Kaval: kernspaltlose Längsflöte, Bulgarien. Hosszú furulya: längs geblasene Langflöte, Ungarn. Stabule: Kernspaltflöte, Lettland

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1 126 E U R O P A V O L K S M U S I K Flöteninstrumente Kaval: kernspaltlose Längsflöte, Bulgarien Hosszú furulya: längs geblasene Langflöte, Ungarn Stabule: Kernspaltflöte, Lettland Furulya: Kernspaltflöte, Ungarn Bygdefloyte: ländliche Kernspaltflöte, Norwegen Fluier gemanat: Doppelflöte, davon eine Bohrung als Bordunpfeife, Rumänien Palikowa pistala: Spazierquerstockflöte eines Hirten mit geschnitztem Widderkopf, Slowakei Herstellung der slowakischen Kernspaltflöte Lieskova pistala Dvojnice Die Doppelflöte Dvojnice ist ein hölzernes Instrument mit einem flachen Querschnitt, zwei parallelen Bohrungen, Kernspalten und Aufschnitten. Dieses im slawischen Raum verbreitete Flöteninstrument ist meist aus Maulbeere, Esche oder Kirsche gefertigt und zwischen 30 und 40 cm lang. In vielen Fällen ist eine der Röhren ohne Fingerlöcher und nur mit einer Seitenbohrung versehen und fungiert als Bordunpfeife. Gelegentlich sind auch zwei separate Pfeifen zu einer Doppelflöte vereinigt. Dvojnice: einteilige Doppelflöte aus Holz, Südslawien Flojera: Kernspaltflöte mit Kerbschnitzereien aus Holz, Ukraine

2 132 E U R O P A V O L K S M U S I K Konzertina Bajan Russisches Bajan Das Bajan ist eine nach dem altrussischen Rhapsoden Bajan benannte chromatische Konzertina mit drei bis fünf Knopfgriffreihen auf der rechten Seite, die sich dort anstelle der Pianotasten des Akkordeons befinden, während das linke Manual dem des Akkordeons entspricht. Das Besondere des Instruments besteht darin, dass auch die Knöpfe des linken Manuals Einzeltöne anstelle ganzer Akkorde zum Klingen bringen können, sodass ein anspruchsvolles Spiel möglich ist. Beide Manuale sind mit Registern zur Klanggestaltung ausgestattet. Das Bajan wird als Orchester-, Begleit- und Soloinstrument gespielt. Bandonion Bandoneon Das Bandonion ist eine verbesserte diatonische oder chromatische Konzertina und wurde von dem deutschen Lehrer Heinrich Band ( ) erfunden. Die beiden quadratischen Manuale verfügen über Knopfgriffe, die in fünf Reihen angeordnet sind. Auch auf der linken Manualseite erklingt pro Knopf nur ein Einzelton. Diatonische Bandonions sind wechseltönig. Auf Druck des Balgs erklingt ein anderer Ton als auf Zug. Englische Konzertina Deutsche Konzertina Die englische Konzertina besteht aus zwei sechseckigen Gehäuserahmen, die mit einem Faltenbalg verbunden sind. Sie wurde von Charles Wheatstone ( ) erfunden. Das erste seiner Patente erhielt er 1829 für die Aeolina. Ihm folgte 1844 das Konzertina-Patent. Diesen Namen übernahm er von Carl Friedrich Uhlig ( ), der 1834 seine deutsche Konzertina vorstellte. Wheatstone baute seinen Typ jedoch bei Zug und Druck gleichtönig und nicht wechseltönig. Einfachere Modelle verfügten über nur drei Knopfreihen von Einzeltönen in G-, D- und A-Dur. Es gab allerdings auch chromatische Modelle und Konzertinas in der Sopran-, Alt-, Tenor- und Basslage. Englische Konzertina Bandonion Fis-Harmonika aus Saratow, Russland

3 A E R O P H O N E U N D I D I O P H O N E 133 IDIOPHONE Schlag-, Schüttel- und Reibinstrumente Ratschen Nussschalenklapper, Schweiz Semanterion: Schlagbrett der orthodoxen Klöster Die Vorläufer der Ratschen reichen bis in die Frühzeit zurück. Sie waren im alten Ägypten, in Nordostafrika, Südostasien und beiden amerikanischen Subkontinenten verbreitet. In Europa sind sie in großen und kleinen Ausführungen zu finden. Die großen Ratschen werden für kultische Zwecke und bei der Jagd eingesetzt, die kleinen als Spielzeug- und Faschingsinstrumente. Die Ratsche besteht aus einem als Resonator fungierenden Holzkasten, in dem eine oder mehrere Holzzungen an einem Ende befestigt sind und mit dem federnden freien Ende gegen die Zähne einer hölzernen Welle schrapen. Das Geräusch wird bei großen Ratschen durch das Drehen der Zahnwelle, bei kleinen Ratschen durch das Schwingen des Rahmens um den Handgriff hervorgerufen. Klingende Münzen als Gegenschlagidiophone Löffel aus Holz oder Metall als Gegenschlagidiophone Tricktrack: Holzklapper als Fastenzeitinstrument, Schweiz Kleine tschechische Ratsche Vierfachratsche im Kreuzrahmen, Schweiz Kereplö: Große Kastenratsche, Ungarn; sie wird im Orchesterschlagzeug auch Gewehrfeuer genannt. Holzklapper mit federnden Metallbandschlägeln Schüttelidiophon aus zwei zusammengebundenen Walnussschalenhälften, gefüllt mit Samen Große Rahmenratsche, Schweiz

