Sie kostenlos weitere Newsletter der Baader Bank! Zertifikate Börse Newsletter Stefan Scharffetter, Leiter Verbriefte Derivate Baader Bank AG Stefan Scharffetter, Leiter Verbriefte Derivate bei der Baader Bank, gibt alle zwei Wochen einen Überblick über Trends am ETF- und Derivate-Markt. Neben der Vorstellung von neuen Produkten, beschreibt er Kursentwicklungen und nimmt das Zertifikat der Woche unter die Lupe.

13 Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom - KW 46 Seite 13 von 13 Baader Bond Markets Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten Baader Bank AG Beim wöchentlichen Newsletter Bond Markets stehen Anleihen im Vordergrund. Der Baader Bank Anleihe-Experte Klaus Stopp berichtet über Höhen und Tiefen am internationalen Rentenmarkt und kommentiert ausgewählte aktuelle Themen. Sie finden im Newsletter Informationen zum Markt für Staats- und Unternehmensanleihen sowie ausführliche Beiträge zu neu emittierten Anleihen. Das Informationsangebot wird ergänzt durch direkte Links zum umfangreichen Kursangebot und den Analyse-Funktionen auf Baader Bondboard. BAADER BANK Die Baader Bank ist Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten und eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region. Zentrale der Baader Bank in Unterschleißheim bei München Als Market Maker / Spezialist sind wir für die börsliche und außerbörsliche Preisfindung von ca Wertpapieren verantwortlich. Im Investmentbanking entwickeln wir Finanzierungslösungen für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum. Institutionellen Anlegern bieten wir umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten. Herausgeber: Baader Bank AG Weihenstephaner Str Unterschleißheim Deutschland Redaktion: Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG Über mögliche Interessenkonflikte und rechtliche Hinweise informieren Sie sich bitte im Disclaimer auf