4 152 E U R O P A M I T T E L A L T E R Fideln Die europäischen Fideln sind direkte Vorläufer der Violen sowie der ihnen verwandten Streichinstrumente Lira da braccio und der Violinfamilie. Obwohl die Verwandtschaft zum Rebec noch bestand, wurden sie beim Spielen, anstelle der senkrechten Haltung der älteren Bautypen, gegen die linke Schulter gehalten. Die Anzahl der Saiten wurde von drei auf vier, dann auf fünf erweitert, die in Quarten und Quinten gestimmt wurden. Hinzu kamen nicht abgegriffene Freisaiten. Die Wirbel, zunächst senkrecht in der Wirbelplatte stehend, wurden später seitlich eingesteckt. Im Laufe der Entwicklung lehnte sich die Korpusbauweise immer mehr der Form einer Acht an, wobei der flache Boden dem der späteren Gitarren ähnelte. Rebec Darstellung einer mittelalterlichen Fidel in Form einer Acht Das Rebec ist ein Fidelinstrument, dessen Name wahrscheinlich vom arabischen Rabab hergeleitet ist. Es hat die Form einer halben Birne und verfügt über eine hölzerne statt einer fellbespannten Resonanzdecke. Für das Diskantmodell ist die Saitenstimmung g, d 1 und a 1 überliefert, die mit einem kurzen Rundbogen gestrichen wurden. Der obere Teil ist als Griffbrett gestaltet, während der untere mit den beiden Öffnungen als Resonanzkörper dient. Eine Stimme zwischen Boden und Decke eingesetzt, verbessert die Klangqualität. Das Rebec war in Mittel- und Westeuropa populär, wobei die zunächst senkrechte Haltung gegenüber der Schulterhaltung aufgegeben wurde. Eine bedeutende Veränderung war die Aufgabe des Resonanzkörpers aus einem ausgehöhlten Holzstück zugunsten der Zargenbauweise mit flachem Boden. Später wurde die Mitte des Instrumentenkörpers zur Erleichterung der Bogenführung tailliert. Große Fidel nach Mathias Grünewald (um ), Rekonstruktion nach der Darstellung am Isenheimer Altar Darstellung zweier Rebecs mit verlängerter Birnenform analog den arabischen Rababs Darstellung einer Fidel in Leierform Lira Die Lirafamilie markiert den nächsten Schritt in der Entwicklung der Streichinstrumente. Die Bezeichnung ist von der antiken, allerdings gezupften Lyra abgeleitet. Mit ihrem flachen Boden und ihrer Form erinnert sie bereits entfernt an die heutige Violine. Die frühesten Instrumente dieses Typs bauten im 15. Jh. italienische Handwerker. Die Familie umfasste zwei Baugrößen: die Lira da braccio oder Armlira sowie die Lira da gamba oder Knielira, die meist Lirone genannt wurde. Für den Lirone sind bis zu 14 Saiten, davon zwei Bordunsaiten, beschrieben worden. Die wenigen noch erhaltenen Instrumente sind jedoch meist stark verändert.

5 C H O R D O P H O N E 153 Drehleiern Im Mittelalter wurde die Drehleier Organistrum genannt und von zwei Spielern bedient. Es waren meist ein älterer Mann, dem ein jüngerer an der Drehkurbel assistierte. Der Resonanzkörper in Lauten- oder Gitarrenform ist mit einer oder zwei im Unisono gestimmten Spielsaiten bezogen, die mittels Fingerdruck der linken Hand auf einer Klaviatur verkürzt werden. Zwei oder vier Saiten fungieren als Bordune. Durch ein rotierendes Kurbelrad, das mit Kolophonium bestrichen ist, werden die darüber geführten Saiten zum Schwingen gebracht. Ursprünglich hatte das Instrument nur acht Tasten für den Umfang einer Oktave. Später wurde der Tonumfang ständig erweitert. Über die Kurbelrotationen werden nicht nur Melodien und Borduntöne hörbar gemacht, sondern auch rhythmische Effekte durch ruckartiges Drehen ermöglicht. Große Drehleiervirtuosen vermittelten den Eindruck, als ob mehrere Instrumente zusammen spielten. Die Drehleiern waren vom 10. bis zum 12. Jh. besonders beliebt und erlebten im 18. Jh. eine Renaissance, als u.a. der Drehleiervirtuose Charles Baton (gest. 1758) und Leopold Mozart ( ) Werke für sie komponierten. Nicolas Chédeville ( ) bearbeite Vivaldis Vier Jahreszeiten für Drehleier, Musette, Violine, Flöte und Basso continuo. Der schwedische Komponist Sven-Erik Emanuel schrieb ein Konzert für Drehleier und Orchester. Neben der Volksmusik wird die Drehleier neuerdings auch im Jazz eingesetzt. Drehleier von Levallois, Paris, 1753 Drehleier, Deutschland, 18. Jh. Ein mechanisch gestrichenes Instrument mit einem an die Form der Viola da gamba, Laute, Gitarre oder Violine angenäherten Korpus sowie einem breiten Aufbau anstelle des Halses. Die Aufgabe des Bogens übernimmt das Holzrad, das teilweise im Resonanzkörper verborgen ist. Funktionsprinzip einer Drehleier: Wenn eine Taste gedrückt wird, verkürzt man die Saite an einem bestimmten Punkt und erzeugt damit die gewünschte Tonhöhe. Drehleier mit Lautenkorpus, Brüssel 1750 Drehleier